Kooperation mit dem CIO

Der Chief Digital Officer ist ein temporäres Phänomen

24.03.2015 von Christiane Pütter
Binnen fünf Jahren sollte der Chief Digital Officer (CDO) das Unternehmen und den CIO auf Spur gebracht haben. Die These stammt von Stefanie Waehlert, CDO bei TUI.
Stefanie Waehlert ist Chief Digital Officer (CDO) bei TUI Deutschland. In dieser Rolle kooperiert die Betriebswirtin mit TUI-CIO Carsten Bernhard.
Foto: TUI Deutschland

Unter der Prämisse des "Digital First" entsteht die neue Rolle eines Chief Digital Officer (CDO). Ob eine solche Position überhaupt nötig ist, ob die Aufgaben eines CDO nicht zum Job des CIO zählen - um solche Fragen ging es bei der "Handelsblatt"-Konferenz Ende Januar in München. Eine, die es aus der Binnenperspektive beurteilen kann, ist Stefanie Waehlert. Die Betriebswirtin verantwortet die "Digital Journey", die TUI Deutschland vor über einem Jahr angetreten hat. Ihre These: Der CDO ist eine temporäre Erscheinung. Binnen fünf Jahren sollte er - in enger Zusammenarbeit mit dem CIO - das Unternehmen auf Spur gebracht haben.

TUIs Digital Journey umreißt Waehlert kurz: "Wir kommen von der Produktorientierung und müssen zur Kundenorientierung." Insofern sei die Entwicklung auch eine Customer Journey. Die Vision dazu: "Wir schaffen ein 360-Grad-Erlebnis für unsere Kunden. Vor, während und nach der Reise." Im konkreten Arbeitsalltag verantwortet die CDO die digitalen Vertriebskanäle, Content, CRM, Social Media und Multi-Channel-Management. Sie berichtet direkt an den CEO.

Zumindest in den ersten vier, fünf Jahren einer digitalen Transformation braucht ein Unternehmen sowohl den Chief Digital Officer als auch den CIO, erklärt Waehlert. Sie selbst arbeitet eng mit Carsten Bernhard zusammen, dem TUI-CIO. "Wir diskutieren viel", berichtet die CDO. "Was brauche ich im mobilen Bereich? Was ist realistisch?" Solche Fragen stimmt sie mit ihm ab.

Ihre eigenen Aufgaben als CDO skizziert sie wie folgt:

- Entwickeln der digitalen Wachstumsstrategie unter Berücksichtigung sämtlicher Unternehmensbereiche

- Operatives Vorantreiben des digitalen Wandels der Organisation

- Qualifizieren und Motivieren der Kollegen, um den Weg der Digitalen Transformation mit zu beschreiten

Und hier liegt für Waehlert der Fokus des CIO:

- Aufsetzen zukunftsfähiger IT-Prozesse

- Sicherstellen aller technischen Voraussetzungen für leistungsfähige Anwendungen und Plattformen

- Stetiges Weiterentwickeln der Plattformen und Systeme

Nicht jeder auf der Veranstaltung stimmte Waehlert zu. Die CDO-Aufgaben übernehme doch der CIO, so eine entgegengesetzte These. Professor Walter Brenner, Direktor des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität St. Gallen, gibt Waehlert jedoch Recht. "Ich sehe viele überforderte CIOs im Land", sagte er. Die Doppelrolle sei ein guter Weg. Dabei betont Brenner insbesondere den Aspekt der Customer Journey. Hier tun sich viele CIOs schwer, beobachtet er: "Sie sind es überhaupt nicht gewohnt, mit Kunden zu reden."

"Digitalisierung ist kein Tool, das man kauft"

Doch egal, ob als Tandem, ob mit oder ohne Chief Digital Officer - Professor Tilo Böhmann vom Fachbereich Informatik an der Universität Hamburg stellt fest: "Digitalisierung ist kein Tool, das man kauft, und dann ist es da. Digitalisierung ist ein Prozess."

10 Thesen zur Digitalisierung
Zehn Thesen zur Digitalisierung
In Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister Dimension Data hat Crisp Research Ende letzten Jahres die unabhängige Studie "Digital Business Readiness" umgesetzt. Ziel war es, ein Stimmungsbild deutscher Unternehmen zum aktuellen Stand ihrer digitalen Transformation zu zeichnen. Hier finden Sie Zehn Thesen, die sich aus dieser Studie ableiten lassen
1. Die digitale Transformation ist bereits in vollem Gange ...
... und hat mittlerweile sämtliche Branchen mehr oder minder fest im Griff. Dennoch steht die Wirtschaft noch am Anfang eines langen Transformationsprozesses.
2. Die digitale Transformation wird die Unternehmen ...
... in den kommenden Jahren in Gewinner und Verlierer spalten.
3. Das Gros der deutschen Unternehmen hat erkannt, ...
... welche weitreichenden Implikationen der digitale Umbruch nach sich zieht. Die absolute Mehrheit sieht sich gut bis sehr gut dafür aufgestellt. Allerdings haben nur 42 Prozent bislang eine funktionierende Digitalstrategie.
4. 39 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich als Profiteure ...
... und Gestalter des digitalen Wandels. 61 Prozent bezeichnen sich als Mitläufer und Skeptiker.
5. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Digital Excellence ...
... und der erfolgreichen Implementierung einer Digitalstrategie. So haben bereits zwei Drittel (67 Prozent) der Digital Champions (Profiteure und aktive Gestalter) ihre Strategie erfolgreich implementiert und mit der Umsetzung in die Praxis begonnen.
6. Die IT-Abteilungen sind die entscheidenden Akteure, ...
... wenn es gilt, die Strategie zu entwerfen und die Aktivitäten im Prozess der digitalen Transformation zu steuern und umzusetzen. Allerdings wirkt das Thema weit über die Grenzen der IT-Abteilung hinaus.
7. Die Kunden sind Treiber der digitalen Transformation.
Von ihnen gehen die Veränderungen aus.
8. Das Rechenzentrum ist das Epizentrum der Digitalisierung.
Für mehr als zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) ist es die alles entscheidende Basis der Digitalisierung.
9. Für eine zukunftssichere Infrastruktur ...
... sind Investitionen nötig, die über das Rechenzentrum hinausgehen.
10. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen glauben, ...
... dass sie für eine konsequente Umsetzung der digitalen Transformation professionelle Partner brauchen. Diese sollten eine hohe Kompetenz bei der IT-Integration sowie umfangreiches Prozess- und Branchen-Know-how mitbringen.

Das kann Waehlert aus der Praxis bestätigen. Formal startete TUIs Digital Journey 2014. Als Kurztrip war die Reise nie gedacht. 2016 will das Unternehmen einen "Digital Push" sehen, 2018 will es die Vision vom Kundenerlebenis umgesetzt haben. Waehlert sagt: "Wir brauchen Atem für eine mehrjährige Transformation auf allen Ebenen."