Industrie 4.0 & Smart Factory

10 Tipps von Praktikern für Praktiker

07.03.2016 von Franz Gruber
Die Evolution Industrie 4.0 ist zur Revolution geworden: Fertigende Unternehmen benötigen jetzt schnell konkrete Tipps - durch einen systematische Knowhow-Transfer von digital erfahrenen Anwendern
  • Innovative und global tätige Unternehmen haben schon vor Jahren das Zeitalter der Smart Factory in ihren Fabriken eingeläutet. Auch bei Forschungsinstituten, Ministerien, Verbänden und Kammern steht die Industrie 4.0 inzwischen ganz oben auf der Agenda, die Zahl der Industrie-4.0-Events steigt rasant.
  • Kennzeichen der Smart Factory sind Echtzeit-Spiegelbilder der Produktion am Computer.
  • Die Installation der Smart-Factory-Technologie sollte mit einem "Piloten" beginnen, also in einem kleinen Teilbereich.
  • Die Kosten variieren je nach der Anzahl der anzuschließenden Maschinen, der benötigten Schulungen, der ausgewählten Technologie. Für ein Pilotprojekt mit zum Beispiel drei Maschinen sollten ab 20.000 Euro eingeplant werden.

Stille Nacht, smarte Nacht: Spätestens seit Weihnachten ist die digitale Revolution auch in deutschen Kinderzimmern angekommen. Loks, Rennautos, Kräne, Miniroboter - kaum ein Spielzeug mehr, das die Kinder nicht auch per Smartphone steuern können.

"App"-solut angesagt bei Kindern ist es, Spielzeug mit dem Smartphone zu steuern.
Foto: p_ponomareva - shutterstock.com

Gleichzeitig kommt es manchem Geschäftsführer in Deutschland noch wie Zukunftsmusik vor, dass sich heute auch Maschinen und Fabriken per Tablet oder Smartphone steuern lassen. Schlimmer noch: Mancher Manager sieht in der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft noch immer eine Art Modeerscheinung.

Das ist grundfalsch. Egal, ob von "Industrie 4.0", "Internet of Things" oder "Smart Factory" die Rede ist: Die Digitalisierung ist eine zwingende Marktvoraussetzung geworden, um in Zukunft überhaupt noch Geschäft zu machen. Denn für die fertigende Industrie geht es bei der Digitalisierung um harte, erfolgskritische Fakten: um höhere Produktivität, um einen höheren Return on Investment, um mehr Wettbewerbsfähigkeit, um höhere Standort- und Arbeitsplatzsicherheit.

Es tut sich viel, aber wir sind noch zu langsam

Zum Glück bewegt sich viel im digitalen Deutschland. Innovative und global tätige Unternehmen haben schon vor Jahren das Zeitalter der Smart Factory in ihren Fabriken eingeläutet. Auch bei Forschungsinstituten, Ministerien, Verbänden und Kammern steht die Industrie 4.0 inzwischen ganz oben auf der Agenda, die Zahl der Industrie-4.0-Events steigt rasant. Lernfabriken und ein Netzwerk von Industrie-4.0-Zentren in wissenschaftlichen Einrichtungen für den Mittelstand sind entstanden oder im Aufbau.

Mit dem Tablet in der Produktionshalle: Die "smarte Fabrik" hält immer mehr Einzug.
Foto: bikeriderlondon - www.shutterstock.com

Das alles ist gut so. Doch wir sind noch viel zu langsam. Zwar sieht eine Mehrheit der mittelständischen Unternehmen in der Digitalisierung die derzeit größte Herausforderung. Gleichzeitig aber, so zeigen Umfragen ebenfalls, setzt bisher nur eine Minderheit der Unternehmen tatsächlich digitale Technologien wie Big-Data-Verarbeitung oder Cloud Computing ein.

