CES-Nachlese

Consumer Electronics – heute so, morgen schon ganz anders

13.01.2014 von David B. Hofmann
Die Märkte für Consumer Electronics sind schnelllebig: Kaum hat sich das Smartphone am Massenmarkt etabliert, steigt die Nachfrage nach neuen Kommunikationsdiensten. Diese Forderung und der wachsende Konkurrenzdruck zwingen Gerätehersteller und TK-Anbieter zum strategischen Handeln.
Auf der jüngst geendeten Leistungsschau der CE-Branche, International CES, stellten die Hersteller viele Produkte, aber nur wenig Konzepte vor.
Foto: CES

Die führenden Anbieter von Consumer Electronics, allen voran Apple und Samsung, geraten derzeit immer weiter unter Druck. Sechs Jahre nach dem Launch des iPhone sind heute zahlreiche Wettbewerber in der Lage, hochwertige und leistungsstarke Smartphones und Tablets anzubieten. Differenzierung wird für die Endgerätehersteller immer schwieriger, weshalb neue und pfiffige Produkte gefragt sind. Galten manche Kreationen vor wenigen Jahren noch als Spielereien von Entwicklungslaboren, drängen mittlerweile genau diese Endgeräte als "Smart Accessories" auf den Massenmarkt: Nike Fuel, Google Glass oder Samsung Smart Watch stehen symptomatisch für den Trend, bekannte Produkte wie Brillen und Armbanduhren auf ganz innovative Art und Weise in den Alltag einzubinden. Damit nicht genug: Vor diesem Hintergrund richtet der Markt seine Aufmerksamkeit zunehmend auf digitale Vernetzungen und multi-modale Anwendungsszenarien im Zuhause.

Der vernetzte Nutzer: Multi-Tasking vorm Fernseher

Beim TV-Konsum etwa spielen schon heute Smartphones und Tablets als "Companion Devices" eine immer wichtigere Rolle. Aktuelle Zahlen aus den USA zeigen, dass Fernsehzuschauer bereits in 77 Prozent der Fälle ihre Aufmerksamkeit nicht exklusiv dem Fernseher widmen. Jeder Zweite beschäftigt sich parallel mit dem Smartphone und jeder Dritte nimmt sein Notebook hinzu. Wer beispielsweise etwas Interessantes im Fernsehen sieht, nutzt sein Tablet auf der Couch, um dazu im Internet zu recherchieren. Besonders stark ausgeprägt ist dieses Verhalten derzeit im Bereich Online-Shopping oder bei der persönlichen Finanz- und Reiseplanung.

CES 2014 Impressionen
Autos auf der CES
Autonomes Fahren ist eines der großen Themen auf der CES. In Nevada gibt es hierzu ein eigenes Kennzeichen.
Autos auf der CES
Echtes autonomes Fahren ist derzeit noch ein Wunschtraum, aber das eigenständige Parken funktioniert bereits.
Autos auf der CES
Füllte die Elektronik zum pilotierten Parken vor einem Jahr noch den Kofferraum aus, ...
Autos auf der CES
..., findet die elektronische Intelligenz im aktuellen Modell bereits hinter den Verkleidungen Platz.
Autos auf der CES
Demnächst soll ein Audi seinen Fahrer im Stau eigenständig weiterchauffieren.
Auto auf der CES
Auto trifft IT, auch bei der Informationsbeschaffung. Infos zu neuen Mercedes C-Klasse gibt es per QR-Code.
Autos auf der CES
Über ihn stolperte man in Las Vegas fast an jeder Ecke: BMWs Elektroauto i3
Autos auf der CES
Chevrolet macht aus dem Volt einen 4G-Hotspot, der auch auf dem Smartphone Auskunft über seinen Ladezustand gibt.
CES-Impressionen
An so manchem Produkt auf der CES scheiden sich die Geister. Was für den einen der nächste heiße Schrei ist, ist für andere lediglich unnötiger Elektronikschrott, den niemand braucht.
CES-Impressionen
Auf der CES ist für jeden Geschmack etwa zu finden. Vielleicht wäre ein Fernseher im Disney-Design ezwas für Sie.
CES-Impressionen
Ein neues Outdooor-Handy hat Catphone mit dem cat B100 vorgestellt.
CES-Impressionen
Von der CES bereichten auch unsere US-Kollegen der PC World, Macworld und TechHive.
CES-Impressionen
Auch eine Art, neue Kopfhörer zu präsentieren.
CES-Impressionen
Wearables mad in Switzerland. Kronoz zeigte in Las Vegas seine Interpretation einer Smart Watch.
CES-Impressionen
Die Smart Watch von Kronoz verfügt neben Features wie Messaging auch über einen Diebstahlschutz.
CES-Impressionen
Während im Rest der USA bibbernde Kälte herrschte, empfing die CES in Las Vegas die Besucher mit lauschigen 16 Grad.
CES-Impressionen
Die Virtual-Reality-Brille Oculus-Rift kann Körperbewegungen erkennen und verfügt zudem über ein "Positional Tracking".
CES-Impressionen
Reifendruck und Tankanzeige auf der Uhr? Nein, das ist kein Witz. Hierzu gingen Mercedes und der Smartwatch-Hersteller Pebble eine Partnerschaft ein. Und selbst vor Gefahrsituationen soll die Uhr mit Vibrationen warnen.

