ASP: Großes Angebot - schleppende Nachfrage

24.07.2001 von Bernd Seidel
MÜNCHEN (CW-EXTRA) - Software mieten statt kaufen - so lautet die Devise von Application-Service-Providern (ASP). Trotz vollmundiger Versprechen der Anbieter wie Skalierbarkeit, mehr Flexibilität und geringere Kosten sind Anwender noch zurückhaltend. Zudem ist das Geschäft mit Mietsoftware anspruchsvoll, investitionsintensiv und wird auf der Anbieterseite viele Opfer fordern.

"Zur Zeit ist das ASP-Angebot deutlich größer als die Nachfrage", kommentieren Christoph Chalons, Geschäftsführer, und Jean-Christian Jung, Consultant beim Marktforscher Pierre Audoin Conseil (PAC) in München, den Trend der gemeinsam mit der COMPUTERWOCHE erstellten ASP-Studie *. Die Dienstleister scheinen mit ihren Angeboten aber im Wesentlichen den Nerv der Kunden zu treffen.

Dass im Bereich ASP das Wunschdenken der Anbieter der Realität noch hinterherläuft, zeigte sich nach der Detailanalyse der Befragten: Von den 694 Teilnehmern sind 103 "richtige" Anwender. Bei 521 handelt es sich entweder selbst um ASPs, oder potenzielle Anbieter in diesem Markt wie Software-, IT-Dienstleistungs-, Outsourcing- oder Plattformanbieter sowie Telekommunikations- und Handelsunternehmen. Auch junge Dienstleister wie Werbe-, Online- oder Medienagenturen haben an der Studie teilgenommen.

"Vieler dieser Newcomer haben dabei eine Zwitterrolle inne: zunächst mieten sie sich Software von der Stange, um ihr eigenes Geschäft damit zu unterstützen. In einem zweiten Schritt bieten sie dann zusätzliche Services zu den gemieteten Lösungen an, die sie dann wiederum als ASPs weitervermarkten wollen", erklärt Analyst Jung die Situation dieser Firmen.

Rund zehn Prozent der Antworten (70) sind durch das Bewertungsraster gefallen, da sie weder der Anbieter noch der Anwendergruppe zuzuordenen sind.

* Die Studie:

Im Zeitraum von Ende Oktober bis Mitte Dezember 2000 nahmen 694 Personen oder Firmen an der Befragung via Internet teil. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob sich hiesige Anwenderunternehmen mit ASP auseinandersetzen und welche Applikationen sie bevorzugt via Internet zur Miete beziehen möchten. Abgefragt wurden daneben die Vorteile, die man sich von dem ASP-Modell verspricht sowie die Bedenken dagegen. Eine weitere Aufgabestellung der Untersuchung war eine Analyse von Angebot und Nachfrage.

Weitere Details zur Studie wie ein Anbieterranking gibt es bei Pierre Audoin Conseil (PAC), Jean-Christian Jung: Tel.: 089/ 23 23 68 12 oder im Internet unter www.pac-online.de

E-Anwendungen sind heiß begehrt

Gefragt nach den Applikationen, die Anwender von einem ASP beziehen möchten, erhalten gehostete Web-Auftritte mit 81 Prozent, Collaborative-Anwendungen (E-Mail,Groupware, Conferencing) mit 79 und Web-Shops mit 77 Prozent den größten Zuspruch. Mehrfachnennungen waren hier möglich.

Gewertet wurden alle Anworten mit dem Urteil "Stimme sehr zu" und "Stimme zu". Auffällig dabei ist, dass die neun der am häufigsten genannten Anwendungen (zusammen 70 Prozent) entweder sehr einfach sind (Office-Applikationen, Web-Auftritt etc.) oder grundsätzlich auf Internet-Technik basieren. Zudem sind viele von diesen Applikationen "neue" Anwendungen wie E-Commerce, die den Funktionsumfang bereits implementierter ERP- oder Host-Systeme ergänzen und Unternehmen einen raschen Einstieg ins E-Business ermöglichen sollen.

Bei den Office-Paketen handelt es sich allerdings meist nicht um die reine Anmietung etwa von Textverarbeitung und Tabellenkalkulationsprogrammen. Diese Tools werden in Kombination mit Mail-, Groupware- oder Kunden-Management-Software als Bündel gemietet und tauchen deshalb recht häufig auf.

