Das Interesse an Tablet-PCs in den Unternehmen wächst. Galten die berührungsempfindlichen Geräte zunächst als bloßes Spielzeug ohne Nutzen fürs Geschäft, hat bei den Verantwortlichen innerhalb weniger Monate ein radikaler Bewusstseinswandel stattgefunden: Nun gibt es kaum noch eine IT-Abteilung, die nicht intensiv über Einsatz-Szenarien für iPad & Co. nachdenkt.
Bei aller Hysterie um die neuen Geräte, bei allem Interesse an vertikalen und horizontalen Anwendungen: Ein Ersatz für vorhandenes Equipment sind die Tablet-PCs dennoch nicht oder nur eingeschränkt, meint Gartner in einer aktuellen Research Note, weil die Geräte noch nicht in der Lage seien, etwa Office-Dokumente von Desktop originalgetreu wiederzugeben, meint Gartner. Zudem funktionierten Tablet-PCs ohne die von herkömmlichen Rechnern gewohnte Peripherie mit Tastatur und Maus nur sehr eingeschränkt. Schließlich sei die Gestensteuerung zwar sehr intuitiv, aber - etwa bei der Erkennung von Handschriften - dennoch sehr limitiert.
Dazu kommt, dass die neuste Generation von Tablet-PCs im Vergleich zu den meist stiftbasierten Geräten, die schon seit Jahren in zahlreichen Nischen eingesetzt werden, nicht immer und automatisch überlegen sei. Es komme halt auf die Einsatz-Szenarien an, meint Gartner und empfiehlt, sich sehr genau zu überlegen, wo wer welche Aufgaben mit einem Tablet-PC erledigen soll.
Für diese Evaluierungen hat Gartner ein umfangreiches Framework entwickelt, dass unterschiedliche Gerätetypen aus dem Tablet-Bereich mit den jeweiligen Funktions- und Ausstattungsmerkmalen auf spezielle Anwendungs-Szenarien abbildet. Am Ende dieser Analyse könnte dann für jedes Unternehmen das Gerät stehen, dass sich für das jeweilige Einsatz-Szenario am besten eignet.
Foto: Gartner
In der Abbildung ist zu sehen, wie Gartner diese Analyse am Beispiel eines Informationsarbeiters durchführt, der in der alltäglichen Umgebung eines Geschäftsbetriebes unterwegs ist. Ein Wert von 0 bedeutet: Dieser Faktor eignet sich gar nicht oder trifft überhaupt nicht zu. 10 meint die höchste Übereinstimmung.
Der Beispielmitarbeiter von Gartner benötigt keinen sonderlich robusten Computer, legt aber Wert darauf, dass sich der Tablet-PC einfach bedienen lässt. Auch auf das Gewicht des Gerätes kommt es an, weil der Kollege den ganzen Tag damit unterwegs ist. Bei der Bewertung der Geräte innerhalb der Anwendungsfälle legt Gartner eine Reihe allgemeiner Kriterien zugrunde, lässt aber auch Raum für individuelle Entscheidungskriterien.
Slate PC, Media Tablet, Convertibles
Damit die Wahl des richtigen Geräts bei vielen Kriterien nicht zur Qual wird, klassifiziert Gartner drei Arten von Tablet-PCs: "Slate PCs" sind traditionelle Tablet-PCs ohne Tastatur, dafür mit Stiftbedienung. "Media Tablets" meint die neusten Tablet-PCs mit Multitouch und Gestensteuerung, aber - im Vergleich zu Desktop-PCs - nur eingeschränkten Betriebssystemen. Bei "Convertibles" schließlich handelt es sich im Grunde genommen um Notebooks mit Tastatur, deren Monitor man aber so drehen kann, dass er im Tablet-Mode flach auf dem Keyboard liegt.
Für die Bewertung der Geräte und Anforderungen gibt Gartner verschiedene Kriterien vor, die hier im Überblick kurz erläutert werden.
