Recruiting

Firmen locken Absolventen mit allen Tricks

24.04.2008
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Hochschul-Marketing ist wieder en vogue. Viele Unternehmen buhlen um die Gunst der jungen Akademiker.

Seit 2007 geben die Firmen wieder mehr für Hochschul-Marketing aus. Momentan übertreffen sich viele gegenseitig", so die Beobachtung von Ansgar Kinkel. Er leitet das Personal-Marketing und Recruiting von Cirquent, vormals Softlab Group. Kinkels Team stellt pro Jahr rund 300 neue Mitarbeiter ein, darunter etwa 100 Hochschulabsolventen. Studierende während des Studiums zu begleiten und an das Unternehmen heranzuführen hält er für den idealen Weg. "Wenn jemand bei uns ein Praktikum absolviert, anschließend als Werkstudent arbeitet und seine Abschlussarbeit bei uns schreibt, dann sind die Chancen besonders gut, dass er bleibt", meint Kinkel. Damit der Kontakt zu denjenigen nicht abreißt, die auch in anderen Unternehmen Praxisluft schnuppern, will der Personalexperte eine eigene Community über Newsletter und einen (Online-)Stammtisch aufbauen.

Firmen suchen Nähe zu Hochschulen

Möglichst früh Studierende an sich zu binden gilt als besonders erfolgreich. "25 bis 30 Prozent der Absolventen haben vor Studienabschluss Vertragsangebote vorliegen", weiß Jens Plinke von Terra Personalmarketing, einer Tochtergesellschaft der Unternehmensberatung Kienbaum in Gummersbach. "Persönliche Kontakte und Kooperationen mit Lehrstühlen sowie gemeinsame Projekte sind erfolgreiche Methoden." Kein Wunder also, wenn viele Unternehmen enge Bande zu Hochschulen knüpfen.

Ansgar Kinkel, Cirquent: "Wir haben in Second Life ein Recruiting-Event organisiert und waren zufrieden."
Ansgar Kinkel, Cirquent: "Wir haben in Second Life ein Recruiting-Event organisiert und waren zufrieden."
Foto: Ansgar Kinkel

Audi in Ingolstadt kooperiert mit 20 Hochschulen in Deutschland. Intensiviert wird die Zusammenarbeit durch gemeinsam betriebene Forschungseinrichtungen wie die mit der Technischen Universität in München sowie der Universität Erlangen und den Universitäten in Karlsruhe und Stuttgart. "Das ermöglicht einen guten Austausch", so Yvonne Herbst, zuständig für das Hochschul-Marketing bei Audi, und fügt hinzu: "Der enge Kontakt und die guten Beziehungen zu Hochschulen und Studierenden sind uns extrem wichtig, deshalb investieren wir hier besonders." Auch die Ingolstädter Autobauer möchten potenzielle Bewerber so früh wie möglich an das Unternehmen binden. Gegenüber Beratungsfirmen hat Audi einen klaren Vorteil: Die Produkte ziehen in der Zielgruppe große Aufmerksamkeit auf sich. Daran knüpft das Marketing-Team an.

Kleine Firma mit großer Idee Den Kontakt zu den Hochschulen suchen auch kleinere und mittelständische Firmen. Das Beratungsunternehmen Syngenio beschäftigt deutschlandweit 100 Mitarbeiter. Zum Sommersemester möchte Personalvorstand Michael May sein Engagement an Fachhochschulen ausbauen. "Wir haben angeboten, dass unsere Berater als Lehrbeauftragte Kurse zu Themen wie Bewerbertrainings, Soft Skills oder Fachinhalten anbieten. Mit unserem Angebot haben wir dort offene Türen eingerannt", erzählt May. Dagegen sei das Interesse der Universitäten verhalten. "Dort mahlen die Mühlen langsamer."

Damit Universitäten vom großen Firmeninteresse und von Kooperationswünschen nicht überflutet werden, gibt es an manchen Hochschulen eigene Büros, die sich als Bindeglied zwischen Studenten, Alumni, Fakultäten und Firmen verstehen. An der Technischen Universität München betreut Amelie Lemke den Bereich "Career Center". "Unsere Dienstleistung wird gut angenommen", so Lemke. Für ihre Referentendatenbank sucht sie immer wieder Industriepartner, die über interessante Projekte referieren können.