Dienstwagen

Der Freiberufler, sein Auto und sein Fahrtenbuch

25.07.2007 von Benno Grunewald
Wie sieht die gesetzliche Regelung zur privaten Nutzung von Dienstwagen für Freiberufler aus? Besteht ein Zwang zum Fahrtenbuch? Kann man ein Fahrtenbuch auch elektronisch (mit Excel) führen? Rechtsanwalt Benno Grunewald hat die Antworten.

Bereits seit dem 1. Januar 2006 gilt hinsichtlich der betrieblichen Nutzung eines Kfz folgende Regelung: "Die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs, das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird, ist für jeden Kalendermonat mit 1 Prozent des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Bei der Ermittlung der Nutzung im Sinne des Satzes 2 gelten die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und die Familienheimfahrten als betriebliche Nutzung. Die private Nutzung kann abweichend von Satz 2 mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden" (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG [Einkommensteuergesetz]).

Der entscheidende Passus ist dabei der Zusatz "das zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wird".

Die Begründung des Gesetzgebers

Der Gesetzgeber hat für diese Änderung folgende Begründung genannt: "Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Kraftfahrzeugs für jeden Kalendermonat mit 1 vom Hundert des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen."

Das Gesetz unterscheidet hierbei nicht, ob es sich bei dem Kraftfahrzeug um notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen handelt. Durch die Anerkennung von gewillkürtem Betriebsvermögen auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (BFH vom 2. Oktober 2003, BStBl II 2004 S. 985) ergeben sich zahlreiche Fallgestaltungen, bei denen die Ein-Prozent-Regelung zu einem ungerechtfertigtem Vorteil für den Steuerpflichtigen führt, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung der Regelung von einer durchschnittlichen privaten Nutzung von 30 bis 35 Prozent. ausgegangen ist.

Mit der Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG wird die Anwendung der Ein-Prozent-Regelung auf Fahrzeuge des notwendigen Betriebsvermögens (betriebliche Nutzung zu mehr als 50 Prozent) beschränkt.

Befindet sich ein Kraftfahrzeug im gewillkürten Betriebsvermögen (betriebliche Nutzung von mindestens zehn bis zu 50 Prozent), ist der Entnahmewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG zu ermitteln und mit den auf die geschätzte private Nutzung entfallenden Kosten anzusetzen.

Dieser Nutzungsanteil ist vom Steuerpflichtigen im Rahmen allgemeiner Darlegungs- und Beweislastregelungen nachzuweisen (d.h. glaubhaft zu machen). Die Führung eines Fahrtenbuches ist dazu nicht zwingend erforderlich."

Glaubhaftmachung vs. Beweisen

Damit hat der Gesetzgeber im Steuerrecht erneut - und sicherlich nicht zum letzten Mal - eine Regelung geschaffen, die mehr Fragen aufwirft als beantwortet.

Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen die über 50-Prozent-Nutzung des Dienstwagens vom Finanzamt in Zweifel gezogen wird und wie der Selbständige dann diese Zweifel ausräumen kann.

Der Gesetzgeber räumt selbst ein, dass die "Glaubhaftmachung" ausreicht, also kein lückenloser Beweis notwendig ist.

Zur Frage der Definition des Begriffs "Glaubhaftmachung" hat der BFH (Bundesfinanzhof) in einer neueren Entscheidung folgendes ausgeführt:

"Es ist nicht klärungsbedürftig, sondern offensichtlich, dass die vom FG (Finanzgericht) für die Anerkennung von Reisekosten verlangte "Glaubhaftmachung" der entstandenen Aufwendungen durch geeignete Nachweise im Streitfall nicht vorliegt. Der Kläger hat lediglich pauschal behauptet, Dienstreisen in bestimmte Städte unternommen zu haben. Er hat im Klageverfahren jedoch weder das Datum der Reisen mit konkreten Abwesenheitszeiten, den konkreten Anlass dieser Reisen, wie z. B. die Art der Veranstaltung oder den Gesprächspartner, mitgeteilt noch irgendwelche Unterlagen über entstandene Kosten vorgelegt" (BFH, Beschluss vom 09.08.2005, XI B 192/03).

Somit ist Glaubhaftmachung mehr als das Behaupten aber weniger als der ultimative Beweis einer Tatsache. Der Selbständige wird also zu den mit seinem Firmenwagen unternommenen Fahrten konkrete Angaben machen müssen, ohne diese im Einzelnen beweisen zu müssen.

Zwang zum Fahrtenbuch?

Die neue Regelung wird von vielen Stimmen als indirekten Zwang zur Führung eines Fahrtenbuchs interpretiert. Vielleicht hat der Gesetzgeber dies, trotz der oben aufgezeigten gegenteiliger Aussage in der Begründung zum Gesetzentwurf, tatsächlich im Auge. Zu Ende gedacht kann diese Bestimmung in der Praxis aber zu absurden Ergebnissen führen.

