Digitale Mythen und ihre Konsequenzen

Die fünf größten Missverständnisse über den "Silicon Valley State of Mind"

22.08.2016 von Michael Ramsperger
Das Silicon Valley – Inbegriff für IT-Innovation und disruptive Geschäftsmodelle. Doch was ist wirklich dran am Mythos Bay Area?

Auf einen Nenner gebracht, könnte man den "Silicon Valley State of Mind" so erklären: Unternehmen fahren eine technikzentrierte Strategie als Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells - und beziehen dabei alles vom mobilen Arbeiten bis hin zu 'as-a-Service' IT-Modellen mit ein.

Um das Silicon Valley ranken sich viele Mythen.
Foto: Matt Tilghman - shutterstock.com

Nun ist das eine sehr reduzierte Betrachtungsweise einer noch im Entstehen begriffenen Unternehmenskultur, die für den Mainstream noch nicht wirklich verständlich ist und bei weitem noch nicht verstanden wird. Deswegen ist das Risiko sehr hoch, dass das Konzept Opfer zahlreicher Missverständnisse wird. Ich habe deshalb im Folgenden die fünf prominentesten Mythen zusammengestellt, um dem "Silicon Valley State of Mind" damit ein Stück näher zu kommen:

Mythos Eins: Innovation findet nur im Silicon Valley statt

Das ist möglicherweise der größte Mythos von allen fünf. Natürlich ist das Silicon Valley eine besonders innovative und spannende Gegend. Trotzdem beschränken sich Innovation, digitales Denken und einzigartige Ideen nicht auf die Bay Area. Mit einer offenen Einstellung hinsichtlich digitaler Transformation kann die Silicon-Valley-Unternehmenskultur überall und in jedem Unternehmen erfolgreich gelebt werden.

Mythos Zwei: Beim "Silicon Valley State of Mind" dreht sich alles um IT

Das sehen leider noch viele Führungskräfte so, ganz besonders wenn sie am Beginn Ihrer digitalen Transformation stehen. Digitale Transformation wird jedoch alle Geschäftseinheiten im Unternehmen betreffen. Agile Software-Entwicklung und wirklich kundenzentrische Ausrichtung geht nich,t ohne die entsprechenden Supportprozesse zu verändern - von IT Operations über HR und Buchhaltung bis hin zur Rechtsabteilung. Auch wenn in vielen Fällen die digitale Transformation vom CIO getrieben wird - die treibende Kraft dahinter sind die Anforderungen der Kunden.

Mythos Drei: Der Silicon Valley-Ansatz beschleunigt die Markteinführung von Software

Das ist vielleicht mehr eine Halbwahrheit als ein ganzer Mythos! Das Silicon-Valley-Modell dreht sich um die Fähigkeit eines Unternehmens oder einer Organisation, die richtigen Produkte auf die richtige Art und Weise zu erkennen und zu kreieren. Einen kundenzentrierten Ansatz zu wählen und sehr rasch neue Ideen auszuprobieren, sind dafür wichtige Schlüsselfaktoren. Und Software spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Digitalisierung: 8 Tipps für das Change Management und den Rollout
Wie Sie Mitarbeiter für die digitale Transformation begeistern
Die Analysten von IDC geben Tipps, wie die Digtialisierungsstrategie von CDO und CIO in kurz-, mittel- und langfristigen Schritten geplant werden sollte. Der Fokus richtet sich dabei auf den Faktor Mensch, denn nur mit motivierten Mitarbeitern wird die digitale Transformation ein Erfolg.
Tipp 1: Prozesse überprüfen
Schritt 1 - kurzfristige Maßnahmen: Durchleuchten Sie die aktuellen Digitalisierungsinitiativen. In welchem Maß erfordern diese Projekte Veränderungen an den organisatorischen Abläufen, den Arbeitsprozessen und der Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen?
Tipp 2: Bedenken der Mitarbeiter sondieren
Schritt 2 - kurzfristige Maßnahmen: Besprechen Sie gemeinsam mit den Abteilungsleitern, welche Bedenken die Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen haben könnten.
Tipp 3: Sorgen der Mitarbeiter adressieren
Schritt 3 - kurzfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie die möglichen Sorgen der Mitarbeiter hinsichtlich der Veränderungen durch Kommunikationsmaßnahmen angesprochen werden können.
Tipp 4: Fokusgruppen bilden
Schritt 1 - mittelfristige Maßnahmen: Führen Sie für künftige Digitalisierungsinitiativen, die organisatorische Veränderungen zur Folge haben, Fokusgruppen oder Interviews mit Mitarbeitern ein, um deren Bedenken kennenzulernen.
Tipp 5: Kommunikationsstratiegie ausarbeiten
Schritt 2 - mittelfristige Maßnahmen: Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie die interne Kommunikation für künftige Rollouts eine Kommunikationsstrategie gestalten kann, um diese Bedenken zu adressieren.
Tipp 6: Mitarbeiter motivieren
Schritt 3 - mittelfristige Maßnahmen: Überlegen Sie, wie Sie durch die Einbindung der Mitarbeiter in den Planungsprozess deren Engagement im Vorfeld des Rollouts gewinnen können.
Tipp 7: Mitarbeiter schulen
Schritt 1 - langfristige Maßnahmen (12 bis 24 Monate): Bauen Sie ein gutes Verhältnis zur internen Kommunikation und zur Personalabteilung auf. Prüfen Sie die Möglichkeiten, wie diese Abteilungen mit Kommunikation und Mitarbeitertraining die menschliche Komponente der digitalen Transformation flankieren können.
Tipp 8: Budget prüfen
Schritt 2 - langfristige Maßnahmen: Identifizieren Sie mögliche Auswirkungen dieser menschlichen Komponente innerhalb der digitalen Transformation auf das Budget. Suchen Sie Unterstützung bei der Rechtfertigung zusätzlicher Mittel, um die Akzeptanz der Mitarbeiter im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts effektiv sicherzustellen.

