Neue Rollen für ERP und MES

Auf dem Weg zur Smart Factory

14.12.2016 von Walter Huber  IDG ExpertenNetzwerk
Eine Smart Factory erfordert digitalisierte Prozesse wie auch eine weiter entwickelte IT-Systemlandschaft. Dabei stellt sich die Frage, ob ERP und MES noch in diese neue Produktionswelt passen oder ob es sich doch um Auslaufmodelle handelt.
  • Welche Anforderungen an eine Smart Factory gestellt werden
  • Wie die Produktion der Zukunft aussehen sollte
  • Warum ERP und MES nach wie vor einen Platz in der digitalisierten Fabrik haben

Sowohl ERP-Systeme als auch MES bilden seit geraumer Zeit das IT-technische Rückgrat vieler Unternehmen. Über beide erfolgt jeweils die Unternehmens- und Produktionssteuerung. Im Rahmen von Digitalisierungsstrategien wird der Funktionsumfang von ERP-Systemen und MES in Unternehmen weiter ausgebaut, schon weil aktuell praktisch keine Alternative zur Steuerung und Überwachung der Produktion existiert. Die funktionale Trennung zwischen ERP und MES wird durch das 5-stufige ISA-95 Modell beschrieben. Hierbei erfolgt, wie in der Informatik bei hierarchischen Ansätzen üblich, ausschließlich eine Kommunikation zwischen zwei benachbarten Ebenen sowie innerhalb einer Ebene.

Grob gesprochen beschreibt die oberste Ebene des ISA-95 Modells alle Aktivitäten zur Unternehmenssteuerung, die nächste Ebene jene zur Produktionssteuerung usw. Dieser Ansatz der hierarchischen Gliederung - repräsentiert durch im wesentlichen monolithische Systeme - stößt allerdings auf Grund der stetig steigenden Anforderungen an die Produktion und deren Produkte schon heute oft an seine Grenzen. Dies gilt im Besonderen für die Produktionsplanung. Im Zuge der weiteren Digitalisierung der Produktion wird es weiter "knirschen".

Anforderungen an eine Smart Factory

Den immer weiter steigenden Anforderungen an die Produktion im Speziellen und Unternehmen im Allgemeinen will man mit Konzepten wie Industrie 4.0 und Smart Factory begegnen. Eine wesentliche Komponente bildet hierbei die vertikale und horizontale Integration aller beteiligten (IT-) Systeme und damit deren hierüber abgebildeten Prozesse (also auch Maschinen und Anlagen). Eine Konsequenz ist, dass Engineering-Informationen weitestgehend automatisiert in Richtung Produktion transferiert und etwa Arbeitspläne systemseitig vorkonfiguriert werden. Um dies zu erreichen, bedarf es standardisierter Schnittstellen, vor allem auf dem Shop Floor.

Mit der Digitalisierung einher geht auch der Bedarf nach einer ausfallsicheren und schnellen Kommunikation der Infrastruktur inklusive einer ausgefeilten Datensicherheit. Dies gilt nicht nur für die Ebene der Unternehmenssteuerung, sondern vor allem auch für den Produktionsbereich. Der aus dem Alltag bekannte Slogan von "Always On" betrifft somit in Zukunft für die Fräsmaschine und den Schrauber. Nur hierüber lassen sich Informationen über den Produktionsfortschritt und Status jederzeit in Echtzeit abrufen und damit auch steuern.