Multi-Tasking ist also heute schon beim User gang und gäbe. In Zukunft kommen deshalb Endgerätehersteller, Content-Anbieter und Werbetreibende nicht umhin, diese Nutzerszenarien bedarfsgerecht und kontextspezifisch auf unterschiedlichen Endgeräten abzubilden. Hersteller von Smart-TVs, die noch auf die konventionelle Fernbedienung setzen, um Nutzer auf umständliche Weise durch den App Store des Fernsehers zu lotsen, haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die entscheidenden Kriterien zur Akzeptanz des Angebots liegen nämlich im positiven Nutzererlebnis und der universellen Verfügbarkeit.

Nutzer wollen heute mit jedem ihrer Endgeräte Zugriff auf persönliche Inhalte wie Textdateien, Musik oder Fotos haben - und sie wollen diese Inhalte ohne lästiges Synchronisieren bearbeiten können, unabhängig davon, ob sie nun in einer Cloud oder auf einem Desktop-PC gespeichert sind.Eine begeisternde User Experience, einfaches Plug & Play bei der Inbetriebnahme, bedarfsgerechte Interaktions- und Benutzerführung sowie nahtlose Endgerätewechsel im Betrieb sind bei den derzeit erhältlichen Endgeräten allenfalls in Ansätzen zu entdecken.

"Megatrends" und kurzfristige Hypes

Doch Bedienerfreundlichkeit und universelle Verfügbarkeit werden noch stark ansteigen. Denn zweifelsohne ist das Internet der Dinge, also die digitale Vernetzung von Objekten, ein Megatrend, der langfristig auf alle Lebensbereiche Einfluss nehmen wird. Laut Schätzungen von Cisco überstieg die Anzahl vernetzter Objekte bereits 2009 die Erdbevölkerung. Und 2015 wird es etwa dreimal so viele vernetzte Objekte geben wie Menschen. Dadurch entstehen ganz neue Anwendungsfelder und entsprechend neue Geschäftsmöglichkeiten im Hinblick auf Endgeräte oder Dienste.

