Kunden-Management-Software per Leasing

CRM aus der Dose

20.05.2005 von Heide Witte
"CRM on demand" bietet die Möglichkeit zum Einstieg in IT-gestütztes Kunden- Management ohne hohe Anfangsinvestitionen.
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Noch vor einem Jahr haben die Marktforscher der Gartner Group Zahlen zum Markt für Customer Relationship Management (CRM) veröffentlicht, die wenig optimistisch klangen: Rund 50 Prozent der von Gartner befragten Unternehmen, die in CRM-Systeme investiert hatten, betrachteten ihre Projekte damals als gescheitert. Außerdem hatte Gartner errechnet, dass 42 Prozent der erworbenen CRM-Lizenzen gar nicht genutzt wurden. Den Umsatz im deutschen CRM-Markt 2004 bezifferten die Kollegen der Meta Group mit 1,1 Milliarden Euro.

Jetzt allerdings soll es aufwärts gehen: Laut Prognosen von IDC wachse der CRM-Markt bis 2008 um jährlich 8,9 Prozent auf 11,4 Milliarden Dollar. Die größten Wachstumsimpulse für den deutschen CRM-Markt liefere dabei in den nächsten zwölf bis 18 Monaten der Mittelstandsbereich. Vor allem Unternehmen mit 200 bis 1000 Mitarbeitern sollen verstärkt zu CRM-Anwendern werden.

"Die Investitionsneigung hat sich in den vergangenen Monaten verbessert", sagt Frank Naujoks, Chef der Beratungsfirma Naujoks & Collegen sowie Analyst der Hewson Group. Nachdem der Schwerpunkt in Unternehmen während der letzten zwei Jahre auf Kostenanpassungen gelegen habe, verlagere er sich nun wieder zunehmend auf Umsatzgewinnung, "und damit rückt auch der Kunde wieder in den Mittelpunkt der Betrachtung - und wie dieser kostengünstig zu pflegen ist", erklärt der CRM-Spezialist.

Dringenden Bedarf an Kundenkontaktwerkzeugen gibt es Branchenkennern zufolge vor allem im After-Sales- und Service-Bereich. Während CRM-Werkzeuge im Vertriebsbereich schon relativ häufig zu finden seien, werde der Service, darunter beispielsweise das Beschwerde-Management, oft vernachlässigt. Doch sei gerade dieses Segment ein wichtiges Differenzierungsmerkmal und trage - mit kurzen Antwortzeiten oder speziell zugeschnittenen Angeboten - zu erhöhter Kundenbindung bei.

Teuer ist out

Allerdings überschreitet die Inhouse-Implementierung einer teuren CRM-Lösung meist das IT-Budget vor allem kleinerer mittelständischer Unternehmen, in denen dann auch nur wenige Mitarbeiter mit dem System arbeiten. Einen Ausweg aus dem Dilemma bietet hier das ASP-Modell, das als Hosted-CRM unter dem Begriff "CRM on Demand" Schlagzeilen macht und das die Anwender mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis und mit Flexibilität überzeugt.

Bei CRM-on-Demand wird die Software nicht gekauft, sondern gemietet. Das heißt, die CRM-Lösung wird in einem Rechenzentrum betrieben und über das Internet bereitgestellt. Die Kunden können online mit einem herkömmlichen Web-Browser und zu einem festen Preis pro Anwender und Monat auf das System zugreifen. Es entfallen die Kosten für den Kauf von Hard- und Software sowie für den unternehmensinternen Support. Die Vorteile: "On Demand" erfordert nur geringe Anfangsinvestitionen, bindet wenig Eigenkapital und ist schnell einsatzbereit. Die Lösung entspricht außerdem stets den aktuellen Anforderungen und wächst gegebenenfalls mit dem Unternehmen mit. Bezahlt wird lediglich der tatsächliche Bedarf. Zu Spitzenzeiten können beispielsweise Ressourcen zu- sowie anschließend wieder abgeschaltet werden. Nicht verwendete Features müssen nicht mehr im Kaufpreis mitgetragen werden.

Salesforce.com als Pionier

Pionier auf dem Gebiet des CRM-Leasings ist Salesforce.com. Das US-Unternehmen wurde 1999 gegründet und nimmt für sich in Anspruch, der weltweit erste CRM-on-Demand-Anbieter gewesen zu sein. Zum Kundenkreis zählen inzwischen nicht mehr nur kleine und mittelständische Anwender, sondern zunehmend auch große wie AOL und Avis.

