Als IT-Dienstleister des Handels-, Dienstleistungs- und seit Kurzem auch Energiekonzerns BayWa AG aus München betreut die RI Solution GmbH die gesamte DV-Infrastruktur des Mutterkonzerns. Auch die rund 900 Vertriebsstandorte, vorwiegend aus dem genossenschaftlichen Bereich und dem Agrarhandel, beziehen ihre IT-Dienstleistungen von RI Solution. Das bringt viel Verantwortung mit sich: Wenn die IT-Systeme im zentralen Rechenzentrum stehen, können auch die Vertriebsstellen nicht mehr arbeiten, beispielsweise keine Rechnungen mehr schreiben.
Die Arbeit wird von den 200 Mitarbeitern des IT-Dienstleisters weitgehend selbst erledigt. "Unser Mutterunternehmen verändert sich so dynamisch, dass für uns Outsourcing im Grunde nicht infrage kommt"; erläutert Hans-Gunter Weber, Leiter Infrastruktur, RI Solution GmbH.
Im Jahr 2008 musste Weber schwerwiegende Entscheidungen treffen. RI Solution hatte sich zur Standardisierung der Softwarelandschaft mithilfe einer SAP-ERP-Lösung entschlossen. Um diese SAP-Infrastruktur herum entstanden im Lauf der Zeit weitere 290 Anwendungen, die an SAP angebunden sind, so Weber.
Nun galt es, für die gesamte Softwarelandschaft eine passende Infrastruktur zu finden. Nach Vorstudien wurde das Projekt noch im selben Jahr ausgeschrieben - unabhängig von bestimmten Technologien. Stattdessen definierte RI Solution den geschäftlichen Bedarf, die nötigen Anwendungen und schließlich die Qualitätsansprüche in Form von SLAs.
Auch das angenommene Wachstum der IT gehörte zur Ausschreibung. Denn Ziel war eine Infrastruktur mit einer Reichweite bis mindestens 2014. Bis dahin sollten Leistung und Kapazität um mehr als 80 Prozent steigen - von 160.000 auf mindestens 275.000 Saps (SAP Application Performance Standard). Diese Messeinheit für die Verarbeitungsleistung bezeichnet jeweils 2.400 SAP-Transaktionen oder gleichwertige Leistungen.
Zwei Data-Centers - fünf Kilometer entfernt
Gefragt waren um mindestens ein Fünftel verringerte SAP-Antwortzeiten. Es war geplant, die Speichersysteme zu konsolidieren und mit einer Lösung abzudecken, die auch gravierenden Schadereignissen standhielte. So sollten beispielsweise alle SAP-Datenbanken Schattendatenbanken erhalten. Zudem wünschte sich RI Solution proaktiven Service durch einen Dienstleister.
Die Entscheidung fiel zugunsten einer "Converged Infrastructure" von HP aus. Sie verwaltet Mission-Critical-Systeme und Standard-Server unter einem Dach. Mit standardisierten Blade-Systemen lässt sie sich schrittweise ausbauen, ohne dass die Kernkomponenten verändert werden müssen. Unter anderem punktete HP aber auch durch die Partnerschaft mit einem professionellen Dienstleister, der Comline AG, sagt Weber: "Die Konkurrenz war besonders im Blade-Bereich schwächer und arbeitete mit einer relativ alten Prozessorgeneration."
Die jetzige Infrastruktur umfasst zwei fünf Kilometer voneinander entfernte Rechenzentren, von denen eins unter der Erde und eins im obersten Stockwerk eines Gebäudes liegt. Zwei "Superdome 2" mit 40 Itanium 9300 bilden zusammen mit 69 "HP Proliant Blades" in zehn HP BLC 7000 Blade-Chassis unter HP-UX den geschäftskritischen Kernbereich. Auf den Superdomes läuft SAP-ERP. Die SAP- und Datenbank-Zentralinstanzen befinden sich auf den "Integrity"-Blades im Superdome.
Die übrigen Alt-Server aus dem Nicht-SAP-Bereich wurden auf 131 HP Proliant-Bladeserver der aktuellen Generation migriert. Das zentrale Speichersystem besteht aus sechs HP EVA 8x00; hinzu kommen zwei "HP Data Protector" für die Datensicherung auf Tape und ein im Hintergrund befindlicher Netapp-Cluster. "Wir haben die Zentralinstanzen und Datenbanken auf die etwas langsameren, teuren Unix-Prozessoren gelegt, die Dialoginstanzen auf die x86-Blades", führt Weber aus.
Anfängliche Probleme unter HP-UX
Trotz Zertifizierung gab es anfangs Probleme mit den SAP-Datenbankinstanzen auf HP-UX. Anders als erwartet liefen sie zunächst sehr langsam. Hier musste gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden. Inzwischen stimmen jedoch Leistung und Wirtschaftlichkeit der neuen Infrastruktur: SAP läuft statt der angepeilten 20 Prozent nun sogar 34 Prozent schneller. "Ein Saps kostete uns früher zehn Euro, heute 3,80", berichtet Weber.
Hohe Wartungskosten erspart sich RI Solution durch die Scale-out-Architektur. "Weil wir Reserve-Blades vorhalten können, brauchen wir nur noch 24 Stunden statt vier Stunden Reaktionszeit in den Wartungsverträgen", plaudert Weber aus dem Nähkästchen. Zudem spart der interne IT-Provider jetzt auch Energie - inklusive Kühlung unter dem Strich 22 Prozent. "Das macht im Jahr 25.000 Euro aus", rechnet Weber vor. Last, but not least ermöglicht es die Blade-Architektur, die Chassis Schritt für Schritt zu modernisieren, also mit den jeweils neuesten Blades nachzurüsten, ohne das gesamte System auszutauschen.
Gefragt, ob er nicht die Risiken einer One-Vendor-Infrastruktur fürchte, antwortet Weber, schließlich gebe es im Zweifel nach Ablauf der Verträge andere Hersteller, auf die man zurückgreifen könne. Das ist wohl wahr, doch das Spektrum der Anbieteralternativen ist sehr überschaubar. Und wie die Wirtschaftsgeschichte zeigt, hatten in oligopolistisch strukturierten Märkten am Ende meist die Anbieter die Preishoheit, nicht die Kunden.
Mit den Ergebnissen der Migration ist Weber zufrieden. Auch der proaktive Service funktioniert wie versprochen: Um die Kompatibilität von Patches oder ähnliche Aufgaben muss sich der Baywa-Dienstleister nicht mehr kümmern. Weber: "Wir bekommen monatliche Patch-Empfehlungen und kennen jederzeit den Gesundheitszustand unseres Systems. Das macht Kapazitäten frei, um uns der Optimierung der Anwendungsarchitektur zu widmen." (qua)