Datenintegration durch SAP-Rollout bei Pilz

Die China-Connection

14.12.2009 von Andreas Schaffry
Pilz, ein Hersteller von Automatisierungslösungen, macht durch den SAP-Rollout in seiner Niederlassung in Shanghai Schluss mit aufwendigem Datenaustausch per Mail oder per Fax in die deutsche Zentrale. Interne Bestellprozesse laufen jetzt IT-gestützt und ohne Medienbruch. Das Ergebnis: mehr Transparenz bei der Lagerhaltung in China.
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Viele deutsche Mittelständler haben inzwischen Vertriebsgesellschaften oder eigene Produktionsstätten in China und sind dort wirtschaftlich erfolgreich. Das zeigt eine Studie der Deutschen Handelskammer in China, an der sich 270 in China tätige deutsche Unternehmen beteiligten. Zum einen ist das Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte das höchste weltweit. Selbst für das Krisenjahr 2009 wird noch ein Zuwachs von knapp acht Prozent prognostiziert. Zum anderen nutzen Mittelständler den Standort China verstärkt als Basis für die Expansion in andere asiatische Märkte.

Alle Standorte unter ein IT-Dach bringen

Auch die Pilz GmbH & Co. KG aus Ostfildern bei Stuttgart gehört zu den mittelständischen Firmen mit einer chinesischen Tochtergesellschaft. Der Anbieter von Komplettlösungen für die sichere Automatisierungstechnik ist nicht nur in Asien, sondern auch auf allen anderen Kontinenten vertreten, mit insgesamt 24 eigenen Niederlassungen und Außenstellen. Das Unternehmen beschäftigt weltweit mehr als 1.300 Mitarbeiter.

"Für unser Unternehmen, das im globalen Wettbewerb steht, werden durchgängige Abläufe sowie ein unternehmensweit reibungsloser Informations- und Datenaustausch immer weniger verzichtbarr", weiß Hans Nowozimski, Gruppenleiter System-Anwendungen bei Pilz und führt weiter aus: "Ein wichtiges strategisches Ziel ist daher, alle Standorte sowie Geschäftsprozesse IT-technisch unter einem Dach zu integrieren." Die Grundlagen dafür schafft der Mittelständler mit SAP ERP als Geschäfts-Software. Geplant ist, in dem zentralen SAP-Mandanten in Ostfildern applikationstechnisch nach und nach alle Tochtergesellschaften als eigene Verkaufs- und Buchungskreise zusammenzuführen.

SAP bildet wichtige Anforderungen ab

Inzwischen arbeiten bereits die meisten Standorte auf dem SAP-System, darunter auch die chinesische Tochter in Shanghai. Dort hat Pilz die SAP-Funktionen für die Materialwirtschaft, den Vertrieb und Versand sowie für Finanzbuchhaltung und Controlling eingeführt. Mit dem SAP-Rollout in China beauftragte die Firma den IT-Dienstleister Orbis Consulting Shanghai.

"Durch den SAP-Rollout in China kommen wir unserem Ziel, unternehmensweit alle Daten- und Informationsflüsse auf einer einheitlichen ERP-Plattform zu bündeln, wieder einen Schritt näher." Hans Nowozimski, Gruppenleiter System-Anwendungen bei der Pilz GmbH & Co. KG.

In China bieten sogenannte Freihandelszonen Unternehmen die Möglichkeit, Produkte und Materialien steuer- und zollfrei einzuführen und in einem Freihandelslager aufzubewahren. Wird die dort gelagerte Ware in China verkauft oder in andere Länder exportiert, muss diese auf ein zweites Lager umgebucht, versteuert und verzollt sowie für die Bilanz unterschiedlich bewertet werden. Nicht nur wegen des Steuer- und Zollrechts, sondern auch aus Gründen der Produkthaftung ist es nötig, die Lagerbuchungen sowie die Bestandsführung nachvollziehbar und korrekt abzubilden.

Bestandswerte per Knopfdruck

Beides war bis vor Kurzem sehr umständlich und erforderte zahlreiche manuelle Arbeitsschritte, denn die Mitarbeiter in Shanghai nutzen eine eigenentwickelte Software. "Seit wir mit SAP arbeiten, ist das viel einfacher geworden. Die bei Warenumlagerungen notwendigen Umbuchungen vom Freihandelslager in das zweite Lager sowie die Lagerbewertungen erfolgen nun weitgehend automatisch", erklärt Hans Nowozimski. Im Ergebnis führe das zu einer exakteren Bestandsführung, zudem sei die lückenlose Rückverfolgbarkeit und Dokumentation aller Lagerbewegungen gewährleistet. Außerdem kann die Geschäftsführung "per Knopfdruck" jederzeit aktuelle Bestandsinformationen aus den einzelnen Lägern sowie deren jeweilige Bestandswerte abrufen.

