Dokumenten-Management

Der DMS-Markt ist in Bewegung

17.03.2010 von Maximilian Gantner und Dr. Martin Böhn
Gut verarbeitete Informationen können Mehrwert schaffen. Dafür gibt es DMS und Archivsysteme. Das Angebot ist allerdings unübersichtlich.
Quelle: V. Vasylkiv/Fotolia
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Das in unstrukturierten Dokumenten enthaltene Wissen wird zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor für Unternehmen. Bislang verschwenden sie jedoch viel Zeit, indem sie Dokumente suchen und neu erstellen. Zudem bremsen die oft noch papiergestützten Abläufe, denn Medienbrüche und der aufwendige Transport machen die Verarbeitung von Inhalten langsam. Dokumenten-Management-Systeme (DMS) sollen helfen, Informationen einfach zu erfassen, zu verwalten und zu recherchieren, zu bearbeiten und zu verteilen. Unterm Strich können Unternehmen mit Softwareunterstützung schneller und flexibler auf Anfragen reagieren und die eigenen Abläufe verschlanken. Leider ist der Softwaremarkt aber unübersichtlich und durch uneinheitliche Begriffe geprägt.

Verbindung von DMS und Archiv

Ein Archiv bringt einem Unternehmen keinen Mehrwert, wenn die Dokumente ohne inhaltlichen Bezug zu anderen Dokumenten, Aufgaben oder Prozessen abgelegt werden. Das DMS erfasst, klassifiziert und strukturiert Inhalte und sichert so die erforderliche Datenqualität. Die Klassifikation beschleunigt die Suchfunktion, so dass Inhalte schneller gefunden werden, zudem ermöglicht sie es dem System, Dokumente automatisch und bedarfsgerecht bereitzustellen. Last, but not least ist ein deutlich feineres Rechtekonzept möglich.

Auch die gesetzeskonforme Nachweisbarkeit (Compliance) erfordert die Verbindung von DMS und Archiv. Denn nicht nur die ordnungsgemäße, vollständige und unveränderte Ablage der Inhalte, sondern auch die Erfassungs-, Bearbeitungs- und Ablageprozesse müssen nachvollziehbar sein. Nur so können Unternehmen sicher sein, dass alle relevanten Inhalte in der erforderlichen Qualität beispielsweise inklusive der benötigten Freigaben den Weg in das Archiv gefunden haben.

DMS muss Mitarbeiter entlasten

Damit sich echter Vorteil aus einem DMS ziehen lässt, muss es im Unternehmen die Abläufe unterstützen. So kann es Kosten sparen und die Effizienz steigern, indem es die Ablage, Verwaltung, Suche und Verteilung von Informationen vereinfacht. Gleichzeitig steigt die Datenqualität, denn die Dokumente werden inhaltlich verwaltet. Die Inhalte werden nach Dokumentenklassen wie etwa Rechnungen, Protokollen und Verträgen gekennzeichnet und nicht mehr ausschließlich nach Format und Ablageort sortiert. Eine integrierte Workflow-Funktion hilft bei der Vorgangsbearbeitung. Je intensiver ein DMS die Mitarbeiter unterstützt, ihnen etwa lästige Routineaufgaben abnimmt und die tägliche Arbeit vereinfacht, desto besser wird es akzeptiert.

Reichhaltige Auswahl

Für das Enterprise-Content-Management und für Dokumenten-Management-Systeme gibt es fünf Anbietertypen. Die weltweit aufgestellten Hersteller verfügen über große Entwicklungs- und Beratungskapazitäten, die Kleinen punkten mit Kundennähe. Quelle: BARC

Der Markt für DMS und Archive lässt sich in verschiedene Segmente unterteilen. In den grundlegenden Funktionen zur Verwaltung und Verteilung von Informationen unterscheiden sich die Angebote immer weniger.

Im DMS-Markt gibt es verschiedene weltweit operierende Anbieter mit Hauptsitz in den USA. Sie haben sich durch Akquisitionen ein umfassendes Portfolio zugelegt. Allerdings hat diese Wachstumsstrategie auch Redundanzen in der eigenen Produktpalette geschaffen, so dass es innerhalb eines Hauses konkurrierende Lösungen gibt. Hier wird es im Lauf der Zeit zur Integration und Konsolidierung kommen. Diese Anbieter konzentrieren sich zumeist auf größere Projekte, wobei sie sich immer wieder auch um den Mittelstand bemühen. Typische Vertreter dieses Marktsegments sind EMC Documentum, Hyland, IBM und Open Text.

Mittelständisch geprägt

In kaum einem anderen Land hat der Mittelstand ein derart starkes Gewicht wie in Deutschland. Das spiegelt sich auch im DMS- und Archivierungsmarkt wieder. Die auf diese Aufgaben spezialisierten Hersteller bieten umfassende Suiten an, die den Dokumentenlebenszyklus abbilden. Nicht immer stammen die Funktionen aus eigenem Haus. In Spezialbereichen wie der Erfassung von Papierdokumenten greifen die Hersteller auf Produkte anderer Anbieter zurück und integrieren sie. Die Suiten, die oft branchenübergreifend einsetzbar sind, eignen sich zum Teil für Firmen mit wenigen Arbeitsplätzen, richten sich häufig aber auch an Unternehmen mit mehreren tausend Mitarbeitern. Zu diesen Anbietern zählen unter anderem Allgeier, Ceyoniq, COI, D.velop, Docuportal, Docuware, Easy, ELO, Fabasoft, Heilig & Schubert, Hyperwave, Optimal Systems, Saperion, SER und Windream. Sie verfügen im Vergleich zu den weltweit aufgestellten Herstellern zwar über weniger Entwicklungs- und Consulting-Kapazitäten, kennen dafür aber ihre Kunden und deren Bedürfnisse sehr gut.

