Automatisierung des IT-Betriebs

Automatisieren - mit welcher Methode?

07.11.2013 von Benedikt Schepp
Mit automatisierten IT-Prozessen erzielen CIOs nachhaltige Vorteile - operativ wie strategisch. Aber nicht jede Methode ist für jeden Zweck gleich gut anwendbar.

Derzeit ist die Automatisierung des IT-Betriebs in aller Munde. Für manche klingt sie noch nach Zukunftsmusik, andere diskutieren schon über konkrete Einsatzmöglichkeiten und Erfolgsbeispiele. Fakt ist: Die Automatisierung trägt maßgeblich dazu bei, IT-Prozesse zu optimieren.

Tagesgeschäft entlastet

Foto: Charles Taylor, Fotolia.de

Vor allem in der Systemadministration sind die IT-Experten stark gebunden: Tausende von Tickets (Incidents, Problems, Changes, Capacity, Service-Requests etc.) müssen abgearbeitet werden. Die Effizienz bei der Erledigung dieser Arbeiten hat erheblichen Einfluss auf Gesamt-Performance und Kosten der IT. Und diese Aufgaben, die eigentlich nur den Status quo erhalten oder in kleinen Schritten entwickeln können, binden Budget und wertvolle Mitarbeiter, die besser für zukunftsorientierte Projekte eingesetzt würden. Darunter leidet die Innovationsfähigkeit des Unternehmens.

Eine Automatisierungslösung kann helfen. Sie entlastet die IT-Experten im Tagesgeschäft, indem sie ohne menschliches Zutun Aufgaben innerhalb des Betriebs übernimmt. Angefangen von der Integration neuer User über den Betrieb der Netze bis zur Implementierung von Strukturen in der Cloud oder auch zur fachlichen Betreuung großer Anwendungen - wo immer eine Automatisierung von Abläufen möglich ist, wird sie sich auch lohnen. Bedeutet sie doch nicht nur weniger Kosten, sondern auch weniger Fehler durch manuelle Tätigkeiten, begleitet durch mehr Effektivität des IT-Betriebs. Ganz zu schweigen davon, dass die einzelnen Mitarbeiter ihr Fachwissen und ihre Innovationskraft vollständig dem Unternehmen zugutekommen lassen können.

Automatisierung bringt dem CIO und dem Unternehmen also diverse Vorteile. Und es gibt dafür unterschiedliche Methoden. Aber nicht jede eignet sich für die kompletten IT-Operations - vom Betriebssystem bis zu Individualapplikationen.

Automatisierung
Batch-Jobs sind unter Windows die älteste Variante der Automatisierung und sie funktionieren immer noch, ohne Probleme.
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Visual Basic Script, kurz VBS, eröffnet dem Anwender den Zugriff auf COM-Objekte und erweitert die Fähigkeiten von Batch-Jobs deutlich. Die Zukunft gehört jedoch der leistungsfähigeren PowerShell.
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Nur wenigen Anwendern bekannt: Die Möglichkeit VB-Skripts zu verschlüsseln.
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AutoIt 3 erlaubt dem Benutzer eine Automatisierung von Maus- und Eingabevorgängen. Besonders praktisch für Softwaretester.
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Die kostenlose Software AutoIt 3 bietet sogar einen eigenen Skript-Editor mit Hervorhebung der Syntax.
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Die Besonderheit von AutoIt 3: Skripts werden zu echten ausführbaren EXE-Dateien kompiliert.
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Matrix42 Package Robot protokolliert die Benutzerinteraktionen und generiert daraus Skript-Jobs. Die Software basiert auf WinRobots.
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Aagon ACMP AutoMATE protokolliert die Benutzerinteraktionen und generiert daraus Skript-Jobs. Die Software basiert auf WinRobots.
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Das baramundi Automation Studio erlaubt eine Automatisierung im Rahmen der Software- und Konfigurationspaketierung.
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In OpenOffice oder LibreOffice ist ebenfalls ein BASIC-Dialekt zur Makro-Erstellung integriert.
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Visual Basic for Applications ist eine überaus leistungsfähige Programmiersprache in Microsoft Office. Der Wandel zu einer .NET-artigen Sprachvariante steht jedoch noch immer aus.
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Ganze Dienstplanverfahren können beispielsweise mit Microsoft Excel und Makros entwickelt werden.
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PhraseExpress automatisiert die Texterstellung in allen Windows-Applikationen. Für Privatanwender sogar kostenfrei.