Pilz: Sichere Automation

Automatisierungslösungen von Pilz kommen in allen Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus zum Einsatz, ebenso in der Lebensmittel-, Holz- oder Automobilindustrie. Die Lösungen von Pilz gewährleisten, dass Gepäckförderanlagen in Flughäfen sowie Seil- oder Achterbahnen gefahrlos und sicher laufen und Theaterkulissen sich reibungslos bewegen. Der Mittelständler bietet eigenen Angaben zufolge Lösungen und Dienstleistungen für sichere Automation und Standardautomation aus einer Hand. Das Unternehmen entwickelt und stellt Produkte für die Steuerungs- und Überwachungstechnik wie auch für die Sensorik her. Zum Portfolio gehören auch Automatisierungslösungen mit Motion Control sowie Visualisierungs- und Diagnose-Systeme.

Auch der Austausch von Auftrags-, Bestell-, Material- und Bestandsinformationen zwischen China und der Zentrale in Deutschland erfolgt heute in einem System und damit vollständig IT-gestützt. Da SAP ERP den Unicode-Standard unterstützt, erlaubt das eine standortübergreifend reibungslose Kommunikation zwischen Chinesisch und den anderen im System hinterlegten Sprachen.

Kunden schneller Auskunft geben

Damit laufen Intercompany-Prozesse nun deutlich effizienter und schneller, denn die bislang zeitaufwendige Datenübertragung per Fax oder E-Mail sowie die Doppelerfassung von Aufträgen entfallen. Ein Beispiel: Bestellt heute ein Kunde bei der chinesischen Niederlassung von Pilz das Automatisierungssystem PSS4000 oder ein anderes Produkt, legt der Vertriebsmitarbeiter in der SAP-Software in Shanghai einen Kundenauftrag an, die entsprechende Bestellanforderung an die Zentrale wird automatisch erzeugt.

Ist das vom Kunden georderte Produkt in Ostfildern auf Lager, wird dort die Auslieferung umgehend veranlasst. Falls nicht, wird der Kundenauftrag direkt in die Produktionsplanung und -steuerung des zentralen SAP-Systems eingespeist und dort die entsprechenden Nachfolgeprozesse angestoßen.

BU: Bestellt ein Kunde bei Pilz in Shanghai das Automatisierungssystem PSS4000, legt der Vertriebsmitarbeiter in China einen Kundenauftrag in der SAP-Software an, welche die Bestellanforderung an die deutsche Zentrale automatisch erzeugt und übermittelt.

Auch die Auskunftsfähigkeit gegenüber Kunden hat sich verbessert. Mitarbeiter der chinesischen Niederlassung können jederzeit in der ERP-Anwendung nachschauen, ob eine Bestellung noch in der Produktion, im Auslieferungslager oder bereits auf dem Weg zum Kunden ist.

Golden-Tax-konforme Rechnungsstellung

Auf der Basis des SAP-Rollouts war es zudem möglich, die bis dahin von der chinesischen Niederlassung an einen externen Dienstleister ausgelagerte Finanzbuchhaltung wieder ins eigene Haus zu holen. Mit der SAP-Software kann Pilz nämlich die in China gültigen Rechnungslegungsvorschriften und Bilanzierungsstandards erfüllen, als auch Rechnungen stellen, die mit dem Golden-Tax-System konform sind. Dabei handelt es sich um eine vom chinesischen Staat gestellte und überwachte Fiskalsoftware, deren Einsatz obligatorisch ist, um an chinesische Geschäftspartner Waren verkaufen zu dürfen sowie gezahlte Steuern zurückerstattet zu bekommen.

Die hierzu benötigten Daten lassen sich mit wenigen Mausklicks aus dem ERP-System extrahieren sowie daraus Berichte erzeugen, in das Golden-Tax-System einspielen und auf speziell formatierten, rechtskonformen Belegen an die chinesischen Behörden übermitteln. Da die Behörden den direkten Datenaustausch zwischen SAP und dem Steuersystem untersagen, erfolgt dieser über eine spezielle Schnittstelle mittels einer Datei im Textformat.

Mehr Zeit und Geld für Innovationen

Nicht zuletzt erzielt Pilz durch die Rückführung der Finanzbuchhaltung in die eigenen Hände Kosteneinsparungen. Dadurch kann das Unternehmen mehr Geld in die Qualifizierung von Mitarbeitern sowie neue und innovative Projekte investieren. So denkt der Hersteller von Automatisierungslösungen beispielsweise über die Einführung einer CRM-Lösung nach. "Durch eine Verknüpfung der kundenrelevanten Informationen aus dem CRM-System mit den in SAP ERP gespeicherten Marktdaten würden wir Marktveränderungen noch schneller erkennen und könnten noch schneller darauf reagieren", schließt Hans Nowozimski.