CES 2014
Lenovo Smartphones
Lenovo bringt zur CES gleich eine ganze Reihe neuer Smartphones mit.
Ascend Mate 2
Der chinesische Hersteller Huawei stellt pünktlich zum Einjährigen einen Nachfolger für das Android Phablet Ascend Mate vor. Das Gerät besitzt ein 6,1-Zoll-IPS-Display, das allerdings nur mit 720p auflöst. Hervorzuheben ist jedoch der mit 4050 mAh Kapazität reichlich große Akku.
Hyundai Genesis
Hyundai will den neuen Genesis Sedan 2015 mit Bluelink-Infotainment-System ausliefern. Das Auto lässt sich zudem über eine neu entwickelte App auch per Google Glass öffnen.
Corvette I
Mit dem Klassike hat die Corvette Stingray von 2015 nicht mehr viel gemein. Sie ist ein rollender Computer.
Corvette II
Per Performance Data Recoder lassen sich in der Corvette der eigene Fahrstil und die Performance in Wort und Bild festhalten.
Toyota
Null Emission verspricht Toyota auf der CES mit dem Prototypen eines Brennstoffzellen-Fahrzeugs. Das Modell soll spätestens 2015 in Kalifornien auf den Markt kommen.
Archos Smartwatch
Weniger als 100 Dollar soll Archos Smartwatch kosten. Damit will das Unternehmen in Segement des Activity-Tracking mitmischen.
Intelligenter Basketball
Mit diversen Sensoren, die Geschwindigekeit etc. erfassen, stattet InfoMotion Sports Technologies seinen intelligenten Basketball aus.
Vernetzte Zahnbuerste
Schummeln ist nicht. Die Bluetooth-Zahnbürste überträgt Informationen über Putzverhalten und -dauer per Bluetooth an Smartphones.
Vernetzter Kochtopf
Gmeinsam mit Partner Crock-Pot zeigt Belkin auf der CES einen elektrischen Kopftopf, der aus der Ferne per Smartphone kontrolliert werden kann.
Lenovo Vibe Z
Dazu gehören das Vibe Z mit 5,5-Zoll-Display und Snapdragon-800-Chipsatz von Qualcomm…
Lenovo Vibe X
…und das etwas schwächer ausgefallene 5-Zoll-Gerät Vibe X.
Lenovo Thinkpad 8
Neu im Portfolio ist außerdem das kleine Business-Tablet Thinkpad 8 mit Windows 8.1…
Lenovo Yoga
sowie das Yoga Tablet 2, das als Hybrid-Gerät ausgelegt ist.
Lenovo Thinkvision 4K
HD auf dem Desktiop war gestern, Lenovo will im Jahresverlauf 4k-Monitore mit einer Auflösung von 3840 mal 2160 Pixeln auf den Markt bringen.
Lenovo Thinkvision 28
Dabei sind die neuen 4K-Monitore mehr wie ein einfaches Display - im Thinkvision 28 steckt etwa ein Nvidia-Tegra-Prozessor auf dem Android läuft.
Martian Watches
Die Smartwatches von Martian unterstützen als einzige auch Sprachsteuerung via Siri oder S-Voice.
Martian Watches
Außerdem zeigen sie eingegangene SMS oder Social-Media-Updates auf dem kleinen Display an…
Martian Watches
…und erinnern den Besitzer per programmierbarem Vibrationsmuster an Anrufe, Termine und ähnliches.
Netamo June
Die modischen June-Armbänder von Netamo dienen nicht nur als Schmuck...
Netamo June
...sie messen auch, wieviel UV-Strahlung die Trägerin bereits abbekommen hat
Parrot Mini Drone
Schon mal als kommendes Weihnachtsgeschenk vormerken: Mit der via Smartphone oder Tablet steuerbaren Mini Drone will Parrot, bekannt für seine AR Drone, mehr Spaß ins Kinderzimmer bringen.
Parrot Sumo Jump
Spaß steht auch bei dem Segway-ähnlichen Miniroboter Sumo Jump im Vordergrund. Wie der Name bereits andeutet, springt er dank einer Feder bis zu 80 Zentimeter hoch.
Yuneec Flying Eyes
Der semiprofessionelle Hexacopter H3X von Yuneec-Tochter Flying Eyes kann bis zu drei Kilo Gewicht tragen und eignet sich damit beispielsweise auch für Luftaufnahmen
Polaroid
Der US-Hersteller erinnert mit seiner Serie neuer Sofortbildkamera an vergangene (bessere) Zeiten des Unternehmens
Polaroid
Allerdings ist der Formfaktor teilweise etwas ungewöhnlich.
The Brick
Das klobige Gerät mit dem klangvollen Namen The Brick ist kein eigenständiges Telefon, sondern lässt sich via Bluetooth mit einem iPhone oder Android-Handy verbinden. Anschließend kann man damit telefonieren oder Musik hören.

Das vielleicht bekannteste Beispiel ist derzeit Smart Home, also die Vernetzung von Steuerungs- und Überwachungssystemen, Haushaltsgeräten und Produkten aus der Unterhaltungselektronik. Zwar ist Deutschland etwa zwei bis drei Jahre vom Massenmarkt entfernt, es steigen hierzulande aber immer mehr Anbieter in die Sparte ein und bieten Lösungen für den Endkunden. Dies sind beispielsweise die Deutsche Telekom AG oder RWE.

Warum ist das Kundeninteresse dennoch relativ zurückhaltend? Das liegt zum einen an der starken Fragmentierung der Angebote und den unterschiedlichen technischen Standards. Zum anderen ist der Mehrwert nur für eine kleine Kundengruppe relevant. Zu guter Letzt stehen die Anschaffungskosten selbst bei den günstigen Lösungen immer noch im krassen Gegensatz zu den Kostensenkungspotenzialen. Daher bleibt das Thema Smart Home für viele Kunden nach wie vor eine Spielerei.