Beliebt als Mietobjekte sind auch Reisekostenabrechungssysteme und Spezialfunktionen etwa beim Personal-Management. Vor allem Bausteine, die nur selten benötigt werden, wie etwa eine Software für 360-Grad-Analyse für die Mitarbeiterbewertung oder Module für das Bewerber-Management, wollen Unternehmen von einem ASP beziehen.

Komplexe und strategische Anwendungen dagegen etwa für das Customer-Relationship-Management (CRM), aber besonders ERP-, Supply-Chain-Management- (SCM-) und Produktionssysteme werden von Anwendern weit weniger nachgefragt. Hier müssen einige Anbieter, die sich auf ERP-Hosting spezialisiert haben, ihre Geschäftsmodelle überdenken und die ERP-Software mit zusätzlichen Diensten wie etwa Workflow oder Output-Management anreichern.

Die Münchner Innobase AG hat diesen Gedanken bereits aufgegriffen und vermietet unter dem Begriff "Solution 1" (Sol 1) ein Sofwarepaket aus "Baan ERP" plus E-Sales-Shop, E-Procurement, Dokumenten-Management und Anbindung an virtuelle Marktplätze.

Dem ursprünglichen Anspruch der ASPs, ein einmal geschnürtes Angebot gleich mehrfach in identischer Form an verschiedene Kunden vermieten zu können (one to many), erteilen die PAC-Analysten allerdings einen Dämpfer: "Einen Standard, der zu 100 Prozent die Belange unterschiedlicher Firmen abdeckt, gibt es für viele Anwendungen nicht." Speziell bei anspruchsvolleren CRM-, ERP-und SCM-Projekten sei also immer mit einem Anpassungsaufwand für die Software zu rechnen. Die Implementierung einer Sol 1, so verspricht es Innobase, soll inklusive Customizing allerdings in maximal 90 Tagen erledigt sein.

Ein überraschendes Ergebnis der Studie ist, dass Systeme für die Buchhaltung und Abrechnung kaum auf Mietbasis nachgefragt sind, obwohl sie sich aufgrund der starken Standardisierung von Prozessen gut dafür eignen würden.

Deutliche Abweichungen zwischen Angebot und Nachfrage gab es im Bereich Office-Anwendungen: Während die Anwender zu 75 Prozent Office-Lösungen von einem ASP beziehen möchten, bewerten die Anbieter den Bedarf mit 63 Prozent deutlich niedriger.

Ähnliche Differenzen gelten für Materialwirtschafts-Software: 61 Prozent der Anwender können sich diese Art Applikation auf Mietbasis vorstellen, aber nur 48 Prozent der Dienstleister halten diese für wichtig.

Wo liegen die Vorteile?

Gefragt nach den Vorteilen, die sich Unternehmen von ASP versprechen, äußern sich Anwender und Anbieter ähnlich. Über 9o Prozent der Befragten halten die Aktualität von Technik und Applikationen (dank rascherer Implementierung), die Planbarkeit und Transparenz von Kosten sowie die Möglichkeit, auf IT-Kompentenzen des ASPs zurückgreifen zu können, für vorteilhaft.

Hier warnen die PAC-Analysten: "Die Total Cost of Ownership sind neben zusätzlichen Services ein ganz wichtiges Argument für eine Entscheidung pro oder kontra ASP." Ist ein Anbieter künftig nicht in der Lage, die Kostenvorteile nachzuweisen, werde der ASP-Markt nicht gedeihen, so ihre Einschätzung.

Dem Verzicht auf eigene IT-Kompetenz stehen Anwender interessanterweise aber gleichzeitig auch skeptisch gegenüber: Für immerhin 63 Prozent der befragten User ist dies schmerzhaft, wogegen nur 55 Prozent der Anbieter dies als verständlicherweise kritisch beurteilen.

Als weiterer Vorteil von ASP wird die Konzentration auf das Kerngeschäft gesehen. Dies ist ein Trend in der gesamten Wirtschaft, der nicht nur durch ASP verstärkt wird, sondern auch durch Konzepte wie Supply-Chain-Management.

Die größten Abweichungen zwischen Kunden und Dienstleistern in der Kategorie Vorteile treten in den Punkten "Nutzung an verschiedenen Standorten" und "Besserer Service" auf.

