HP Deutschland-Chef Smid im Interview

"Die Integration von EDS läuft nach Plan"

04.02.2009 von Wolfgang Herrmann
Volker Smid, frisch gekürter Chef von Hewlett-Packard Deutschland, erklärt im CW-Interview, wie sich der Konzern nach der Übernahme von EDS aufstellt.

CW: Sie sind erst seit einigen Wochen im Amt, trotzdem die Frage: Was wird sich unter Ihrer Führung bei HP Deutschland ändern?

Smid: Tatsächlich bin ich relativ neu im Amt und kann deshalb dazu noch wenig Konkretes sagen. Aber ich kenne Hewlett-Packard als führende Kraft im Markt und kann beschreiben, was mich bewogen hat, diese Aufgabe zu übernehmen. Dazu gehört einerseits die breite und zugleich tiefe Aufstellung des Unternehmens, andererseits die massiven Veränderungen in den letzten drei Jahren, sowohl im Portfolio als auch im Umsatz. Das alles ergibt ein hervorragendes Bild. HP ist im Bereich der Infrastruktur sehr stark aufgestellt, vom Desktop über die Druckersparte bis hin zum Data Center. Das Softwareportfolio wurde ebenso verstärkt wie das Serviceangebot. Der entscheidende Punkt ist, dieses Gesamtportfolio sowohl Partnern als auch Kunden in einer integrierten Form zur Verfügung zu stellen.

Mit EDS stärkt HP auch in Deutschland sein Branchen-Know-how, sagt der neue Deutschland Chef Volker Smid.

CW: Beim Stichwort Integration kommt die Übernahme von EDS ins Spiel. HP hat den Deal vergangenes Jahr für abgeschlossen erklärt. Ist die organisatorische Integration für HP Deutschland bereits bewältigt?

Smid: Die Integration läuft nach Plan. Davon konnte ich mich überzeugen.

CW: HP will im Zuge der Akquisition in den kommenden drei Jahren rund 7,5 Prozent seiner Mitarbeiter entlassen. Das wären etwa 25 000. Betroffen sollen auch 1150 von insgesamt 4200 deutschen EDS-Angestellten sein. Hinzu kommen 250 Stellenstreichungen bei HP Deutschland. Bleibt es bei diesen Zahlen?

Smid: Diese Zahlen beziehen sich auf den Stellenabbau im Rahmen der weltweiten Restrukturierung. Sie wurden Anfang Oktober 2008 bekannt gegeben. Die Gespräche zur Umsetzung in Deutschland werden zur Zeit mit den zuständigen Gremien geführt.

CW: Arbeitnehmervertreter von EDS kritisieren den Personalabbau massiv. Sie wenden ein, dass der Dienstleister hierzulande gut dastehe und Gewinne erwirtschafte. Werden Sie in dieser Frage noch auf die EDS-Belegschaft zugehen?

Smid: Sie sprechen über einen laufenden Prozess. Beide Gesellschaften (EDS und HP in Deutschland, Anm. d. Red.) sind nach wie vor rechtlich unabhängig.

CW: Welche Unternehmensbereiche sind hierzulande von den Stellenstreichungen betroffen?

Outsourcing und Offshoring

Smid: Die vorrangige Frage aus meiner Sicht lautet: Wie stellen wir unsere Kundenservices auf dem gleichen hohen Niveau wie bisher sicher? Das ist das Ziel, und dafür gibt es konkrete Pläne, die sich in der Umsetzung befinden. Dazu gehört auch eine Effizienzsteigerung über Offshoring und Nearshoring. Ganz unabhängig von der EDS-Übernahme sind Anpassungen in dieser Richtung ein kontinuierlicher Prozess für einen weltweit tätigen Outsourcer.

CW: Gibt es eine Zielgröße für HP weltweit und die deutsche Tochter, wie hoch der Offshoring-Anteil im Servicebereich künftig sein soll?

Smid: Letztlich geht es um eine Mischung aus Qualität und Kostendisziplin. Deshalb ergibt es wenig Sinn, eine konkrete Zielgröße in Prozent zu nennen. Im Vordergrund stehen Kundenanforderungen und die Qualitätssicherung.

Volker Smid: HP hat in den vergangenen Jahren 6,5 Milliarden Dollar in Softwareakquisitionen investiert.

CW: HP ist mit der EDS-Übernahme zum weltweit zweitgrößten IT-Serviceanbieter aufgestiegen. Dennoch hat auch das fusionierte Unternehmen seine Stärken vor allem im Bereich IT-Infrastruktur. In Sachen Geschäftsprozesse und Consulting muss sich HP hinter IBM und Accenture einreihen. Wie gehen Sie mit diesem Defizit um?

Smid: Ich sehe dieses Defizit nicht. Zum einen hatte HP - gerade in Deutschland - schon vor der Akquisition von EDS starke Consulting-Kapazitäten in den Bereichen Software, Technology Solutions und Applikationen. Bei den Geschäftsprozessen bringt EDS zudem ein tiefes Branchen-Know-how mit ein. Und wir werden auch in dem neuen Unternehmen HP/EDS speziell im Mittelstand wie bisher auf Partnerkonzepte setzen. Das gibt uns eine ordentliche Power.

