"Bloß keine Chemie mehr"

07.03.2003 von Ingrid  Weidner
Die Chemikerin Chantal Dubois suchte eine Berufsperspektive außerhalb eines Forschungslabors. Ein IT-Seminar von Procter & Gamble in Budapest war für sie der Schlüssel zum Traumjob.

"Hast Du schon Arbeit?", fragen sich die Absolventen eines Studienjahres nach dem Examen im Juli oft. Doch Chantal Dubois konnten die Kommilitonen in Leuven nicht mehr nach ihren Zukunftsplänen fragen, denn die Chemie-Ingenieurin hatte schon längst einen Arbeitsvertrag unterschrieben und ihre Koffer gepackt.

Procter & Gamble (P&G) hatte der 25-jährigen Belgierin nämlich einen Job in Schwalbach angeboten. Seit September vorigen Jahres arbeitet sie dort in der IT-Abteilung und koordiniert interaktive Marketing-Projekte. "Während meines Chemiestudiums hatte ich nichts mit IT zu tun", sagt Dubois und zeigt sich selbst erstaunt über ihren ungewöhnlichen Einstieg. "Ich habe viele Koordinations- und Kommunikationsaufgaben. Mein Job ist eine Schnittstellenfunktion zwischen unterschiedlichen Bereichen." Das nötige Fachwissen kann sie sich direkt in den Projekten aneignen.

Heißer Tipp auf der Party

Erste Kontakte zu Procter & Gamble knüpfte sie in einem dreitägigen "Technical Business Course" während ihres vierten Studienjahres in Belgien. "Wir haben dort Case Studies aus dem Arbeitsalltag von P&G bearbeitet", erläutert die Chemie-Ingenieurin. Eine ganz neue Erfahrung für die damalige Studentin, die sich bisher überwiegend in der Universitäts- und Wissenschaftswelt bewegt hatte. "Praktika gehören für belgische Studenten nicht unbedingt dazu. Das fünfjährige Studium ist straff organisiert, die Kurse des jeweiligen Studienjahres festgelegt. Die drei Sommermonate nutzen die Studenten lieber zum Verreisen", gibt sie - fast entschuldigend - zu.

Chantal Dubois

Zwar hat sie ein vierwöchiges Praktikum in einem chemischen Betrieb absolviert, doch besonders begeistert war sie nicht davon. Nach einem achtmonatigen Forschungsprojekt an der Hochschule und ihrer Abschlussarbeit stand für Dubois endgültig fest: keine Chemie mehr. "Auf einer Party kam ich mit einem Studienkollegen aus Antwerpen ins Gespräch. Er erzählte mir von einem einwöchigen, anspruchsvollen IT-Seminar in Budapest und erwähnte, dass er sich dafür beworben habe. Ich dachte mir: Das könnte ich auch machen."

Ihr Ehrgeiz war geweckt. Also sandte die Studentin aus Leuven ein Bewerbungsschreiben an den amerikanischen Konsumgüterhersteller, absolvierte zwei Auswahlgespräche und eine schriftliche Problemlöseaufgabe in Brüssel und reiste schließlich nach Budapest. "Nach dieser Woche bot mir Procter & Gamble einen IT-Job in Deutschland an, und ich sagte zu. Ursprünglich hatte ich ganz andere Pläne und wollte in Belgien bleiben." Doch ihren Entschluss hat die 25-Jährige nicht bereut. Ihren Studienkollegen aus Antwerpen traf sie übrigens nicht in Budapest.