10 Tipps von Praktikern für Praktiker

Wie lässt sich das ändern? Voranbringen würde den Standort Deutschland ein regelmäßiger und institutionalisierter Erfahrungsaustausch von Praktikern für Praktiker in jedem Bundesland - konkret, schnell, kostengünstig. Denn nichts ist glaubwürdiger als der Rat von versierten Praktikern an interessierte Unternehmer. Ein Knowhow-Transfer von Kollege zu Kollege ist nach aller Erfahrung der beste Weg, Hemmschwellen gegenüber neuer Hightech schnell abzubauen.

Beispiel für solche Praxistage sind vorhanden - und damit Antworten auf viele Fragen, die sich zögernde Unternehmen noch stellen. Mein Unternehmen hat sehr gute Erfahrung mit Knowhow-Transfer von Praktikern für Praktiker gemacht. Folgende Antworten gaben verantwortliche Projektmanager aus Unternehmen bei unseren Produktivitätskongressen:

Was zeichnet eine Smart Factory aus?

In der Smart Factory kommunizieren Teile und Maschinen untereinander sowie mit den browserfähigen Endgeräten der Bediener. Sie können Fehler sofort erkennen und beheben. Eine einheitliche Steuerung auf einer IT-Plattform mit Echtzeit-Transparenz wird möglich, Planung und Produktion (Top und Shop Floor) laufen synchronisiert, auch über Länder-, Sprach- und Zeitzonengrenzen hinweg.

Standortbestimmung in Sachen Industrie 4.0
Die IT hat bei Industrie-4.0-Projekten die Hosen an
Mehr als drei Viertel der ITler messen dem Thema eine sehr hohe (38,5 Prozent) oder hohe Bedeutung (35,9 Prozent) bei. Unter den Produktionsmitarbeitern sagen nur 7,8 Prozent, Industrie 4.0 habe eine sehr hohe Bedeutung, immerhin 39,1 Prozent räumen dem Thema eine hohe Bedeutung ein.


Zunächst einmal zeigte sich dass der Wissensstand zum Thema Industrie 4.0 in Produktion und IT unterschiedlich ist. Während drei Viertel der ITler mit dem Begriff etwas anzufangen wissen, zeigen die Mitarbeiter in der Produktion zu 60 Prozent Erkenntnisdefizite.

Mehr als drei Viertel der ITler messen dem Thema eine sehr hohe (38,5 Prozent) oder hohe Bedeutung (35,9 Prozent) bei. Unter den Produktionsmitarbeitern sagen nur 7,8 Prozent, Industrie 4.0 habe eine sehr hohe Bedeutung, immerhin 39,1 Prozent räumen dem Thema eine hohe Bedeutung ein.

Auf die Frage, ob sich das Thema langfristig in produzierenden Unternehmen durchsetzen werde, sagten 36 Prozent der ITler, sie seien sich diesbezüglich „absolut sicher“. Nur elf Prozent der Produktionsbeschäftigten waren der gleichen Ansicht.

Wer treibt die Industrie-4.0-Projekte in den Unternehmen? Die IT-Profis sehen sich zu knapp 72 Prozent selbst im Driver Seat, während sich die Produktionsmitarbeiter nur zu 26,6 Prozent verantwortlich fühlen.





Was sind nun die IT-Themen, die von den Befragten als relevant im Zusammenhang mit Industrie 4.0 gesehen werden? IT-Security, Produktions-IT und Mobility gelten laut Umfrage in dieser Reihenfolge als die Topthemen, wenn es um die Einführung und Umsetzung geht.


Kennzeichen der Smart Factory sind Echtzeit-Spiegelbilder der Produktion am Computer. Mit solchen Cyber-Physical-Systems können Unternehmen ihre Fabriken virtuell analysieren und real optimieren. Dazu wird eine Hochleistungstechnologie benötigt, die "Big Data" in Höchstgeschwindigkeit in "Smart Data" verwandelt sowie web- und cloudbasiert arbeitet.

Wie erreiche ich die Akzeptanz der Belegschaft?