Die weitaus größten Umsatzzuwächse gibt es derzeit vielmehr im Bereich Machine-to-Machine (M2M), dem automatisierten Informationsaustausch zwischen Endgeräten. Insbesondere im Automobilsektor und im Kontext "intelligenter Städte" gibt es zahllose Anwendungsfälle, in denen M2M echte Mehrwerte schaffen kann - von der Verkehrssteuerung und dem öffentlichen Nahverkehr bis hin zum Gesundheitswesen oder der Energie- und Wasserversorgung.

Aufgrund der Ausmaße des Megatrends M2M ist dies in vielen Teilen noch Zukunftsmusik; jedoch sind kurz- und mittelfristige Hypes auf dem Absatzmarkt auch keine Seltenheit. Dazu zählt im Bereich der Consumer Electronics die Individualisierung von Massenprodukten (Mass Customization). Viele Konsumenten möchten beispielsweise ihre Smartphones nach eigenem Gusto gestalten. Sie wollen gewissermaßen ein Einzelstück erwerben und ein Gefühl von Exklusivität genießen.

Wunsch nach Individualisierung vernachlässigt

Die Hersteller haben diesen Wunsch lange Zeit vernachlässigt, drängen aber mittlerweile mit Volldampf in diesen Markt. Hier spricht das wachsende Angebot für sich: von Schutzfolien und Hüllen über Zusatzakkus und drahtlose Ladestationen bis zu "Appcessories" wie Armbänder mit Schrittzähler. Die Prognosen für den Gesamtmarkt sind gigantisch, wie eine aktuelle Studie von mm1 Consulting & Management belegt: Bis 2017 werden sich die Umsätze voraussichtlich verdreifachen, auf etwa 45 Milliarden Euro. Dabei bleibt es spannend, wie sich dieses Wachstum in den unterschiedlichen Segmenten darstellt.

Dass Mass Customization aber noch viel mehr ist, zeigt ein Blick auf das Angebot von Nike. Kunden können sich online einen eigenen Laufschuh gestalten. Dieses Konzept hat Google in einen anderen Bereich transferiert und bei Motorola zur Anwendung gebracht. Mit dem Moto X stellte Motorola dann das erste, individualisierbare Smartphone vor. So etwas trifft den Zeitgeist.

TK-Anbieter verlieren den Anschluss

Trendwenden in der Consumer-Electronics-Branche gehen auch an Telekommunikationsanbietern nicht spurlos vorbei - und haben zum Teil deutlich negative Auswirkungen. So sind TK-Anbieter heute im Begriff, ihre Rolle als Bereitsteller von Kommunikationsdiensten einzubüßen; letztendlich werden sie auf ihre Rolle als Infrastrukturanbieter reduziert. Der Grund: Ihre klassischen kostenpflichtigen Produkte - also Sprachtelefonie und SMS - verlieren an Relevanz und werden durch annähernd kostenfreie IP-Dienste (OTT) ersetzt.

Vor allem die jüngere Generation nutzt heute wie selbstverständlich WhatsApp, Facebook, Snapchat oder die integrierten Kommunikationsdienste der Endgerätehersteller, beispielsweise iMessage von Apple oder Blackberry Messenger (BBM). Zugleich führt das veränderte Nutzerverhalten der jüngeren Generation auch zu verschärftem Wettbewerb zwischen den Mobilfunkanbietern. Diese Kundensegmente legen Wert auf mobile Internetnutzung und suchen dabei konsequent nach preiswerten Smartphones bekannter Markenhersteller sowie flexiblen und vor allem günstigen Tarifmodellen. Zwei-Jahres-Verträge? - Nein, danke, kein Interesse!

Telekommunikationsanbieter müssen also insgesamt umdenken: Angebote einfacher und individueller gestalten und auch im Vertrieb neue Wege gehen. Der Versuch, sich im Smartphone-Bereich nicht übermäßig von den beiden Weltmarktführern Samsung und Apple abhängig zu machen, ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung. Denn die Dominanz dieser beiden Hersteller ist so extrem - zusammen besitzen sie einen Marktanteil von fast 50 Prozent -, dass sie zunehmend in der Lage wären, ihren Vertriebspartnern die Konditionen zu diktieren. Sich hier nicht einseitig festzulegen, ist auch insofern klug, als sich trotz aller Dominanz nicht absehen lässt, wer die Märkte in fünf Jahren beherrscht. (mb)