IDC-Studie: Managing Mobile Enterprises

Der Byod-Hype ebbt ab

13.12.2012 von Karin Quack
Die Begeisterung der Business-Entscheider für die dienstliche Nutzung ihrer Privatgeräte nimmt langsam, aber sicher ab. Das ergab eine aktuelle Studie von IDC.
Jennifer Waldeck, IDC: "Byod ist Mittel zum Zweck."
Foto: IDC

Vor allem für die Fachbereichs-Manger wird das Thema Mobilität immer wichtiger. Jeder dritte von ihnen sieht hier bereits eine der großen Herausforderungen an die IT. Die allerdings ist derzeit noch weit mehr mit Cloud Computing, IT-Sicherheitsfragen und Kostensenkungen befasst.

Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Managing Mobile Enterprises - Unternehmen im Spannungsfeld von Mobilität, Collaboration und Consumerization (ByoD) in Deutschland", die das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC gerade vorgelegt hat. Es befragte im Juli 2012 sowohl IT-Entscheider als auch Business-Verantwortliche aus insgesamt 288 deutschen Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern.

Mobiler ist produktiver

Der mobile Zugriff auf Unternehmensanwendungen bedeutet beispielsweise weniger Nacharbeit bei Kundenbesuchern, unter dem Strich also mehr Produktivität. Vor allem aus diesem Grund arbeitet jeder zweite Mitarbeiter (54 Prozent) in den befragten Unternehmen zumindest teilweise von außerhalb seines Büros.

Eine Strategie für die aktive Unterstützung der mobilen Mitarbeiter haben allerdings erst zwei Fünftel der Studienteilnehmer umgesetzt. Ein Viertel will im kommenden Frühling soweit sein, etwa ebenso viele im Laufe von zwölf Monaten. Die anderen planen, eigenen Angaben zufolge, in den kommenden zwei Jahren eine Mobility-Strategie zu "adressieren". Für überflüssig hält diese Mühe offenbar niemand.

Die Liste der Anforderungen wird erwartungsgemäß angeführt von einem Gemeinplatz: "mobiler Zugriff auf Unternehmensdaten und -applikationen unabhängig von Zeit, Ort und Gerätetyp" (50 Prozent der Nennungen). Fast ebenso oft angekreuzt wurde die "Vereinfachung von Geschäftsprozessen" (49 Prozent) - dicht gefolgt von der "Unterstützung der Mitarbeiter im Tagesgeschäft" (46 Prozent). Unter ferner liefen rangieren die "freie Auswahlmöglichkeit der mobilen Endgeräte und Plattformen" (23 Prozent) sowie die "Möglickeit der Nutzung privater Geräte/Anwendungen (ByoD)".

Managing Mobile Enterprises
Ergebnisse der Mobility Umfrage Deutschland 2012 von IDC
Für seine Mobile-Studie befragte IDC IT- und Business-Entscheider aus insgesamt 288 deutschen Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern.
Herausforderungen an IT – Mobilität für das Business
Vor allem für die Business-Entscheider ist es wichtig, die Mobilität der Anwender zu erhöhen.
Mobility-Strategie im Unternehmen
Die Zahl der mobilen Mitarbeiter steigt – die Unternehmen haben den Handlungsbedarf erkannt
Anforderungen an Enterprise Mobility
Mehr Produktivität ist ausschlaggebend; die Endgeräteauswahl rangiert unter ferner liefen.
Nutzen durch Bereitstellung mobiler Lösungen
Mobile Lösungen sind in erster Linie Enabler für mehr Produktivität der Mitarbeiter, die viel unterwegs sind.
Hemmfaktoren für den Einsatz mobiler Lösungen
Die (mangelnde) Gewährleistung der IT-Sicherheit ist die größte Hürde für den Einsatz mobiler Lösungen.
Welche mobilen Endgeräte nutzen Sie heute für geschäftliche Zwecke oder möchten Sie künftig nutzen?
Ein Großteil der Geräte, die Business-Entscheider nutzen, ist noch immer unternehmenseigen.
Welche privaten mobilen Endgeräte nutzen Siefür geschäftliche Zwecke; welche möchten Sie künftig nutzen?
Aus Sicht der Business-Entscheider wird die Nutzung privater Endgeräte für geschäftliche Zwecke eher ab- als zunehmen.
Einsatz mobiler Lösungen auf geschäftlichen Endgeräten
Auf privaten Geräten ist der Einsatz mobiler Lösungen zurückhaltender als auf unternehmenseigenen Geräten.
Bereitstellung von Applikationen
Im Mobile-Umfeld gewinnen Ppattformunabhängige Anwendungen zunehmend an Bedeutung.
Aspekte des mobilen IT-Security-Konzeptes
Die Mitarbeiter und ihre Verhaltensweise sind ein entscheidender Teil der IT-Sicherheit.
Genutzte Aspekte eines Mobile Device Managements
Der Aspekt IT-Sicherheit ist neben zahlreichen Funktionen von Mobile Device Management für die Unternehmen von großem Interesse.
Client-Virtualisierung und SaaS wichtigste Technologien
Laut IDC stellt ein Viertel der Unternehmen schon Applikationen im SaaS-Modus bereit.
Kriterien bei der Anbieterauswahl
Der Preis ist nicht das wichtigste Kriterium; die Flexibilität der Lösung ist wichtiger.
Budgetentwicklung in den nächsten 24 Monaten
Der Großteil der berfragten Unternehmen will die Mobile-Budgets erhöhen oder erstmalig investieren.