Es ist ein komplexes Projekt, eine "Erlebnisreise", die eine gute Planung und gutes Management benötigt. Hauptaufgabe ist es, die Belegschaft davon zu überzeugen, dass es eine Lösung für den Standort ist, nicht gegen ihn. Gute Argumente dafür sind, dass die neue Technologie keine Kapazitäten bindet, sondern welche schafft. Künftig kann man disponieren statt zu improvisieren.

Das Projekt muss Chefsache sein. Es gilt, einen modernen Change-Prozess zu organisieren und in der Produktionslogistik aufzuräumen, was über Jahrzehnte in den Fabrikhallen ,gewachsen´ ist. Alle Führungskräfte und Mitarbeiter sind frühzeitig über den Transformationsprozess einzubeziehen, zu informieren und zu schulen. Die Mitarbeiter verstehen sehr schnell, dass das Arbeiten mit neuer Technologie leichter und besser wird. Organisiert werden sollte das Projekt cross-funktional unter Einbindung von Lieferanten.

10 Ratschläge fürs Change-Management
Change-Projekte steuern
Nur gut jedes zweite Change-Projekt klappt. Weil Argumente alleine so wenig nutzen wie das reine Gefühl, haben die Berater von Strategy& zehn Prinzipien aufgestellt.
1. Mit der Firmenkultur arbeiten, nicht gegen sie.
Wer Veränderung will, darf die bestehende Unternehmenskultur nicht als Legacy betrachten. Die Art, wie Menschen kommunizieren, soll beibehalten werden. Manchmal können Entscheider diese Kultur aber nur schwer benennen oder haben bloß ein vages Gefühl dafür. Dann hilft ein alter Trick: die Mitarbeiter fragen. Führungskräfte können die Belegschaft bitten, zu beschreiben, in welcher Art sie arbeiten. Die Antworten helfen bei der Gestaltung des Change-Managements.
2. Oben anfangen:
Strategy& stimmt der These zu, dass Change nur gelingt, wenn er auf allen Hierarchiestufen eines Unternehmens umgesetzt wird. Aber der Firmenleitung kommt eine Vorbildfunktion zu. Dass sie diese übernimmt, muss im Unternehmen sichtbar sein.
3. Jeden mitnehmen:
Nach Schritt zwei folgt Schritt drei: Jeder Mitarbeiter muss in den Change einbezogen werden. Das ist aber kein einseitiger Prozess. Zwar beginnt die Veränderung oben, aber das Feedback von unten ist unabdingbar. Das kann zum Beispiel über eine firmeninterne Website geschehen, auf der jeder Kommentare abgeben, Erfahrungen mitteilen und Vorschläge machen darf.
4. Rationale und emotionale Aspekte einbringen:
Entscheider setzen oft nur auf Argumente. Aussagen wie "diese Umstrukturierung wird den Umsatz in den kommenden drei Jahren um 20 Prozent steigern" mögen überzeugen - emotional berühren werden sie kaum. Die gefühlsmäßige Seite der Mitarbeiter spricht auf symbolträchtige Aktionen an. Wer etwa die Grenzen bisher getrennter Teams aufheben will, kann Trennwände in Büros einreißen lassen oder Schreibtische neu gruppieren. Solche Bilder erreichen die Mitarbeiter emotional.
5. Gemäß der neuen Denke handeln:
Es ist wichtig, Policies und Direktiven zu erstellen. Auch Incentives unterstützen den Change. Noch wichtiger sind aber Handlungen. Will beispielsweise eine Bank den Kundenservice verbessern, muss die Führungsriege nicht nur die Schalteristen nach ihren Erfahrungen befragen - sondern sich auch einmal selbst in die Schalterhalle begeben.
6. Drüber reden:
Kommunikation ist für Strategy& ein Schlüsselwort. Das bedeutet, dass die Firmenleitung ihre oberen Stockwerke verlassen und sich den Fragen der Belegschaft stellen muss. Nach dem Modell interner Messen können Entscheider zu bestimmten Zeiten im Foyer stehen und Fragen beantworten oder kurze Präsentationen zeigen.
7. Spezialkräfte einsetzen:
Führung hat innerhalb jeden Unternehmens mindestens zwei Aspekte: Menschen mit formalen Titeln und solche mit informellen. Das kann ein Projekt-Manager sein, mit dem jeder gern zusammenarbeitet - oder die Empfangsdame, die schon 25 Jahre im Hause ist. Strategy& rät, diese Spezialkräfte zu Botschaftern des Changes zu machen. Sie genießen Respekt und Vertrauen innerhalb der Firma und können viel bewirken.
8. Formale Mittel nutzen:
Sichtbar wird Veränderung an Formalem wie Trainings und Belohnungs-Systemen. Verbale Anerkennung für Mitarbeiter, die dem Change folgen, ist nötig, aber alleine nicht ausreichend. Sie sollten auch eine formale Belohnung erhalten.
9. Informelle Mittel nutzen:
Dieser Punkt schließt an Punkt 7 an. Wer die einflussreichen Köpfe in der Belegschaft identifiziert hat, kann diesen zum Beispiel ein neues Motto an die Hand geben. Strategy& nennt das Beispiel eines Zulieferers, der nach einigen Jahren extremer Kostenfixierung stärker auf Kundenservice umschwenken wollte. Für diese unterschiedlichen Prioritäten wurden griffige Slogans gefunden: bisher habe gegolten "Ship by any means", ab sofort aber heiße es "If it’s not right, don’t ship it". Einflussreiche Mitarbeiter haben das wieder und wieder kommuniziert.
10. Die Wirkung messen und nachbessern:
Letztendlich nützen alle Change-Initiativen ohne Erfolgskontrolle nichts. Das heißt: Unternehmen müssen Metriken für das Gelingen ihrer Projekte festlegen und diese auch anwenden. Nur so ist es möglich, die Vorgehensweise immer wieder nachzubessern.