Sicher ist, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht der Glaubhaftmachung sondern dem Beweis der dienstlich unternommenen Fahrten dient. Liegt ein derartiges Fahrtenbuch vor, ist die 1-Prozent-Regelung eigentlich nicht mehr anwendbar.

Wird das Fahrtenbuch aber nicht lückenlos geführt, besteht das Risiko, dass das Finanzamt es insgesamt nicht anerkennt und an dessen Stelle, sicherlich nicht zu Gunsten des Selbständigen, eine eigene Schätzung setzt.

In der Vergangenheit jedenfalls haben Finanzämter Fahrtenbücher, die auch nur geringe Fehler oder Unstimmigkeiten aufwiesen, stets komplett verworfen und stattdessen die Ein-Prozent-Regelung(!) angewendet.

Dies würde die neue Bestimmung aber vollends ad absurdum führen.

Ordnungsgemäßes Fahrtenbuch?

Der BFH hat unter anderem in seinem Urteil vom 16.03.2006 (Az. VI R 87/04) ausgeführt:

"1. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss grundsätzlich zu den beruflichen Reisen Angaben zum Datum, zum Reiseziel, zum aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner bzw. zum Gegenstand der dienstlichen Verrichtung und zu dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs enthalten.

2. Mehrere Teilabschnitte einer einheitlichen beruflichen Reise können miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden, wenn die einzelnen aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden.

3. Der Übergang von der beruflichen Nutzung zur privaten Nutzung des Fahrzeugs ist im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Gesamtkilometerstands zu dokumentieren.

4. Die erforderlichen Angaben müssen sich dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen. Ein Verweis auf ergänzende Unterlagen ist nur zulässig, wenn der geschlossene Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht beeinträchtigt wird."

Und speziell zur Frage der Form des Fahrtenbuches äußert sich der BFH u.a. in seinem Urteil vom 16.11.2005 (Az. VI R 64/04).

Demnach genügt ein mittels eines Computerprogramms geführtes Fahrtenbuch nur dann den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch, wenn nachträgliche Veränderungen technisch ausgeschlossen sind oder in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden.

Die Eintragungen in eine Computerdatei sind dabei nicht geeignet, den fortlaufenden und lückenlosen Charakter der Angaben und ihre zeitnahe Erfassung mit hinreichender Zuverlässigkeit zu belegen. Der BFH sagt hierzu wortwörtlich: "Der auf diese Weise erzeugte Datenbestand ist kein in sich geschlossenes Verzeichnis und damit auch kein Fahrten-'Buch' i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG".

Weiter führt der BFH aus, dass das Führen eines Fahrtenbuches mit "MS-Excel" nicht ordnungsgemäß sei, da der Anwender die Möglichkeit einer nachträglichen Veränderung bereits eingegebener Daten habe, die selbst nicht näher dokumentiert wird.

Der Autor

Dr. Benno Grunewald ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Mediator (DAA) in Bremen. Zudem ist er Justitiar des Berufsverbands Selbstständige in der Informatik (BVSI) e.V. Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie sich an Dr. Grunewald wenden: Tel. 0421-14181, E-Mail, Homepage www.dr-grunewald.de.

Fazit und Empfehlungen

Kern des Problems ist die Frage, wie die betriebliche Nutzung von mehr als 50 Prozent bewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden kann.

Da der Vollbeweis - was auf das (von vielen ungeliebte) Fahrtenbuch hinausliefe - nicht verlangt werden kann, muss sich das Finanzamt mit weniger zufrieden geben.

Beispielhaft kann somit die Glaubhaftmachung erfolgen, indem der Selbständige über einen längeren repräsentativen Zeitraum (zirka drei Monate) seine dienstlichen Fahrten belegt.

Somit scheint die konkrete Aufzeichnung geschäftlicher Termine mit Angabe insbesondere des Ortes und des Datums oder alternativ die Privatfahrten mit den entsprechenden Angaben als sinnvoll.

Und schließlich sollten Belege wie Tankquittungen, Restaurantrechnungen etc. gesammelt und den Terminen zugeordnet werden.

Es ist unschwer zu erkennen, dass sich hier eine weitere große steuerliche Grauzone auftut, die dem Finanzamt einen weiten Ermessenspielraum einräumt und die zudem nicht nur kurz- und mittelfristig den steuerlichen Beratern sondern langfristig auch den Finanzgerichten viel Arbeit bescheren wird.

Ob dies zur allenthalben gewünschten Vereinfachung des Steuerrechts und Entbürokratisierung beiträgt und die Selbständigkeit fördert, wie gerade von Politikern immer wieder gefordert, darf grundlegend bezweifelt werden. (ChannelPartner mf/ka)