Für die Suche nach Informationen öffneten vor wenigen Jahren die Mitarbeiter noch die Aktenschränke, holten den Ordner hervor und fanden das richtige Dokument - oder auch nicht. In Zeiten elektronischer Datenstrukturen in regional verteilten Unternehmen hat sich der Griff ins Papierarchiv erledigt. Heute müssen die Mitarbeiter alle verfügbaren Informationsspeicher durchforsten können, um das beste Ergebnis zu erzielen.
Google als Vorbild
Wer jetzt nach Google ruft, ist schon auf dem Holzweg. Google durchsucht unstrukturierte Daten wie etwa Web-Inhalte oder Dokumente. Dagegen erzeugt SAP-Software strukturierte Daten in Form von Tabellen, die pro Spalte beziehungsweise Zeile untersucht werden. Halbstrukturierte Daten sind in einzelnen Datenbankfeldern abgelegt, bei denen sich im Gegensatz zu vollständig strukturierten Daten die einzelnen Feldinhalte nicht immer an klaren Regeln orientieren. So kann ein Firmenname "Gärtnerei Siegfried Maier" heißen, aber auch "Maier Siegfr. Gartenbau". Der Vor- und Nachname können vertauscht sein. Darüber hinaus muss die Suche ein Ergebnis finden, wenn etwa "Glühb. Osram E14 Kerzenform 25W" eingegeben wird. Hier stehen mehrere Informationen wie die Leistung in Watt, Hersteller und Bauform zusammen in einem Feld.
Neben den Datenstrukturen darf eine Suchlösung nur in Speichern suchen, für die der Nutzer eine Berechtigung hat. Kein Unternehmen lässt öffentliche Suchmaschinen oder andere Unbefugte Einblick in seine Archive nehmen, beispielsweise in Personaldaten oder Umsatzzahlen. Trotzdem orientieren sich einige Lösungen an Google, wenn es etwa um die einfache Eingabe über eine Suchspalte geht. "Wir haben unsere SAP-Suchlösung zusammen mit unserem Partner Google entwickelt", berichtet Daniel Wiederhold, Vorstand von Ixult. Dafür wurde die Google Search Appliance um SAP-Connectoren ergänzt.
Index für die SAP-Datenbank
Die Suchsoftware erzeugt den Index im Speicher, in dem sie die Daten aus der SAP-Datenbank lädt. Der Indexaufbau geht schnell: In der Regel indexiert das Suchsystem bis zu 10.000 Datensätze pro Sekunde. Die Dauer hängt vom liefernden Datenbanksystem und von der Anzahl der Felder ab. Der Neuaufbau des Index sollte weniger drei Minuten brauchen und kann auch nachts stattfinden. Während des Betriebs kann der Nutzer den Index verändern, somit sind auch inkrementelle Einzeländerungen möglich. Dadurch entsteht im täglichen Betrieb faktisch keine Last auf dem Datenbanksystem. Der Suchindex wird im Arbeitsspeicher (RAM) gehalten. Bei einer starken Frequentierung der Suche entsteht hohe Prozessorlast, daher empfiehlt Omikron in Lastszenarien den Einsatz eines separaten Servers.
Komplexes ERP-System - einfache Suche
Für Carsten Kraus, Geschäftsführer des Datenqualitätsspezialisten Omikron Data Quality, ist die möglichst einfache Suche eine zentrale Anforderung: "Die Benutzeroberfläche darf den Anwender nicht verwirren." Karsten Hohage, Produkt-Manager bei SAP, fokussiert den Recherchevorgang: "Die Erwartungen an eine Suche werden von den Web-Erfahrungen des Nutzers beeinflusst." In puncto Nutzeroberfläche stimmen die Ansichten der verschiedenen Anbieter überein. Kraus liefert ein weiteres Argument für die möglichst einfache Eingabe: "Wir haben mehr als 100 Millionen Suchanfragen ausgewertet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass nur ein verschwindend geringer Teil der User - nämlich 0,16 Prozent - die erweiterte Suche nutzt." Der große Rest der Anwender tippt seine Stichworte lieber in die einfache Suchspalte.
Individuelle Ergebnisseiten der ERP-Suche
Die Wünsche an die Oberfläche, in die der Nutzer seine Daten eingibt, stimmen noch einigermaßen überein. Anspruchsvoller und individueller sind Firmen, was die Funktionen, das Ergebnis der Suche und die Erweiterungsmöglichkeiten betrifft. Hier gehen die Anforderungen weit über den Internet-Ansatz hinaus. Laut Omikron-Manager Kraus sind Lösungen wertvoll, die sich durch Fehlertoleranz bei der Eingabe auszeichnen, indem sie Tippfehler, Abkürzungen oder Wörterkombinationen erkennen und dem Nutzer trotzdem korrekte Ergebnisse liefern. In das Omikron-System lassen sich nach Angaben des Herstellers zusätzlich Materialstammdaten für die Stücklistenverwaltung sowie verschiedene Wörterbücher integrieren, etwa für Vornamen oder Städtenamen. Dies geschieht im Rahmen von kundenspezifischen Anpassungen. "Jeder Anwender eines ERP- und CRM-Systems hat seine eigenen Wünsche", schildert Kraus.
