Ein Maß für die Attraktivität der IT ist sicher die Anwenderzufriedenheit. Uta Hahn, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Business Group Munich (BGM), ist auf dieses Thema spezialisiert und berichtete von ihren Erfahrungen: Beispielsweise bitte sie die Endanwender manchmal, ihre Wahrnehmung der internen IT bildlich darzustellen. Die Metaphern seien aufschlussreich. Dabei spanne sich der Bogen vom Blindenhund (zuverlässige Führung) über den Mauwurf (Arbeit im Verborgenen) bis zum Bär im Winterschlaf (reagiert nur, wenn man drauftritt).
Service Desk lieber intern
Einer von Hahns Kunden ist Ricordo Diaz Rohr, Vice-Präsident IT des Energiedienstleisters EnBW. Wie er freimütig einräumte, hatte er vor einiger Zeit damit zu kämpfen, dass seine internen Kunden zur externen Konkurrenz überliefen. Mittlerweile seien viele von ihnen zurückgekehrt. Wie er das geschafft habe? - Mit Hilfe eines "Excellence"-Programms, das darauf abziele, den gesamten IT-Service-Prozess vom und bis zum Kunden zu verbessern.
Als sein "Erfolgsgeheimnis" nannte Diaz Rohr das Augenmerk, das er dem internen Service Desk gewidmet habe. "Ich bin kein Freund des Service-Desk-Outsourcing", bekannte er: "Dies ist der einzige Berührungspunkt zwischen IT und internem Kunden; damit entscheidet er über die Zufriedenheit der Anwender."
Die IT der EnBW geht so weit, dass der Kunde nicht mehr zum Service kommen muss, sondern umgekehrt. Ein "mobiler Service-Point" besucht nach einem festgelegten Fahrplan auch die Anwender an weiter entfernten Standorten.
Mit dem iPad raus ins Werk
Ein Programm zum Thema "Total User Experience" hat auch Martin Hofmann aufgesetzt. So will der neue Konzern-CIO der Volkswagen AG das Image der IT nachhaltig verbessern: "Bis vor wenigen Wochen war die User Experience noch kein Thema für uns", bekennt er: "Um Büromaterial zu bestellen, brauchten Sie eine Schulung." Jemandem, der in weniger als einer Minute eine Order bei Amazon abschließen könne, sei das schwer vermittelbar.
Das Helpdesk-Konzept wurde überarbeitet (individuelle Lösungen und Beratung und die Ausstattung der Mitarbeiter mit modernen Endgeräten forciert. Pilotanwender für ein iPad-Projekt sind die Mitarbeiter des HR-Bereichs, der aufgrund des großen Personalwachstums derzeit alle Hände voll zu tun hat. Sie verbarrikadieren sich nicht mehr hinter einer Burg aus Bildschirmen, wie Hofmann es bildhaft beschreibt, sondern gehen mit dem iPad unterm Arm ins Werk.
15 Business-Ideen jährlich
Jan Brecht, CIO der Adidas Group, brachte die Endkunden ins Spiel. Adidas sorgte gerade mit dem ersten "Neo-Shop" für Furore, wo potenzielle Käufer dank einer Kamera im Spiegel ihr Outfit in Facebook einstellen und auf direktes Feedback ihrer Freunde warten können.
Solche Ideen will die IT häufiger generieren. 15 Business-Vorschläge pro Jahr hat sie dem Vorstand versprochen. So darf sie hoffen, einen Platz am Vorstandstisch zu erhalten - und zwar nicht nur "als Position auf der Speisekarte", wie Brecht schmunzelnd präzisierte.
Kommentar: Infrastruktur ist wie Zehennägel schneiden
Wie macht man die IT attraktiv? Diese Frage stellen sich CIOs vermutlich Tag für Tag. Die Beraterantwort darauf lautet: Indem man ihren Beitrag zum Unternehmenswert erhöht. Und wie geht das? So fragen Sie sich daraufhin. Die Antwort kommt meist wie aus der Pistole geschossen: Indem man hilft, entweder die Kosten zu senken oder den Umsatz zu steigern - vielleicht sogar mit Hilfe ganz neuer Geschäftsmodelle.
Die Endanwender - und hierzu zählen bekanntlich auch Topmanager - haben auf die Frage nach der Attraktivität der IT allerdings eine ganz andere Antwort. Meistens kommt der Begriff iPad darin vor.
Die "Hamburger IT-Strategietage" zeigten in diesem Jahr eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten auf, wie die IT ihr Image aufbügeln kann - anfangen vom "Business-Ansatz" in der strategischen Planung über das Training der Kommunikationsfähigkeit bis zur Einbindung privater Endgeräte in die Unternehmens-IT. Projekte, die den Fachbereichen die Arbeit erleichtern, werden auch gern genommen.
Alles schön und gut, dachte sich da der eine oder andere geplagte CIO. Aber was ist mit den IT-Vorhaben, die weder hübsche Front-ends vorweisen können noch direkt zur Arbeitserleichterung in den Business-Bereichen des Unternehmens beitragen? Was ist mit Infrastrukturprojekten? Was mit IT-Governance? Mit Service-Management? Ist ITIL wirklich sexy, wie die Kolumnistin vor Jahren einmal an dieser Stelle behauptet hat?
Nicht wirklich! Oder um im Bild zu bleiben: Projekte, die keinen unmittelbaren Effekt auf den Arbeitsalltag haben, sind ungefähr so sexy wie das Schneiden von Zehennägel. Abgesehen von ein paar Hardcore-Fußfetischisten will das niemand sehen. Zudem kostet es auch noch jede Menge Zeit. Andererseits ist diese Arbeit für einen gepflegten Gesamteindruck unerlässlich. Denn auf abgebrochenen oder eingewachsenen Nägeln wirkt auch der schönste Nagellack alles andere als attraktiv.
Karin Quack