Standardisierte Lösungen

Weit verbreitet sind derzeit standardisierte Automatisierungslösungen. Sie arbeiten mit Workflows, Runbooks oder Skripten und führen definierte Prozesse zuverlässig Schritt für Schritt aus. Jedes Skript deckt dabei genau einen Fall ab: Ist die festgelegte Vorbedingung erfüllt, führt es die Aufgabe aus. Auf Standardisierung basierende Methoden der Automatisierung erzeugen IT-Abläufe, die einem Fließband ähneln: Eine Aufgabe wird in einer definierten Reihenfolge von Experten an Werkzeugen vorbeigeführt, bis man sicher sein kann, dass sie erledigt wird.

Diese Art der Automatisierung findet in zehn bis 20 Prozent des IT-Stacks gute Anwendungsmöglichkeiten. Genutzt werden sollte sie beispielsweise in der Administration des Betriebssystems und im Betrieb der Infrastruktur. Das ist eine Ebene, die ohnehin zu einem hohen Grad von Standardisierung profitiert. Erfahrungsgemäß lässt sich mit Skript-basierenden Tools ein Automatisierungsgrad des Gesamt-IT-Betriebs von 30 Prozent erreichen.

Sobald aber eine Individualapplikation, eine komplexe IT-Umgebung oder eine neue Technologie betreut werden muss, stößt diese Methode an ihre Grenzen. Schon wenn sich beim letzten Release nur eine Kleinigkeit am System geändert hat, passt die Eintrittsbedingung nicht mehr, und das Skript muss komplett überarbeitet werden.

Das hat folgende Ursache: Bei fest definierten Standardabläufen ist das Wissen darum, wie Situationen korrekt bedient werden können, im Ablauf gefangen. Den auf Skaleneffekte ausgelegten Automationsverfahren fehlt es an Intelligenz, um das vorhandene Wissen flexibel anzuwenden und die Erkenntnis aus dem Gelernten bei künftigen Lösungen zu berücksichtigen. In der Folge wird der IT-Betrieb bestehende Systeme und Standards möglichst lange zu erhalten suchen, auf dass sich die Investition in die Standardisierung auch amortisiert.

Der digitale Kollege

Eine Alternative sind wissensbasierende Lösungen. Anstatt sich auf die Einhaltung fixierter Abläufe zu konzentrieren, fokussieren sie auf die korrekte Anwendung von Wissen. Das Tool arbeitet also quasi wie ein Kollege. Analog zum menschlichen Teammitglied muss die wissensbasierende Automatisierung im Vorfeld angelernt werden. Zu diesem Zweck sammeln die Experten der IT-Abteilung ihr Wissen in modularen Bausteinen und legen es in einem Wissens-Pool ab, der ähnlich wie ein Wiki organisiert ist. Das Tool lernt von den Experten, begreift und kombiniert neu.

Um eine ihr zugewiesene Aufgabe zu erledigen, stellt die Automatisierungssoftware aus den Wissensbausteinen dynamisch einen Handlungsablauf zusammen. Findet das Werkzeug keine Lösung, fragt es gezielt nach neuem Expertenwissen, indem es den Vorgang dokumentiert an einen menschlichen Kollegen weiterleitet. So kann eine wissensbasierende Lösung den gesamten Technologie-Stack administrieren. Sie integriert sich in die bestehende IT-Landschaft, auch in komplexe, nicht standardisierte und wandelbare Umgebungen.

"Nichts hat so schnelle Änderungszyklen und erwartet einen so hohen Innovationsgrad wie die IT-Branche", erläutert Hans-Christian Boos, Geschäftsführer der Arago AG, die sich auf solche Automatisierungslösungen spezialisiert hat: "Parameter verschieben sich, Bedingungen ändern sich, von heute auf morgen entstehen völlig neue Strukturen."