Suche in SAP-Umgebungen: Fertige Lösung oder Projekt?
Firmen wie Ixult, Omikron und SAP bieten Out-of-the-Box-Programme an, die der Anwender sofort nutzen kann. Da aber jedes Unternehmen seine Sonderwünsche hat, wird in Projekten an der Software geschraubt. "Normalerweise ist eine Suchlösung nach wenigen Tagen einsatzbereit, allerdings kann es je nach Anforderung Wochen oder sogar Monate dauern, bis alle Wünsche umgesetzt sind", berichtet SAP-Experte Hohage. Parallel zu dem Projektaufwand entwickeln sich auch die Kosten in die Höhe.
Ixult-Chef Wiederhold erinnert sich an ein realisiertes Projekt: "In einem Baumarkt mussten Mitarbeiter mit wenig Erfahrung eine Warenwirtschaftslösung bedienen. Eine Suchmaschine sollte rasche und präzise Ergebnisse liefern, um die Softwarenutzer zu unterstützen." Beispielsweise hilft die Suchlösung dem Berater beim Durchforsten von Stammdatensätzen. "Der Kunde will in der Regel fertige Lösungen, aber trotzdem viele Anpassungsmöglichkeiten", sagt Wiederhold. Außerdem soll seine Systemlandschaft unangetastet bleiben.
Ein von Omikron realisiertes Projekt zog sich über zehn Tage hin, bis die Suchlösung den Vorstellungen des Kunden entsprach. Es galt, bei einem großen Versender Suchtechnik für mehr als 20 Millionen Datensätze einzurichten. Hierzu holte der Suchspezialist weitere Partner ins Boot, um spezielle Wünsche des Auftraggebers zu berücksichtigen. "Sobald Programme von anderen Anbietern hinzukommen und Tagessätze für die Integration anfallen, steigen die Projektkosten", gibt Kraus zu bedenken.
Hive von Ixult bindet sich flexibel in SAP-Systeme ein
Ixult bezeichnet sein Produkt mit dem englischen Begriff "Hive" (Bienenstock). Die Software ist in der SAP-Programmiersprache Abap/4 ("Allgemeiner Berichts-Aufbereitungs-Prozessor") geschrieben, um Kompatibilität mit vorhandenen und zukünftigen SAP-Entwicklungen zu garantieren. Dadurch verringert sich dem Hersteller zufolge auch der Anpassungs- und Entwicklungsaufwand. Ändern sich Tabellendefinitionen im ERP-System, passt sich der Suchalgorithmus automatisch an. Unterschiedliche SAP-Datentypen wie Tabellenfelder, Langtexte, Workflow-Container, Spools oder Intermediate Documents (Idocs) lassen sich durchsuchen.
Omikron Fact-Finder durchsucht SAP und Dynamics NAV (Navision)
Das SAP-Portfolio von Omikron ("Fact-Finder") umfasst unter anderem eine Dublettensuche und verschiedene spezialisierte Dienste, etwa die postalische Korrektur von Orts- und Straßennamen. Für Kunden, die die Zuverlässigkeit ihrer eigenen Daten untersuchen wollen, hält das Unternehmen einen kostenlosen Demo-Adresscheck parat. Eine weitere Light-Version des Produkts erfordert keinen Projektaufwand und ist laut Anbieter in weniger als einer halben Stunde einsatzbereit.
Das Omikron-System umfasst beispielsweise die Adressvalidierung, die fehlertolerante Suche und die erwähnte Dublettenprüfung. Ein "Bankcheck" verhindert unkorrekte Überweisungen. Hierbei überprüft das System im Online- oder Batch-Betrieb die eingegebenen Bankdaten. Systemübergreifend lässt sich der Fact-Finder über den "Omikron Data Quality Server" einbinden. Die Suchlösung ist dabei nicht auf SAP beschränkt, sondern eignet sich immer dann, wenn Firmen halbstrukturierte Daten durchsuchen müssen. Somit verwenden sowohl SAP-Kunden als auch Nutzer von ERP-Produkten wie "Dynamics NAV" und "Dynamics AX" von Microsoft den Fact-Finder.
