Managementstrategien

Agile Führung

08.01.2018 von Hans Königes
Waren früher traditionelle hierarchische Managementpraktiken der Schlüssel zum Erfolg, zeigt sich heute immer deutlicher, dass sie nicht mehr greifen. Um die Herausforderungen der heutigen Arbeitswelt erfolgreich zu meistern, haben Experten vom Fraunhofer IAO, der Unternehmensberatung BICG und Steelcase acht Strategien für agile Führung entwickelt.
  • Über moderne Managementstrategien diskutierten Professor Wilhelm Bauer vom Fraunhofer IAO, Dr. Iñaki Lozano Ehlers, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung BICG, und Guillaume Alvarez von Steelcase.
  • Sie identifizierten acht Strategien mit denen Führungskräfte in Zeiten der Digitalisierung den Überblick behalten.

Woran können sich Führungskräfte in Zeiten der Digitalisierung orientieren? Wie führen sie ihre Teams und Unternehmen, wie behalten sie den Überblick?

Die Digitalisierung wirkt sich auch auf Führungskräfte aus und zwingt sie, von traditionellen Managementpraktiken abzuweichen.
Foto: Sergey Nivens - shutterstock.com

Fragen wie diese diskutierten Professor Wilhelm Bauer vom Fraunhofer IAO, Dr. Iñaki Lozano Ehlers, Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung BICG, und Guillaume Alvarez von Steelcase. Die drei Experten entwickelten auf Basis ihrer Erkenntnisse und langjährigen Erfahrung in den Bereichen internationales Management, Unternehmensführung und Innovationsforschung acht Managementstrategien.

1. Von der Natur lernen

Die zunehmende Komplexität wird beherrschbar, wenn Projekte und Teams als adaptive Strukturen aufgebaut sind. Lassen Sie sich dazu von der Natur inspirieren, beispielsweise von Regenwäldern oder Ameisenkolonien: Systeme wie diese bestehen aus wechselseitig eng miteinander verknüpften Teilen, wodurch sie sich extrem schnell verändern und anpassen können.

2. Es geht um mehr als Geld

Um ein Unternehmen zum Erfolg zu führen, müssen sich alle Anstrengungen auf das Wesentliche konzentrieren: den eigentlichen Zweck eines Unternehmens. Wer nur den Profit vor Augen hat, wird eventuell kurzfristig damit erfolgreich sein - langfristig ergeben sich daraus jedoch Probleme, zum Beispiel unzufriedene Mitarbeiter oder Qualitätseinbußen.

3. Vertrauen schenken

Statt selbst Entscheidungen zu treffen, gilt es, Mitarbeiter zu eigenem Denken und Handeln zu befähigen. Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der sich Mitarbeiter wohlfühlen und ihr Potenzial entfalten können.

4. Wände einreißen

Hierarchische Strukturen und repräsentative Einzelbüros sind nicht länger zeitgemäß, sondern müssen abgelöst werden von teamorientierten Flächen. Räume, in denen Sie als Führungskraft Teil des Teams und jederzeit greifbar sind, implizieren Offenheit und Transparenz - und haben damit einen positiven Einfluss auf die Zufriedenheit Ihrer Mitarbeiter.

5. Wandlungsfähig bleiben

Passen Sie sich an die Veränderungen unserer Arbeitswelt an, anstatt sie auszusitzen. Wer Themen wie die Digitalisierung verschläft, bleibt nicht am Puls der Zeit, sondern verschließt sich neuen Chancen und Innovationen.

6. Fehler positiv sehen

Rückschläge sind die ideale Möglichkeit, um Dinge zu verbessern und neue Lösungen zu finden. Nehmen Sie sich Design-Thinking-Methoden zum Vorbild und geben Sie Ihren Mitarbeitern die Chance, bisherige Herangehensweisen zu überdenken und daraus zu lernen.

7. Unternehmenskultur fördern

Besprechen Sie Normen und Werte, aber auch Ziele und Visionen des Unternehmens mit Ihrem Team. Die Transparenz beseitigt Missverständnisse und führt schließlich zu mehr Erfolg, da alle an demselben Strang ziehen.

8. Unternehmergeist erhalten

Fördern Sie die Impulse aller Mitarbeiter, anstatt an traditionellen Hierarchien festzuhalten. Vernetzen Sie alle Generationen, damit frischer Wind und Startup-Mentalität auf erfahrene Experten treffen.