Audi Smart Factory 2016
LBRinline
Ein Leichtbauroboter (LBR) "in der Linie" gibt bei der Produktion von Audi A3 und Q2 im Werk Ingolstadt die Antwort auf die gestiegene Komplexität: Bei der Montage des Plug-In-Hybridmodells A3 Sportback e-tron etwa gibt es im Vergleich zu herkömmlichen Modellen einige Unterschiede zu beachten. Der LBR stellt sich auf das jeweilige Modell ein und erledigt die Verschraubung der Unterbodenverkleidung an den jeweiligen Aufnahmepunkten in 20 Sekunden. Den Arbeitern bleiben so "Überkopfarbeiten" erspart.
FlexShapeGripper
Die Mensch-Maschine-Kooperation könnte mit dem flexiblen Greifarm von Festo auf ein neues Level gehievt werden. Audi erprobt den FlexShapeGripper derzeit, der Objekte greifen, halten, anreichen oder montieren kann. Für Audi eröffnet der FlexShapeGripper "neue Perspektiven im breiten Feld der Mensch-Roboter-Kooperation".
motionEAP
Beim nicht-kommerziellen Forschungsprojekt motionEAP handelt es sich um einen smarten Montagetisch. Die Technik dahinter stammt von Microsoft: Ein Kinect-System überprüft den Arbeitsstand und projiziert Texte, Videos oder Fotos auf den Werktisch.
"Schlauer Klaus"
Bereits im Serieneinsatz befindet sich hingegen das von der Firma Optimum aus Karlsruhe entwickelte Montagesystem "Schlauer Klaus". Zum Einsatz kommt das System bei der Verkabelung von Türen. Damit bei dieser komplexen Aufgabe (mehrere hundert Verkabelungs-Varianten) nichts schiefgeht, überwachen zwei hochauflösende Kameras aus der Vogelperspektive, ob alle Steckverbindungen richtig sitzen.
Fernwartung
Das Audi Fernwartungsportal ist bereits seit einigen Jahren im Einsatz und soll künftig auch eine präventive Wartung von Maschinen und Anlagen aus der Ferne ermöglichen.
Smart Analytics im Presswerk
Den immer engeren Prozessfenstern im Presswerk begegnet Audi mit Messtechnologien: Sensoren und Kameras untersuchen die Bleche auf Fehler, intelligente Werkzeuge überwachen die Qualität ihrer eigenen Arbeitsschritte. Das Ziel dieses Vorgehens: jedes Blechteil lückenlos zu dokumentieren und die Daten für stabilere Prozesse und höhere Präzision zu verwerten.
Virtuelle Fügeanalyse
Um die Qualität eines fertig geplanten Automodells beurteilen zu können, nutzt Audi die virtuelle Fügeanalyse. Hierbei wird mittels eines 3D-Scanners eine exakte, virtuelle Kopie des Autos erstellt. An diesem Modell können nun beispielsweise Spaltmaße und Karosseriefugen überprüft werden.
Fahrerlose Flurförderfahrzeuge
Audi setzt seit Januar 2017 fahrerlose Flurförderfahrzeuge ein. Sie nutzen Sensorik und Algorithmen, um sich selbständig fortzubewegen und vermessen ihre Umgebung mit Laserscannern. Sämtliche Flurförderfahrzeuge sollen künftig miteinander vernetzt und über eine zentrale Steuerung ins Produktionssystem integriert werden.
Autonome Stapler
Auch Gabelstapler werden künftig autonom fahren. Die Ingolstädter planen einen ersten Test-Einsatz für die Anlieferung von Kleinteilen. 3D-Laserscanner und Sensorik soll für den gefahrlosen Einsatz der selbstfahrenden Stapler sorgen. Audi verspricht sich von ihrem Einsatz weniger Flächenverbrauch, eine effiziente Transportabwicklung und ein geringeres Unfallrisiko.

Gleiches gilt auch für Teile und Material, die in der Produktion bewegt werden. Auch diese werden "Smart" - erhalten also Logik oder "Intelligenz", um die Produktion von Morgen zu steuern beziehungsweise ungeplante Ereignisse, wie einen drohenden Maschinenausfall (Condition Monitoring) zu melden. Mit der weitestgehend vollständigen Digitalisierung auf dem Shop Floor werden Tracking und Tracing von Produkten und Teilen deutlich erleichtert. Alle Daten können im Rahmen eines digitalen Produktgedächtnisses entsprechend gespeichert und bei Bedarf ausgewertet werden. Somit muss zukünftig neben dem Materialfluss auch der Informationsfluss durch die Produktionsanlagen und -Systeme bewegt werden, was dazu führt, dass neben den schon angesprochenen Sicherheitsaspekten auch eine erheblichen Steigerung in den Anforderungen an die Automatisierungsebene in Bezug auf Speicherplatz, Kommunikationsfähigkeit und Rechenleistung zu beachten ist.

Wandel ist der Schlüssel

Mit der vertikalen Integration inklusive einem digitalen Abbild der realen Fabrik und des gesamten Unternehmens besteht die Möglichkeit, die Flexibilität auf eine neue Stufe zu heben - Wandlungsfähigkeit ist hier das Schlüsselwort. Die gesamten nun verfügbaren Informationen können auch genutzt werden, um die Produktion und Logistik weiter zu optimieren. Über Selbstoptimierung erfolgt dann die wirtschaftliche Realisierung einer Losgröße 1.

