Der Datenbankmarkt

Der Datenbankmarkt: Neue Wertung - neuer Spitzenreiter

27.09.2006
Nach vielen Jahren wurde IBM vom Datenbankthron gestoßen. Der Marktführer 2005 kommt nicht mehr aus Armonk, sondern aus Redwood Shores: Oracle hat IBM in Deutschland knapp überholt - dank der installierten Basis.

Die IT ist schnelllebig. Hypes um neue Abkürzungen mit drei Buchstaben kommen und gehen schnell, nicht selten handelt es sich dabei um alten Wein in neuen Schläuchen. Eine Ausnahme sind die Datenbanken. Kaum ein Markt ist beständiger als das Geschäft mit diesen Basiskomponenten.

Trotz der Fülle an Produkten, die die verschiedenen Hersteller bereithalten, ist das Massengeschäft klar von drei Unternehmen geprägt: IBM, Oracle und Microsoft zeichnen für den größten Teil der Lizenzen verantwortlich. Seit Jahren verschieben sich die Marktanteile nur geringfügig. Daneben finden viele Anbieter mit spezialisierten Produkten ihr Auskommen. Auch die stark nachgefragten Open-Source-Datenbank-Management-Systeme konnten an der gewohnten Hackordnung bislang nichts ändern. Doch für 2005 heben die aktuellen Zahlen von Gartner Dataquest nicht mehr Big Blue auf den Thron des deutschen Datenbankmarkts, sondern Oracle. Der Grund dafür ist weniger bei IBM und Oracle zu suchen: Erstmals hat Gartner Dataquest den Markt im vergangenen Jahr nicht auf das Geschäft mit neuen Lizenzen reduziert, sondern auch die Umsätze aus Wartungsverträgen berücksichtigt. Und hier kommt Oracles große installierte Basis zum Tragen. Der Vorspung ist hauchdünn: Laut Gartner Dataquest gingen 2005 33,2 Prozent der Datenbankumsätze in Deutschland auf das Konto von Oracle, IBM folgt knapp dahinter mit 33,0 Prozent.

Top 9: Datenbankmarkt Deutschland 2005

(Marktanteile nach Umsatz)

  1. Oracle 33,2

  2. IBM 33,0

  3. Microsoft 18,5

  4. Teradata 2,7

  5. Sybase 2,2

  6. Software AG 1,9

  7. CA 1,5

  8. Progress 1,1

  9. Intersystems 0,8

  10. Andere 5,1

Erstmals hat Gartner Dataquest den Markt im vergangenen Jahr nicht auf das Geschäft mit neuen Lizenzen reduziert, sondern auch die Umsätze aus Wartungsverträgen berücksichtigt. Quelle: Gartner

Allenthalben Umsatzzuwachs

Für das Jahr 2004 konnte IBM noch einen kleinen Vorsprung für sich reklamieren: Nach der aktuellen Berechnungsart von Gartner Dataquest kam Big Blue 2004 auf einen Marktanteil von 33,8 Prozent, gefolgt von Oracle mit 33,3 Prozent. Damit haben zwar beide Anbieter leicht Marktanteile verloren, jedoch konnten sie gleichzeitig bei den Umsätzen deutlich wachsen. Im Vergleich zum Vorjahr kamen 2005 bei IBM rund fünf Millionen Dollar mehr in die Kassen, Oracle konnte sich über einen Zuwachs von 23 Millionen Dollar freuen.

Oracle profitiert jedoch nicht nur von seiner breiten installierten Basis, sondern auch von einem generellen Trend: "Immer mehr Unternehmen ziehen Anwendungen von den Mainframes auf Midrange-Maschinen um", erläutert Rüdiger Spies, Executive Advisor beim Marktforschungsunternehmen Experton Group. "Dazu kommt, dass viele SAP-Anwender Orcale-Datenbanken einsetzen. Hier erhöhen sich die Benutzerzahlen ständig."

Mit dieser Einschätzung steht Spies nicht alleine da: "Im Mainframe-Bereich gibt es kaum Neulizenzen bei den Datenbanken", beschreibt Peter O’Neill, Principal Analyst bei Forrester Research, das Problem von IBM. "Hier werden eigentlich nur bestehende Lizenzen erweitert. Das ist zwar ein gutes Geschäft, aber das Wachstum findet heute im Midrange-Segment statt." Hier seien jedoch auch die Open-Source-Datenbanken stark, vor allem bei in Anwendungen eingebetteten Datenbanksystemen. Oracle sitzt hier aus Sicht des Forrester-Analysten zwischen zwei Stühlen: Zum einen treibe die Ellison-Company mit dem deutlichen Bekenntnis zu Linux zwar den Open-Source-Markt voran, zum anderen stellen im Commodity-Bereich die Open-Source-Datenbanken eine Konkurrenz für Oracle dar. "Nach meiner Einschätzung testet Orcale den Markt und will wissen, wie das Unternehmen als Open-Source-Anbieter akzeptiert wird", meint O’Neill.

