K.O.-Kriterium Glaubwürdigkeit

Arbeitgeber patzen im Recruiting-Prozess

01.07.2024 von Manfred Bremmer
Einer aktuellen Studie zufolge ist es für Mitarbeiter sehr wichtig, dass ihr Arbeitgeber glaubwürdig ist. Das stellt viele Unternehmen vor ernste Recruiting-Probleme.
Nicht nur Bewerber, auch Arbeitgeber versuchen verstärkt, einen glaubhaft positiven Eindruck zu vermitteln. Das klappt aber nicht immer.
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In einer vorangegangenen Studie hatte der Berliner E-Recruiting-Anbieter Softgarden herausgefunden, dass selbst im Krisenjahr 2024 zwei Drittel der Jobsuchenden nicht aus Not auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind, sondern weil sie nach besseren Jobs und Arbeitgebern suchen. In einem solchen Bewerbermarkt spielt die Glaubwürdigkeit eine große Rolle, so folgerte Softgarden daraufhin, denn überzeugen könnten nur Arbeitgeber, denen die Kandidaten ihre Inhalte und Botschaften auch "abkaufen".

Tatsächlich gaben 81 Prozent der Befragten in einer neuen Softgarden-Studie an, dass ihnen die Glaubwürdigkeit des Zielarbeitgebers in der Bewerbungsphase "sehr wichtig" ist. Für uneingeschränkt glaubwürdig hält die Arbeitgeberauftritte in Bewerbungsverfahren jedoch nur ein Viertel der Bewerbenden. Immerhin schätzen weitere 59 Prozent sie als "eher glaubwürdig" ein.

Allerdings, so ein weiteres Ergebnis der Studie, ergeben sich dabei für Arbeitgeber gleich mehrere Baustellen. Um sich ein Bild von dem potenziellen neuen Arbeitgeber zu machen, informieren sich Bewerber nämlich gleich an verschiedenen Stellen. Empfehlungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis liegen dabei im Hinblick auf ihre Glaubwürdigkeit als Infoquelle weit vorn: Fast die Hälfte der Befragten (48 Prozent) halten diese für uneingeschränkt glaubwürdig. Sowohl Stellenanzeigen (18 Prozent) als auch Karriereseiten (20 Prozent) oder Arbeitgeberbewertungen (18 Prozent) liegen deutlich dahinter.

Nimmt man allerdings die Stimmenanteile derjenigen dazu, die das jeweilige Medium für zumindest "eher glaubwürdig" halten, liegen Empfehlungen, Stellenanzeigen und Karriereseiten sowie Bewertungen allesamt bei über 70 Prozent. Das Schlusslicht bilden hier die Social-Media-Auftritte der Arbeitgeber - 43 Prozent finden diese "(eher) unglaubwürdig".

Imagefilme sind schlecht fürs Image

Generell tun sich Arbeitgeber schwer, mit Eigenmedien einen glaubhaften, positiven Eindruck zu hinterlassen. Dabei haben laut Studie insbesondere Imagefilme bei den Jobsuchenden kein gutes Image: Mehr als die Hälfte hält sie für "unglaubwürdig" oder "eher unglaubwürdig". Etwas besser (aber immer noch schlecht) schneiden Videos ab, in denen der Geschäftsführer oder ein Mitarbeiter der Personalabteilung/HR über die Vorzüge des Unternehmens als Arbeitgeber berichtet.

Deutlich glaubwürdiger sind dagegen Texte - etwa auf Karriereseiten oder in Stellenanzeigen. Hier liegt der Anteil der skeptischen Personen nur bei 35 Prozent. 65 Prozent halten sie dagegen für "glaubwürdig" oder "eher glaubwürdig". Wirklich zielführend ist diese Form der Selbstdarstellung allerdings auch nicht: Nicht einmal 15 Prozent stimmten zu, dass eines dieser Formate uneingeschränkt glaubwürdig ist.

