Effiziente Kühlung

Blade-Server bringen Klimawandel im Rechenzentrum

15.10.2008 von Hans-Jörg Schilder
Die Vorteile der Blade-Server liegen in der kompakten Bauweise, der hohen Leistungsdichte, der Skalierbarkeit sowie der einfacheren Verkabelung. Doch wie wird die entstehende Wärme entsorgt? Wir fragten einen Klimaexperten und einen Serverhersteller nach Antworten.
Foto: IBM

Wer sich mit der Anschaffung neuer Server befasst, kommt um Blades kaum herum. Die Besonderheit der Blades liegt darin, dass mehrere Server neben- oder übereinander in einem Baugruppenträger angeordnet sind. Sie werden in freie Steckplätze (Slots) eingeschoben und sind dann mit der Backplane verbunden. Doch so viel Rechenpower auf engstem Raum erfordert entsprechend ausgeklügelte Kühlkonzepte, um keine Überhitzung beziehungsweise Hotspots in den Schränken entstehen zu lassen.

Vier Problemzonen ergeben sich bei der hohen Packungsdichte: die Kühlung im Blade selbst, die Abführung der Wärme aus dem Chassis, die Klimatisierung im Schrank und schließlich die Klimatisierung des Rechenzentrums. Hier sollte der Serverhersteller beziehungsweise der Spezialist für die Klimatisierung die richtige Lösung parat haben.

Mit Luft und doppeltem Boden

Durch die Abwärme der Rechner können im Schrank Verlustleistungen von bis zu 30 Kilowatt entstehen. Dies gilt insbesondere für dicht gepackte Bladeserver. Hier schafft eine seitlich am Schrank angebaute Flüssigkeitskühlung Abhilfe. Wird es nicht ganz so heiß, reicht oftmals eine Raumklimatisierung. "Das Standardmedium zur Kühlung ist immer noch die Luft", weiß Michael Nicolai, Produktmanager für die IT-Klimatisierung von Rittal. Die kühle Luft wird in die Doppelböden geblasen und steigt vor den Serverschränken auf. Mit Hilfe einer als "Kaltgangschottung" bezeichneten Technik lässt sich eine gleichmäßigere Temperaturverteilung der Zuluft im Rechenzentrum erreichen.

Foto: HP

Anders als im PC oder dem Notebook erlaubt es der vorhandene Platz in den Bladeservern nicht, herkömmliche Lüfter auf den Prozessoren unterzubringen. Vielmehr dienen Lamellen mit speziellen Legierungen dazu, die Wärme abzuleiten. Lüfter auf der als Enclosure oder Chassis bezeichneten Aufnahme für die Blades regeln den Luftstrom in den Einschüben. Carsten Unnerstall, der für Bladesysteme zuständige Business Manager bei Hewlett-Packard, verweist auf die geleistete Entwicklungsarbeit: "Wir besitzen rund 20 Patente für die effiziente Kühltechnik in den Blades."

Teilweise ließ sich der Hersteller von Flugmodellen inspirieren, um die Wärme abzuführen. Dadurch können Blades rund 40 Prozent der Energiekosten einsparen, meint der Experte. So sinkt etwa der Luftdurchsatz um etwa die Hälfte, während der Strombedarf für die Lüfter um 70 Prozent reduziert wird. Gleichzeitig lassen sich bis zu 32 Server in einem Chassis mit zehn Höheneinheiten unterbringen. Dennoch bleibt der Luftbedarf enorm: "Für 30 Kilowatt Verlustleistung rechnen wir mit einem Luftdurchsatz von rund 4500 Kubikmetern pro Stunde", rechnet Nicolai vor.

Mehr Leistung auf weniger Fläche

Foto: HP

Ein Schrank mit 42 Höheneinheiten kann bis zu 128 Server respektive 1024 Prozessoren pro Quadratmeter Fläche im Rechenzentrum beherbergen. Kostenrechner, die jeden Quadratmeter teuer bezahlen müssen, wissen dieses Argument zu schätzen. "Die höhere Packungsdichte der Server hat nicht unbedingt höhere Kosten zur Folge", berichtet Unnerstall. Vielmehr müssen die Lösungen optimiert werden, so dass rund sechs bis acht Lüfter für eine geregelte Kühlung sorgen. Dasselbe gilt seiner Meinung nach auch für die Kühllösungen, die nicht unbedingt mehr Leistung benötigen, sondern über optimierte Funktionen verfügen müssen. Getragen wird das Gesamtkonzept von energieeffizienten CPUs, stromsparenden Arbeitsspeichermodulen und alternativen Festplattenkonzepten. So kann etwa ein Solid-State-Drive mit einem Drittel weniger Strom auskommen.

Hinsichtlich der Klimatisierung verweist Nicolai auf sein Spezialgebiet: "Wer neue Rechenleistung plant, kann durch die Anzahl der notwendigen Rechner die Verlustleistung abschätzen." Oft sei es besser, einen Schrank halb leer zu lassen, um Erweiterungen besser planen zu können. So bietet der Hersteller Pay-as-you-grow-Konzepte an, die beim Start mit einer niedrigen Packungsdichte aufwarten und bis zum dichtgepackten High-Density-Schrank ausgebaut werden können. Dazu liefert Rittal Beratungsleistung, in der die Experten aus Baukastensystemen angepasste Lösungen zusammensetzen.

Ungenutztes Potenzial: 45 Prozent weniger Energie

Ganz so neu ist der Trend zum Blade übrigens nicht. So setzen Betreiber von Telekommunikationslösungen seit Jahren auf die hochverfügbaren Chassislösungen, die sich dort weitgehend durchgesetzt haben. Neu ist die hohe Packungsdichte der Server und die Bereitschaft der Hersteller, in die weitere Entwicklung zu investieren. So wundert es nicht, wenn Nicolai prophezeit: "Die Verlustleistung wird weiter ansteigen, aber nicht ganz so dramatisch wie von verschiedenen Marktforschern vorhergesagt."

Neben der Kühlung ergibt die höhere Packungsdichte weitere Problemzonen: Die Stromzuführung, das Kabelmanagement und die Verwaltung der Server. Alleine die Anzahl der Schnittstellenkabel stößt bei einem Bladeserverschrank mit 128 Servern an Grenzen, die kein Administrator verantworten kann. Außerdem muss der am Boden vorhandene Platz ausreichen, um Kabel und Luft in den Schrank zu lassen.

Dass auch noch genügend Einsparungspotenzial vorhanden ist, zeigt die Diskussion um die Temperatur in den Schränken. So spricht Nicolai davon, dass die Angst abgebaut werden muss, einen Schrank bei 28° Celsius zu betreiben. Dies wird auch von Unnerstall bestätigt: "Jedes Grad an höherer Temperatur spart sofort Energie und damit Kosten." Das Einsparpotenzial für eine komplette Lösung liegt bei rund 40 Prozent, Lösungen wie etwa Dynamic Smart Cooling (DSC) mit Wärmesensoren und einer geregelten Klimatisierung schaffen 45 Prozent. Der Klimawandel scheint künftig also auch im Rechenzentrum anzukommen.