MAX Sneaks

Adobe lässt sich in die Entwicklungskarten schauen

09.10.2015 von Thomas Cloer
Adobe hat zum Abschluss seiner Kreativ-Hausmesse MAX 2015 wieder den schon traditionellen "Sneaks"-Einblick in seine Forschung und Entwicklung gewährt.

Die Sneaks 2015 moderierte Adobes Community-Managerin Kim Chambers zusammen mit dem Schauspieler Nick Offerman, Star der NBC-Comedy "Parks and Recreation". Insgesamt zwölf Entwickler beziehungsweise Teams präsentierten Projekte, die möglicherweise zukünftig zu Features in Programmen der Creative Cloud werden.

Gezeigt wurde unter anderem, wie Photoshop aus einem zweidimensionalen Foto ein dreidimensionales Porträt errechnet ("3DPortraits") oder unerwünschte Touristen herausrechnet, die durchs Bild laufen ("MonumentMode", "ByeByePhotobombs"), wie man Schriftarten in Bildern maschinell erkennt ("DeepFont") oder über parametrisierende Schieberegler al gusto selbst erschafft ("ProjectFaces"), wie man mit Bildern in Bildern sucht ("Louper"), Design-Mockups mit echten Daten statt "Lorem-ipsum"-Platzhaltern versieht ("DesignWithData"), in Fotos automatisch die Perspektive erkennt und zur weiteren Bearbeitung nutzbar macht ("PerspectiveDollHouse") sowie last, but not least Schatten aus einem Bild als Ebene extrahiert - dafür gab es den gefühlt meisten Beifall aus dem kreativen Publikum.

Am Dienstagmorgen hatte Mala Sharma, Adobes Vice President für Creative Cloud Go-to-Market and Strategy, bereits den aus der Region EMEA eingeflogenen Journalisten und "Influencern" ein Strategie-Update zum auf mehrere Jahre angelegten Umstieg von der "shrinkwrapped" Creative Suite auf das Software-Abo CC mit seinen flankierenden Cloud-Diensten gegeben. Für dieses Geschäftsjahr erwarte Adobe für die Creative Cloud einen Annual Recurring Revenue (planbar wiederkehrenden Umsatz) von an die 3 Milliarden Dollar, sagte Sharma. 30 Prozent der Kunden (exklusive Enterprise) seien Neukunden, sprich hätten vorher nicht die Creative Suite genutzt; 40 Prozent des Wachstums komme von außerhalb der USA. 14 Millionen Adobe-IDs seien bereits zuerst auf mobilen Endgeräten angelegt worden, die zugekaufte Kreativ-Community "Behance" komme mittlerweile auf 5,6 Millionen Mitglieder - mit dem neuen "Portfolio"-Dienst dürften es bald deutlich mehr werden.

Von den Unternehmenskunden für die Creative Cloud habe Adobe mittlerweile mehr als 80 Prozent auf ETLA-Großkundenverträge umgestellt, so Sharma weiter; immerhin schon 18 Prozent der Enterprise-Seats seien bereits mit Services verknüpft (die gibt es noch lange nicht so lange wie die CC selbst). Große Firmenkunden will Adobe übrigens über den eigenen Key-Account-Vertrieb direkt beackern und verstärkt mit integrierten - auch mit den weiteren Adobe-Clouds für Marketing und PDF-Workflows - Lösungen bedienen.

Wie sich Adobe zum Cloud-Konzern wandelt
Eine kurze Geschichte von Adobe
Adobe ist im Umbruch: Was einst mit Postscript und Illustrator begann, wird zur großen Plattform, die bei Kreativität, Marketing und digitalen Dokumenten alles bieten und omnipräsent sein möchte.
Postscript
Am Anfang stand die Seitenbeschreibungssprache Postscript, die Grafiken und Texte in von allen Computern und Druckern lesbaren Code übersetzen kann.
John Warnock
Adobe-Mitgründer John Warnock hatte die Vision für das erste Grafikprogramm Illustrator schon lange im Kopf.
Illustrator
Illustrator machte das Gestalten von Grafiken am Computer viel einfacher und schneller möglich als zuvor mit Tusche und Lineal. Mit dem Computer gelangen Änderungen in kürzester Zeit, es wurde einfach, mehrere Versionen einer Idee umzusetzen.
Evangelists
Adobe musste die Revolution an den Mann bringen und Skeptiker überzeugen. Also lud man einflussreiche Publisher aus der Industrie ein und zeigte ihnen Live-Demos von Adobe Illustrator.
Der Durchbruch
Illustrator überzeugte das Time Magazine, das künftig alle Infografiken mit dem Programm umsetzte
Photoshop
Nach Illustrator folgte mit Photoshop gleich die nächste Revolution. Photoshop machte Bildbearbeitung für jedermann auf dem PC möglich. Vorher waren dafür sündhaft teure Spezial-Workstations nötig.
Thomas Knoll
Erfunden hatte Photoshop US-Student Thomas Knoll. Er lenkte sich von seiner Doktorarbeit ab, indem er ein Bildbetrachter Programm für Schwarz-Weiß Monitore schreibt und mit seinem Bruder John zur Bildbearbeitung weiterentwickelt. Das Grafiksoftware-Unternehmen Adobe ist begeistert und lizenziert das Programm.
Geschichte der Werkzeugpaletten
Photoshop feierte kürzlich sein 25-jähriges Jubiläum und ist bis heute der Standard für Bildbearbeitung. Hier die Werkzeugpaletten der Programme bis heute im Überblick.
PDF
Zu Postscript fehlte noch ein Dateiformat, das genauso universell einsetzbar war: PDF machte Dokumente digital über alle Geräte und Plattformen verfügbar.
After Effects
Adobes Programmpalette wuchs, etwa in Richtung Videobearbeitung mit Premiere Pro und After Effects.
CSSedit
Adobe kaufte viele Softwareentwickler auf, darunter auch die in Hamburg ansässigen GoLive Systems, die den gleichnamigen Web-Editor entwickelten. Später folgte mit Macromedia ein Hauptkonkurrent.
InDesign
Adobe hatte immer mehr Programme im Angebot, die dann zur Kreativ-Komplettlösung Creative Suite gebündelt wurden. Hier das Layoutprogramm InDesign CS2.
Creative Cloud
Seit 2011 sattelte Adobe auf das Software-as-a-Service Modell Creative Cloud um. So kann der Hersteller schneller auf Trends wie hier 2013 auf die aufstrebenden Social Networks reagieren.
Mobile Apps
Die Grafikprogramme laufen heute längst nicht mehr nur auf dem Desktop Rechner. Mit einer ganzen Reihe von Apps ist jetzt Profi-Publishing vom Tablet und Smartphone aus möglich.
Comp CC
Mit der App Comp CC können zum Layout-Ideen statt auf dem Zeichenblock auf dem iPad skizziert und in InDesign verfeinert werden.
Marketing Cloud
Zur Creative Cloud gesellte sich die Adobe Marketing Cloud, eine Sammlung von Marketing- und Analyse-Tools.
Acrobat CC
Mit Acrobat DC (für „Document Cloud“) gehen jetzt auch PDFs in die Cloud und werden mobil und über alle Geräte hinweg verfügbar. Das Editieren und Unterschreiben von digitalen Dokumenten ist unterwegs möglich.

Hinweis: Adobe zahlt für Thomas Cloers Reise zur MAX 2015 Flüge und Hotel.