Was muss eine smarte Technologie können?

Das grundlegende Kriterium für die Einführungtsphase einer Smart-Factory-Technologie sollte sein, dass die Hauptproduktion reibungslos weiterlaufen kann. Die Lösung muss daher ein modulares Konzept bieten - also die Möglichkeit, flexibel und in Schritten eine neue IT-Architektur aufzubauen. Zweitens muss die neue Technologie heterogene Maschinenparks, also Maschinen unterschiedlicher Hersteller und Jahrgänge, problemlos an eine Plattform anbinden können.

Drittens sollte die Technologie Big-Data-Verarbeitung in Echtzeit sowie alle wichtigen Schnittstellen wie MTConnect bieten - ein internationaler Kommunikationsstandard für das Lesen von Informationen von Werkzeugmaschinen und anderen Anlagen. Viertens muss die Lösung eine größtmögliche Visibilität bieten: Jeder in seinem Verantwortungsbereich muss anhand genauer Kennzahlen in Echtzeit am seinem Computer sehen, wo etwas hakt. Fünftens sind historische Maschinendaten wichtig - ohne historische Analysen kann ein Fabrikteam nicht besser werden.

Für Unternehmen, die international an mehreren Standorten produzieren, kommt als sechste Anforderung hinzu, dass die Technologie reibungslos alle Sprachen, Zeitzonen und Rechneruhren berücksichtigen können muss.

Welche konkreten Vorteile bringt die smarte Produktion?

Die Erfolge sind zahlreich und konkret messbar. Smart-Factory-Technologie schafft vor allem eine große Transparenz. Ein Projektmanager fasste es so zusammen: "Wer keine digitale Fabriktechnologie hat, geht blind durch die Produktion. Wenn keine Störungen registriert werden, finden auch keine statt. Dann hat ein Unternehmen gefühlte 97 Prozent störungsfreien Betrieb."

