Nicht immer ein Plus

Als Promovierter in die Beratung

22.05.2012 von Michael  Schwengers
Personaler schätzen das wissenschaftliche Know-how eines Promovierten, es ist aber keine Karrieregarantie.
Zählt eine Promotion schon als Berufserfahrung? Da gibt es unterschiedliche Ansichten.
Foto: Naira _shutterstoc

Ein angehender IT-Profi will im Online-Karriere-Ratgeber der Computerwoche wissen, ob Beratungshäuser seine Promotion honorieren. Er formuliert seine Frage wie folgt: "Ich habe 2010 mein Studium zum Diplominformatiker beendet und bin seitdem wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer anderen Universität. Im Rahmen dieser Anstellung arbeite ich nun an meiner Dissertation (Dr. rer. nat.), die ich im Laufe dieses Jahres abschließe. Inwieweit würden Sie eine solche Anstellung in der Forschung als Berufserfahrung bewerten? Ich habe von einigen Unternehmen gehört, dass die Zeit als Doktorand eher als Studium und nicht als Berufserfahrung bewertet wird.

Ich würde aber dagegen argumentieren, dass ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter auch an Projekten arbeite beziehungsweise diese leite und Termine und Fristen einhalten muss. Darüber hinaus biete ich verschiedene Lehrveranstaltungen an und bin für etwa 15 wissenschaftliche Hilfskräfte und Tutoren zuständig. Wie beurteilen Sie eine solche Tätigkeit? Des Weiteren würde mich interessieren, welche Einstiegsmöglichkeiten Sie in der IT-Beratung mit einer abgeschlossenen Promotion sehen? Interessant wäre auch, ob die Doktorandenzeit als `relevante Berufserfahrung` gilt."

Erfahrung zählt

Christoph Joos, Personalchef des Beratungshauses MHP, einer Porsche-Tochter, antwortet:

Christoph Joos, MHP: "Die meisten Firmen werden eine thematisch relevante Promotion mindestens teilweise anerkennen - eine Nichtanerkennung entspricht nicht den Marktgepflogenheiten."
Foto: MHP

"In der Einstufung eines Bewerbers geht es immer auch um die Frage nach der Berufserfahrung. Hierbei ist es - so zumindest bei den Beratungen, in denen ich bisher gearbeitet habe und aktuell arbeite - immer eine Einzelfallentscheidung, wie viel man anerkennt. Das heißt: Wir versuchen, den Mehrwert einer umfangreicheren wissenschaftlichen Ausbildung und Qualifikation (das betrifft zum Beispiel ebenso ein zweites Studium) für uns zu bewerten. Tatsächlich beschränkt sich typischerweise die Doktorandenzeit nicht nur auf das `bloße` Schreiben der Dissertation, sondern ist verbunden mit weiteren Aufgaben (Projektverantwortlichkeiten, Lehrtätigkeiten etc.), die durchaus auch Tätigkeiten unseres Geschäfts entsprechen und in die Bewertung einfließen - wie eben auch in Ihrem Fall.

Wichtiger Mitarbeitermix

Im Ergebnis wird man eine thematisch relevante Promotion mindestens teilweise anerkennen - eine Nichtanerkennung entspricht nicht den Marktgepflogenheiten. Es gibt Großunternehmen, die für die Einordnung zum Berufseinstieg klare Gehaltsbandbreiten und definierte Levels je nach der Vorqualifikation haben (Bachelor, Master, Promotion, zweites Studium...). Dort ist dann weniger Spielraum für individuelle Entscheidungen.

Beratung ist sicher keine Branche, in der eine abgeschlossene Promotion und ein Doktortitel für ein Mehr an Qualifikation oder Kompetenz steht - etwa im Gegensatz zu Rechtsanwälten. Für uns ist es allerdings wichtig, unterschiedliche Typen in einem Team zu haben, sprich: Wir brauchen den Pragmatismus eines praxisorientiert ausgebildeten BA-Absolventen genauso wie die analytischen Fähigkeiten und die inhaltliche Tiefe eines Doktoranden (natürlich in Klischees gesprochen). Weiterhin ist es für uns durchaus ein `Asset`, sich einmal tief, intensiv und diszipliniert mit einem Thema auseinandergesetzt und damit auch einen eigenen Anspruch dokumentiert zu haben. Darüber hinaus ist uns die Nähe zur Wissenschaft wichtig. Im Ergebnis gibt es effizientere und effektivere Wege als eine Promotion, um in einem Beratungshaus aufzusteigen. Dies sollte aber nicht alleinige Motivation für eine solche Entscheidung sein." (hk)