SAP Netweaver Enterprise Search koppelt Drittsysteme an
Die Suchlösung "Netweaver Enterprise Search" von SAP steht derzeit im Ramp-up-Status einigen Kunden zur Verfügung. Mit dem Begriff Ramp-up umschreibt der Anbieter den Einsatz der noch nicht allgemein freigegeben Software in ausgewählten Betrieben. Ab Sommer 2008 sollen auch andere Kunden das Programm ordern können. SAP-Daten und Nicht-SAP-Informationen lassen sich durchsuchen. Da die Software kein XML-Repository aufbaut, sondern eine tatsächliche Indexsuche verwendet, lassen sich kürzere Antwortzeiten erreichen. Bestimmte Datenquellen wie etwa Content Management Systeme (CMS) oder Lotus Notes werden über Schnittstellen von Drittanbietern angebunden. Derzeit existiert die Lösung mit einer Nutzeroberfläche, die der Anwender mit Hilfe eines Programmierwerkzeugs anpassen kann.
Wie viel kostet die Suche im ERP-System?
Die Preise für Lösungen von Drittanbietern sind etwa gleich. Omikron nennt eine Spanne von 10.000 bis 50.000 Euro, die eine Suchlösung kosten kann. Zu den Lizenzkosten kommen Tagessätze für die Anpassung. Ixult nennt ebenfalls etwa 10.000 Euro als Einstiegspreis sowie zusätzlich die Projektkosten. Von einer Mietlösung mit Preisen pro Dateneingabe rät Wiederhold ab: "Die Nutzung des Systems darf nicht bestraft werden." SAP gibt keine Auskünfte über Preise und verweist auf seine Preisliste, in die ein Kunde Einsicht nehmen kann.
Nach Überzeugung der Hersteller können Firmen mit Hilfe der Suchtechnik für SAP-Systeme Geld sparen. Omikron-Chef Kraus zitiert aus einer Studie der auf Usability spezialisierten Marktforschungsfirma Nielsen Norman Group, die auf eine Einsparung von rund 600 Dollar pro Arbeitsplatz und Jahr kommt. Der Betrag ergibt sich daraus, dass Angestellte durch die Suchtechnik 15 Stunden pro Jahr sparen.
Funktion |
Ixult |
Omikron |
SAP |
Einbindung in SAP R/3 und ERP |
ja |
ja |
ja |
Phonetik mit Wörterbüchern |
ja |
ja |
nein |
Integration von Unschärfealgorithmen |
ja |
ja |
ja |
Indexierung von Fremddaten |
ja |
ja |
ja |
Anpassung der Nutzeroberfläche |
ja |
ja |
ja, aber erst ab Sommer 08 |
Dublettensuche |
ja |
ja |
ja |
Referenzen |
ZDF, HSE24 |
Flughafen Zürich, Viessmann, TÜV Süd, Pierre Lang, Landschaftsverband Rheinland |
derzeit noch im Ramp-up-Status |
Preis |
ab etwa 10.000 Euro |
ab rund 10.000 Euro |
Keine Angaben, interessierte Kunden können Preisliste einsehen |
Übersicht von Anbietern von SAP-Suchfunktionen
Softwareanbieter
Dienstleister
Spezialisierte SAP-Partner
Doch das Einsparpotenzial ist nur ein Vorteil, auf den die Suchmaschinenhersteller pochen. Fehlen Suchlösungen, finden die Anwender mitunter nur unrichtige Informationen. Besonders in der Kundenberatung kann das problematisch sein. Als positives Beispiel nennt Ixult-Manager Wiederhold das Call-Center des Home-Shopping-Anbieters "HSE24 Italien", in dem die Agenten über eine Suchtechnik dem Kunden sofort Auskunft über die bereits bestellten Waren oder den Lieferstatus geben können.
Den größten Nutzen erhält der Mitarbeiter am Bildschirm mit einer möglichst einfachen Oberfläche, die die Komplexität im Hintergrund verbirgt. Dadurch wird die Suche zu einem effektiven Arbeitsvorgang. (fn)
Nach Überzeugung von Carsten Kraus, Geschäftsführer von Omikron, ist die Suche der stärkste Produktivitätsfaktor in der alltäglichen Arbeit mit SAP-Systemen.
Checkliste Unternehmenssuche
Wozu brauchen Sie eine Suchmaschine?
Anforderungen im Unternehmen: Software zur Miete oder Lizenzmodell?
Wie werden Programme bedient?
Wie sieht die Oberfläche aus?
Welches Ergebnis erhalten die User?
Welches Ergebnis dürfen die User erhalten (Berechtigungen)?
Was geschieht, wenn die Suche nicht das Gewünschte findet?
Was kostet die Suche?
Was kostet eine nicht vorhandene Suche?