Cobol bleibt im Gespräch

09.06.2006
In vielen Rechenzentren ist kein Ersatz der Legacy-Systeme geplant.

"Cobol ist wie Latein", meint Ovum-Analyst Gary Barnett: "Es wird die Sprache weiterhin geben, eine Weiterentwicklung der Technik findet allerdings nicht mehr statt." Barnett rechnet künftig mit einem Wachstum des auf Mainframes betriebenen Cobol-Codes um drei bis fünf Prozent pro Jahr, führt dieses Plus jedoch ausschließlich auf Erweiterungen in den Wartungsprogrammen zurück - neue Cobol-Anwendungen seien dagegen eher die Ausnahme.

Dennoch werden laut einer Erhebung von Forrester Research Ende vergangenen Jahres - befragt wurden 158 nicht aus dem Behördenumfeld kommende IT-Entscheider - 31 Prozent der Rechenzentren weitgehend an ihren Cobol-Installationen festhalten. Die Abschaltung einiger ausgewählter Cobol-Programme planen 27 Prozent der Befragten, während 26 Prozent künftig nahezu komplett auf ihre Cobol-Anwendungen verzichten wollen. Fünf Prozent der Umfrageteilnehmer gaben sich unentschlossen, und bei elf Prozent ist von einer Migration der Programme auf Windows- oder Unix-Systeme die Rede.

Die Kunst hier besteht den Experten zufolge darin, diejenigen Mainframe-Anwendungen herauszufinden, deren Modernisierung sich lohnt. Einen vergleichsweise einfachen Weg dafür schlägt Gartner-Analyst Dale Vecchio vor: Er gliedert die Programme aufgrund ihrer MIPS-Anforderungen und rät, dass Applikationen unter 500 MIPS auf verteilte Systeme migriert werden sollten, während für Programme über 1000 MIPS der Mainframe weiterhin die geeignetere Plattform darstellt. Damit reduziert sich die Grauzone auf den Bereich zwischen 500 und 1000 MIPS, für die sich inzwischen eine bevorzugte betriebliche Praxis herauskristallisiert: Das Kapseln von Cobol-Funktionen und deren Bereitstellung im Rahmen moderner, Service-orientierter Architekturen. Eine erfreuliche Begleiterscheinung dieses Kunstgriffs ist, dass für solche IT-Umgebungen nur noch wenig Cobol-Programmierkenntnisse erforderlich sind, denn mit Entwicklernachwuchs für diesen Sprachveteran ist kaum mehr zu rechnen. (ue)