Perfect Match

Auf der Suche nach dem idealen Kandidaten

03.06.2015 von Alexander Freimark
Passgenaue Profile, kurze Reaktionszeiten und effiziente Prozesse der Personaldienstleister entscheiden maßgeblich über die Auswahl von IT-Freiberuflern.
  • Entscheidend ist eine enge Kommunikation aller Beteiligten.
  • Aber auch am anderen Ende des Spektrums öffnen sich interessante Nischen.

Rund 100.000 IT-Freiberufler sind in Deutschland tätig, und einer von ihnen ist garantiert der ideale Kandidat: Er hat Zeit, mag die Herausforderung und verlangt nicht zu viel. Zudem stimmen Projekthistorie, Persönlichkeit, Skills sowie Branchenerfahrung, was in vielen Referenzen zufriedener Auftraggeber bestätigt wird.

Der perfekte Treffer - bei der Auswahl von IT-Freiberuflern gar nicht so einfach.
Foto: Artbox-shutterstock.com

Er ist die ideale Besetzung für das Projekt - aber immer auch ein Ergebnis harter Arbeit des Personaldienstleisters: "Wir streben stets nach dem ,Perfect Match` zwischen Auftraggeber und Kandidaten", sagt Nikolaus Reuter, Vorstandsvorsitzender des Personaldienstleisters Etengo. Seiner Ansicht nach ist es bei der Vermittlung von Freiberuflern ein Fehler, den Kunden möglichst viele Kandidatenprofile zu liefern und ihnen dann die mühsame Auswahl zu überlassen. Qualität, so das Credo der Branche, geht eindeutig vor Quantität.

Die aktuelle IT-Freiberufler-Studie der COMPUTERWOCHE bestätigt den langfristigen Trend. Demnach ist die Qualität der vorgestellten Freelancer-Profile das wichtigste Entscheidungskriterium für Auftraggeber. Hingegen sind die Menge der vorgelegten Profile, die Größe des Freelancer-Pools eines Vermittlers und die Zahl der an der Ausschreibung teilnehmenden Dienstleister nur von nachrangiger Bedeutung.

Anspruchsvolle Freiberufler

Aber auch die Freiberufler erwarten mittlerweile einen hohen Qualitätsstandard von ihren Dienstleistern, sagt Etengo-Vorstand Reuter: "Nur wer wirtschaftlich wie inhaltlich interessante Projektangebote unterbreiten kann und hochwertige Abwicklungsprozesse hat, kommt bei den gefragten Experten überhaupt als Partner in Frage." Dies manifestiere sich beispielsweise in Form einer verlässlichen und schnellen Bezahlung, die für den Freiberufler überaus relevant sei.

Die umgehende Überweisung als wichtiges Kriterium führt auch Hubert Staudt an, Vorstandsvorsitzender der top itservices AG in München. Zudem gebe der Dienstleister seinen Kandidaten eine "Feedback-Garantie", wonach die Freiberufler des Unternehmens durch ihren "persönlichen Recruiter" immer zeitnah über den Prozessstand informiert würden. Schließlich müsse man inzwischen Leistungen anbieten können, die über den Abgleich der passenden Skills als Grundvoraussetzung hinausreichen, berichtet Staudt: "Unsere Kunden fordern mehr und mehr von uns, dass wir motivierte Experten vorschlagen, die in das jeweilige Projektteam passen."

Jedoch ist klar: Der freundliche Charakter der künftigen Kollegen allein reicht nicht aus, um die ideale Besetzung zu finden. "Eine hohe Qualität des Freelancers, die über die passenden Referenzen belegt wird, steht nach wie vor an erster Stelle", sagt Christian Steeg, Director Contracting bei der Hays AG. Hier gelte es vor allem, die Anforderungen der Kunden an die Kompetenzen der Freiberufler zu verstehen und die passenden Kandidaten vorzuschlagen. Im Idealfall, so Steeg, bringt der Kandidat exakt die technische Erfahrung mit, die vom Kunden gefordert wird - garniert mit einer Portion Branchenerfahrung. Doch jede Medaille hat zwei Seiten: "Freiberufler haben eine ähnlich hohe Erwartungshaltung und möchten ebenfalls in den Projekten aktiv sein, die am besten zu ihrem Profil passen", argumentiert Steeg. Gelinge dies, entstehe eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten - "ein perfektes Matching".

Reine Personalbeschaffung ohne Zukunft

Die "Nähe" der Partner ist ein entscheidendes Kriterium für den Erfolg, berichtet Sven Herzberg, Vorstandssprecher der Goetzfried AG: "Das A und O in der Vermittlung von Freiberuflern liegt im engen Kontakt und Austausch der Beteiligten." Nur das Profil in einer Datenbank zu hinterlegen, reiche heutzutage bei Weitem nicht mehr aus: "Die Zeiten der reinen Personalbeschaffung sind vorbei, dafür sind die Skill-Sets zu vielfältig und die Aufgaben zu umfangreich geworden." Auftraggeber suchten heute nach verantwortlichen und partnerschaftlichen Dienstleistern, die ihnen einen Mehrwert bieten und zur Wertschöpfung beitragen. Dabei hätten auch die Kunden entscheidenden Anteil an einer erfolgreichen Besetzung, so Herzberg: "Ihre Erwartungen und Anforderungen müssen im Vorfeld des Projekts klar formuliert und umfänglich dokumentiert werden."

