Die führenden Anbieter von Consumer Electronics, allen voran Apple und Samsung, geraten derzeit immer weiter unter Druck. Sechs Jahre nach dem Launch des iPhone sind heute zahlreiche Wettbewerber in der Lage, hochwertige und leistungsstarke Smartphones und Tablets anzubieten. Differenzierung wird für die Endgerätehersteller immer schwieriger, weshalb neue und pfiffige Produkte gefragt sind. Galten manche Kreationen vor wenigen Jahren noch als Spielereien von Entwicklungslaboren, drängen mittlerweile genau diese Endgeräte als "Smart Accessories" auf den Massenmarkt: Nike Fuel, Google Glass oder Samsung Smart Watch stehen symptomatisch für den Trend, bekannte Produkte wie Brillen und Armbanduhren auf ganz innovative Art und Weise in den Alltag einzubinden. Damit nicht genug: Vor diesem Hintergrund richtet der Markt seine Aufmerksamkeit zunehmend auf digitale Vernetzungen und multi-modale Anwendungsszenarien im Zuhause.
Der vernetzte Nutzer: Multi-Tasking vorm Fernseher
Beim TV-Konsum etwa spielen schon heute Smartphones und Tablets als "Companion Devices" eine immer wichtigere Rolle. Aktuelle Zahlen aus den USA zeigen, dass Fernsehzuschauer bereits in 77 Prozent der Fälle ihre Aufmerksamkeit nicht exklusiv dem Fernseher widmen. Jeder Zweite beschäftigt sich parallel mit dem Smartphone und jeder Dritte nimmt sein Notebook hinzu. Wer beispielsweise etwas Interessantes im Fernsehen sieht, nutzt sein Tablet auf der Couch, um dazu im Internet zu recherchieren. Besonders stark ausgeprägt ist dieses Verhalten derzeit im Bereich Online-Shopping oder bei der persönlichen Finanz- und Reiseplanung.
Multi-Tasking ist also heute schon beim User gang und gäbe. In Zukunft kommen deshalb Endgerätehersteller, Content-Anbieter und Werbetreibende nicht umhin, diese Nutzerszenarien bedarfsgerecht und kontextspezifisch auf unterschiedlichen Endgeräten abzubilden. Hersteller von Smart-TVs, die noch auf die konventionelle Fernbedienung setzen, um Nutzer auf umständliche Weise durch den App Store des Fernsehers zu lotsen, haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die entscheidenden Kriterien zur Akzeptanz des Angebots liegen nämlich im positiven Nutzererlebnis und der universellen Verfügbarkeit.
Nutzer wollen heute mit jedem ihrer Endgeräte Zugriff auf persönliche Inhalte wie Textdateien, Musik oder Fotos haben - und sie wollen diese Inhalte ohne lästiges Synchronisieren bearbeiten können, unabhängig davon, ob sie nun in einer Cloud oder auf einem Desktop-PC gespeichert sind.Eine begeisternde User Experience, einfaches Plug & Play bei der Inbetriebnahme, bedarfsgerechte Interaktions- und Benutzerführung sowie nahtlose Endgerätewechsel im Betrieb sind bei den derzeit erhältlichen Endgeräten allenfalls in Ansätzen zu entdecken.
"Megatrends" und kurzfristige Hypes
Doch Bedienerfreundlichkeit und universelle Verfügbarkeit werden noch stark ansteigen. Denn zweifelsohne ist das Internet der Dinge, also die digitale Vernetzung von Objekten, ein Megatrend, der langfristig auf alle Lebensbereiche Einfluss nehmen wird. Laut Schätzungen von Cisco überstieg die Anzahl vernetzter Objekte bereits 2009 die Erdbevölkerung. Und 2015 wird es etwa dreimal so viele vernetzte Objekte geben wie Menschen. Dadurch entstehen ganz neue Anwendungsfelder und entsprechend neue Geschäftsmöglichkeiten im Hinblick auf Endgeräte oder Dienste.
Das vielleicht bekannteste Beispiel ist derzeit Smart Home, also die Vernetzung von Steuerungs- und Überwachungssystemen, Haushaltsgeräten und Produkten aus der Unterhaltungselektronik. Zwar ist Deutschland etwa zwei bis drei Jahre vom Massenmarkt entfernt, es steigen hierzulande aber immer mehr Anbieter in die Sparte ein und bieten Lösungen für den Endkunden. Dies sind beispielsweise die Deutsche Telekom AG oder RWE.