Ressourceneffizienz wird messbar. So erhöht sich die Produktivität, gemessen an der Gesamtanlageneffektivität OEE (Overall Equipment Effectiveness), und zwar dann, wenn das ganze Projekt in einen umfassenden Shop Floor Managementprozess eingebettet ist. Im Pilotprojekt sind es etwa zehn Prozent in wenigen Wochen. Innerhalb eines Jahres liegen weiter zehn bis 20 Prozent drin.

Weitere signifikante Effizienzsteigerungen, welche Unternehmen melden: Fünf Arbeitstage werden nun in vier Tagen geschafft; der Zeitraum zwischen Auftragseingang und -bearbeitung sinkt von vier Tagen auf vier Stunden; die Stromkosten sinken über einen längeren Zeitraum um zehn Prozent.

Wie organisiere ich einen Change-Prozess im Shop Floor?

In kleinen Schritten vorgehen und nicht alles auf einmal wollen. Ein kluger Phasenplan ist nötig.

Schritt 1: Akzeptanz in der Belegschaft sichern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen von den Chancen der digitalen Transformation überzeugt sein. Der Wandel zur Smart Factory muss daher Chefsache sein und von einem modernen Change-Prozess mit dauerhafter Information an die Belegschaft begleitet werden.

Schritt 2: Ein Transformation-Team benennen. Es ist zusammengesetzt aus möglichst allen Verantwortungsbereichen, eventuell inklusive Lieferanten. Das Team recherchiert Best Practices für Projekte und Technologie am Markt und entwirft daraus einen individuellen Maßnahmen- und Zeitplan - Schritt für Schritt mit erreichbaren Zwischenzielen.

Schritt 3: Die Installation in einem Pilotprojekt starten sowie eine neue Regelkommunikation einführen. Tägliche Konferenzen in der Fabrikhalle bringen jeden Mitarbeiter auf den neuesten Stand. Ein großer Maschinenbauer setzte erfolgreich auch auf starke visuelle Signale: Jede optimierte Maschine erhielt einen neuen hellen Anstrich, so dass alle sehen konnten, dass die Transformation vorangeht.

Schritt 4: Rollout.

Wie gelingt der Schritt vom Masterplan zur ersten Maschine?

Die Installation der Smart-Factory-Technologie sollte mit einem "Piloten" beginnen, also in einem kleinen Teilbereich. Ausgewählt wird am besten jener Bereich, welcher die meisten Probleme bereitet. Für den Anfang reicht es, zum Beispiel drei Maschinen an die neue digitale Steuerung anzuschließen.

Zum Video: 10 Tipps von Praktikern für Praktiker

Hauptvorteile des Piloten: Die Hauptproduktion kann weiterlaufen, der größte "Problembereich" verspricht die besten Ergebnisse, alle Prozesse können eingeübt werden, der Pilot wird zur Blaupause für die werksübergreifende nachhaltige Verbesserung. Und: Der weitere Rollout über die gesamte Fabrik und weitere Standorte wird signifikant verkürzt. Erfahrungswert: Der Rollout in weiteren Werken beansprucht nur noch die Hälfte der Zeit, welche der Pilot benötigte.

Wie nutze ich die gesammelten Daten?

Es gilt zunächst, sich auf eine Datenflut einzustellen. Denn mit der digitalen Vernetzung von Maschinen aus unterschiedlichen Baujahren und von unterschiedlichen Herstellern steht plötzlich eine verwirrende Datenfülle zur Verfügung. Diesen Daten-Tsunami gilt es, im vorhinein zu kanalisieren, und zwar in gewünschte Kennzahlen (KPI - Key Performance Indicators). Die gebräuchlichste Kennzahl ist die Gesamtanlageneffektivität OEE (Overall Equipment Effectiveness). Sie trifft Aussagen darüber, wie schnell (Leistung), wie lange (Dauer) und wie gut (Qualität) produziert wird. Zusätzlich sollten weitere individuell gewünschte Kennzahlen definiert werden, um das Erreichen der selbst gesteckten Ziel möglichst gut kontrollieren zu können. Im vorhinein sollte also möglichst präzise beantwortet werden: Was wollen wir überhaupt messen?

Die 7 schlimmsten KPI-Sünden
Die 7 schlimmsten KPI-Sünden
Kennzahlensysteme sind beim ITSM erfolgskritisch. Doch KPIs sind nicht aus dem Business abgeleitet und werden zudem falsch definiert und interpretiert.
1. KPIs werden nicht aus dem konkreten Business-Bezug abgeleitet:
Da die IT-Prozesse sich nach den Business-Anforderungen richten, müssen auch die ITSM-Kennzahlen geschäftsbezogen sein. Eine solche geschäftliche KPI-Orientierung ist in IT-Organisationen selten. Stattdessen sind ITSM-Kennzahlenkonzepte oft selbstbezogen und dienen der eigenen Qualitätslegitimation.
2. KPI-Systeme ufern aus:
Die Entwicklung und der Einsatz von Kennzahlensystemen gewinnen oft eine Eigendynamik, aus der eine selbstverliebte Beschäftigung mit dem Hang zu immer mehr KPIs entsteht. Die Erfassung, Verarbeitung und Analyse von Messgrößen ist sehr aufwendig, der Nutzen für das Business jedoch gering. CIOs sollten sich daher auf eine begrenzte Anzahl gut beherrschbarer KPIs beschränken.
3. KPIs werden nicht zielorientiert und praxisbezogen festgelegt:
Manchmal übertreiben Firmen es bei der Analyse von Leistungswerten der IT-Prozesse mit der Transparenz, denn schlechte KPIs sorgen für Kritik und einen hohen Rechtfertigungsdruck. Zwar werden Kennzahlensysteme für das ITSM eingeführt, doch aufgrund der fehlenden Akzeptanz kaum ernsthaft genutzt. Wichtig ist, dass Kennzahlen mit allen Beteiligten fair und zielorientiert festgelegt und vereinbart werden.
4. KPI-Veränderungen werden nicht geprüft:
Die Leistungswerte in der IT-Organisation verändern sich dynamisch durch den Einsatz neuer Technologien, durch Reorganisation, aufgrund steigender Anforderungen aus dem Fachbereichen oder wegen technischer Probleme. CIOs führen KPI-Analysen in der betrieblichen Praxis häufig nur ungenau und wenig systematisch durch, was zu falschen Schlussfolgerungen führt.
5. Kennzahlenzusammenhänge werden nicht transparent dargestellt:
CIOs können die Gesamtsituation nicht richtig bewerten, weil einzelne Leistungs- und Qualitätswerte isoliert betrachtet werden statt in Wechselwirkung mit anderen KPIs. Dadurch ist die Aussagekraft im Hinblick auf eine effiziente ITSM-Leistungssteuerung begrenzt.
6. KPI-Abweichungen werden nicht nachverfolgt:
IT-Abteilungen gehen Inkonsistenzen oder Widersprüchen bei Leistungsdaten zu IT-Prozessen, die aufgrund unzureichender Definitionen entstehen können, oft nur halbherzig nach. Oder sie ignorieren diese gleich ganz.. Das birgt erhebliche Risiken, insbesondere wenn es sich um KPIs zu geschäftskritischen Prozessen handelt.
7. Bei KPI-Analysen fehlen praktische Maßnahmenkataloge:
Meist werden Mitarbeiter mit den KPI-Analysen zum ITSM allein gelassen. Es fehlen weiterführende Handlungsempfehlungen, die die Auswertungen ergänzen, und Verbesserungsmaßnahmen aufzeigen.

Was kostet mich der Einsatz der neuen Technologie?

Die Kosten variieren je nach der Anzahl der anzuschließenden Maschinen, der benötigten Schulungen, der ausgewählten Technologie. Für ein Pilotprojekt mit zum Beispiel drei Maschinen sollten ab 20.000 Euro eingeplant werden. Weitere Erfahrung von Projektmanagern: Die Kosten amortisieren sich durch erhöhte Produktivität und Effizienzsteigerungen nach spätestens zwölf Monaten.

Wie organisiere ich den Rollout über die Fabrik und weitere Standorte?

Eindeutiger Rat: Erfolge breit kommunizieren. Im Pilotprojekt wird eine Produktivitätssteigerung von etwa zehn Prozent in wenigen Wochen erreicht, so die Erfahrung, und zwar gemessen an der Gesamtanlageneffektivität OEE. Zehn Prozent in wenigen Wochen sind ein signifikanter Erfolg, der frühzeitig in der gesamten Organisation kommuniziert werden sollte. Weitere Erfahrung: Bei einem späteren Rollout sind zusätzliche 10 bis 20 Prozent drin, wenn die digitale Transformation von einem ganzheitlichen Change-Prozess für den Shop Floor begleitet wird.

Wie gelingt es, die Produktion auch langfristig zu optimieren?

Erstens durch nutzerfreundliche Visualisierungen aller Leistungsdaten für alle Beteiligten auf ihren Computern (Touchscreen, Tablet, Smartphone). Übersichtliche Visualisierungen mit aktuellen und historischen Analysen erleichtern die Fehlererkennung und -behebung für jede Rolle zu jeder Zeit: Das Management hat die Gesamtanlageneffektivität im Blick, der Bereichsleiter sieht den aktuellen Status der Produktion, die Kollegen in der Produktion können Fehler in Echtzeit beseitigen, der Planer hat den aktuellen Produktionsfortschritt je Auftrag im Blick, die Qualitätssicherer kann wirkungsvolle Analysen ableiten.

Reporting-Tools für den Vorstand
chart-me
Mit dem Excel-basierten chart-me sind auch komplexere Analysen möglich. Das Bild zeigt beispielhaft die Struktur der Erträge und Aufwendungen, deren Abweichungen absolut und prozentual angezeigt werden. Diese übersichtliche Darstellung ist immer häufiger in Berichten anzutreffen. Die Diagramme sind in ein Seitenlayout eingebettet, das pixelgenau auf eine PowerPoint-Folie passt.
cMORE
cMORE/Message liefert eine umfangreiche Grafikbibliothek mit, in der Business-Grafiken wie beispielsweise Wasserfallgrafiken oder Kennzahlenbäume fertig enthalten sind. Bekannte Excel-Charts wie Balken- oder Säulendiagramme werden um neue Darstellungsformen wie „In-Bar Abweichungsgrafiken“ oder eine farbige Kennzeichnung des Zeitverlaufs erweitert.
QlikView
QlikView gilt als leistungsfähiges Analyse- und Reporting Tool, das seine Stärken im Bereich visuelle Analyse und einfaches Handling hat. Relevante Daten aus verschiedenen Quellen lassen sich in einer einzigen Applikation konsolidieren. Nutzer können mit Dashboards und Analysen interagieren und Daten über mobile Geräte aufrufen, analysieren und erfassen.
Sage Controlling-Paket
Das Controlling-Paket von Sage kann mehrere Trends miteinander vergleichen. So lassen sich Umsätze mit anderen Einheiten wie Tagen oder Stück in Beziehung setzen. Bis zu fünf Trendverläufe können miteinander kombiniert werden, um beispielsweise zu ermitteln, wie sich relevante Schlüsselkennzahlen im Verhältnis zum Umsatz entwickelt haben.
Jedox
Dank eines Excel-Add-ins lässt sich unter Jedox mit der Oberfläche von Microsoft Excel arbeiten. Gleichzeitig profitieren Anwender von den Vorteilen der OLAP-Analyse. In der vertrauten Umgebung des Tabellenkalkulationsprogramms lassen sich schnell und einfach Berichte und Auswertungen generieren, die auf einem OLAP-Würfel basieren. Nutzer können Reports und Analysen selbständig entwickeln, bearbeiten und verteilen.
MIK Starlight
MIK Starlight ermöglicht individuelle Analys- und Reportings im Bereich Self-Service BI. Umfangreiche Möglichkeiten zur Visualisierung mit vielfältigen Grafiken, Tabellen, Ampeln, Sparklines etc. zeigen wichtige Kennzahlen und Entwicklungen im Überblick.
Evidanza BI
Mit der Self-Service BI-Plattform Evidanza können Standardberichte auf derselben Plattform und mit denselben Funktionen aufgebaut werden. Diese stehen jedem berechtigten Fachanwender zur Verfügung, sobald er in den Design Modus für den Bericht wechselt. Der Berichtsaufbau ist in Evidanza programmierfrei gehalten, es sind also keine technischen Kenntnisse über beispielsweise SQL- oder MDX-Abfragen und keine sonstigen Programmierkenntnisse notwendig.
Tableau Online
Mit der skalierbaren Cloud-Lösung von Tableau Software können Anwender BI-Analysen in wenigen Minuten online vollziehen und bereitstellen. Auf einem Data Server speichert Tableau online Daten und Metadaten an zentraler Stelle. Auf diesem können Nutzer auch Dashboards veröffentlichen und teilen.
SAP SAP BusinessObjects BI-OnDemand
Der SAP BI OnDemand Service erlaubt Datananalyse und –visualisierung sowie die Berichtserstellung mit wenigen Mausklicks in der Cloud - ohne vorherige Investitionen in Hardware und Infrastruktur. Die SaaS-Lösung baut auf Funktionen für Abfragen, Berichte, Analysen und Dashboards aus dem SAP-Business-Objects-Portfolio auf. Geführte Analysen erlauben darüber hinaus Nutzern mit wenig BI-Erfahrung, eigene Dashboards und interaktive Analysen sowie Ad-hoc-Berichte zu erstellen.
Tibco Spotfire Cloud
Tibco Spotfire Cloud ist ein Set von Cloud-Services für Unternehmen, Mitarbeiterteams und für den persönlichen Gebrauch. Die Enterprise-Version bietet eine sichere, voll funktionsfähige Spotfire-Version in der Cloud, um damit Daten zu analysieren und Reports zu generieren - unabhängig davon, ob diese Daten gehostet werden oder nicht.
IDL.DESIGNER
Mit dem IDL.DESIGNER als zentraler Komponente der IDL-Reporting- Plattform erstellen Nutzer einfach und flexibel Ihre Web- und Ad-hoc-Berichte, Reports und Dashboards. Sie arbeiten per Drag & Drop auf einer modernen Oberfläche, haben umfassende Möglichkeiten für die Berichtsgestaltung und setzen fachliche Web-, Portal- und Mobility-Lösungen um. In der Anwendung zählen das IDL Financial Reporting für das Berichtswesen ebenso dazu wie individuelle Lösungen für das Controlling oder der Aufbau unternehmensweiter Informationssysteme.

Zweitens gewährleisten tägliche Arbeitsplatzbesprechungen, dass alle Beteiligten auf dem neuesten Stand sind. So sieht jeder Beteiligte jeden Morgen anhand von 24-Stunden-Überblicken sofort, ob die Maschinen einwandfrei laufen oder wo es gehakt hat. Störungen können in Ruhe analysiert und Schwachstellen abgestellt werden.

Zusätzlich sollte es ein Mal pro Woche an verschiedenen Anlagen im Wechsel "TPM"-Audits (Total Productivity Management) geben. Solche Meetings zur kontinuierlichen Verbesserung gewährleisten, dass der optimierte Zustand dauerhaft gehalten wird. Hilfreich sind auch "TPM-Inseln", also besonders gekennzeichnete Fabrikbereiche, an denen alle Auswertungen zur Verfügung stehen und wo jederzeit TPM-Themen besprochen werden können. (sh)