Dienstleister
Sven Herzberg, Goetzfried AG
"Das Thema Arbeitnehmerüberlassung von hochqualifizierten IT-Experten nimmt immer mehr Raum bei uns ein."
Hubert Staudt, top itservices AG
"Die gemeinsame Lernkurve von Bewerber und Recruiter führt häufig zu einer langjährigen Zusammenarbeit."
Christian Steeg, Hays
"Wir haben die Aktivitäten rund um das Thema Compliance weiter verstärkt, um die Anforderungen der Nachfrageseite abzudecken."
Nikolaus Reuter, Etengo
"Die Branche ,IT-Freelancer` wird im Jahr 2015 voraussichtlich die Zehn-Milliarden-Euro-Umsatz-Marke knacken können."
Markus Reefschläger, Geco
"Inzwischen bleiben Projektanfragen vermehrt über längere Zeiträume vakant, da die Besetzungschancen durch den limitierten Freiberuflermarkt gering sind."
Christian Neuerburg, DIS AG
"Vor allem die Großkunden treiben die Konsolidierung voran, indem etwa Lieferanten zusammengefasst und Master-Service- sowie Vendor-Management-Verträge geschlossen werden."
Andreas Krawczyk, freelance.de
"Gerade Endkunden setzen vermehrt auf das Internet als direkten Weg zur Besetzung von Projekten."

Ziel muss eine langfristige Bindung sein

Die Bedeutung der Kommunikation zwischen Auftraggeber und Dienstleister stellt auch Christian Neuerburg heraus, Director Geschäftsbereichsleitung IT bei der DIS AG: "Der Kunde sollte die Bereitschaft mitbringen, den Personaldienstleister als strategischen Partner zu erachten und mittels offener und transparenter Kommunikation an Bord zu nehmen." So sei das intensive Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden der "zentrale Dreh- und Angelpunkt in der Beziehung zwischen dem Dienstleister und dem Kunden". Dieses Innenverhältnis werde über die Mitarbeiter beider Unternehmen getragen - somit müsse hier eine enge und möglichst langfristige Bindung erreicht werden.

Parallel zum gegenseitigen Vertrauen zählen jedoch auch eher profane Erfolgsfaktoren wie die Geschwindigkeit, berichtet der Manager der DIS AG: "Schließlich senden die Kunden ihre Anfragen an mehrere Dienstleister."

Markus Reefschläger, Geschäftsführer der Geco Deutschland GmbH, verweist an dieser Stelle auf ein Dilemma bei der Beauftragung von Freiberuflern und der dazugehörigen Kommunikation: "In vielen Unternehmen stehen sich IT-Abteilungen, die durch den rapiden technologischen Wandel schnell handeln müssen, und der IT-Einkauf gegenüber, der für eine möglichst kostengünstige und organisierte Beschaffung verantwortlich ist."

Dies berge großes Konfliktpotenzial, da die Zielvorgaben in vielen Unternehmen nicht abteilungsübergreifend verankert seien, warnt Geco-Mann Reefschläger. "Auf der IT-Einkaufsseite erschweren Strategien wie Lieferantenkonsolidierung und Master-Vendoring eine zeitnahe Beschaffung oder schränken zumindest die Beschaffungskanäle ein, während die IT-Abteilung mangels Markterfahrung größere Ausgaben, eine breit gefächerte Lieferantenlandschaft und somit einen hohen administrativen Aufwand stemmen muss." Einkauf und IT-Abteilung sollten sich auf Augenhöhe begegnen, gemeinsam planen und Schnittmengen in den Zielvorgaben festlegen.

Zudem wächst das Interesse an einer direkten Beauftragung von Freiberuflern neben dem Markt der Vermittler, wie aus der Studie der COMPUTERWOCHE hervorgeht. Beliebt bei Auftraggebern und Kandidaten ist der direkte Auftrag, bevorzugt an Freiberufler, die bereits für das Unternehmen gearbeitet und sich empfohlen haben.

Andreas Krawczyk, Chief Operating Officer (COO) von Freelance.de, bestätigt den Trend - auch weil er seiner Online-Plattform in die Karten spielt: "Zunehmend mehr Endkunden schreiben ihre Projekte direkt aus und verzichten auf Dienste der Personaldienstleister." Die Freiberufler würden dieses Vorgehen ebenfalls befürworten und gerne im direkten Dialog mit dem Endkunden stehen: "Kosten und Margen sind hier die ausschlaggebenden Faktoren", betont Krawczyk. Auf seiner Plattform könnten alle Marktteilnehmer wie Endkunden, Systemhäuser, Personaldienstleister und Kandidaten Projekte anbieten und finden.

Jeder sollte die Zwischentöne verstehen

Wenn sich ein Auftraggeber statt für die Online-Plattform für einen klassischen Personalvermittler entscheidet, muss er sich in jedem Fall auf die Besonderheiten der Zusammenarbeit einstellen. Die Chancen für einen Volltreffer steigen, wenn Auftraggeber und Dienstleister in engem Austausch stehen, so das Fazit von Etengo-Vorstand Reuter: "Um ein Projektvorhaben optimal zu besetzen, muss der Auftraggeber dem Personaldienstleister ein möglichst tiefes Verständnis für das jeweilige Projektvorhaben vermitteln."

Es reiche nicht, nur die einzelnen Skills schlagwortartig zu übermitteln - vielmehr gehe es um die Zwischentöne, die bei einem Projektvorhaben mitschwingen: "Je mehr Verständnis wir für das Projekt und den Bedarf des Kunden entwickeln, desto treffsicherer können wir die richtigen Kandidaten auswählen." So bilden IT-Kenntnisse und gezielte Kommunikation auf beiden Seiten die Grundlage für den "Perfect Match". (hk)

Von Alex Jake Freimark, freier Journalist in Bad Aibling

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