Mühsame Jobsuche

50+: Die Rente ist keine Alternative

11.02.2011 von Alexandra Mesmer
Wer mit über 50 seinen Job verliert, muss sich auf eine anstrengende Jobsuche und finanzielle Abstriche einstellen. Auch mit hohen Abfindungen lässt sich die Zeit bis zur Rente nicht mehr so leicht überbrücken.
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Als Bereichsleiter eines TK-Unternehmens verdient er 160.000 Euro im Jahr. Als er mit 52 Jahren einen goldenen Handschlag in Form einer Abfindung von 250.000 Euro erhält, bleibt er gelassen. Die Kinder aus dem Haus, die Schulden des Eigenheims getilgt. Auf ihn wartet ein sanfter Übergang in die Beschäftigungsgesellschaft, für 80 Prozent seines Nettogehalts muss er nur einmal im Monat erscheinen, sich weder weiterbilden noch bewerben. Stattdessen gönnt er sich einen Urlaubstrip ins warme Florida.

Dass er bereits in der Beschäftigungsgesellschaft als arbeitslos gilt und damit seine späteren Ansprüche auf Arbeitslosengeld schmälert, ist dem TK-Manager nicht bewusst. Ebenso wenig, dass er seine Betriebsrente erst mit 65 Jahren bekommt. Denn die Betriebsrente wird erst dann ausgezahlt, wenn man die Altersrente bezieht. Und mit 60 oder 63 Jahren in Rente zu gehen, ist seit dem 1.1.2011 passe. Wer nach 1951 geboren ist, braucht 45 Versicherungsjahre, um mit 63 Jahren in Rente zu gehen.

Die unfreiwilligen Bewerber

Die Rechnung des Bereichsleiters, mit Abfindung, Arbeitslosengeld und Betriebsrente die Jahre bis zum Rentenbeginn locker überbrücken zu können, geht nicht mehr auf. Birgit Zimmer-Wagner kennt zahlreiche Mittfünfziger, die wie der TK-Manager plötzlich gezwungen sind, sich einen neuen Job zu suchen. Mit ihrem Mann Wolfgang betreibt sie in Frankfurt-Sachsenhausen die Personalberatung Bewerber Consult, die sich auf die Vermittlung älterer Mitarbeiter spezialisiert hat.

Dass Jobwechsler ab Mitte 50 kaum mehr eine Chance in der IT-Branche haben, verneint sie. Bei Großunternehmen eröffneten sich solche Optionen zwar nicht, wohl aber in mittelständischen Firmen, deren Chefs vielleicht auch im gleichen Alter sind. Diese seien natürlich nicht bereit, Gehälter von über 100.000 Euro im Jahr zu zahlen. "Aber 80.000 Euro sind für unseren TK-Manager immer noch besser als Arbeitslosengeld", sagt Zimmer-Wagner.

Erfolgreiche Jobsuche auf dem verdeckten Stellenmarkt

Birgit Zimmer-Wagner, Bewerber Consult: "Jobwechsler ab Mitte 50 haben eher Chancen im Mittelstand."
Foto: Birgit Zimmer-Wagner, BewerberConsult

Wer sich mit über 50 einen neuen Job suchen muss, weiß sich nach Erfahrung der Personalberaterin oft nur schlecht zu verkaufen: Nach oft jahrzehntelanger Tätigkeit in einem Unternehmen ist das eigene Qualifikationsprofil verschwommen, die Projekterfolge der vergangenen fünf Jahre -nur diese Zeitspanne interessiert Personaler - nicht herausgearbeitet, die eigene Erwartung entweder zu hoch ("Ich will das gleiche Gehalt wie bisher") oder zu niedrig ("Ich finde ja sowieso nichts"). Darum rät Zimmer-Wagner zur Zielgruppenkurzbewerbung, die der Arbeitsvermittler und Hochschullehrer Walter Bens erfunden hat. Gesucht wird nicht nach ausgeschriebenen Positionen, sondern auf dem so genannten verdeckten Stellenmarkt. Nachdem sich der Bewerber klar gemacht hat, was er in welchem Bereich kann, sucht er nach mittelständischen Unternehmen, die in diesen Bereichen tätig sind. "Die Initiativbewerbung aus Anschreiben und beruflichem Kurzprofil richte ich nicht an die Personalabteilung, sondern an den IT-Vorstand oder den Geschäftsführer", erklärt Zimmer-Wagner. Die Kürze der Bewerbung kommt nicht nur bei den Chefs an, sondern ist auch für die Kandidaten von Vorteil, ist die Personalexpertin überzeugt: "Wenn man nur zwei Seiten hat, muss man sich auf seine Stärken konzentrieren. Das ist schon eine gute Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch." Zu einem solchen werden die älteren Bewerber eingeladen, wenn sie im Schnitt zehn Kurzbewerbungen geschrieben haben. Und dort könnten die über 50-Jährigen ihre Vorteile gegenüber jüngeren Konkurrenten darlegen. Neben der Erfahrung könnte dies eine höhere Reisebereitschaft sein, getreu dem Motto: Die Kinder sind aus dem Haus, der Spielraum für den Beruf ist größer.

Falle Arbeitslosigkeit: Welche Jobs sind zumutbar?

Manche Arbeitgeber entscheiden sich jedoch aus handfesten Gründen für einen älteren Kandidaten. Nehmen sie einen über 50-Jährigen, der vorher arbeitslos war und die fachlichen Anforderungen der Stelle nicht erfüllt, erhalten sie von der Bundesagentur für Arbeit einen Eingliederungszuschuss: Mindestens ein Jahr lang zahlt die Agentur 30 bis 50 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Lohnes. Einen Zuschuss für über 50-Jährige, die eine schlechter bezahlte Stelle annehmen, gewährt die Arbeitsagentur übrigens auch: Im Rahmen der so genannten Entgeltsicherung bezahlt die Agentur im ersten Jahr 50 Prozent und im zweiten Jahr 30 Prozent der monatlichen Nettoentgeltdifferenz.

Von solchen Zuschüssen wüssten aber die wenigsten, die mit über 50 zu unfreiwilligen Bewerbern werden. Zimmer-Wagner warnt auch davor, mit der Arbeitslosigkeit zu spekulieren. Der Paragraf 121 des dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) regelt die Zumutbarkeit, nach der man ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit einen Job auf Höhe des Arbeitslosengeldes annehmen muss. Für einen TK-Manager mit ehemals 160.000 Euro im Monat sei nach dieser Rechtsauffassung auch ein Job mit einem Einkommen für 2000 Euro im Monat zumutbar.