Während die Anbieter den flexiblen Einsatz von Lösungen als besonders wichtig einstufen (91 Prozent), halten sich die Anwender mit 84 Prozent hier etwas zurück. Die Nutzung an verschiedenen Standorten spiegelt dabei den allgemeinen Trend zu mehr Mobilität via Internet und Mobilfunk wider.

Dagegen ist für die ASP-Kunden ein besserer Service mit 83 Prozent wichtiger, als ihn die Anbieter anscheinend liefern möchten (78 Prozent): "ASPs müssen der Komponente Service höchste Beachtung schenken, um zu überzeugen", lautet denn auch der Rat der PAC-Analysten.

Welche Bedenken haben Anwender?

Zu den am häufigsten genannten Bedenken gehören die "Abhängigkeit vom Dienstleister", "Hoheit über unternehmenskritische Daten" und die "Zuverlässigkeit des Internet". Wobei die Anwender in diesen Punkten insgesamt skeptischer sind als die Anbieter.

"So lange das Internet nicht wirklich sicher und schnell ist, werden wir auf den großen Durchbruch bei ASP warten müssen", sind sich die PAC-Analysten einig. Bisher haben die Unternehmen eher Virtual Privat Networks (VPNs) bevorzugt.

Völlig unerwartet fällt das Ergebnis auf die Frage nach der "Zukunftssicherheit des Anbieters" aus: Während 63 Prozent der befragten ASP-Kunden sie als kritisch einstufen, plagen 71 Prozent der antwortenden Branchenmitglieder selbst Zukunftsängste. Mit anderen Worten: Sie sehen weniger optimistisch in die Zukunft.

Der Grund: Im ASP-Markt tummeln sich viele New- Economy-Unternehmen. Und es reicht bekanntlich nicht, in Werbung und Kommunikation zu investieren, mit der Hoffnung, in ein paar Jahren einen erheblichen Marktanteil zu erlangen, um dann Geld zu verdienen: "Viele New-Economy-Unternehmen mussten in letzter Zeit schmerzvoll lernen, dass das Angebot, die Wettbewerbssituation, aber auch die Organisation und interne Prozesse weiterhin kritische Erfolgsfaktoren darstellen", so das Urteil der Analysten.

Ihr Fazit: Viele der ASPs werden entweder verschwinden oder von klassischen Anbietern übernommen.

Anlass zur Kritik bietet zudem die schlechte Transparenz im Anbietermarkt: "Viele Angebote sind noch in der Entwicklung. Das Gros der Ankündigung neuer Dienstleistungen erwarten wir erst in diesem und nächsten Jahr", so Analyst Jung. Insofern sei der Markt noch unüberschaubar.

In puncto Laufzeit von ASP-Verträgen und Abrechnung der Leistungen herrscht weitgehend Übereinstimmung: Anwender bevorzugen Gebührenzahlung nach Benutzung (38 Prozent) oder feste monatliche Beträge (42 Prozent). Anbieter präferieren ebenfalls die monatlichen Gebühren (43 Prozent), wobei die Bezahlung nach Benutzung mit 29 Prozent weniger beliebt ist. Als Vertragslaufzeit halten sowohl Anbieter (69 Prozent) als auch Kunden (60 Prozent) ein Jahr oder weniger für den geeignetsten Zeitrahmen.

Erstaunlich ist, dass 48 Prozent der befragten Betriebe einen Jahresumsatz über 250 Millionen Mark erzielen. Denn ASP ist per Definition eher als Angebot für kleinere Unternehmen mit einem Umsatz zwischen fünf und 50 Millionen Mark jährlich gedacht. Hier sollen sich, so der Wunsch der Anbieter, weniger komplizierte, immer wiederkehrende Geschäftsprozesse mit der Software aus der Steckdose abdecken lassen.

Speziell große Softwareunternehmen wie SAP , Oracle , Peoplesoft und J.D. Edwards versprechen sich, deswegen mit ASP auch bei kleinen Unternehmen Fuß fassen zu können. Immerhin 32 Prozent der in der Studie befragten Betriebe liegen innerhalb dieser Spanne. Es gibt also noch Hoffnung für SAP und Co. auf die kleinen Mittelständler.