Egal um welche Branche es geht - niemand wird wohl bestreiten, dass sich die Märkte heutzutage schneller bewegen als je zuvor. Um an der Spitze zu bleiben, müssen sich Spitzenreiter auch schneller bewegen. Das bedeutet, Prozesse so aufzusetzen, dass ein Unternehmen agil genug ist, um neue Ideen und Innovationen zu entwickeln, die auf die aktuellen und künftigen Anforderungen der Kunden bestmöglich eingehen. Für jede Branche ist es wichtig, sich proaktiv diesen Herausforderungen zu stellen. Die Industrien, welche heute schon oder in absehbarer Zukunft direkt mit Endkunden interagieren, sind als erste davon betroffen, neue Kernkompetenzen des Unternehmens zu entwickeln.

Mythos Vier: Eine "Silicon Valley Transformation" erfordert umfangreiche und durchschlagende Veränderungen

Wenn das wahr wäre, wäre es fast unmöglich den Silicon-Valley-Ansatz durchzusetzen. Kein Unternehmen kann sich Ausfallzeiten oder Unterbrechungen leisten, nur um sein Geschäftsmodell zu verändern. Das wäre dann so, wie ein Triebwerk während das Fluges auszutauschen: ein Desaster. In der Realität ist Transformation das Ergebnis einer Vielzahl kleiner Veränderungen und marginaler Ziele über einen längeren Zeitraum. Die größte Veränderung ist auch hier wieder eine absolute Fokussierung auf den Endkunden und der Mehrwert, der für den Kunden geschaffen wird.

Mythos Fünf: Unsere Organisation ist zu komplex, um einen agilen Ansatz einzuführen

Wenn Sie meinen, dass Ihre eigene Organisation zu komplex für Agilität ist, dann brauchen sie mehr denn je einen digitalen Ansatz. Prozesse rationalisieren, mehr Effizienz und einfachere Arbeitsabläufe sind keine "nice-to-haves" mehr, sondern essenziell, um wettbewerbsfähig zu bleiben und sich die besten Mitarbeiter zu sichern.

Fazit

Heute sind diejenigen Unternehmen am erfolgreichsten, die eine neue Innovationskultur im Unternehmen schaffen, die sich auf die Kunden ausrichtet. Mit neuen Applikationen, Services und Software finden sie innovative Wege, um traditionelle und künftige Kundenanforderungen zu beantworten. Eine digitale Strategie wird so zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Unternehmen, die der digitalen Revolution nicht schnell genug folgen und den hier geschilderten Mythen erliegen, geraten ins Hintertreffen gegenüber jenen, die dem "Silicon Valley State of Mind" aufgeschlossen gegenüber stehen und das Beste aus ihm für sich herausholen. Letztere haben diesen starken Kundenfokus und wiederholen erfolgreiche Entwicklungsprozesse, um die Innovationsfreudigkeit im Unternehmen zu fördern und voranzubringen. (haf)