CW: Streben Sie hinsichtlich Ihrer Positionierung kein komplettes Portfolio nach dem Muster von IBM an? Die einstmals von EDS abgespaltene Beratungsfirma A.T. Kearney hätte zu einem solchen Konstrukt ja vielleicht gut gepasst.

Smid: Eine Trennung der strategischen Beratung von der Umsetzung beim Kunden kann durchaus sinnvoll sein. Beispielsweise wenn ein unabhängiges Unternehmen, das nicht mit dem Outsourcer verbunden ist, die strategische Beratung übernimmt, Letztlich kommt es auf die konkrete Situation an.

CW: Im Vergleich zu anderen Branchenschwergewichten besitzt HP ein relativ kleines, aber profitables Softwaregeschäft. Die Branche spekuliert schon seit Jahren, wann HP diesen Bereich durch größere Übernahmen ausbaut. Bisher ist nicht allzu viel passiert. Wie sieht Ihre Strategie aus?

Smid: Wenn es um die Profitabilität eines Komplettanbieters geht, bietet das Softwaregeschäft einen großen Hebel. HP hat in den vergangenen Jahren 6,5 Milliarden Dollar in Softwareakquisitionen investiert. Dazu zählten unter anderem die Übernahmen von Mercury Interactive und Opsware, die unsere Kernkompetenz in Bereichen wie IT-Management, Operations-Management, Qualitätssicherung und Governance gestärkt haben. Es ist also durchaus einiges passiert. Mit mehr als drei Milliarden Dollar Jahresumsatz ist HP heute weltweit der sechstgrößte Softwareanbieter. Software ist ein strategischer Schwerpunkt von HP.

CW: Neben den großen Protagonisten hat sich auch HP im SOA-Markt engagiert. Nun gibt es von Analysten immer mehr kritische Stimmen. Einige behaupten sogar, SOA sei in der Praxis gescheitert. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?

Strategisches Softwaregeschäft

Smid: Eine solche Einschätzung halte ich für vorschnell. Für viele Unternehmen ist das Thema heute eine Selbstverständlichkeit, und die großen Softwareanbieter wie SAP und Oracle gehen das Thema sehr ernsthaft an. Berücksichtigt man die Durchdringungstiefe der ERP-Software in den Unternehmen, wird das eventuell noch einige Zeit dauern. Deshalb glaube ich aber nicht, dass man sagen kann, SOA sei gescheitert.

CW: Wie wichtig ist das Hype-Thema Cloud Computing für HP?

Smid: Einen Hype sehe ich darin nicht. Für mich ist Cloud Computing ein konsequentes Ergebnis einer Transformationsstrategie im Unternehmen. Dabei geht es zunächst oft darum, die möglicherweise weltweit verteilte IT-Infrastruktur zu konsolidieren und zu virtualisieren. Wenn dabei eine automatisierte und hochgradig skalierbare Infrastruktur aufgebaut und IT als Service an die Geschäftsbereiche verkauft wird, kommen wir in die Nähe von Cloud Computing. In ähnlicher Weise gilt das für externe Dienstleistungsangebote wie beispielsweise HP’s Utility Sourcing Services (USS).

CW: Die weltweite Finanzkrise wird 2009 auf fast alle Branchen durchschlagen. In welchen IT-Bereichen rechnen Sie mit Rückgängen?

Smid: Auf der Kundenseite wird es kurzfristig sicher Verschiebungen im IT-Portfolio geben. Projekte mit schneller Rentabilität werden tendenziell vorgezogen. Auf der Prioritätenliste der CIOs stehen Kosteneinsparungen heute ganz oben. In solchen Zeiten spielen Themen wie Rechenzentrums-Transformationen, die innerhalb von zwölf Monaten echte Einsparungen bringen können, eine wichtige Rolle. Andere Projekte, die sich etwa erst nach 24 Monaten rentieren, werden möglicherweise verschoben. In diesem Zusammenhang entstehen aber auch mehr Outsourcing-Möglichkeiten. Aufgrund des Budgetdrucks könnten Unternehmen verstärkt Basisdienste von einem externen Dienstleister beziehen.

CW: Wo sehen Sie Wachstumschancen im Softwarebereich?

Smid: Überall dort, wo Security, Governance und Compliance eine Rolle spielen, wird das Geschäft eher stabil bleiben oder sogar zulegen.

CW: Mit Novell waren Sie stets auch auf der CeBIT präsent. HP verzichtet schon seit längerem auf eine Teilnahme. Bleibt es dabei?

Smid: Die CeBIT ist ein wesentlicher Bestandteil der IT-Landschaft, der von vielen geschätzt wird. Auch als Hersteller muss man allerdings immer über Effizienzvorteile nachdenken. Unser Schwerpunkt liegt auf gezielten Kundenveranstaltungen wie der "Technology at Work" oder der "Software Universe". Insofern hat sich bei HP nichts verändert.