Das Ende der gierigen Maschinen: So geht’s der Stromrechnung an den Kragen

11.09.2007 von Christoph Lixenfeld
Computer verbrauchen Unmengen Strom. Bisher haben sich weder Privatleute noch Unternehmen viele Gedanken darüber gemacht. Doch das wird sich in den kommenden Jahren ändern: Steigende Preise erzwingen ein Umdenken.

Dass das Thema PC und Stromverbrauch erst jetzt in aller Munde ist, kann bei einem Blick auf die Zahlen nur Kopfschütteln auslösen. Computer fressen ein Prozent des weltweit produzierten Stroms. Ein ineffizienter PC, der täglich acht Stunden läuft, kann bis zu 200 Euro pro Jahr an Stromkosten verschlingen. Etwa 15 Prozent des Stromverbrauchs eines Vier-Personen-Haushalts gehen auf das Konto der von ihm betriebenen Computer.

Weder Privatleute noch Unternehmer versuchten allerdings bisher, hier den Rotstift anzusetzen. Mittelständler achten zwar bei der Anschaffung neuer Fahrzeuge ganz selbstverständlich auf einen niedrigen Spritverbrauch, kaufen gleichzeitig aber überdimensionierte und damit ineffiziente PCs. Laut einer Studie des Chipherstellers Intel haben 80 Prozent aller Firmen noch nie den Stromverbrauch ihrer IT-Systeme gemessen, und lediglich 29 Prozent investieren in sparsame Rechner.

Milliardengrab Stand-by

Das Problem und die denkbaren Lösungen gliedern sich in zwei Bereiche. Auf der einen Seite stehen PCs und Telefonanlagen in den Büros, auf der anderen die Server-Farmen in den klimatisierten Kellern. Bei Ersteren hat vor allem die aktuelle Diskussion um Sinn und Unsinn von Stand-by-Schaltungen die Gemüter erhitzt. Dabei geht es zwar neben den Computern vor allem um Fernseher und DVD-Spieler, dennoch betrifft das Thema keineswegs nur Privathaushalte. Schließlich betreiben auch Unternehmen zusätzlich zu den PCs viele andere Geräte, die ständig im Stand-by-Betrieb laufen – Faxgeräte zum Beispiel oder Telefonanlagen. Die diskutierten Zahlen sind beeindruckend: Würden sämtliche Stand-by-Schaltungen in deutschen Wohnungen und Büros ausgeknipst, ließe sich mindestens ein Kernkraftwerk abschalten. Einsparpotenzial in Euro: etwa 3,3 Milliarden pro Jahr!

Moderne Geräte verbrauchen weniger

Ganz so einfach, wie viele Politiker die Öffentlichkeit in den zurückliegenden Wochen und Monaten glauben
machen wollten, ist dieses Abschalten allerdings nicht. Schließlich macht es das reibungslose Arbeiten mit vielen Geräten unvermeidlich, dass sie schnell auf Abruf betriebsbereit sind – Drucker etwa oder eben Faxgeräte und Telefone. Viel wäre hier allerdings schon durch den Einsatz moderner Technik gewonnen: Geräte der neuesten Generation verwenden für den Stand-by-Betrieb ein separates, kleineres Netzteil, das nur ein Viertel des Stroms ihres „großes Bruders“ verbraucht.

Und natürlich ist für den Energiehunger von Computern nicht in erster Linie das Stand-by-Phänomen verantwortlich. Viel entscheidender ist das gerade bei kleineren Unternehmen weit verbreitete Verhalten, erst viel zu lange mit veralteten Technik zu arbeiten und anschließend bei der Neuanschaffung nur auf Leistung und Features, nicht aber auf den Energieverbrauch zu achten.

Noch mehr Energie als im Büro wird im Keller verschwendet. Da stehen die Server, deren ältere Jahrgänge extrem ineffizient sind. Große Teile des Stroms, den sie auf der einen Seite aus der Steckdose saugen, blasen sie hinten als Abwärme wieder hinaus. Und damit sie nicht vor Überhitzung kollabieren, wird ihr Raum noch rund um die Uhr klimatisiert, was bekanntlich auch kein billiges Vergnügen ist.

Klimatisierung kostet Strom

Den Server-Betrieb auszulagern oder mehr Anwendungen aus dem Netz zu beziehen, anstatt sie selber zu betreiben, spart zwar Strom, dem Klimawandel hilft das aber nur bedingt: Der Internet- Traffic und die dafür notwendigen Server-Farmen gehören mittlerweile zu den weltweit größten Stromfressern. Laut einer Studie der Universität von San Francisco werden allein für den Dauerbetrieb von Rechenzentren weltweit 14 Großkraftwerke mit einer Leistung von je 1000 Megawatt benötigt. In den USA denkt man mittlerweile über eine Art Öko-Siegel für Server nach. Sinnvoll wäre das vor allem deshalb, weil die Zuwachsraten enorm sind: Jede Woche gibt es weltweit drei Millionen neue Internet- Nutzer, und die Anzahl der installierten Web-Server hat sich in den vergangenen vier Jahren mehr als verdoppelt. Google beantwortet etwa 300 Millionen Suchanfragen täglich und hat eine Stromrechnung von 50 Millionen Euro im Jahr. Das ist mehr, als das Unternehmen für neue Hardware ausgibt.

Große Fortschritte bei der Servern

Weil der Verbrauch ihrer Server bei Google und vergleichbaren Firmen längst zu einem wichtigen Faktor in der Kostenrechnung geworden ist, hat es bei der Server-Technologie in den vergangenen Jahren größere Fortschritte gegeben als bei PCs. Hilfreich sind hier vor allem Prozessoren, die mehrere Aufgaben gleichzeitig ausführen können und dadurch nicht wie früher den größten Teil ihrer Zeit mit Warten verbringen. Führende Chiphersteller wie Intel oder Sun haben solche Prozessoren auf den Markt gebracht, die für die User einen doppelten Spareffekt mit sich bringen: Einerseits verbrauchen sie weniger Strom, andererseits müssen sie dadurch weniger gekühlt werden, was zusätzlich die Kosten drückt. „Der Maßstab für künftige Rechnergenerationen wird lauten: Wie viel Leistung bringen sie pro Watt?“, glaubt Paul Ottelini, Vorstand bei Intel.

Weg mit den Röhrenmonitoren

Die Diskussion um den Stromverbrauch von Computern wird in den kommenden Jahren an Heftigkeit zunehmen, weil die Preise langfristig nur eine Richtung kennen: aufwärts. Der Energieversorger Vattenfall zum Beispiel hat zum ersten Juli dieses Jahres seine Strompreise für Privatkunden in Hamburg kurzerhand um knapp zehn Prozent erhöht. Höchste Zeit also auch für Mittelständler, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Hilfreich wäre sicherlich ein Öko-Siegel für PCs, wie es Bundesumweltminister Siegmar Gabriel gefordert hat. Darauf warten muss niemand: Entscheider, die sich informieren und die wichtigsten Zusammenhänge kennen, können auch ohne Siegel das Richtige kaufen. Wer schnell viel sparen will, sollte vor allem eines tun: sofort sämtliche alten Röhrenmonitore ersetzen. Weitere Tipps zum Energiesparen lesen Sie auf den folgenden Seiten.