Bei all diesen rein wirtschaftlichen Themen sollte der Mitarbeiter (Stichwort "Faktor Mensch") nicht vergessen werden. Über sensitive Roboter lassen sich Arbeitsinhalte neu gestalten und körperliche Belastungen weiter reduzieren. Ferner sind für eine wandlungsfähige Fabrik von Morgen auch flexible Zeitmodelle erforderlich und zwingend notwendig.

Unter Schlagwörtern wie "Arbeit 4.0" oder "urbane Produktion" sollen neue nachhaltige Produktionskonzepte subsummiert werden - soll heißen: Es liegt ein deutlich stärkerer Fokus auf der Reduzierung des Ressourcenverbrauchs. Dies lässt sich beispielsweise über cloudbasierte Smart-Building-Konzepte kostengünstig umsetzen.

Konsequenzen für eine Smart Factory

Die hier aufgeführten Anforderungen an die Produktion der Zukunft erheben weder den Anspruch der Vollständigkeit noch sind branchenspezifische Aspekte berücksichtigt. Ferner ist bei allen Betrachtungen auch die Firmengröße zu berücksichtigen. Nichtsdestotrotz ergeben sich aus dem bisher Gesagten entsprechende Konsequenzen. Diese lassen sich formal in technische und organisatorische Punkte einteilen. Die technischen Punkte sind generell deutlich leichter umzusetzen als die organisatorischen.

Industrie 4.0 in Deutschland
Smart Factory in der Praxis
179 Anwender hat die Staufen AG für ihren Industrie 4.0 im Jahr 2015 befragt. Aufgezeigt werden Veränderungen gegenüber dem Stand der Ding in 2014. Unsere Bildergalerie präsentiert wichtige Ergebnisse der Studie: 4 Prozent der Firmen haben Industrie 4.0 inzwischen gänzlich umgesetzt. 2014 lag der Anteil bei lediglich 1 Prozent.
Sprung bei der Logistik
Die Grafik zeigt, in welchen Bereichen die Firmen Industrie 4.0 einsetzen oder das planen. Gegenüber dem Vorjahr gab es bei der Logistik und Lagerhaltung einen großen Sprung.
Konkurrenz holt auf
Der internationale Vergleich zeigt die deutschen Firmen an der Spitze. Aber die Konkurrenz aus Asien und Übersee holt auf.
Selbstkritische Töne
Die Befragten meinen mehrheitlich, dass das Thema Industrie 4.0 in der Vergangenheit unterschätzt wurde. Insgesamt beurteilen sie die Lage kritisch und selbstkritisch.
Erwarteter Erfolg
Die Studienteilnehmer gehen überwiegend davon aus, dass sich dank Industrie 4.0 in fünf Jahren wirtschaftlicher Erfolg eingestellt haben wird. Gerechnet wird außerdem mit veränderter Produktpalette und neuem Geschäftsmodell.
Führung durch Kommunikation
Staufen wollte auch wissen, wie sich Industrie 4.0 auf das Thema Führung auswirkt. Die hier dargestellten Antworten auf diese Fragen zeigen insbesondere einen Bedeutungszuwachs der Kommunikation.
Angepasstes Leitbild
Diese Übersicht zeigt, welche Maßnahmen die Firmen im Hinblick auf Industrie 4.0 in Sachen Führung bereits umgesetzt haben. Mehr als 70 Prozent haben Leitbild und Führungsrichtlinien angepasst.

Als wohl wichtigster organisatorischer Punkt gilt ein stringentes geschäftsmodell- und prozessorientiertes Produktionssystem. Dieser Punkt beinhaltet auch die aus der Vergangenheit bekannten Lean-Ansätze. Somit handelt es sich hierbei für viele Unternehmen um eine gravierende Veränderung. Damit verbunden ist auch eine Terminsteuerung und Ressourcenorientierung, die sich streng an den Kundenwünschen ausrichtet. Beide Punkte beinhalten eine erhebliche Sprengkraft. Sie verursachen gravierende Veränderungen von Arbeitszeitmodellen bis hin zu sehr schlanken Führungsstrukturen - also eine enorme Spreizung an erforderlichen Veränderungen mit entsprechendem Langzeitcharakter. Der Mitarbeiter in der Produktion wird zum "Dirigenten der Fertigung" mit entsprechenden Kompetenzen.

Transition von bestehender zur künftigen IT-Landschaft

Die "Gretchenfrage" lautet nun, wie sich die Anforderungen an eine zukunftsorientiert Produktion mit einer bestehenden IT-Landschaft, wie sie zu Beginn des Artikels grob skizziert wurde, vereinbaren lässt beziehungsweise wie eine mögliche Transition aussehen könnte.

