COMPUTERWOCHE-Dialog

CIOs und Kostentransparenz - wollen oder dürfen sie nicht?

06.07.2012 von Karin Quack
Zum Thema Architektur-Management gehen die Ansichten auseinander: Die Hersteller klagen, dass die CIOs gar keine Transparenz wünschen. Die CIOs entgegnen, das sei Unfug: Vielmehr werde ihnen keine Zeit für ein vernünftiges Management gelassen.
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Wenn ein Unternehmen sparen muss, braucht es mehr IT-Unterstützung. Doch die meisten Organisationen wollen auch an der IT sparen. Ungerecht, unsinnig, Unfug? Auf den ersten Blick ja! Doch losgelöst von diesem Argumentationszusammenhang ist auch die IT noch längst kein verschwendungsfreier Raum. So führte der Vertriebsvorstand eines Anbieters von IT-Portfolio-Mangement-Tools kürzlich beim Lunch Marktstudien ins Feld, unter anderen solche von McKinsey, wonach mindestens ein Drittel der IT-Budgets nicht gewinnbringend eingesetzt würden.

Bei solchen Zahlen bekommen Controller lange Ohren. Und CIOs werden nervös. Denn der Wertbeitrag, den sie leisten, lässt sich ja selten in Umsatzsteigerungen und Profitmargen beziffern. Das gilt vor allem für Projekte, die sich auf Verbesserungen der IT-Organisation oder -Prozesse beziehen. Eine Desktop-Virtualisierung mag sich eventuell nachweisbar auszahlen. Der Nutzen eines nach ITIL optimierten IT-Service-Managements lässt sich weit schwerer belegen. Ähnliches gilt für alle Vorhaben im Architektur-Management. Hier wird der IT gern vorgeworfen, sie betreibe l‘art pour l‘art.

COMPUTERWOCHE-Redakteurin Karin Quack: "Der Wertbeitrag der IT ist schwer messbar."

Manche CIOs sind allerdings auch nicht gerade erpicht darauf, derartige Projekte durchzusetzen, so der bereits zitierte Vertriebsvorstand. Die so erzeugte Transparenz sei ein "Politikum". Nicht nur dort, wo das Verhältnis zwischen CIO und Controlling ohnehin gespannt sei. Grundsätzlich ist es schwer vorstellbar, dass ein IT-Verantwortlicher nicht daran interessiert sein sollte, einen detaillierten Überblick über seine Architektur, die darin eingeflossenen Investitionen und die erzielten Verbesserungen zu erhalten. Ob er die Ergebnisse publik machen möchte, ist sicher eine andere Frage. Doch diese Kröte mussten andere Firmenbereiche ja auch schon schlucken; und verabreicht wurde sie oft in Form eines ERP-Systems, sprich: von der IT.

Einspruch von CIO-Seite

Hans-Joachim Popp, CIO des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
Foto: DLR

Dass in IT-Projekten "unendlich" viel Geld versenkt wird, wissen wir alle. Aber das hat nichts mit dem Geltungsdrang der IT-Verantwortlichen zu tun. IT-Chefs stehen per se im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, leider nicht nur im positiven Sinne. Die Budgets wachsen ganz von allein, argwöhnisch beäugt von den anderen Ressorts. Wir sind der einzige Bereich mit ständig steigender Durchdringung und Bedeutung. Da muss sich der IT-Chef nicht auch noch durch aufgeblasene Budgets für sinnlose Systeme in den Vordergrund spielen.

Die Ursache für Geldverschwendung liegt vielmehr in den oft völlig falschen Vorstellungen darüber, welchen Rattenschwanz an Arbeit die von den Geschäftsbereichen ins Gespräch gebrachten "neuen Systeme mit Wettbewerbsrelevanz" auslösen können. Notorisch sind auch "organisatorische Anpassungen", die sich bis aufs letzte Bit in den IT-Systemen wiederfinden müssen.

Auf die Anmerkung, da werde es zeitlich aber ein paar Engpässe geben, kommt die Entgegnung: "Der Termin ist nicht variabel! Wie viel Geld brauchen Sie denn?" Dass die Analogie zum Schaufeln einer Baugrube (200 Leute schaffen doppelt so viel wie 100) auf IT-Projekte nicht anwendbar ist, wissen wir spätestens seit Fred Brooks‘ "The Mythical Man-Month" aus den 70er Jahren. Trotzdem werden immer die gleichen Fehler gemacht: Big Bangs, harte Deadlines ...

Der CIO hat kaum eine Wahl

Mag sein, dass sich der eine oder andere Kollege einmal verleiten lässt, eine angebliche "Wunderwaffe für das XY-Management" trotz fehlender Produktreife mit hohem Tempo einzuführen. Jeder träumt von der so seltenen Anerkennung im Unternehmen. Meist aber ist die Entscheidung längst gefallen, und der CIO hat nur die Wahl, entweder "nicht unser Mann" zu sein oder zu hoffen, dass das vorhersehbare Desaster beherrschbar und nicht an ihm selbst, sondern am Initiator hängen bleibt.

Entscheidend ist also nicht, möglichst viel Geld zu haben. Vielmehr muss ein vernünftiges Architektur- und Portfolio-Management erlaubt sein. Was für Laien wie Verwaltungs-Overhead aussieht, ist die einzige Möglichkeit, eine missionskritische Softwareumgebung lauffähig zu halten. Kleine Schritte statt Rundumschläge, "Politik der ruhigen Hand" statt aberwitzige Deadlines.

Außerdem funktionieren IT-Projekte nur mit entsprechenden fachlichen Ressourcen im Geschäftsbereich. Eine Abteilung, die meint, "out of the Box" ein System einführen zu können, ohne in die organisatorischen Veränderungen und die Abstimmung mit den eigenen Prozessen zu investieren, sollte ihr Geld besser gleich aus dem Fenster werfen.