Definition von ASP

Bisherige Studien kämpfen mit dem Problem, dass seitens der Befragten Unklarheit darüber herrscht, wodurch sich ASP vom klassischen Outsourcing unterscheidet. Verwechslungen sind hier programmiert, da ASP-ähnliche Leistungen zum Teil bereits von Outsourcern angeboten werden.

PAC und CW definieren einen ASP wie folgt:

- Der ASP ist Eigentümer der Software und verwaltet die Lizenzen.

- Die Infrastruktur befindet sich im Datenzentrum des ASP, ihm gehört die Hardware.

- Der Service wird über Pauschalen oder nutzerabhängig abgerechnet.

- Standard-Implementierungen sind durch die Gebühren abgedeckt, darüber hinausgehende Leistungen kosten zusätzlich.

- Der ASP ist für System-Management und -Betrieb verantwortlich.

- Die Applikationsfunktionen werden via IP-Technik (Internet oder VPN) zur Verfügung gestellt.

- Die Lizenzen werden an mehrere Nutzer vermietet ("one-to-many") und müssen daher mandantenfähig sein.

PAC selbst räumt ein, dass es sich hierbei um eine sehr "strenge" Definition von ASP handelt. Insbesondere über den Standardisierungsgrad kann man streiten, denn andere Analysten und viele Anbieter lassen kundenspezifische Entwicklungen im ASP-Modell gelten.

Markt und Anbieter

Manche Analysten rechnen mit einem schnellen Anstieg der Zahl von ASP-Anbietern und einer darauf folgenden Bereinigung des Marktes auf eine überschaubare Gruppe von Providern. Diese Entwicklung ist für die Kunden ein zweischneidiges Schwert. Einerseits führt eine Bereinigung im Anbieterlager zu einem gesunden Ausleseprozess, an dessen Ende ein überschaubares Angebot steht. Andererseits kommen die Kunden derjenigen Dienstleister, die auf der Strecke bleiben, in die Bredouille, denn was geschieht dann mit ihren Daten?

(Siehe zum Beispiel: "Adidas und seine ASP-Erfahrungen")

Der Markt wird sich aller Voraussicht nach erst 2002/2003 eine breite Akzeptanz erreichen und robuste, qualitativ hochwertige sowie gut gemanagte Leistungen hervorbringen. Dann werden sich die verlässlichen ASP-Anbieter herauskristallisieren.

Die Gewinner dieses Ausleseprozesses werden nach Ansicht vieler Analysten allerdings nicht breit aufgestellte Anbieter sein. Nur wer sich auf bestimmte Branchen oder Applikationssegmente spezialisiert, wird mit Erfolg rechnen können.

Bezogen auf den gesamten hiesigen Outsourcing-Markt von 13,29 Milliarden Mark, erzielt das Segment ASP im Jahr 2000 einen Anteil von lediglich 0,45 Prozent (60 Millionen Mark). Bis 2004 wird dieses Kuchenstück auf 4,5 Prozent (1,1 Milliarden Mark) des gesamten Outsourcing-Markt wachsen (25,1 Milliarden).

ASP bleibt in dieser Hinsicht immer noch ein kleiner Markt, wenn auch einer mit gewaltigem Wachstumspotenzial (über 100 Prozent jährlich). Bezogen auf den gesamten deutschen Software- und IT-Dienstleistungsmarkt wird ASP 2004 weniger als ein Prozent ausmachen. Das erscheint zunächst nicht viel, doch die Anwenderumfrage zeigt, dass fast drei Viertel der Anwender planen, in absehbarer Zeit Software zu mieten statt zu kaufen.

PAC sieht zurzeit nur zirka 25 reine ASPs (allesamt Startups) im deutschen Markt agieren. Das Gros der übrigen Anbieter sind Unternehmen aus dem IT-Dienstleistungs-, Outsourcing- und dem Telekommunikationsumfeld. Das schärft zwar nicht unbedingt das Profil, ist aber nicht zwangsläufig als Mangel zu bewerten. Denn ASP-Anbieter müssen Systeme, Softwarelizenzen, eine Infrastruktur anschaffen und mit einem detaillierten und stark zu bewerbenden Geschäftsmodell in Vorleistung treten. Diesen finanziellen Kraftakt können sich nur etablierte Unternehmen leisten, die ihren ASP-Diensten Anschubhilfe durch Querfinanzierung bieten.