Es dürfte kaum verwundern, dass ERP-Systeme und MES sicherlich die nächsten Jahre noch ihren Platz in den Unternehmen behalten werden, schon weil es an Alternativen fehlt. CPPS (Cyber Physical Productions Systems) sind aktuell noch nicht in dem Maße kommerziell verfügbar und ausgereift, als dass man ihnen eine Produktion mit gutem Gewissen anvertrauen möchte. In einem ERP-System (meist SAP) erfolgt das Stammdatenmanagement, wie etwa Materialstämme, Arbeitsplätze. Beim Thema Arbeitspläne könnten diese sowohl in einem PLM- als auch einem ERP-System gepflegt werden.

Das gleiche gilt für Qualitäts- und Prüfpläne (obwohl hier der Komfort auf Seiten von SAP deutlich hinter gängigen PLM- oder MES-Systemen hinterherhinkt). Vielfach ist dieses Stammdatenmanagement in den Unternehmen noch nicht in der gewünschten Qualität und Ausprägung vorhanden. Im ERP- beziehungsweise MES-Layer erfolgt auch zumindest in naher Zukunft die Material- und Verfügbarkeitsplanung ebenso wie die Grob- und Feinplanung von Plan- und Fertigungsaufträgen. Auch wenn es CPPS in einigen Jahren zur Marktreife schaffen, bedarf es auch in Zukunft Planungstools, um sowohl werksübergreifend als auch innerbetrieblich für das notwendige Material zu sorgen und sicherzustellen, dass Kundenaufträge zum vereinbarten Zeitpunkt die Werkstore verlassen. In Abhängigkeit der Planungskomplexität könnten hier allerdings zentrale Systeme an ihre Grenzen stoßen.

Mehr Transparenz gefragt

Zur Unterstützung der Transparenz auf dem Shop Floor sollten Auto-ID-Systeme (meist RFID- oder Barcode basiert) zum Einsatz kommen. RFID entwickelt sich hierbei zu einer "Industrie 4.0 Basistechnologie". Für eine effiziente und gleichzeitig standardisierte Anbindung der Automatisierungsebene, übrigens auch eines RFID-Systems, kann eine OPC UA (Unified Architecture) genutzt werden. Speziell RFID wird vielfach als der Ort für das Ablegen beliebiger Informationen angesehen - etwa in der Art eines digitalen Produktgedächtnisses. Dessen Speicherkapazität ist aber aktuell noch deutlich limitiert. "Smart" können diese Tags durch die Verknüpfung mit einem MES werden. Im MES sollten somit alle Traceability-relevanten Informationen abgelegt werden. Neben dem Material als Informationsträger sind hier die primäre Informationsquelle die Prozess- und Maschinendaten (auch hier Anbindung per OPC UA). Über ein MES lassen sich schnell Berichte generieren. Um keinen zeitlichen Verlust zu erleiden, sollten mobile Geräte eingesetzt werden.

Um Qualitäts- und Maschinenausfälle zu reduzieren, sind schon heute "Predictive Quality"- und "Maintenance"- Systeme im Einsatz. Beide sollten mit MES (Qualität) sowie mit ERP-Systemen für die (vorausschauende) Instandhaltung gekoppelt werden. Hierüber lassen sich effiziente, da automatisierte, Prozesse abbilden und Stillstandszeiten von Maschinen minimieren.

Autonome Systeme reduzieren Komplexität

Autonome Transporteinheiten können Komplexität aus der "MES-Ebene" herausnehmen. Sie organisieren sich selber und sind zum richtigen Zeitpunkt am Ort des Geschehens - am zu transportierenden Material. Bei Ausfall einer Transporteinheit erfolgt eine Meldung an "anderer Kollege" in Form einer anderen autonomen Transporteinheit. Diese übernimmt dann die jeweilige Materialversorgung. Die Informationen erhalten die Fahrzeuge per M2M entweder von einer Maschine oder dem Material selber. Somit wird hierüber für eine hohe Flexibilität gesorgt, ohne Änderung von Arbeitsplänen.