Warum ist das Kundeninteresse dennoch relativ zurückhaltend? Das liegt zum einen an der starken Fragmentierung der Angebote und den unterschiedlichen technischen Standards. Zum anderen ist der Mehrwert nur für eine kleine Kundengruppe relevant. Zu guter Letzt stehen die Anschaffungskosten selbst bei den günstigen Lösungen immer noch im krassen Gegensatz zu den Kostensenkungspotenzialen. Daher bleibt das Thema Smart Home für viele Kunden nach wie vor eine Spielerei.
Die weitaus größten Umsatzzuwächse gibt es derzeit vielmehr im Bereich Machine-to-Machine (M2M), dem automatisierten Informationsaustausch zwischen Endgeräten. Insbesondere im Automobilsektor und im Kontext "intelligenter Städte" gibt es zahllose Anwendungsfälle, in denen M2M echte Mehrwerte schaffen kann - von der Verkehrssteuerung und dem öffentlichen Nahverkehr bis hin zum Gesundheitswesen oder der Energie- und Wasserversorgung.
Aufgrund der Ausmaße des Megatrends M2M ist dies in vielen Teilen noch Zukunftsmusik; jedoch sind kurz- und mittelfristige Hypes auf dem Absatzmarkt auch keine Seltenheit. Dazu zählt im Bereich der Consumer Electronics die Individualisierung von Massenprodukten (Mass Customization). Viele Konsumenten möchten beispielsweise ihre Smartphones nach eigenem Gusto gestalten. Sie wollen gewissermaßen ein Einzelstück erwerben und ein Gefühl von Exklusivität genießen.
Wunsch nach Individualisierung vernachlässigt
Die Hersteller haben diesen Wunsch lange Zeit vernachlässigt, drängen aber mittlerweile mit Volldampf in diesen Markt. Hier spricht das wachsende Angebot für sich: von Schutzfolien und Hüllen über Zusatzakkus und drahtlose Ladestationen bis zu "Appcessories" wie Armbänder mit Schrittzähler. Die Prognosen für den Gesamtmarkt sind gigantisch, wie eine aktuelle Studie von mm1 Consulting & Management belegt: Bis 2017 werden sich die Umsätze voraussichtlich verdreifachen, auf etwa 45 Milliarden Euro. Dabei bleibt es spannend, wie sich dieses Wachstum in den unterschiedlichen Segmenten darstellt.
Dass Mass Customization aber noch viel mehr ist, zeigt ein Blick auf das Angebot von Nike. Kunden können sich online einen eigenen Laufschuh gestalten. Dieses Konzept hat Google in einen anderen Bereich transferiert und bei Motorola zur Anwendung gebracht. Mit dem Moto X stellte Motorola dann das erste, individualisierbare Smartphone vor. So etwas trifft den Zeitgeist.
TK-Anbieter verlieren den Anschluss
Trendwenden in der Consumer-Electronics-Branche gehen auch an Telekommunikationsanbietern nicht spurlos vorbei - und haben zum Teil deutlich negative Auswirkungen. So sind TK-Anbieter heute im Begriff, ihre Rolle als Bereitsteller von Kommunikationsdiensten einzubüßen; letztendlich werden sie auf ihre Rolle als Infrastrukturanbieter reduziert. Der Grund: Ihre klassischen kostenpflichtigen Produkte - also Sprachtelefonie und SMS - verlieren an Relevanz und werden durch annähernd kostenfreie IP-Dienste (OTT) ersetzt.
Vor allem die jüngere Generation nutzt heute wie selbstverständlich WhatsApp, Facebook, Snapchat oder die integrierten Kommunikationsdienste der Endgerätehersteller, beispielsweise iMessage von Apple oder Blackberry Messenger (BBM). Zugleich führt das veränderte Nutzerverhalten der jüngeren Generation auch zu verschärftem Wettbewerb zwischen den Mobilfunkanbietern. Diese Kundensegmente legen Wert auf mobile Internetnutzung und suchen dabei konsequent nach preiswerten Smartphones bekannter Markenhersteller sowie flexiblen und vor allem günstigen Tarifmodellen. Zwei-Jahres-Verträge? - Nein, danke, kein Interesse!
Telekommunikationsanbieter müssen also insgesamt umdenken: Angebote einfacher und individueller gestalten und auch im Vertrieb neue Wege gehen. Der Versuch, sich im Smartphone-Bereich nicht übermäßig von den beiden Weltmarktführern Samsung und Apple abhängig zu machen, ist dabei ein Schritt in die richtige Richtung. Denn die Dominanz dieser beiden Hersteller ist so extrem - zusammen besitzen sie einen Marktanteil von fast 50 Prozent -, dass sie zunehmend in der Lage wären, ihren Vertriebspartnern die Konditionen zu diktieren. Sich hier nicht einseitig festzulegen, ist auch insofern klug, als sich trotz aller Dominanz nicht absehen lässt, wer die Märkte in fünf Jahren beherrscht. (mb)