In diesem Licht ist es wenig verwunderlich, dass nur 18 Prozent der Studienteilnehmer die ASP-Startups als Anbieter mit Zukunft einschätzen. Zwar haben, so die Ausführungen der PAC-Analysten zu dieser Anbietergruppe, die ASP-Startups den Markt gut verstanden, könnten auch mit den erforderlichen IT-Ressourcen und Vertriebskanälen aufwarten, doch fehle ihnen häufig das Geld, um lange Durststrecken zu überbücken. Zudem haben die Neueinsteiger zunächst keine Kundenbasis zur Quersubventionierung des neuen Geschäftsmodells.

Doch auch in den übrigen Anbieterklassen wechseln Licht und Schatten. Die TK-Anbieter dürften kaum in Geldnöte geraten, haben gut ausgebaute Vertriebswege, um die Kunden anzusprechen, und können auf vorhandenes Know-how im Infrastrukturbereich aufbauen. Was vielen jedoch fehlt, ist die Servicekultur auf der Softwareseite und die Erfahrung mit dem Vertrieb von IT-Dienstleistungen.

Der Gruppe der heutigen Beratungshäuser räumen insgesamt 28 Prozent der Befragten die größten Chancen ein, im Markt zu bestehen. Aufgeschlüsselt nach IT-Dienstleistern mit und ohne eigene Softwareprodukte, zeigt sich, dass erstere Gruppe wohl eher zu den Gewinnern zählen dürfte, weil diese Anbieter das Geschäft mit der Mietsoftware von einer soliden Produktbasis aus aufbauen können.

Aber auch unter den bisherigen Serviceunternehmen, die sich im ASP-Markt versuchen, ist nicht alles Gold, was glänzt. Abhängig von ihren angestammten Tätigkeiten haben die Dienstleister unterschiedliche Stärken und Schwächen.

Klassische Outsourcer wissen etwa um den Betrieb einer IT-Installation und den Wert eines guten Kundenservice, richten sich mit ihren bisherigen Angeboten jedoch überwiegend an große Unternehmen, die nicht die erwartete typische ASP-Klientel bilden. Projektdienstleister müssen sich dagegen das Wissen um den IT-Betrieb erst aneignen, haben dafür aber meistens gute Kundenkontakte, so dass sie die Bedürfnisse der Anwender kennen.

Über die Rolle der Softwarehäuser im ASP-Umfeld kann man derzeit nur spekulieren, denn die Großen der Branche halten sich noch zurück. Eine Schlüsselrolle werden sicher Unternehmen wie Microsoft, SAP oder Oracle einnehmen. Übereinstimmend mit vielen Analysten sehen auch die PAC-Experten diese Hersteller künftig im ASP-Revier wildern, die Frage ist allein, wann sie im großen Stil einsteigen.

Für die heutigen Produktanbieter gibt es zwingende wirtschaftliche Gründe, aktiv im Dienstleistungsumfeld zu agieren: In dem Maße, wie ASPs vermehrt Softwarelizenzen en gros und zu Sonderkonditionen bei den Herstellern kaufen, leiden deren Margen. Zudem verlieren die Produktanbieter durch das neue Vertriebsmodell den Kontakt zur Kundenbasis, wenn sie nicht selbst am ASP-Markt partizipieren.

Startups, Telcos, Outsourcer, Beratungsunternehmen und Softwareanbieter sind die üblichen Verdächtigen, wenn es um den Ausbau von Softwareangeboten und Dienstleistungen geht. Eine völlig neue Anbietergruppe formiert sich jedoch unter den heutigen Anwendern von IT-Ressourcen . Erste Beispiele weisen auf Möglichkeiten hin, das klassische Kerngeschäft um Extradienste auszuweiten.

Eine Schweizer Versicherung bietet etwa ihren Vertriebspartnern, also kleineren Versicherungsagenturen, einen Dienst zur Lohnabrechnung an. Der Service reicht von der einfachen Vermietung der entsprechenden Software bis hin zur kompletten Abrechnung.