Nur ein Mittel zum Zweck

In zwei Jahren wollen weniger Business-Entscheider als heute ihre Privatgeräte dienstliche nutzen.
Foto: IDC

Von den Business-Entscheidern bringt derzeit etwa jeder vierte ein eigenes Endgerät mit ins Unternehmen, um es dienstlich zu nutzen. Offenbar wollen einige der Befragten das in zwei Jahren aber nicht mehr tun. Die Frage nach der für 2014 erwarteten ByoD-Quote ergab einen Durchschnittswert - über alle Gerätetypen betrachtet - von nur noch 20 Prozent.

Wie die IDC-Analystin Jennifer Waldeck erläutert, ist die beginnende Byod-Müdigkeit ein Indiz für die zunehmende Reife der IT-Bereiche in Sachen Mobility. In dem Maße, wie die Informationstechnik eine geeignete Infrastruktur bereitstelle und die Bedürfnisse der Anwender einbeziehe, sinke der Bedarf für die berufliche Nutzung privater Endgeräte. Allmählich setze sich die Erkenntnis durch, dass Byod nur ein "Mittel zum Zweck" darstelle.

Was User wollen

Dieser Zweck besteht offenbar darin, den IT-Verwantwortlichen klarzumachen, was die Anwender wirklich brauchen. Und das Ziel ist erreicht, wenn die IT ihren internen Kunden Devices anbietet, mit denen sie sich ihre Arbeit tatsächlich erleichtern.

Die Rückkehr zu einer überschauberen und zentral gemanagten Engeräteauswahl wird den Einsatz der mobilen Devices wohl deutlich ausweiten. Denn laut IDC ist der Zugriff auf Business-Applikationen den Anwendern unternehmenseigener Gerate weit häufiger gestattet als den Nutzern privater Tablets oder Smartphones (in 58 gegenüber 33 Prozent der Unternehmen).

Unabhängig vom Gerät

Foto: violetkaipa - Shutterstock.com

Auch eine eingeschränkte Vielfalt der Endgeräte macht es notwendig, die meist für standardisierte Plattformen entwickelten Unternehmensapplikationen anzupassen. Also werden die Unternehmen künftig immer häufiger plattformunabhängige Anwendungen nachfragen. Tatsächlich gaben 61 beziehungsweise 56 Prozent der Befragten an, sie interessierten sich für virtualisierte Anwendungen und/oder Web-Applikatonen.

Auch das Management der Clients wird zunehmend komplexer. Fast alle befragten Unternehmen wollen über kurz oder lang ein Mobile Device Management (MDM) einführen. Etwa ein Viertel der an der Studie beteiligten Unternehmen betreibt schon heute einen hausinternen App-Store, der von der IT freigegebene Anwendungen anbietet.

Geld spielt beim Thema Mobile offenbar keine große Rolle. Durchschnittlich 70 Prozent der Befragten hat vor, in den kommenden 24 Monaten die finanziellen Aufwendungen dafür zu erhöhen.

CW-Kommentar: ByoD oder SyoM?

Karin Quack, COMPUTERWOCHE-Redakteurin

Das ist doch mal eine gute Nachricht für die gestressten CIOs: Wie das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC in einer aktuellen Studie herausgefunden hat, sind die Business-Entscheider gar nicht mehr so scharf darauf, eigene Endgeräte beruflich zu nutzen. Lieber ist es ihnen, wenn die Unternehmens-IT ihnen die angesagtesten Devices zur Verfügung stellt - womöglich aber mit der Option auf deren private Nutzung.

Die IT sollte also die Augen und Ohren offenhalten, um herauszufinden, welche Anforderungen die Anwender tatsächlich an die Devices stellen, um ihnen eine sowohl vernünftige als auch emotional ansprechende Auswahl offerieren zu können. Der letztgenannte Aspekt wird häufig unterbewertet, so der Damovo-Geschäftsführer und ehemalige Gartner-Deutschland-Chef Carl Mühlner bei der Vorstellung der IDC-Studie. Gerade in Sachen Enduser-Devices hat er damit sicher Recht.

Wenn ihr dieses Kunstück gelingt, muss sich die IT nicht mehr (meist vergeblich) abmühen, alle möglichen Endgerätevariationen zu integrieren, und kann trotzdem fast alle User zufriedenstellen. Die meisten bevorzugen sowieso einen von den zwei marktführenden Anbietern.

Mal ganz emotionslos betrachtet, ist ByoD aus Sicht des Anwenders doch vor allem SyoM, also "Spend your own Money", wie Oliver Bendig, Vice President beim Softwareanbieter Matrix 42, es formuliert. Der passionierte MacBook-Anwender will seinen privaten Laptop auch beruflich nicht missen; dafür übernimmt er gern die Anschaffungskosten.

Dummerweise bedeutet solche Investitionsbereitschaft auf der Anwenderseite aber keine Ersparnis für das Unternehmen. Denn die Anschaffungskosten machen ja nur einen Bruchteil der Gesamtkosten aus. Und die verhalten sich umgekehrt proportional zum Grad der Standardisierung. Ein tragfähiger Kompromiss ist deshalb die günstigste Lösung - pekuniär, emotional und überhaupt.

Karin Quack