1. Bildschirm
Beim Bildschirm etwa stellt sich die Frage, ob man einen resistiven oder kapazitiven Touchscreen benötigt. Resistive Bildschirme lassen sich auch per Stift und sogar mit Handschuhen bedienen, kapazitive nur mit dem Finger oder über spezielle Eingabestifte. Wer in einer Umgebung arbeitet, wo Handschuhe Pflicht sind, muss einen resistiven Bildschirme wählen, der vor allem bei älteren Touch-PCs vorkommt. Die lösen zwar die gestellte Aufgabe, bieten aber nicht so gute Sichtbarkeit der Bildschirminhalte. Moderne Geräte wie iPhone, iPad oder das Galaxy Tab verfügen über kapazitive Bildschirme und lassen sich intuitiver bedienen. Handschuhe oder gar Prothesen eignen sich für diese Geräte allerdings nicht.
Es muss nicht immer Multitouch sein
Die zweite Frage an den Bildschirm betrifft seinen Umgang mit Lichteinfall. Nicht jeder Monitor bleibt bei direkter Sonneneinstrahlung lesbar. Manche Displays bieten Polarisationsfilter oder Hintergrundbeleuchtung, um nicht nur bei senkrecht auftreffendem Licht zu funktionieren. Gartner rät Unternehmen, speziell dazu Tests mit Lichteinfall in anderen Winkeln als 90 Grad durchzuführen.
2. Steuerung der Geräte
Ein weiteres Kriterium für die Entscheidungsfindung betrifft die Steuerung der Geräte. Die Multitouch-Oberfläche moderner Tablet-PCs erlaubt Eingaben von unterschiedlichen Punkten der Oberfläche und spezielle Gesten wie Wischen, Zusammendrücken oder Auseinanderziehen der Finger. Diese Gestensteuerung ist damit wesentlich intuitiver als die Bedienung über Stift oder Maus. Allerdings sind auch Einsatz-Szenarien denkbar, bei denen es nicht um solche differenzierten Inputs geht. Dort mag ein einfacher Stift etwa fürs Abhaken von Listen absolut ausreichen.
3. Konnektivität
Wichtiges Entscheidungskriterium ist natürlich auch die Konnektivität der Geräte: Wer außerhalb des Firmennetzes Anschluss an die Unternehmens-IT braucht, kommt um UMTS und demnächst LTE-fähige Geräte nicht herum. Tablet-PCs ohne W-LAN wird es wohl überhaupt nicht geben. Allerdings muss für die Arbeit mit diesen Geräten die Infrastruktur im Unternehmen passen, was im Einzelfall zum Beispiel den Ausbau des Funknetzes erfordern könnte.
Auch die Kommunikation der Geräte mit der Außenwelt ist wichtig: Hier geizen viele Tablet-PCs mit Anschlüssen, um an Gewicht zu sparen. Ein einziger, zudem proprietärer Stecker wie beim iPad reicht aber oft nicht aus. Je nach Einsatz-Szenario muss ein Gerät auch über Video-out, USB oder HDMI-Anschluss verfügen. Wer mit dem Gerät auch Telefon-Funktionen oder Videoconferencing nutzen möchte, kommt zudem ohne Bluetooth fürs Headset und ohne Frontkamera kaum aus.
4. Gewicht
Wer viel mit Tablet-PCs im Stehen oder Gehen arbeiten soll, braucht leichte, portable Geräte. Traditionelle Tablet-PCs und Convertibles erfüllen diese Kriterien nicht. Dafür bieten diese Geräte Vorteile im Einsatz unter widrigen Umweltbedingungen: Sie sind oft robuster als moderne Tablets, mitunter sogar wasserabweisend, und erweisen sich als weniger anfällig für Extremsituationen zum Beispiel bei der regelmäßigen Sterilisation von Geräten im medizinischen Bereich. Welche dieser Kriterien wichtig sind, entscheidet wie immer das Anwendungs-Szenario.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.