In Deutschland rekrutieren sich zwei Drittel der rund 300 Salesforce-Kunden laut Geschäftsführer Peter Steidl aus dem Mittelstand - "das Spektrum reicht dabei von zwei bis etwa 1000 Anwendern".

Steidl begründet die steigende Nachfrage nach Kunden-Management auf Bedarf unter anderem mit dem günstigen Preis und der Möglichkeit, "damit dem Zeitdieb Informationsbeschaffung" endlich das Handwerk zu legen.

"Noch vor wenigen Jahren waren effiziente CRM-Lösungen kaum für unter 100000 Euro zu kriegen. Das ist jetzt anders. Die Anwender können nun für wenig Geld ihre Daten konsolidieren und müssen beispielsweise nicht mehr umständlich die Informationen aus verschiedenen Excel-Sheets zu aussagekräftigen Dokumenten zusammenführen", so Steidl.

Salesforce bietet eine ganze CRM-on-Demand-Produktfamilie als Service über das Internet an. Die komplette Anwendung besteht aus den Teilen Vertrieb, Marketing, Service, Analysen, Verträge (Einbinden von Backoffice-Finanzfunktionen in das Frontoffice), Dokumentenverwaltung und der Möglichkeit, spezifische Anwendungen zu erstellen. Die Client-Plattform "sforce" bindet die Kunden dabei an Backbone und Datenbanken bei salesforce. Dort werden die Kundendaten zentral verwaltet. Salesforce.com administriert derzeit weltweit Kundendaten für rund 13900 Kunden und 227000 Nutzer. In der Enterprise-Version kostet die Suite rund 100 Dollar im Monat. Enthalten sind Ampel-Modelle zur schnellen Charakterisierung von Kundendaten und ein komplettes Entwicklungsstudio. "sforce studio" ermöglicht dem Benutzer beispielsweise, komplexe Zusammenhänge zwischen einzelnen Datensätzen zu managen und darzustellen. Und mit dem Layout-Editor baut der Benutzer neue Formulare und bringt die Datensätze ohne Programmierkünste in einen neuen Zusammenhang.

Salesforce.com bietet zudem eine Office-Integration für Microsoft Outlook, Word und Excel. An einer Lotus-Version wird noch gearbeitet. Alternativ schaltet sich ein "Integration Server" zwischen Salesforce.com und vorhandenen Anwendungen wie Siebel, Peoplesoft, Oracle oder SAP.

Im Juni dieses Jahres soll dann in einer überarbeiteten Version mit "Multiforce" den Abonnenten eine neue Applikationsumgebung für den Multitask-Betrieb zur Verfügung stehen. Die Anwender können damit per Mausklick zwischen verschiedenen On-Demand-Applikationen wechseln, die mit dem Tool "Customforce" erstellt wurden. Customforce erlaubt die individuelle Anpassung von Applikationen an unternehmensspezifische Anforderungen und ist seit November 2004 auf dem Markt.

Siebel startet Aufholjagd

Seit Mai 2004 hat auch CRM-Veteran Siebel den On-Demand-Markt im Visier. "Salesforce.com und andere Unternehmen haben sich bislang nahezu ungestört im CRM-Hosting-Markt getummelt", so Bruce Cleveland, Senior Vice President und General Manager bei Siebel. Das soll nun anders werden: Seit Mai 2004 ist das Unternehmen mit seinem Produkt "CRM on Demand" am europäischen Markt aktiv. Als Hosting-Partner für die nötige technische Infrastruktur fungiert in Deutschland und in weiteren Ländern IBM, in Großbritannien arbeitet man mit British Telecom zusammen.

Mit der Siebel-Lösung können Unternehmen ihre Marketing-, Verkaufs- und Serviceaktivitäten über eine webbasierte Anwendung planen, koordinieren und effizienter gestalten. Die Professional Edition besteht aus sechs verschiedenen Modulen und basiert auf der gleichen Plattform wie die Konzernlösung Enterprise Edition. Im Gegensatz zu Salesforce offeriert Siebel auch Branchenlösungen. Das On-Demand-Angebot umfasst verschiedene Industrielösungen, darunter Konsumgüter, Finanzdienstleistung, Automobilbranche und Gesundheitswesen.

