Ein aufgezwungenes Tool
Neben der Frage, wann ein Tool ins Spiel kommt, sollte auch betrachtet werden, wer eigentlich über ein neues System entscheidet. Projekt-Management-Werkzeuge betreffen mehrere Rollen im Unternehmen, die Entscheidung darüber wird somit auf Management-Ebene getroffen - meist von der IT-Leitung. Eine recht häufig anzutreffende Tendenz ist die, das ERP-System einfach um Projekt-Management-Module zu erweitern. Das erscheint auf dem ersten Blick als eine recht praktikable Lösung, vor allem für das Projekt-Controlling; für die beteiligten Fachbereiche jedoch ist so ein ERP-Tool selten praxistauglich.
In der Folge akzeptieren die Projektbeteiligten das System nicht; die Projektleiter führen ihre "Schattenbuchhaltung" in anderen Tools (auch hier stehen Excel oder Microsoft Project Client ganz oben auf der Liste) und pflegen nur das absolut Nötigste im ERP-System. Es sind sogar Fälle bekannt, in denen Projektteams aus den Fachbereichen die Implementierung eines ihnen aufgezwungenen ERP-basierenden Systems bewusst gegen die Wand fahren ließen, um ihrerseits ein anderes System zu erzwingen. Solche Auswüchse politischer Art kommen die Unternehmen teuer zu stehen.
Die Einführung eines Projekt-Management-Systems sollte daher unbedingt mit den Anforderungen aller betroffenen Rollen abgestimmt werden. Das Resultat muss nicht unbedingt ein System für alle sein. In der Praxis haben sich oft integrierte Systeme als gut geeignet erwiesen - etwa ein PM-System für den Fachbereich im Zusammenspiel mit dem ERP-System für das Controlling.
- Risiken beim Projekt-Management
Der Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb bezeichnete als "Black Swan" eine seltenes und unvorhersehbarer Ereignis, das eine unverhältnismäßig große negative Wirkung hervorruft. Es lassen sich vier Prototypen unterscheiden: - Schwarzer Schwan 1:
Der "frühe" Schwarze Schwan erlebt die Kostenexplosion bereits in der Spezifizierungsphase. Dieser Anstieg kann auch im Projektverlauf nicht mehr aufgefangen werden. Also ist dies der Projekttyp, der am Ende die höchsten Kostenüberschreitungen aufweist. Aus Sicht von McKinsey wäre es sinnvoll, hier sofort die Reißleine zu ziehen: "Aber kaum jemand hat den Mut, diese Projekte in einem derart frühen Stadium zu canceln", weiß Laartz aus Erfahrung. Stattdessen versichere man sich gegenseitig, die Kosten im Projektverlauf schon wieder einsparen zu können: "In den Köpfen der Projekt-Manager ist eben ein unrealistisches Risikoprofil gespeichert." - Schwarzer Schwan 2:
Der "typische" Schwarze Schwan" macht sich erst in der Design-Phase bemerkbar. Dort steigen die Kosten durchschnittlich um das Dreifache des geplanten Budgets an, bleiben aber in der Folge stabil. Das bedeutet am Ende immer noch exorbitante Überschreitungen um die 300 Prozent. - Schwarzer Schwan 3:
Das "umgedrehte hässliche Entlein" heißt so, weil es am Anfang hübsch aussieht und nach Erfolg riecht. Dass es sich um einen Schwarzen Schwan handle, bleibe lange unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, sagt Laartz. Erst in der Entwicklungsphase offenbare sich, dass anfangs nicht sauber gearbeitet wurde - beispielsweise dann, wenn sich Randbedingungen ändern oder die Integration in die IT-Umgebung ansteht. Häufig unterschätze das Projektteam auch die Zahl der Use Cases. Werden solche Spezifikationsfehler erst nachträglich evident, kostet ihre Korrektur Zeit und Geld. - Schwarzer Schwan 4:
Der "verhungernde" Schwarze Schwan ist der bereits erwähnte Projekttyp, der unter Budget bleibt - aber nur, weil die angepeilten Ziele kontinuierlich verringert werden. So ergibt sich trotz der günstigen Kostenentwicklung ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis.