Outsourcing

5 Mythen zur Steuerung von Cloud-Providern

10.08.2016 von Branimir Brodnik und Timm Scheibach  
Die Cloud hat auch das Provider Management nachhaltig erschüttert. Agile und schlanke Cloud-Lösungen erfordern scheinbar ein ganz anderes Management als klassische Outsourcing-Deals - oder sogar gar keines. Diese Einschätzung kann gefährlich und teuer werden.

Lesen Sie, welche Irrtümer und Mythen zum Cloud-Provider-Management sich in so manchem Unternehmen verbreitet haben.

Mythos 1: Provider Management ist überflüssig.

Die Argumentation:Die Fachbereiche sind der Ansicht, dass ein Provider Management in der Cloud nicht mehr notwendig ist. Die Angebote seien schließlich standardisiert und es gebe keine individuell konfigurierten und verhandelbaren SLAs.

Die Realität: Auch in der Cloud wird Provider Management benötigt, da auch hier Unternehmensfunktionen ausgelagert werden und damit Geschäftsrisiken weiterhin zu minimieren sind. Außerdem stehen die Cloud-Lösungen nicht allein, sondern sind im Verbund aller ausgelagerten Funktionen zu betrachten - was ein einzelner Fachbereich nicht leisten kann. Zu den Mindestanforderungen gehört es, die Release-Zyklen des Providers abzustimmen und einzuplanen.

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Mythos: Mit Cloud-Services wird alles einfacher. Fakt: Bei der Provider-Steuerung ist nach wie vor besondere Sorgfalt angebracht.
Foto: Nonwarit - shutterstock.com

Mythos 2: Cloud-Services überwachen ihre Verfügbarkeit am besten selbst.

Die Argumentation: Die Fachbereiche sind der Ansicht, dass ein Cloud-Service per se hochverfügbar sei, weil er ja tausendfach angeboten werde. Der Anbieter müsse daher ohnehin alle Risiken und Ausfälle absichern. Und das könne er besser als die eigene IT.

Die Realität: Der hohe Kostendruck bei Cloud-Angeboten kann immer wieder auch zu Kompromissen im Availability-Management führen. Zudem sind Cloud-Anbieter Security-Risiken in besonderem Maße ausgesetzt. Auch im Falle von Cloud-Services ist etwa die Datenverfügbarkeit und -wiederherstellbarkeit regelmäßig zu prüfen. Insbesondere in regulierten Branchen wie etwa dem Finanzsektor müssen Cloud-Nutzer ihren Kontrollpflichten gegenüber den Cloud-Anbietern nachkommen. Die Nutzung von Cloud-Services ist Outsourcing!

Mythos 3: Service-Management-Prozesse müssen nicht mehr mit dem Provider abgestimmt werden.

Die Argumentation: Der Provider hat durch sein standardisiertes Angebot viel mehr Erfahrung und muss schon aus eigenem Interesse effiziente und professionelle Prozesse im Service-Management Prozesse anbieten - einschließlich des Service-Request-Managements. Hier lässt sich nichts anpassen, aber auch nichts optimieren.

Die Realität: Viele Cloud-Angebote machen Abstriche im personalisierten Kundenkontakt; zudem nützt ein hoch standardisiertes Service-Management in erster Linie dem Anbieter. Auf Kundenseite steigt der Aufwand: Die Angebote, ihre Funktionsweise und die Kosten sind im Zweifel detailliert zu hinterfragen.

Mythos 4: Das Provider Management kann vollständig dezentral erfolgen

Die Argumentation: Geht es um Cloud-Services, ist die Kenntnis der zugehörigen Technologie irrelevant. Interessant für die Steuerung sind primär die Geschäftsprozesse. Das Provider Management als Teil der IT versteht nichts von den Prozessen, daher sollte der Fachbereich die Steuerung der Cloud-Provider übernehmen.

Die Realität: Mit der Einführung von Cloud-Services wachsen potenziell die Abhängigkeiten und Risiken. Zum Abschätzen aller Risiken für den Kunden ist auch eine Gesamtsicht auf sämtliche IT-Systeme erforderlich. Deshalb müssen auch hier die übergreifenden Methoden des Provider Management zur Anwendung kommen. Insbesondere für eine belastbare Risikoabschätzung ist fundiertes IT-Verständnis unverzichtbar.

Mythos 5: Das bisschen Provider Management kann jeder

Die Argumentation: Den Umgang mit Cloud-Lösungen kennt jeder aus dem privaten Umfeld. Entsprechend ist das Lesen und Interpretieren von Service-Management-Reports trivial und bedarf keiner spezifischen IT- oder Provider-Management-Kenntnisse.