Die Flexibilität wird auch durch smarte Maschinen (mit Sensoren ausgestattet) unterstützt. Gleiches gilt auch für Werkzeuge. Diese können mit Sensoren für eine Unterstützung der Prozess-Stabilität in der Produktion sorgen. In die gleiche "Kerbe" schlagen sensitive Roboter. Durch deren immer stärker zunehmende Intelligenz sorgen sie nicht nur für einen hohen Automatisierungsgrad, sondern auch für ein hohes Maß an Flexibilität. Die notwendigen Basisinformationen erhalten diese smarten Kollegen aus dem MES. Auch können diese Roboter per M2M Informationen über den Produktionsfortschritt untereinander austauschen, was ebenfalls zu einer Komplexitätsreduzierung auf MES-Seite führt.

Smart Building - Kontrolle über das Werksgebäude

Die Kontrolle über das physische Werksgebäude erfolgt durch Smart Building Lösungen. Derartige - auch cloudbasierte - Ansätze können das gesamte Gebäude-Management übernehmen, inklusive Strom und Heizung, um den gesamten Ressourcenverbrauch zu kontrollieren und zu optimieren. Diese Lösungen lassen sich ganz pragmatisch als Stand-Alone betreiben, da für Gebäude im Allgemeinen das firmeneigene Facility-Management zuständig ist. Maschinen werden hingegen über das MES überwacht. Dies erfolgt nicht nur zum Managen des Ressourcenverbrauchs, sondern dient auch zum Aufzeigen von Prozessproblemen.

Durch die vertikale Integration der einzelnen Systeme, also der Enterprise- mit der Produktions-IT entstehen neue Cyber-Security Anforderungen. Entsprechende Lösungen sollten aber nicht nur IT-basierte, sondern auch organisatorische Aspekte umfassen. Spezifische Cyber-Security-Lösungen existieren bereits am Markt (auch Big Data basiert) und können auch mit Smart Building Lösungen kombiniert werden. Stichwort hier unter anderem: Die biometrische Zugangskontrolle (nicht nur für das Gebäude, sondern auch für Rechner und Maschinen), auf das Passwörter in Zukunft wirklich sicher werden. Venenscanner sind neben Fingerscanner nur zwei mögliche aktuell verfügbare Techniken hierfür.

Kampf der ERP-Titanen
Marktanteile
SAP sichert sich unter den Top-Anbietern den größten Marktanteil. Allerdings verlieren die drei Führenden ein paar Prozentpunkte. Der große Gewinner im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage ist Infor.
Auf der Shortlist
Die hohen Marktanteile spiegeln sich auch in den Shortlists wider. SAP taucht hier am häufigsten auf ...
Auswahl gewonnen
... und in der Folge gewinnt SAP auch am häufigsten die Projekte, in denen es die Walldorfer in die engere Auswahl schaffen.
Einführungsdauer
Im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage brauchen die Anwender länger, um ein neues ERP-System einzuführen. Am längsten dauert es mit Microsoft Dynamics - über zwei Jahre. 2014 schnitt der US-Konzern mit 12,5 Monaten noch am besten ab.
Verzögerungsgründe
Nachträgliche Projekterweiterungen sowie Probleme mit Technik, Daten und der Organisation sind die häufigste Ursachen dafür, dass Unternehmen ihre Zeitbudgets für die ERP-Einführung überschreiten.
Return on Invest (RoI)
Meist dauert es Jahre, bis sich ein neues ERP-System aus Perspektive der Anwenderunternehmen bezahlt macht.
Projektkosten
Oracle-Projekte kommen die Unternehmen am teuersten. In den meisten Projekten reicht das Geld nicht. Ausnahme Infor: Hier liegen die tatsächlichen Kosten für die ERP-Einführung im Durchschnitt niedriger als ursprünglich geplant.
ERP-Vorteile
Über ein Drittel der Unternehmen hat es im Zuge der ERP-Einführung geschafft, die Verfügbarkeit von Informationen zu verbessern. Auch die interne Zusammenarbeit und Integration wollen die Unternehmen mit einem neuen ERP-System effizienter machen.
Ziele erreicht?
Insgesamt scheinen die selbstgesteckten ERP-Ziele schwer zu erreichen. Gerade einmal jeder fünfte SAP- und Microsoft-Kunde schafft mehr als 50 Propzent Zielerreichungsgrad. Oracle mit 14 Prozent und Infor mit elf Prozent schneiden noch deutlich schlechter ab.
Funktionalität
Die meisten ERP-Funktionen bleiben ungenutzt. Ein Viertel bis die Hälfte der Anwenderunternehmen gaben an, höchstens 40 Prozent der mit dem ERP-System gelieferten Funktionalität auch zu nutzen.
Projektvorgehen
Der Umstieg in Phasen bleibt das präferierte Umstiegsmodell für die meisten ERP-Anwender.
Customizing
Das Customizing - eine der Hauptursachen für komplexe Anwendungslandschaften - nimmt ab. Gerade im SAP-Umfeld geben sich immer mehr Anwender mit den im Standard gebotenen Funktionen zufrieden.
Umstieg mit Unterbrechung
Die meisten ERP-Einführungen sind nach wie vor mit einer Unterbrechung des operativen Betriebs verbunden.
Unterbrechungsdauer
Und diese Unterbrechungen können dauern - teilweise sogar bis zu einem halben Jahr.
ERP aus der Cloud
Das Cloud-Modell will im ERP-Umfeld nicht so richtig in Schwng kommen. SAP kann zwar etwas zulegen, aber bei Microsoft und Oracle stagniert der Cloud-Anteil im Vergleich zur Umfrage vor zwei Jahren.
Kostenvorteile in der Cloud
Die zögerliche Cloud-Adaption mag auch daran liegen, dass die Kostenersparnisse aus Anwendersicht nur bei 40 Prozent und weniger liegen.
Zusammenfassung
ERP-Projekte dauern lange, kosten viel Geld und überschreiten in aller Regel Zeit- und Kosten-Budgets. Daran scheint sich wenig zu ändern, wie auch die aktuelle Umfrage wieder einmal gezeigt hat.