Weniger Wachstum in Deutschland

Trotz der Konkurrenz aus dem Open-Source-Lager - erstmals hat Gartner Dataquest alle Open-Source-Anbieter zusammengefasst und mit einem Marktanteil von 0,7 Prozent ausgewiesen - befinden sich die Hersteller kommerzieller Datenbank-Management-Systeme auf Wachstumskurs. Oracle zum Beispiel ist der Meinung, dass das eigene Wachstum auf Kosten der Konkurrenz stattfindet: "Wir wachsen schneller als der Datenbankmarkt, da wir Marktanteile von unseren Mitbewerbern gewinnen", wird Oracle-CEO Lawrence Ellison in einer Pressemeldung zum Jahresbericht des Unternehmens zitiert. Im Geschäftsjahr 2006, das am 31. Mai endete, konnte der Anbieter im Bereich "Database & Middleware" weltweit ein Wachstum von neun Prozent erzielen. Schaut man genauer hin, liegen die Zahlen zumindest für die Region Emea (Europe, Middle East, Africa) jedoch unter dem Unternehmensdurchschnitt: Das Wachstum findet vor allem auf dem amerikanischen Markt statt, der Jahresbericht weist für Emea nur ein Prozent Umsatzzuwachs bei Datenbanken und Middleware aus, wechselkursbereinigt sind es fünf Prozent.

Notwendige Reife

Doch auch andere Datenbankhersteller können auf wachsende Umsätze verweisen. So zum Beispiel Microsoft: Laut Gartner Dataquest liegen die Redmonder mit 18,5 Prozent auf Platz drei, was den Marktanteil in Deutschland angeht. Das entspricht einem Umsatzwachstum von fast 21 Millionen Dollar. Allerdings betrachten die Marktforscher nur die Umsätze, nicht die installierte Basis. Diese dürfte wegen der vergleichsweise günstigen Preise für den SQL Server und die angebotenen Produkt-Bundles bei Microsoft deutlich höher liegen, als es der Marktanteil nach Umsatz widerspiegelt. Immerhin meldeten die Redmonder für das am 31. März zu Ende gegangene vierte Quartal des Geschäftsjahrs einen Umsatzzuwachs beim SQL Server von über 30 Prozent. Auch der Anbieter Sybase, mit 2,2 Prozent Marktanteil auf Platz fünf, hat aktuell für das zweite Quartal einen Umsatzzuwachs bei Datenbanklizenzen von über 30 Prozent gemeldet.

Microsoft profitiert nicht zuletzt davon, dass verschiedene Marktbeobachter dem SQL Server seit einiger Zeit die notwendige Reife bescheinigen, um im Rechenzentrum und überhaupt in großen Datenbank-Infrastrukturen eingesetzt zu werden. O’Neill sieht ein anderes Hindernis: "Viel schwerer wiegt mittlerweile die Frage der Systemverwaltung. Microsoft mangelt es hier an der Interoperatibilität zu Lösungen anderer Hersteller."

Keine Neuerungen

Das größte Problem der Datenbankanbieter sind jedoch weniger die Produkte der Konkurrenz. Alle namhaften Datenbank-Management-Systeme sind ausgereift, die Migration auf eine andere Datenbank ist aufwändig und mit kaum kalkulierbaren Risiken verbunden. Bestehende Datenbanken werden in der Regel nur bei einem grundsätzlichen Wechsel der Plattform auf ein neues System migriert. Einen neuen Markt für potenzielles Wachstum sieht der Forrester-Mann in Verbindung mit Themen wie zum Beispiel dem Configuration- und Change-Management. Diese benötigen eine "Configuration Management Database" (CMDB), die den entsprechenden Tools als Basis dient. "Allerdings spielt die Datenbanktechnik hierbei keine Rolle", schränkt O’Neill ein. "Den Datenbanken fehlt heute nichts mehr, große Neuerungen sind dementsprechend nicht in Sicht."

Dennoch weist O’Neill auf zwei potenzielle Problemfelder hin: "Datenbanken sind kein Hype und sorgen bei IT-Profis nur selten für Begeisterung. Die Anwender müssen sich auf einen Nachwuchsmangel einstellen und sollten deswegen rechtzeitig Alternativen zum Inhouse-Betrieb evaluieren. Zum anderen sehen wir gerade bei den Datenbanken häufig drastische Überlizenzierungen. Die Lizenzen kommen vor allem bei Datenbanken über verschiedene Kanäle in das Unternehmen. Mit Asset-Management oder vergleichbaren Methoden können viele Anwender hier ohne Qualitätsverlust ihre Betriebskosten deutlich senken."
von Jan Schulze (freier Journalist in Erding bei München)

Top 5: Relationale Datenbanken weltweit 2005

(Marktanteile nach Umsatz)

  1. Oracle 48,6

  2. IBM 22,0

  3. Microsoft 15,0

  4. Teradata 3,2

  5. Sybase 2,9

  6. Andere 8,2

Quelle: Gartner (Mai 2006)