Connections, Verse und Watson Workspace sind die Kernprodukte für die Strategie und Vision von IBM im Collaboration-Umfeld. Gleichzeitig wurde auf der IBM Connect, die vom 20. bis 23. Februar in San Francisco stattfand, aber mittel- bis langfristig auch die Relevanz von Domino & Co. für die Bestandskunden gewürdigt. So wird der Support für Domino und Notes mindestens bis 2021 fortgesetzt.
Foto: Axel Oppermann
Die Konferenz, aber auch das Feedback aus Workshops und Vorträgen, lässt darauf schließen, dass dieses Thema für einige, wenn nicht sogar für viele der Anwenderunternehmen ein extrem kritisches zu sein scheint. Interessant dabei ist, dass in diesem Zusammenhang oft intensiver über die Laufzeit des Supports diskutiert wird, als darüber, wie Mitarbeiter in den Unternehmen in drei, fünf oder sieben Jahren arbeiten werden. Während IBM-Verantwortliche betont und abermals intensiv ein Commitment zu diesen wichtigen Bausteinen des Portfolios abgeben, werden Anwender nicht müde, dieses zu bezweifeln.
Wer Visionen hat …
Die Vision von IBM für intelligente Zusammenarbeit besteht darin, eine offene Cloud-Plattform zu schaffen, die quasi nahtlos und grenzenlos Dienste zugänglich und erweiterbar macht. Dabei wird die Cloud als der Schlüssel gesehen, der es möglich macht, die Anforderungen und Herausforderungen im Umfeld der Verarbeitung und Aufwertung von unternehmensinternen und externen Daten zu lösen. Kognitive Systeme und kognitive Einsichten sollen Inhalte, Konversationen und Prozesse zusammenbringen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ausschließlich Cloud-Lösungen über alles gestellt werden. Vielmehr werden Lösungen wie Verse auch als On-Premise-Variante angeboten.
Nach eigenen Angaben hat IBM in den vergangenen zwölf Monaten über 320 neue Erweiterungen und Funktionen in seinem Collaboration-Portfolio bereitgestellt. Hierzu zählen unter anderem 30 neue Features in Verse sowie eine verbesserte Suche und eine tiefere Integration von Connections in Office 365.
Zur Strategie von IBM zählen auch Partnerschaften. Exemplarisch zu nennen sind die Kooperationen mit Cisco für Video und Messaging, BOX Integration für File Sharing, Actiance für Auditing und Compliance und Genband für integrierte PBX-Services. All diese Partner und weitere wie DocuSign, aber auch Lösungen der Business-Partner, erweitern das IBM-Portfolio, auch dann, wenn sie in Teilen zu vorhandenen IBM-Produkten oder Services in Konkurrenz stehen.
Denke PINK!
Zur Vision und Zukunft zählt IBM auch PINK - genauer gesagt die kommende Version von Connections namens "Pink". IBM Connections ist eine Plattform, auf deren Grundlage Anwenderunternehmen Personen, deren Profile, Communities, Blogs, Wikis und Dokumente verbinden können. Der integrierte Plattformansatz, der sich On-Premise, auf hybride Art und Weise sowie in der Cloud implementieren lässt, vereinfacht dem Anbieter zufolge die Interaktion von Menschen im Kontext von Geschäftsprozessen, Daten und Informationen. Mit anderen Worten: Connections zielt auf Konversationen, Content und Communities ab.
Die kommende Version von Connections wird IBM zufolge vollkommen neu entwickelt, es findet ein "vollständiges rewrite" statt. "Pink" ist kognitiv und wird so - oder deshalb - überall sein. So könnten die Daten da bleiben, wo es der Kunde will beziehungsweise für richtig hält, und müssen nicht dort hin transportiert werden, wo das System es verlangt. So könnten exemplarisch Profile von Nutzern On-Premise bleiben, während Wikis in der Cloud liegen. Connections Pink soll mit völlig offenen Quellwerkzeugen und Technologien entwickelt werden - also kein WebSphere, kein Java etc. Alle Komponenten seien Open Source wie exemplarisch MongoDB, React.js oder Redis, hieß es von Seiten IBMs. Wichtig in diesem Zusammenhang: Die bisherigen etablierten Services und insbesondere die APIs sollen erhalten bleiben. Dies geschehe allerdings auf einer ausnahmslos aktualisierten Basis, die wie erwähnt Open-Source-orientiert ist.
