VoIP as a Service an der Uni Würzburg

Asterisk in der Praxis

16.11.2009 von Markus Diehl
Wie eine VoIP-TK-Anlage auf Open-Source-Basis ohne Risiko entsteht, zeigt das Beispiel der Universität Würzburg.
Die Uni Würzburg hat mit der Open-Source-Lösung Asterisk positive Erfahrungen gemacht.
Foto: Uni Würzburg

Positive Erfahrungen mit Asterisk machte beispielsweise die Universität Würzburg. Sie stand vor der Frage, ob sie eine neue TK-Anlage kaufen sollte. "Es waren schlichtweg keine Anschlüsse mehr frei, und für eine Erweiterung hätten wir eine neue Telefonanlage anschaffen müssen", erklärt Projektleiter Helmut Celina vom Universitätsrechenzentrum die Ausgangssituation. Unter dem Strich hätte dies zu hohen Lizenz- und Ersatzkosten für die klassische PBX geführt.

Die Überlegungen der Würzburger kennt man bei Patton-Inalp, einem Hersteller für Gateways zwischen VoIP und ISDN, nur zu gut. "Unsere Erfahrung ist, dass ein VoIP-Umstieg häufig dann ein Thema wird, wenn alte Systeme zur Ablösung anstehen und das Kostenargument ins Spiel kommt", erzählt Manager Bernhard Flühmann.

Mit Asterisk ersparte sich die Uni Würzburg nicht nur die Anschaffung einer teuren TK-Anlage, sondern konnte auch mit VoIP ihre TK-Gebühren reduzieren.
Foto: Vierling

Dabei sind die potenziellen Asterisk-Kunden nicht per se auf Open Source eingestellt. Meist schauen sie sich zunächst die VoIP-Systeme etablierter Hersteller an, die allerdings kaum günstiger als klassische ISDN-PBX-Anlagen sind. Erst dann fällt der Blick auf Asterisk als weit verbreitete Open-Source-Lösung. Neben dem Kostenargument sticht meistens die Flexibilität: Asterisk lässt sich auf eigenen Servern installieren, mit kundenspezifischen Skripten versehen und mit einer Vielzahl von Gateways und Endgeräten kombinieren. "Wir haben die Komponenten selbst aufeinander abgestimmt, eigene Skripte geschrieben, und wir administrieren das System selbst", beschreibt Projektleiter Celina, der ohne einen externen Dienstleister auskommt. Allerdings räumt der Uni-Mitarbeiter ein, dass ein Mehraufwand für internes Know-how entstanden sei, "doch das kompensieren wir durch Einsparungen bei Wartung, Lizenzen und Leitungen."

Kosten senken

Laufende Gebühren soll VoIP vor allem bei internen Verbindungen reduzieren. Die PBX-Anlagen der Unternehmensstandorte werden hierzu per VoIP verbunden, so dass Gebühren für interne Anrufe entfallen. "Selbst eine schrittweise Migration, bei der ein Teil der ISDN-Systeme behalten wird, ist kein Problem", erklärt Flühmann. Die Brücke zwischen alter TK-Welt und neuer Infrastruktur schlagen SIP-ISDN-Gateways. Über diese gehen dann auch externe Gespräche ins ISDN-Netz. Viele Unternehmen wollen nämlich nicht die Ausfallsicherheit, Sprachqualität und zuverlässige Faxübertragung des ISDN-Netzes missen und sehen in SIP-Providern noch keine Lösung.

Mobile Integration

Ein anderer Aspekt ist für viele Anwender die Mobilfunkintegration. Auch hier muss sich die Open-Source-Lösung nicht vor der Konkurrenz verstecken. Mit VoIP-GSM-Gateways, wie sie etwa die Nürnberger Vierling Gruppe vermarktet, können die Kosten für GSM-Verbindungen gesenkt werden. Statt Gebühren im zweistelligen Cent-Bereich für Telefonate per VoIP- oder ISDN-Provider nach GSM zu bezahlen, sind so direkte GSM-Verbindungen möglich. Und diese sind in der Regel wesentlich günstiger als VoIP-Verbindungen zu GSM. Für Asterisk konfigurierte GSM-Gateways unterstützen bis zu acht SIM-Karten in einem Gerät.

Knackpunkt Endgerät

Ein oft unterschätzter Punkt in VoIP-Projekten ist die Wahl der Endgeräte. Fehlt hier die Akzeptanz der Anwender, dann wackelt schnell das gesamte VoIP-Projekt. "So ist ein aus der ISDN-Welt vertrautes Design entscheidend, das bei der Farbe anfängt und bei Display-Größe und Menüführung endet", weiß Jörg Bodewell vom IP-Telefonhersteller Snom. Ferner sollte das Telefon mit Asterisk kompatibel sein, sonst ist der Ärger beim Anwender programmiert - oder anders formuliert: Endgeräte für Asterisk sollten auf Standards basieren. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, gibt es eine einfache Lösung: Die Anwender dürfen frühzeitig Geräte verschiedener Hersteller testen.

Dass die Umstellung für die User nicht einfach ist, hat auch Celina erfahren, der in Würzburg in seiner Asterisk-Umgebung Snom-Telefone einsetzt: "Die Mitarbeiter müssen sich an viele neue Funktionen erst gewöhnen, da ist eine klare Nutzerführung entscheidend." Im Gegenzug profitieren die Mitarbeiter von einer größeren Flexibilität. "Bei unserer Asterisk-Implementierung können wir Telefonnummern losgelöst vom Endgerät nutzen", erklärt Celina. Bei einem Platzwechsel oder Umzug loggen sich die Kollegen von einem beliebigen Telefon aus mit ihrer persönlichen ID ein und sind dann wieder erreichbar. Unter dem Strich zieht der Projektleiter in Sachen Open Source eine positive Bilanz und blickt in puncto Skalierbarkeit optimistisch in die Zukunft: "Ist die Kapazität erschöpft, nehmen wir einfach einen weiteren Asterisk-Server in Betrieb." (hi)