HP kauft Cisco-Rivalen 3Com

Das Server-Imperium schlägt zurück

12.11.2009 von Manfred Bremmer
Mit dem geplanten Kauf von 3Com wird HP zum zweitgrößten Netzwerkausrüster nach Cisco.

Nach Ciscos Einstieg in Datacenter-Geschäft setzt Server-Riese Hewlett-Packard nun zum Gegenschlag an. Das Unternehmen hat überraschend angekündigt, 3Com für 7,90 Dollar je Aktie oder 2,7 Milliarden Dollar zu übernehmen. Die beiden Verwaltungsräte haben dem Plan bereits zugestimmt. Geben auch noch die Aktionäre beider Firmen und die Wettbewerbsbehörden ihr Okay, soll die Fusion bis Mitte 2010 über die Bühne gehen.

Mit dem 3Com-Kauf schwingt sich der IT-Riese zum Komplettanbieter im Netzwerkbereich auf. So ergänzt 3Com nicht nur das Ethernet-Switching-Portfolio, mit dem HP-Tochter Procurve bereits mit Cisco konkurriert, um wichtige Produkte. Dazu zählt insbesondere auch der für den Betrieb im Rechenzentrum entwickelte H3C Switch 12500, der direkt gegen Ciscos Nexus 7000 zielt. Zusätzlich wird das Angebot um Router erweitert. Über die Intrusion-Prevention-Lösungen der 3Com-Tochter Tippingpoint steigt HP außerdem in den Bereich Network Security ein.

"Jeder Kunde, mit dem ich gesprochen habe, bat uns darum, stärker im Bereich Netzwerke aktiv zu werden", erklärte David Donatelli, Leiter der Sparte Enterprise-Servers & Networking von HP, in einer Telefonkonferenz. "Mit der Technik und dem Know-how von 3Com kann HP eine Netzwerkinfrastruktur der nächsten Generation bereitstellen, die vom Netzwerkrand bis zum Herz des Rechenzentrums reicht." Da beide Unternehmen auf Industriestandards setzen, sei HP sofort nach Abschluss der Übernahme in der Lage, mit einem Portfolio an den Markt zu gehen, fügte Donatelli hinzu.

Positive Bewertung durch Analysten

Analysten bewerteten den Deal positiv : Nachdem 3Com bislang Schwierigkeiten gehabt habe, in den nordamerikanischen Markt einzudringen und sich zu halten, werde die Company nun vermutlich von HPs starker Präsenz und einem direkteren Weg zu den Accounts profitieren, schreibt Ovum. Im Gegenzug sei 3Coms starke Position im chinesischen Markt für HP ein wichtiger Grund für die Übernahme gewesen. HP werde versuchen, die Marktpräsenz für seine eigenen Produkte, insbesondere RZ-Lösungen zu nutzen. Steve Schuchart von Current Analysis weist zusätzlich auf das große Entwicklungs-Team von 3Com im Reich der Mitte hin. Mit ihrem Netzwerk-Knowhow seien die Ingenieure ein wichtiges Asset. 3Com ist vermutlich die am meisten unterschätzte Company im Netzwerkbereich, fasst Zeus Kerravala, Analyst bei der Yankee Group, zusammen: Das Unternehmen weise das nach Cisco breiteste Portfolio im Netzwerkbereich auf und werde HP zu einem noch effektiveren Konkurrenten machen.

Cisco sieht eigene Strategie bestätigt

Auch Cisco hat bereits auf die bevorstehende Fusion reagiert - wenn auch indirekt. "Cisco hat einen gesunden Respekt vor all unseren Konkurrenten", heißt es in einer Mitteilung. Die Übernahme unterstreiche die Wichtigkeit des Netzwerkgeschäfts. Networking werde zur Plattform aller IT- und Kommunikations-Aktivitäten. Cisco als Marktführer sei entsprechend von seiner Strategie, der Verpflichtung zu weiterer Produktinnovation und der Fähigkeit, Kunden in einem wettbewerbsintensiven Markt strategischen Wert für ihr Business zu liefern, überzeugt.

Für den mit Ethernet und Bob Metcalfe groß gewordenen - und später umso tiefer gefallenen - Netzwerkpionier 3Com wiederum besteht die Hoffnung, nach einer langjährigen Odyssee bei HP nun einen sicheren Hafen gefunden zu haben. Nach dem Platzen der Dotcom-Blase hatten die Kalifornier zahlreiche Unternehmensteile verkauft und anschließend über das - später übernommene - H3C-Joint-Venture mit dem chinesischen Netzausrüster Huawei ein Comeback versucht. Im September 2007 stimmte 3Com dann überraschend einer Übernahme durch den Finanzinvestor Bain Capital und dem ehemaligen Joint-Venture-Partner Huawei zu. Die Transaktion sollte in bar erfolgen und ein Gesamtvolumen von 2,2 Milliarden Dollar aufweisen. Letztendlich machten US-Behörden 3Com einen Strich durch die Rechnung und blockierten den Deal aus Sicherheitsbedenken.