Es wurde schon mehrfach die Integration von PLM- mit der ERP- beziehungsweise MES-Welt angesprochen. Dies ist vor allem für den "digitalen Avatar" der realen Fabrik erforderlich. Die Digitalisierung der Fabrik beginnt schon mit deren virtueller Konstruktion am Rechner. Hierzu gehören auch Materialfluss- und Prozess-Simulationen, um schon frühzeitig Konzepte überprüfen zu können und damit Planungssicherheit zu erreichen. Nach dem "Go-Live" der Fabrik können diese Daten mit realen Produktionsdaten zur digitalen Steuerung der Produktion verwendet werden - unserem Avatar also. Eine solche integrierte Produkt- und Produktionsplanung mittels digitalen Fabrikansätzen und Lösungen werden durch die realen Daten aus einem wiederum integrierten MES gespeist. Damit diese Integration glückt, bedarf es eines Enterprise oder Manufacturing Service Bus. Hierüber erfolgt die Kopplung der einzelnen IT-Systeme (PLM, MES, ERP, Planungstool, Smart Build usw.)

Das Teil steuert den Prozess

Bleibt als wichtiger Bestandteil einer Smart Factory noch das Paradigma: das Teil steuert den Prozess. Das Material und das Produkt selber werden zum CPS. Dies kann über Sensoren, RFID oder eingebaute Logik erfolgen beziehungsweise unterstützt werden. Hier kommen die klassischen starren Systeme wie MES oder SAP nun aber wirklich an ihre Grenzen. Sie können derartige Ansätze unterstützen und das angesprochene Planungsproblem etwas entschärfen, da keine Feinplanung im heutigen Sinne mehr erforderlich ist. Die Feinplanung übernehmen die autonom agierenden Maschinen und die intelligenten Teile und Materialien. Auch heute schon werden operative Veränderungen im alltäglichen Produktionsumfeld nicht über ein Planungstool, sondern operativ durch Menschen gelöst.

CPS entlasten hier also den Menschen in Zukunft. Trotzdem bedarf es eines "Dirigenten der Fertigung" zur Überwachung. Eine Interaktion mit einem MES oder gar dem darüber gelagerten ERP-System sind möglich. Allerdings brauchen Unternehmen auch in Zukunft Planungstools, welche die "Leitplanken" der Produktion also Termine und Materialbedarfe liefern. Wo hier zukünftig die Grenzen gezogen werden müssen und können, hängt von der konkreten Produktionssituation, also der Komplexität und Varianz der Produkte ab. Der vorgestellte Ansatz stellt somit eine praktikable und sanfte Migration hin zu einer Smart Factory dar.

Fazit

Schon heute lässt sich eine zukunftsweisende und sehr moderne Produktion, auch mit ERP, MES aufbauen. Investitionen in diese Systeme sind also nicht schon in wenigen Jahren verloren. Es bleibt noch die Frage zu klären oder der hier implizit skizzierte Ansatz auch zu 100 Prozent einer Smart Factory entspricht. In der Praxis sind zukunftsfähige und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen gefragt. Ob diese nun etwas mehr oder weniger 'smart' sind, ist eher von untergeordneter Bedeutung.