Foto: W.Ihlenfeld_Fotolia
Im Markt für Cloud Computing ist bislang kein Anbieter erkennbar, der sämtliche Bedürfnisse aus einer Hand abdeckt. Das hat eine Erhebung der Experton Group unter deutschen Cloud-Providern im Rahmen der Studie "Cloud Vendor Benchmark 2010" gezeigt. Daher müssen sich interessierte Anwender auf ein "Multivendor Cloud Services Sourcing" einstellen, was die Komplexität in Auswahl und Management der Services erschwert. Viele Unternehmen werden mit hybriden Clouds arbeiten müssen, also mit Kombinationen aus Diensten von mehreren Anbietern sowie unterschiedlichen Betriebsarten (internal, private, community, public). Sie unterstützen individuelle Entitäten, sind aber auch durch standardisierte oder proprietäre Techniken so verbunden, dass eine Daten- und Applikations-Portabilität möglich ist. Dieses Modell ist keineswegs theoretisch. Zwei Beispiele aus der Praxis veranschaulichen die Komplexität, Herausforderungen und Lösungsmöglichkeiten der hybriden Wolken.
Kombination aus Private und Public Cloud
Im ersten Fall handelt es sich um eine Applikationsplattform aus einer Kombination aus Private und Public Cloud. Erstere Cloud wird für das Produktivsystem genutzt. Sie muss zuverlässig und hochverfügbar sein. Der gewählte Service-Provider garantiert dies. Die öffentliche Wolke liefert Ressourcen für Entwicklung und Test. Hier ist die Verfügbarkeit zwar auch wichtig. Eine garantierte Gesamtverfügbarkeit des Systems kann angesichts der zwangsläufigen Eingriffe der Entwickler und Tester in die Middleware und ins Betriebssystem kein Dienstleister gewährleisten.
Die Komplexität steckt in der Übergabe der fertig getesteten Applikationen von der Public Cloud (mit erhöhten Freiheitsgraden) in die Produktivumgebung der Private Cloud mit hoher Standardisierung. Üblicherweise gibt es im Development- und Testprozess Veränderungen in der Konfiguration und Parametrisierung der darunter liegenden Server-, Betriebssystem und Middleware-Plattform. In einer "klassischen" Umgebung werden sie oft auf Zuruf oder bestenfalls mit Change-Requests umgesetzt. Diese Möglichkeit existiert in einer hoch standardisierten Cloud-Umgebung nicht.
Daher muss der Übergabeprozess klar geregelt werden. Entwickler und Tester dürfen Systemeinstellungen nicht verändern, sie müssen mit den Vorgaben der standardisierten Zielplattform arbeiten. Die große Herausforderung besteht darin, möglicher Spannungen und Ablehnungen in der IT-Organisation gegenüber der Cloud-Plattform Herr zu werden. Die Standardisierung von Applikationsplattformen und das Management ist - unabhängig vom Cloud-Ansatz - eine Aufgabe, die jedes Unternehmen in den Griff bekommen muss.
Cloud-Ausprägungen
Private Cloud: Die Infrastruktur gehört einer einzigen Institution oder wird nur von ihr genutzt.
Community Cloud: Mehrere Organisationen teilen sich die Infrastruktur. Die Nutzer haben aber allesamt ähnliche Anforderungen etwa zu IT-Sicherheit und Compliance.
Public Cloud: Die Cloud-Infrastruktur wird von einem Unternehmen betrieben. Es ist Eigentümer der Installation und verkauft Kapazitäten an viele Nutzer.
Hybrid Cloud: Die Infrastruktur ist eine Mischung aus zwei oder mehreren Clouds (privat, öffentlich oder gemeinschaftlich) für individuelle Anwender. Sie verbindet jedoch standardisierte und proprietäre Techniken dergestalt, dass Daten und Applikationen portiert werden können.
Quelle: "Cloud Vendor Benchmark Studie" der Experton Group.
Integration einer SaaS-Lösung
Der zweite Fall handelt von einer Teileinführung von Salesforce als CRM-Tool für den Außendienst. Auch hierzulande wird die Mietsoftware nicht selten von Fachabteilungen oder Landesgesellschaften ohne Wissen beziehungsweise Rücksprache mit der zentralen IT genutzt. Zudem werden bestehende CRM-Systeme nicht ersetzt, sondern nur "ergänzt". Damit entstehen hybride Installationen.
Irgendwann stößt ein solcher autarker Betrieb an seine Grenzen, weil das SaaS-Tool eine Anbindung an andere, interne Applikationen (etwa CRM-, ERP-, BI- Systeme) oder an eine andere Cloud (zum Beispiel für Collaboration-Services) benötigt. Die Herausforderung ist dann, die Gesamt-Performance und -Verfügbarkeit aus Sicht des Endnutzers zu verwalten und sicherzustellen. Zudem müssen Daten ohne Qualitätsverluste portiert werden.
Dazu wäre ein übergreifendes Management-Tool auf Basis von Web-Services erforderlich, doch ein solches Werkzeug gibt es noch nicht. Die Verfügbarkeit und Performance der SaaS-Lösung muss also mit den Leistungsdaten der Client-Infrastruktur, der internen und externen Applikationen sowie der Netze verknüpft werden, so dass ein Gesamtbild entsteht.
Als Lösung bietet sich derzeit nur an, sich an den Vorgaben des SaaS-Providern zu orientieren. Die von ihm definierten SLAs, Prozeduren und gegebenenfalls Einschränkungen sind gesetzt. An sie müssen sämtliche anderen Systeme, deren Eckdaten der Anwender beeinflussen kann, angepasst werden. Bestehende System-Management-Werkzeuge müssen zudem um Cloud-Schnittstellen erweitert werden.
Checkliste Hybride Cloud
Um hybride Clouds verwalten zu können, sollten Sie
sicherstellen, dass die Cloud-Services Ihren Anforderungen entsprechen;
prüfen, ob geforderten Standardisierungen auch umsetzbar sind;
rechtzeitig den passenden Mix aus Public- und Private-Services definieren;
die SLAs des Gesamtsystems und der Komponenten realistisch festlegen;
Metriken definieren, um das System und die Management-Schicht zu überwachen;
das Gesamtsystem aktiv managen.
Der Aufwand lohnt sich
Cloud-Services bieten Anwender enormes Potenzial, ihren IT-Betrieb zu verbessern. Die Beispiele sollen zeigen, dass die neuen Möglichkeiten aber auch große Herausforderungen bereithalten. Dennoch lohnt die Arbeit, denn die damit verbundene Standardisierung senkt per se die Kosten. (jha)