Siebels On-Demand-Angebot ist bereits für verschiedene Branchen verfügbar. Bei der Preisgestaltung orientiert sich Siebel am Konkurrenten Salesforce: Die CRM-Mietpreise liegen bei rund 70 Euro pro Monat und Nutzer, 100 Euro kostet das Branchenangebot. Unternehmen können die CRM-Mietversion auch in vorhandene Siebel-Applikationen integrieren. So sind etwa Auslands- oder Tochtergesellschaften schnell mit einem CRM-System ausgestattet, das dann bei erforderlicher Integration auch an Ort und Stelle selbstständig betrieben werden kann.

Für ein besseres Standing im Mittelstand will Siebel nun den Direktvertrieb ausbauen und kleinere Firmen besser unterstützen. Und mit T-Systems holte man sich einen namhaften Partner für das ASP-Business an Bord. "In Osteuropa ist Siebel bereits jetzt sehr aktiv und auch ganz erfolgreich", meint Naujoks.

Deutsche Anbieter kontern

Rund 28000 Endanwender nutzten die Mietlösung Ende 2004, so Lawrie. Mit dem weiteren Zuwachs der Kunden ist Siebel allerdings nicht zufrieden. Nach einem erfolgreichen vierten Quartal 2004 musste Lawrie jetzt zugeben: "Die Zurückhaltung der Kunden ist unterschätzt worden." Und so wird Siebel für das erste Quartal wegen der schwachen Nachfrage und Auftragsverschiebungen in spätere Quartale einen Verlust zwischen sieben und neun Millionen Dollar ausweisen.

Heimvorteil in Sachen CRM genießt die Karlsruher CAS Software AG. Seit September vergangenen Jahrs bietet sie ihre CRM-Groupware Genesisworld, die in Deutschland bei 1400 Kunden mit 29000 Anwendern zum Einsatz kommt, auch in einer On-Demand-Variante zu Preisen ab 50 Euro pro Monat und Nutzer an. Als Hosting-Partner fungiert dabei Telemaxx Telekommunikation in Karlsruhe.

Einführung per Knopfdruck

Genesisworld integriert verschiedene mittelstandstypische Warenwirtschaftssysteme und andere Unternehmensapplikationen. Als Standarddatenbank kommt der Microsoft SQL Server zum Einsatz, der auch im Rahmen einer Runtime-Lizenz erhältlich ist. Außerdem unterstützt Genesisworld den Oracle Server.

Die Groupware sammelt alle Informationen in einem Daten-Pool und stellt sie organisiert dem Anwender zur Verfügung. Wichtiges Leistungsmerkmal seien hierbei die Möglichkeiten der Verknüpfung von Adressen, Terminen, Projekten und Dokumenten. Briefe, Faxe und E-Mails werden elektronisch archiviert und lassen sich mit den zugehörigen Vorgängen, Adressen oder Projekten verknüpfen. Dadurch entstehen Kundenakten, die per Mausklick einen detaillierten Überblick über die einzelnen Vorgänge und Dokumente aller beteiligten Mitarbeiter liefern. Wie bei der Siebel-Mietlösung kann auch der Anwender von On-Demand-Genesisworld vom Mietmodell auf den Kauf der Software umsteigen.

Im Kampf um den Mittelstand müsse indes auch von den Schwergewichten Oracle, Microsoft und SAP mit ASP-Lösungen für dieses oder für das nächste Jahr gerechnet werden, meinen die Analysten. Bei Microsoft beispielsweise stehe "das Thema ASP unter Beobachtung und wird von Partnern in Eigenregie angeboten", hat die Hewson Group beobachtet. Auf alle etablierten Anbieter werde allerdings ein verstärkter Preisdruck zukommen - vor allem auch, weil der Open-Source-Bereich mobil macht. Der Hamburger Anbieter Wice beispielsweise zählt neben Warner Music den Transport- und Logistikspezialisten Hartrodt zu den Anwendern seines webbasierten CRM- und Groupware-Produkts. Hartrodt beschäftigt weltweit rund 950 Mitarbeiter, hierzulande sind es in zehn Niederlassungen 280. Sie alle wurden laut Hardtrodt "auf Knopfdruck mit der Software ausgestattet". (uk)

Heide Witte, freie Journalistin in München.