Nicht nur Featureritis
Neben den ganzen Features sind die eigentlichen Denkmuster hinter dem IBM-Portfolio besonders relevant: nämlich die als Konversation organisierten und durch kognitive Services unterstützten Arbeitsabläufe. In anderen Worten: Eine durchgängige Gestaltung des Arbeitsalltags als Konversation, ermöglicht durch Microservices, die die diversen Systeme vereinen, und kognitive Komponenten, die einzelne Elemente der Konversation zusammenfassen oder vereinfachen. Um dieses Modell eines zukünftigen Arbeitsplatzes umzusetzen, müssen laut IBM fünf Themen vereint werden:
priorisieren und zeigen, was wichtig ist ("orientiere mich"),
den eigentlichen Arbeitsablauf unterstützen,
kognitive Bots nutzen, um weitere Informationsquellen bedarfsgerecht und interaktiv einzubinden,
die Möglichkeiten aus dem "Internet der Dinge" nutzen,
Fokus beibehalten und Absicht verfolgen.
Bezogen auf die Einführung kognitiver Services beziehungsweise auf kognitiver Intelligenz beruhenden Arbeitskonzepten bedeutet das
Probleme zu identifizieren,
Daten bereitzustellen,
kognitive Features bereitzustellen,
sich zu engagieren und zu interagieren.
Fazit
Commitment zu Domino und Notes, Überarbeitung und essenzielle Erweiterung der zentralen Produkte wie Connections auf Grundlage von Open-Source-Standards, klares Portfolio, umfassende Integration von kognitiven Services, gelebte Partnerschaften und das Aufzeigen "wie es sein sollte" - all das führte dazu, dass bei Kunden, Business-Partnern und natürlich den IBM-lern eine positive Stimmung auf der Konferenz vorherrschte.
Ob es nun eine Aufbruchstimmung ist oder doch eher Ausdruck erfolgreicher Arbeit, richtiger Entscheidungen oder ob abermalige Neuerfindung, sei dahingestellt. Anwender, die auf IBM-Lösungen setzen, bekommen ein Mehr an Möglichkeiten, ohne Gefahr zu laufen, sich zu verirren. Klare Strukturen im Portfolio, APIs und Wahlfreiheit ermöglichen dies. Anwenderunternehmen, die noch auf der Suche nach der richtigen Lösung und dem für sie richtigen Denkmuster für die zukünftigen Arbeitskonzepte sind, finden Visionen im Kontext etablierter Lösungen. Und Business-Partner erhalten neue Grundlagen für erweiterte Geschäftsmodelle.
Dass IBM kein Ankündigungsweltmeister ist, sondern den Visionen auch Taten folgen lässt, konnte man in den letzten 18 Monaten (und darüber hinaus) beobachten. Dass es bei einigen Ankündigungen noch ein weiter Weg bis zur Realisierung ist, ist jedoch klar. Auch, dass die Implementierung im Anwenderunternehmen, und noch viel wichtiger die gelebte Realität auf Ebene des Anwenders, nicht mal eben so "en passant" erfolgen wird. Deswegen: Arbeits(platz)konzepte im Allgemeinen und der Einsatz von Lösungen, Produkten oder Services im Besonderen sind kein Ziel, sondern ein Weg.
Doch auch bei IBM - respektive den Kunden - ist nicht alles Gold, was glänzt. Da können auch die Referenzen von Kunden mit 50.000 oder sogar über 200.000 Anwendern nicht täuschen. So durchdacht die Produkte auch sein mögen, so zukunftweisend die Lösungen konzipiert, so verzückend die Idee, dass exemplarisch kein neues Feature in IBM Connections einfließen soll, wenn es für die entsprechende Funktionalität keine API gibt. Das Ganze muss konsumierbar sein und von den Anwendern auch genutzt und gelebt werden.
Der Autor, Axel Oppermann, war auf Einladung von IBM auf der IBM Connect 2017 vor Ort in San Francisco.