Die Realität: Gerade im B2B-Umfeld können Cloud-Services schnell komplex werden (zum Beispiel im Fall eines Software Defined Data Center) oder Herausforderungen in puncto Datenschutz mitbringen. Dann nehmen die Service-Management-Reports zu. Darüber hinaus steigen die potenziellen Abhängigkeiten zwischen Services. Grundsätzlich gilt: Provider Management bedeutet mehr als das Lesen von Reports. Jeder B2B-Cloud-Anbieter muss individuell gemanaged werden, um Risiken für das Kundenunternehmen einzudämmen.

10 Tipps für einen besseren Outsourcing-Vertrag
Bessere Outsourcing-Verträge
Zehn Tipps geben eine Orientierungshilfe auf dem Weg zu einem fairen Vertrag. Ihnen liegen die Erfahrungen aus zahlreichen Outsourcing-Verhandlungen zugrunde, die das Sourcing-Advisory-Unternehmen Alsbridge geführt hat.
Preiswert statt billig
Nicht immer ist der günstigste Preis auch das beste Angebot. Ein Marktpreis-Benchmark eines darauf spezialisierten unabhängigen Beratungsunternehmens gibt Aufschluss über marktübliche IT-Preise.
Vielfalt nutzen
Der IT-Dienstleister-Markt ist international und sehr heterogen. Hier findet jedes Unternehmen den für seine Unternehmenskultur genau passenden Dienstleister. Ein ehrlicher Blick auf das eigene Unternehmen und auf dessen Möglichkeiten ist enorm wichtig.
In der Kürze liegt die Würze
Bitte keine Vertragslaufzeit mit mehr als fünf Jahren. Der Innovationszyklus, der Wettbewerb und die Preisvolatilität in der IT-Branche sind enorm. Je kürzer die Laufzeit, desto geringer ist die Gefahr in einem unzeitgemäßen Vertrag „gefangen“ zu sein.
Jetzt aber raus
Die IT ist schnelllebig. Der Verhandlung und Verankerung von Kündigungsfristen sollte deshalb ein hoher Stellenwert beigemessen werden. Im optimalen Fall werden nur die dem Dienstleister entgehenden Honorare fällig.
Spieglein, Spieglein
Wie bei Kleidung gilt auch beim Vertrag: das eigene Unternehmen bestimmt den Umfang. Statt auf All-inclusive-Verträge besser auf Maßarbeit anhand der Organisationsreife des eigenen Unternehmens setzen. Single Sourcing ist einfacher zu steuern, Multi-Sourcing bietet mehr Möglichkeiten.
Zwei Pfund Outsourcing, bitte
Die Leistungsbeschreibung (Statement of Work) sollte so detailliert wie möglich ausgearbeitet sein. Auch Neuerungen zum Vorteil des eigenen Unternehmens sollten nachträglich aufgenommen werden können. Verzichtet werden sollte auf vorgefertigte Templates des Dienstleisters.
Geschnitten oder am Stück?
Service Level Agreements (SLAs) dienen gemeinsam mit der Leistungsbeschreibung dazu, den Umfang der Leistungen festzulegen, die durch den Dienstleister erbracht werden. Die SLAs sollten auf die Geschäftsziele des Unternehmens abgestimmt sein. Zudem sollten sie jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden können.
Der Preis ist heiß
Die Preisgestaltung ist auch beim IT-Outsourcing vielfältig. Hier sollten die Betriebskosten auf möglichst geringem Level gehalten werden. Wechselkurs-Risiken sollte der Provider tragen. Ein jährliches Überprüfen und Erneuern der Preisgestaltung sowie die Option einer Nachverhandlung ist zu empfehlen.
Ja, wo laufen sie denn?
Bei allen ITO-Projekten hat die Steuerung des Vertrages sowie der Dienstleister-Kunden-Beziehung eine hohe Bedeutung. Ein guter Vertrag definiert spezifische Teams, Verantwortlichkeiten, technische Anforderungen und Eskalationsstufen genau.
ITO-Projekte sind sowohl in
technologischer als auch in vertraglicher Hinsicht hochkomplex. Bevor eine unbefriedigende Vertragssituation für mehrere Jahre manifestiert wird, empfiehlt es sich, Sourcing-Berater als Experten zu Rate zu ziehen. Sie helfen in allen Phasen des Outsourcings.