Gehälter
Die Verdienstchancen für Hochschulabsolventen...
untersuchte die Personalvermittlung Alma Mater auch 2012. Für ihre Gehaltsstudie hat sie über 1000 Arbeitgeber befragt und über 6.300 Gahaltsdaten von akadamischen Nachwuchskräften ausgewertet.
Besonders die Fahrzeugindustrie...
bietet dem akademischen Nachwuchs beste Verdienstperspektiven: Dort steigen Hochschulabsolventen mit durchschnittlich 46.000 Euro im Jahr ein.
Auch der Maschinenbau...
zahlt überdurchschnittlich, und zwar im Schnitt 45.000 Euro im Jahr für Hochschulabsolventen. Ein einenso hohes Gehalt winkt in der Elektrotechnikindustrie.
Im Öffentlichen Dienst...
...ist der Verhandlungsspielraum durch die strikte Bindung an Tarifverträge gering. Hier beginnen IT-Absolventen mit knapp 38.000 Euro im Jahr. Auch die Art der Hochschule ( Universität oder Fachhochschule) beeinflusst die Höhe des Gehalts.
Die Medien....
...sind bei vielen Absolventen beliebt, gehören aber zu den Branchen, die Berufseinsteiger am schlechtesten vergüten. Das durchschnittliche Einstiegsgehalt liegt bei 33.000 Euro im jahr, Trainees erhalten sogar nur 25.000 Euro.
Auch die Tourismusindustrie...
..gehört zu den Flopbranchen in Sachen Einstiegsgehälter: 26.000 Euro erhält ein Hochschulabsolvent im Marketing, als Trainee sind es sogar nur 10.000 Euro.
In Niedersachsen, hier die Autostadt Wolfsburg,...
können Hochschulabsolventen ein durchschnittliches Einstiegsgehalt von über 42.000 Euro erwarten. Das liegt auch daran, dass hier große Konzerne wie VW angesiedelt sind, die sehr gut zahlen.
Auch Schleswig-Hostein, hier das Holstentor in Lübeck,...
kommt in der Alma Mater-Studie gut weg. Auch hier liegt das Einstiegsgehalt über 42.000 Euro. Kommentar: In dieser Region haben viele große Firmen mitgemacht, die besser bezahlen als kleinere Betriebe.
Gut lachen haben Berufseinsteiger auch in Bayern..
...hier gibt es nicht nur viele Jobs, sondern auch ein Einstiegsgehalt von 42.613 Euro. Masterabsolventen werden in Bayern...
..und Baden-Württemberg...
am besten bezahlt. Im Ländle kommen Masterabsolventen auf knapp 44.000 Euro und überrunden damit sogar die Diplomierten.
In Frankfurt am Main....
werden Absolventen mit Master und Diplom auch sehr gut bezahlt, und zwar mit durchschnittlich 42.600 Euro.
In Bremen....
sind diese Abschlüsse dagegen nur gut 40.000 Euro wert. Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Regionen nicht mehr so groß wie früher.
Mit einem Masterabschluss....
verdienen Hochschulabsolventen im Schnitt 2000 Euro mehr als mit einem Bachelor. 38 Prozent der befragten Firmen suchen vermehrt nach Masterabsolventen.
Das Diplom...
...ist trotz Bologna-Reform immer noch gefragt und mit durchschnittlich knapp 41.000 Euro fast so gut vergütet wie ein Master-Abschluss (41.311 Eur0)..
Ein Praktikum...
ist in einigen Firmen immer noch unbezahlt, aber im Schnitt gibt 605 Euro im Monat für Praktikanten und 675 Euro im Monat für eine Abschlussarbeit.
Große Unternehmen....
zahlen besser. das Einstiegsgehalt in Konzernen liegt im Schnitt bei über 44.000 Euro im Jahr.
In kleinen Firmen....
können Einsteiger nur etwa 36.000 Euro erwarten.
Hochschulabsolventen...
...sind auch in Zukunft weiter gesucht. Vor allem Absolventen mit Bachelor, Master oder Diplom sind begehrt.