Zahlreiche K.O.-Kriterien

Was aber stellt ein klares Ausschlusskriterium für Bewerber dar? Auch hier liefert die Softgarden-Umfrage klare Indizien: Neben negativen Berichten aus dem Freundes- und Bekanntenkreis (60 Prozent) sieht eine eindeutige Mehrheit (52 Prozent) auch in der unglaubwürdigen Darstellung in Arbeitgebermedien ein K.O.-Kriterium. Für fast die Mehrheitstellen zudem weit unterdurchschnittliche Arbeitgeberbewertungen (49 Prozent) sowie negative Presseberichte (47 Prozent) ein Ausschlusskriterium dar.

Drei von zehn Bewerbern wenden sich laut Umfrage von Arbeitgebern ab, die keine Karriereseite besitzen oder nicht sichtbar auf negative Kritik auf Kununu & Co. reagieren. Eine niedrige Zahl von Bewertungen ist sogar für fast jeden fünften Jobsuchenden Grund genug, sich anderweitig umzuschauen.

Allerdings zeigen sich laut Softgarden zwischen den einzelnen demografischen Gruppen deutliche Unterschiede mit Blick auf die K.O.-Kriterien: So stören sich etwa Ältere (über 45) vergleichsweise weniger am Fehlen einer speziellen Karriereseite als Jüngere, während für diese negative Berichte in der Presse nicht so häufig ein K.O-Kriterium darstellen. Außerdem lassen sich Frauen häufiger von schlechten Arbeitgeberbewertungen beeinflussen als Männer. An der Online-Umfrage haben 4.312 Personen teilgenommen, die sich aktuell bewerben.

8 Tipps für Arbeitgeber

Basierend auf die Ergebnisse der Studie gibt Softgarden Arbeitgebern acht Tipps an die Hand, um im Bewerbungsprozess erfolgreicher zu werden:

  1. Glaubwürdig bleiben: Jobsuchenden ist es sehr wichtig, dass Arbeitgeber in ihrem Verhalten und in ihren Aussagen glaubwürdig sind. Mitarbeiter verlassen Arbeitgeber, die unglaubwürdig geworden sind.

  2. Als HR-Abteilung zur Glaubwürdigkeit beitragen: Egal ob "HR" oder "Personalabteilung" - neben der Bezeichnung sind auch die Strukturen, Prozesse und Mentalitäten wichtig.

  3. Mehr Glaubwürdigkeit im Recruiting wagen: Statt alte Werbephrasen zu dreschen, sollten Arbeitgeber im Recruiting mehr Offenheit und Transparenz zeigen.

  4. Auf Empfehlungen setzen: Kein Medium ist in der Bewerbung so glaubwürdig wie die Empfehlung eines Freundes oder einer Freundin. Arbeitgeber sollten sich das zunutze machen.

  5. Alle Medien professionell bespielen: Karriereseiten, Stellenanzeigen und Arbeitgeberbewertungen gelten in etwa als gleich glaubwürdig und sollten entsprechend bedient werden.

  6. Stellenanzeigen nicht vergessen: Auch wenn sie nicht gerade der letzte Schrei sind - gut gemachte Stellenanzeigen machen einen entscheidenden Unterschied - vor allem im Gegensatz zu Arbeitgeber-Imagefilmen.

  7. Ego-Googlen als Arbeitgeber: Ein Großteil der Bewerber checkt ihre Arbeitgeber im Web, bevor sie eine Bewerbung verschicken. Von ihnen nutzen wiederum über 80 Prozent Google für diesen Check. Entsprechend sollten auch Arbeitgeber ihre digitale Wirkung realistisch einschätzen und an den entsprechenden Stellschrauben drehen.

  8. Zielgruppen im Blick behalten: Jüngere und Ältere, Akademiker und Blue Collar-Bewerbende, Angehörige verschiedener Berufsgruppen sowie Männer und Frauen unterscheiden sich zum Teil erheblich in der Glaubwürdigkeitswahrnehmung von Medien und Formaten.