Den Wandel managen

Der CFO – Architekt eines flexiblen Unternehmens

Kommentar  von Dirk Thomas Wagner
In wirtschaftlich wechselhaften Zeiten wie diesen wird der Chief Financial Officer (CFO) zum "Agent of Change". Er legt künftig die Basis für den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens.

Wir erleben gravierende Veränderungen. Seit ein paar Wochen sitzt ein Freund des Protektionismus im Weißen Haus. Die Verhandlungen zum Brexit stehen kurz bevor. Wir sehen mit Besorgnis auf einige kommende Wahlen im westeuropäischen Ausland - mit ungewissen Ausgang. Der daraus resultierende Wandel könnte für zahlreiche neue Richtlinien und makroökonomische Anpassungen sorgen. Sie werden die Art und Weise unserer Unternehmensführung grundlegend verändern.

Der CFO hat in den vergangenen Jahren eine zunehmend größere Rolle bei der strategischen Geschäftsplanung und -modellierung übernommen.
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Die Schwierigkeit ist, dass nur wenige Menschen wirklich absehen können, wohin dieser Wandel führt. So werden Unternehmen beispielsweise die finanziellen und finanzwirtschaftlichen Richtlinienänderungen der neuen US-Regierung sehr genau beobachten. Wie werden sich diese Änderungen auf den Dollarkurs oder auf das Handelsbilanzdefizit auswirken? Europäische Unternehmen werden den Währungskurs sehr aufmerksam beobachten, da die Stärke des US-Dollar erheblichen Einfluss auf deren Handelsstrategien hat.

Einige Unternehmen werden sich angesichts dieser neuen Bedingungen einem vollständigen Strategiewandel unterziehen müssen. Das Ausrichten der Planung auf nur eine bestimmte wirtschaftliche Zukunft ist nicht mehr effizient. Veränderungen werden zur neuen Norm und Unternehmen müssen sich kontinuierlich anpassen, wenn Sie die Risiken durch den Wandel unter Kontrolle halten möchten.

Und trotz aller Risiken müssen Unternehmen entstehende Gelegenheiten beim Schopf ergreifen. Denn wirtschaftliche Unsicherheiten sorgen sowohl für Herausforderungen wie auch für Chancen.

Finanzplanung unabhängig von Budgetierung

Der erste Schritt bei der Modernisierung der Planungsprozesse für die Unternehmensstrategie besteht darin, sich von der traditionellen Budgetierung zu lösen. Traditionelle Jahresplanungen sind nicht auf die Geschwindigkeit heutiger Märkte ausgerichtet. Ein Blick auf die Ereignisse des Jahres 2016 genügt, um zu erkennen, wie schnell und dramatisch sich die Perspektiven verschieben können. Aus diesem Grund sollte die strategische Planung als ein von der Budgetierung separierter Prozess angesehen werden.

Unternehmen müssen zwischen Strategien und "Ambitionen" unterscheiden können. Eine moderne Geschäftsführung definiert eine eindeutige Herangehensweise an spezifische Herausforderungen. Es reicht dabei nicht aus, lediglich die Mitarbeiter zum Angehen der Probleme zu motivieren.

Zu der Zeit als Richard Rumelt, Professor für Management an der UCLA, seine bahnbrechende Arbeit "Good Strategy/Bad Strategy" veröffentlichte, sagte er auch, dass ein Unternehmen die Qualität einer Strategie erst einschätzen kann, wenn es zuvor die zu überwindenden Hindernisse definiert. Andernfalls fehlt ihm die Grundlage zum Verbessern eines guten oder zum Verwerfen eines wirkungslosen Ansatzes.

In Rumelts eigenen Worten: "Wie bei einem Quarterback, der seinem Team nur den einen Ratschlag 'Lasst uns gewinnen!' geben kann, versteckt eine schlechte Strategie ihre Defizite in einer Sprache hochtrabender Ziele, Ambitionen, Visionen und Werte".

Unternehmen brauchen daher einen stabilen Rahmen bei der Entscheidungsfindung, der einzelne Aktivitäten des Unternehmens sowohl erklärt als auch durchsetzt. Wie beim Code für ein Computerprogramm sollten diese Richtlinien einen normativen Regelsatz bilden, der festlegt, welche Entscheidungen getroffen und welche nicht getroffen werden sollten, wenn bestimmte Fragen aufkommen.

Dieses "Programm" kann anschließend auf das gesamte Unternehmen übertragen werden, um sicherzustellen, dass alle Geschäftsbereiche auf gemeinsame Ziele hinarbeiten und gleichzeitig auf dem Weg dorthin die bestmöglichen Entscheidungen fällen.

„Programmieren“ des Unternehmenserfolgs

Der Vergleich mit der Programmierung kann noch weitergezogen werden. Beim oben beschriebenen Ansatz geht es nicht nur darum, die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt zu treffen, sondern um den Entwurf eines zukunftstauglichen Unternehmens. Mit anderen Worten: Es geht darum, Rahmenbedingungen zu schaffen, die sich im Laufe der Zeit mit dem Unternehmen weiterentwickeln. Damit können Entscheidungen zunehmend auf systematische Weise bei gleichzeitiger Einhaltung der Unternehmensvorgaben getroffen werden.

Dies erfordert eine große Menge an Diagnosedaten und - ebenfalls wie bei einem Computerprogramm - einen Designer, der die Verfahren überschaut und lenkt. Als zuständiger Mitarbeiter für Daten mit zentralem Blick auf die Vorgänge in den verschiedenen Geschäftsbereichen ist es der CFO, der diese Rolle übernimmt.

Finanzführungskräfte haben in den vergangenen Jahren eine zunehmend größere Rolle bei der strategischen Geschäftsplanung und -modellierung übernommen. Als Nächstes müssen sie die verfügbaren Daten nutzen, um die Unternehmensvorgaben zu entwerfen, aus denen die zukünftigen Aktivitäten des Unternehmens hervorgehen.

Grundsteinlegung für neue Möglichkeiten

Das Ziel jedes wachstumsorientierten Unternehmens ist es, neue Geschäftsmöglichkeiten zu entdecken und erfolgreich zu nutzen. Daher kann ein Planungsansatz, der sich auf traditionelle Maßnahmen beschränkt, langfristig nicht zum Erfolg führen.

Es gibt folgenden Ausspruch von Enrico Fermi, dem weitgehend die Entwicklung der ersten Atombombe zugeschrieben wird: "Wenn sich eine Hypothese durch ein Experiment bestätigt, hast du nur eine Messung vorgenommen, wenn die Daten die Hypothese jedoch widerlegen, hast du eine einzigartige Entdeckung gemacht."

Auch wenn die Entdeckungen von Fermi gelinde gesagt einen fragwürdigen Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit hatten, ist die Aussage dieses Zitats sehr zutreffend. CFOs sollten ein Unternehmen so führen, dass Mitarbeiter Geschäftsmöglichkeiten entdecken und sich zunutze machen können, anstatt sich ihre vorgefassten Meinungen über die Zukunft bestätigen zu lassen.

Eine solche Entdeckerkultur liegt jedoch nicht allein in der Verantwortung der Finanzabteilung, da jeder Geschäftsbereich von der Fähigkeit profitiert, Defizite sowie Chancen einer Planung zu analysieren. Es sind jedoch die Finanzführungskräfte, die diesen Wandel vorantreiben und für ein flexibleres, veränderungsbereites Unternehmen sorgen müssen. (haf)