Denkbar sind ASP-Szenarien auch in Branchenverbänden , die eine Vermittlungsrolle zwischen Unternehmen und Mitgliedern einnehmen und dafür bereits eine Anwendung erstellt haben. Diese ließe sich als Portal, Marktplatz oder Mietsoftware der Kundschaft zur Verfügung stellen. Überhaupt bieten viele Tätigkeiten im E-Commerce-Bereich Potenzial für heutige Anwender, ihren Partnern ASP-Dienste zu offerieren: Kleinere Zulieferer könnten etwa über Mietsoftware dazu ermuntert werden, sich in eine Supply-Chain-Management-Kette einbinden zu lassen.

ASP-Checkliste

Für die Auswahl eines Anbieters sollten folgende Kriterien beachtet werden:

1. Über den ASP selbst:

- Was ist sein Hintergrund? Startup, Softwareanbieter, reiner IT-Dienstleister?

Wo sind seine Kernkompotenzen: Telekom, Medien, Berater, ISP?

Hat er bereits Erfahrung im Servicebereich?

Was ist seine Strategie für die kommenden vier bis fünf Jahre?

- Hat er Referenzen?

- Wer sind seine Partner? Was kommt von dem ASP selbst und was von seinen Partnern?

- Ist der ASP international tätig ?

- Schauen Sie sich die Zukunftsaussichten des Dienstleisters an. Kann er mit dem Wachstum Ihres Unternehmens mithalten und neue Business-Applikationen anbieten?

Wie finanzstark ist der ASP?

Wer sind die Geldgeber? (Vorsicht bei Venture-Capital-finanzierten Anbietern!)

Kann man langfristig auf ihn zählen?

2. Sicherheit und Servicevertrag (SLA)

- Wo liegen die Datenzentren, wieviele sind es?

- Welche Maßnahmen werden für die Sicherheit der Daten getroffen?

- Was ist, wenn die Daten zerstört werden?

- Wen soll man anrufen, wenn Probleme auftauchen? Viele ASP arbeiten nämlich mit einer Vielzahl von Partnern zusammen.

Achten Sie darauf, dass neben einer allgemeinen Hotline auch ein persönlicher Ansprechpartner, ein Single Point of Contact, für Sie zur Verfügung steht. Dieser so genannte First-Level-Support sollte vom ASP-Anbieter oder von einem externen Dienstleister angeboten sein.

- Besitzt der ASP die Kapazität (Skalierbarkeit), um die Entwicklung der Firma in den kommenden Jahren zu unterstützen?

- Welche Verfügbarkeitsgarantien werden gegeben? Die garantierte Service-Uptime sollte nicht unter 99,5 Prozent im Jahr liegen.

- Gibt es verschiedene Vertragsstufen, je nach Anwenderbedürfnissen?

- Falls der Anwender nicht zufrieden sein sollte, kann er sofort kündigen ohne irgendeine Strafe zahlen zu müssen? Verfügt er über gesetzliche Mittel?

- Achten Sie darauf, wie Ihnen im Fall der Vertragskündigung Ihre Daten übergeben werden. Klären Sie ab, wie sich der Anbieter im Insolvenzfall verhält: Bestehen Sie auf einen notariell hinterlegten Sourcecode.

- Von der Miete zum Kauf: Befragen Sie Ihren ASP-Anbieter, ob nach einer Mietphase auch der Erwerb der Software für eine Inhouse-Lösung möglich ist.

3. Kapazität/Know-how

- Verfügt der ASP über das nötige Know-how und die Mitarbeiter für die Implementierung und Verwaltung der Anwendung, an der Sie interessiert sind? Muss er dafür mit Partnern zusammenarbeiten?

Ist er nur ein reiner Provider einer Netz-Infrastruktur, oder hat er darüber hinaus bereits Kompetenz in der Entwicklung oder Anpassung von Software erlangt?

- Kann der ASP die Anwendung, die er bietet, in das Legacy-System des Kunden integrieren?

4. Kosten/Preise

- Wie hoch sind die Kosten für Hosting und Implementierung der Anwendung?

- Ist dieser Preis inklusive allem oder muss weitere Hardware angeschafft werden?

- Welches Abrechnungssystem wird benutzt? Kann man es im Laufe des Vertrags ändern?

- Wo liegt der Preisvorteil zwischen dem Einsatz über den ASP und dem direkten Einsatz der Lösung im Unternehmen?

- Ist die weitere Entwicklung der Lösung (Upgrade) kostenpflichtig?

- Was kosten individuelle Anpassungen?