Fünf Fehler bei der Automatisierung der IT
Was die IT seit drei Jahrzehnten ihren Kunden liefert, will sie seit Kurzem auch bei den eigenen Prozessen anwenden. Drei Experten geben Tipps, wie sich die IT automatisieren lässt.
Fehler 1: Gleich den großen Wurf wollen
Automatisierung klingt nach einem umfassenden Versprechen. Deshalb werden häufig gleich ganze Prozessketten geplant. "Doch je komplexer das System, desto länger dauern Entwicklung und Implementierung, und desto später stellen sich mögliche Erfolge ein", sagt Böhmann. Außerdem gilt: Je komplexer, desto höher die Fehleranfälligkeit und desto unübersichtlicher das Fehler-Handling. Das ist besonders prekär in Unternehmen, die eine solche Automatisierung erst einführen und ein Gefühl dafür entwickeln müssen.
Fehler 2: Mit komplexen Aufgaben beginnen
Die großen und komplexen Aufgaben ganz am Anfang bewältigen zu wollen - das kann eigentlich nur schiefgehen: Ideale Kandidaten für die Automation sind Prozesse mit hoher Wiederholungsrate und niedriger Komplexität. Wer mit ihnen beginnt, kann der Geschäftsführung ein Gefühl für das Thema und seine positiven Effekte vermitteln. Die Organisation lernt auf diese Weise die Grundlagen der IT-Automation kennen, bevor sie komplexere und diffizilere Arbeitsabläufe angehen muss.
Fehler 3: Mangel an Standards
Ohne Prozessstandards keine Automatisierung. Nur wo Prozesse immer gleich ablaufen oder feste Entscheidungsparameter zu unterschiedlichen, aber festgelegten Lösungswegen führen, ist eine Automatisierung ohne Eingriffe durch IT-Mitarbeiter überhaupt möglich.
Fehler 4: Alles Machbare umsetzen
Gegenwärtig existiert für beinahe alle denkbaren Einsatzmöglichkeiten mindestens eine Automatisierungslösung - entweder für einzelne Schritte oder ganze Prozesse. Aber für umfassende Geschäftsabläufe gibt es in der Praxis keine durchgängige Lösung. Deshalb erzielt nicht jede technisch mögliche Maßnahme auch tatsächlich Wirkung.
Fehler 5: Mitarbeiter außen vor lassen
Entscheidend ist, die IT-Mitarbeiter bereits in die Projektplanung einzubeziehen. So lassen sich mögliche Bedenken und Widerstände berücksichtigen. Der eine oder andere Mitarbeiter sieht nachvollziehbarerweise durch die Automatisierung Arbeitsplätze gefährdet. Dem steht jedoch der Fachkräftemangel in der IT gegenüber.

Neue Maßzahl "Lernrate"

Mit wissensbasierenden Tools kann ein Automatisierungsgrad von bis zu 80 Prozent erreicht werden. Beim Automatisierungsgrad handelt es sich per se um eine vergangenheitsorientierte Maßzahl. Doch wissensbasierende Lösungen ermöglichen es, den Grad der Effektivität auch mit einer zukunftsgewandten Messgröße zu erfassen, der "Lernrate".

Darüber hinaus verringert sich durch die Zentralisierung des Betriebswissens im Wissens-Pool die Abhängigkeit der IT-Operations von einzelnen Mitarbeitern oder Providern. Last, but not least sind die Mitarbeiter nicht mehr an sich wiederholende Aufgaben gebunden.

Wann ist was sinnvoll?

Vor der Implementierung einer Automatisierungslösung sollten die Verantwortlichen also genau darüber nachdenken, welche Bereiche eigentlich administriert werden sollen. Ist zum Beispiel nur das Betriebssystem zu verwalten, reicht wohl die Einführung einer Skript-basierenden Lösung. Liegt das Einsatzgebiet in einer heterogenen, individualisierten IT-Umgebung, zahlt sich vielleicht die Implementierung einer wissensbasierenden Methode aus. (qua)