Neue Führungspraxis für die digitale Welt
Der Sportdirektor eines Vereins
Der Sportdirektor eines Vereins stellt den Kader zusammen und gestaltet die Spiel- und Terminpläne für Wettkämpfe und Trainings. Er instruiert Talentscouts, kauft Spieler ein und stellt Bewegungsfreiheit für erforderliche Transfers sicher. Sein Ziel: Menschen zu finden und zu binden, die die Weiterentwicklung des Unternehmens konstant antreiben. Er erweitert die Suchkriterien für die Rekrutierung, stellt Mitarbeiter mit verschiedensten Hintergründen ein und ermöglicht Familien- und altersgerechte Arbeitszeitmodelle.
Führung in der Digitalisierung
Die Studie "Die Haltung entscheidet. Neue Führungspraxis für die digitale Welt" stammt von LEAD (Mercator Capacity Building Center for Leadership & Advocacy) in Kooperation mit der Unternehmensberatung Company Companions sowie der School of Public Policy (Central European University, Budapest) und dem Center for Leadership and Values in Society (Universität St. Gallen). Die Autoren empfehlen acht Rollen als Orientierungshilfen.
Die Landschaftsgärtnerin
Die Landschaftsgärtnerin gestaltet und pflegt Grünanlagen. Sie versteht das gesamte Ökosystem und weiß, wann welche Pflanzen im Jahreszeitenwechsel an welcher Stelle ihre Wirkung entfalten und wie alles zusammenspielt. Ihr Ziel: Das Unternehmen langfristig auf zustellen, wenn Krise und Veränderung zum Normalfall geworden sind. Sie ermöglicht schnelles „Prototyping“, geht unkonventionelle Partnerschaften ein und bricht Silos mittels heterogener, cross-funktionaler Teams auf.
Die Seismologin
Die Seismologin muss wissen, wo die Erde beben könnte. Dafür analysiert sie Daten, registriert feinste Erschütterungen und erkennt Spannungen frühzeitig. Sie erliegt aber nicht der Illusion, die Zukunft genau vorhersagen zu können. Ihr Ziel: Grundlagen für gute Entscheidungen in einer unübersichtlichen Welt zu schaffen. Sie etabliert „Situation Rooms“ zur Entwicklung von Handlungsstrategien, greift über digitale Plattformen auf verborgenes Wissen zu und schult ihre Intuition als zusätzliche "Datenquelle".
Der Zen-Schüler
Der Zen-Schüler ist in Ausbildung und Vorbereitung. Er lernt, reflektiert und prüft sich selbst. Achtsamkeit, Mitgefühl und Offenheit sind seine Tugenden, er pflegt eine disziplinierte (spirituelle) Praxis. Sein Ziel: Das finden, woran er sich festhalten kann, wenn sich alle an ihm festhalten. Er nutzt Coaching- und Mentoring-Programme, schafft physische Räume für den Ausgleich und richtet den Blick nach innen.
Der DJ
Der Discjockey bringt mit seiner Musik die Menschen zum Tanzen. Er setzt einen Rahmen, der motiviert, anregt und gemeinsame Energie erzeugt. Zugleich hat er ein offenes Ohr für Anregungen und sensible Antennen für das richtige Stück im richtigen Moment. Sein Ziel: Eine Kultur der Zugewandtheit zu schaffen – aber mit dem Fokus auf Ergebnisorientierung. Dafür baut er Empathie als Führungskompetenz auf, schafft Räume, in denen Menschen gerne arbeiten, und agiert als Vorbild für Zugewandtheit und Leistungsorientierung.
Die Intendantin eines Theaters
Die Intendantin eines Theaters wählt die Stücke für die Aufführung aus. Sie entwickelt den roten Faden und prägt die gesellschaftliche Wirkungskraft ihres Hauses. Die Künstler und deren Expertise bindet sie dabei ein. Ihr Ziel: in Zeiten großer Unsicherheit und Unplanbarkeit Orientierung zu geben. Über ein „Strategy Board“ schafft sie die Voraussetzung für Richtungsentscheidungen schaffen, erhöht mittels interaktiver Beteiligungsformen die Einigkeit über die Richtung – und hat den Mut zu klaren Ansage in der Krise.
Die Trainerin
Die Trainerin leitet eine Mannschaft taktisch, technisch und konditionell an. Sie bestimmt Trainingsablauf, Mannschaftsaufstellung und Strategie. Sie muss für Misserfolge geradestehen, Erfolge lässt sie ihrem Team. Ihr Ziel: Die Mitarbeiter zu mehr Verantwortungsübernahme zu befähigen. Dafür entwickelt sie über zeitgemäße Lernformate Kompetenzen entwickeln, baut gegenseitiges Vertrauen auf und führt Anreize zur Übernahme von Verantwortung ein.
Der Blogger
Der Blogger kommentiert Geschehnisse – zugespitzt, aufrüttelnd und meist aus einer persönlichen Sichtweise. Er will die Welt verstehen, erklären und übersetzen. Er lebt vom direkten Feedback der Leser. Sein Ziel: Veränderungsbereitschaft in die DNA des Unternehmens zu schreiben. Er kaskadiert die Geschichte der Veränderung in die Firma, moderiert gemeinsame Lernprozesse und gibt sichtbare Veränderungsanstöße.