Gefragte Branchenspezialisten

Darüber hinaus haben sich Hersteller auf bestimmte Branchen ausgerichtet. Sie bieten etwa Lösungen für eine Ablagelogik (zum Beispiel nach Aktenzeichen statt Ordnerstrukturen), Schnittstellen zu Fachanwendungen und branchenspezifische Funktionen. Häufig beliefern solche Firmen die öffentliche Verwaltung. Typische Vertreter sind Hans Held, PDV Systeme, SER eGovernment und Lorenz Orga Systeme. Größere DMS- und Archivanbieter erfüllen die Branchenbedürfnisse zumeist mit Hilfe von Partnern, die die Basissysteme entsprechend anpassen.

Alternative: Open Source

Auch im DMS-Markt ist Open Source ein wichtiges Thema. Die Hersteller öffnen dazu den Quellcode ihrer Produktsuiten der in der Regel weltweiten Entwicklergemeinschaft, die unter der Aufsicht des Anbieters die Lösungen erweitert. Die Einführung der quelloffenen Softwarelösungen beim Kunden übernehmen zumeist spezialisierte Partner.

Statt mit Lizenzen erzielen Softwarehäuser und Dienstleister im Open-Source-Segment Einnahmen mit Beratung und Softwarepflege. Durch den Baukastencharakter dauert die Zusammenstellung von Lösungen meist länger als bei klassischen DMS-Suiten. Dafür sind die Angebote sehr flexibel. Die prominentesten Open-Source-Systeme sind Alfresco sowie das in Deutschland noch wenig bekannte Nuxeo.

DMS aus großen Softwarehäusern

Auch verschiedene große Softwarehersteller engagieren sich mit eigenen DMS-Systemen. Die Produkte sind oft aus den Anforderungen an die Zusammenarbeit (Collaboration) entstanden und ergänzen die DMS- und Archivlösungen der klassischen Anbieter. Unternehmen aus diesem Segment sind beispielsweise Microsoft mit dem Sharepoint Server, Oracle, SAP und Xerox.

Anbieter im Kurzporträt

Moderne DMS-Systeme unterstützt viele Eingangsformate und schleusen Dokumenten durch die internen Prozesse. Quelle: BARC
Foto: Barc

Das Business Application Research Center (Barc) hat ECM-Lösungen (Enterprise-Content-Management) untersucht und bewertet. Dazu haben die Hersteller sich mit ihren Angeboten einer umfangreichen Erhebung mit mehr als 250 Kriterien im Testlabor gestellt. Im Detail wurden die Ergebnisse in einer Studie veröffentlicht. Hier einige Resultate in Kürze:

Bewegung im Markt

Die DMS-Industrie sucht nach wie vor Standards für den Austausch und für Metadaten von Inhalten. Der Content-Management-Interoperability-Standard (CMIS) ist eine Initiative, die von verschiedenen großen Herstellern unterstützt wird. Ziel ist es, die Kopplung unterschiedlicher Applikationen zur Verwaltung und Ablage von Dokumenten anhand von Web-Services zu vereinfachen. So sollen Anwendungen geschaffen werden, die auf Inhalte zugreifen können, die in unterschiedlichen Systemen abgelegt wurden. Ein ähnliches Ziel verfolgen die Spezifikationen JSR 170 und JSR 283 (Java Specification Request), die ebenfalls den Zugriff auf Ablagesysteme definieren.

Funktional verstärkt sich der Trend zu kompletten DMS-Suiten, das zeigen verschiedene Übernahmen und Kooperationen unter den Herstellern. Zudem konzentrieren sich die Anbieter darauf, ihre Lösungen als Plattformen zu etablieren. Portale als virtueller Arbeitsplatz können die notwendigen Informationen und Funktionen aus verschiedenen Quellen in einer Oberfläche darstellen. Viele Hersteller haben zuletzt die Integration von Microsofts Sharepoint vorangetrieben.

Es fehlt an Bauplänen

Der Markt für DMS und Archivsysteme bleibt in Bewegung. Eine Konsolidierung ist ebenso wenig festzustellen wie eine Stagnation in der technischen und funktionalen Entwicklung. Mittlerweile sind die Grundfunktionen sowohl für die Ablage und Verwaltung von Dokumenten als auch zur Bearbeitung in Workflows ausgereift. Ein DMS kann seine Vorteile nur dann entfalten, wenn die Projekte gut geplant und strukturiert umgesetzt werden. Dazu müssen die Unternehmen genau analysieren, was die Software können soll. Andernfalls drohen langwierige Projekte und unzufriedene Mitarbeiter. (jha)