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IT-Manager stehen unter enormem Kostendruck. Einsparungen ohne Eingriffe in die Systeme, Anwendungen und Services sind kaum möglich. Werden Leistungen zurückgefahren und Infrastruktur abgebaut, wächst das Risiko, dass die IT bei anziehendem Auftragseingang nicht schnell genug reagieren kann.
Was die Anbieter versprechen ….
Dieses Dilemma der Anwender haben viele IT-Service-Provider erkannt. Sie bieten ihre IT-Dienstleistungen unter dem Stichwort "Variabilisierung der IT-Kosten" oder "Service on Demand" an. Damit, so das Versprechen, können Kunden IT-Leistung nach aktuellem Bedarf beziehen. Sie bezahlen nur für die tatsächlich abgenommenen Services und Volumina, gleichgültig, ob die Nachfrage sinkt oder steigt oder ob die Kunden lediglich Lastspitzen abdecken wollen. Die Anwender sparen sich in diesem Modell IT-Investitionen und Fixkosten. Die Anbieter bieten ihnen sozusagen Flexibilität ohne Risiko.
Aber wie sieht die Praxis aus? Können die Anbieter die Leistungen tatsächlich flexibel liefern? Wo sind die Grenzen dieser Angebote?
… und was sie halten
In der Regel ist die Variabilisierung kein Problem, wenn Kunden mehr abnehmen wollen. Dann aktiviert der Anbieter einfach die schlummernden Ressourcen oder bestellt zusätzliche Server, Speicherkapazität und Lizenzen bei seinem Lieferanten.
Anders verhält es sich jedoch, wenn die Leistungen reduziert werden sollen. Hier ist der Provider nur flexibel, wenn er selbst über die frei werdenden Ressourcen verfügen kann, also das Nutzungsrecht in seinen Händen liegt. Die Stellfläche im Data Center, den Storage-Pool, die Server-Farm sowie die eigenen Personalleistungen - all das kann er beim Kunden herunterfahren, sobald die Kapazitäten nicht mehr benötigt werden. Ob sich sein Geschäft trotzdem rechnet, ist allein eine Frage seiner Kalkulation. Selbst bei Komponenten und Personal, die der Provider von Drittanbietern bezieht, ist ein variabler Einsatz möglich, wenn im Vorfeld die Verträge entsprechend gestaltet wurden. Dann kann der Kunde den nicht mehr erforderlichen Server oder den frei gewordenen Speicherplatz einfach abbestellen.
Die Grenzen der Variabilisierung
Das Modell der unbegrenzten Variabilisierung stößt jedoch schnell an seine Grenzen, wenn es um Software und Anwendungen geht, wenn der Kunde also Lizenzen zurückgeben möchte. Die Verträge besonders der großen ERP-Anbieter untersagen die Weitergabe der Lizenzen an Dritte. Der Service-Provider kann also keinen großen Lizenz-Pool vorhalten, aus dem er bei Bedarf Softwarekomponenten entnimmt oder in den er nicht mehr benötigte Anwendungen zurückgibt. Nur für wenige Dienstleister gelten diese Marktgesetze nicht. Einige Hersteller bieten Outsourcing-Dienste für ihre eigenen Produkte an. In diesem Fall können sie selbst die Lizenzbedingungen festlegen und damit ein variables Bezugsmodell für ihre Kunden betreiben.
Das Kleingedruckte verlangt die Beistellung
In der Regel widersprechen die Leistungsscheine in puncto Softwarenutzung den ursprünglichen Variabilisierungsversprechen, da die Provider vom Kunden eine "Beistellung" der Lizenzen verlangen. Das bedeutet im Klartext, dass der Kunde die Lizenzen kaufen und an den Dienstleister weiterreichen muss, damit dieser seinen Service angemessen betreiben kann. In diesem Modell kann der Anwender bei Minderbedarf keine Kosten sparen, weil er als Lizenznehmer den ursprünglichen Umfang finanzieren muss. Er muss also ungenutzte Lizenzen weiterbezahlen. Den Anwendern bleibt in der Regel nichts anderes übrig, als die Rechte für ERP-, Groupware- und sonstige Anwendungen selbst zu erwerben. Das ist zwar nicht wünschenswert, häufig aber unumgänglich.
Ein Ausschlusskriterium ist hingegen der Lizenzkauf von Betriebssystemen sowie anderen hardwarenahen Softwarekomponenten in einem On-Demand-Modell. Auf solche Forderungen sollten sich Kunden nicht einlassen. Das gilt vor allem für Hardware, die der Anbieter beschafft und betreibt. In einer derartigen Konstellation bleibt der Kunde auf den Fixkosten für Lizenzen sitzen, wenn sein Bedarf sinkt. Eine auf die reine Hardwarenutzung beschränkte Variabilisierung der Kosten bietet deutlich weniger Einsparmöglichkeiten, wenn weniger Leistungen benötigt werden. Durch diese Effekte der Beistellung kippt nicht selten die Kalkulation für das Outsourcing-Vorhaben, so dass sich eine IT-Auslagerung nicht mehr lohnt.
Das Problem mit der Hardware
Neben den grundsätzlichen Schwierigkeiten durch die Lizenzbedingungen der Softwareanbieter drohen auch auf Hardwareseite Hindernisse für eine flexible Nutzung der Ressourcen. Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang lautet: Was geschieht mit den Altgeräten, die ein Kunde nach dem Outsourcing nicht mehr benötigt?
Denkbar sind zwei unterschiedliche Lösungen:
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Der Anbieter übernimmt die Altgeräte: Der einfachste Weg für den Kunden ist, die Hardware dem künftigen Provider zu übergeben. Diesem Vorschlag wird sich der Provider nicht widersetzen, wenn die zu übernehmende Hardwarelandschaft in seine Systemumgebung passt. Betreibt der Kunde jedoch eine heterogene Landschaft - und das ist die Regel -, wird es komplizierter. Die unterschiedlichen Systeme, die zudem nicht oft vom Hauslieferanten des Providers stammen, machen eine Integration sehr komplex und teuer. Damit leidet die Effizienz des Auslagerungsprojekts, so dass der Anbieter den Mehraufwand auf die Kosten aufschlägt.
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Beistellung der Kundenhardware: Eine gängige und pragmatische Lösung ist, dass der Kunde für die Dauer der verbleibenden Abschreibungs- beziehungsweise Leasingdauer Eigentümer der Hardware bleibt. Der Anbieter nutzt in diesem Modell die Installation seines Kunden, um die Services betreiben zu können. Erst wenn Geräte neu angeschafft werden müssen, wird die Kundenhardware durch Komponenten des Anbieters ersetzt. Das läuft der Variabilisierung zuwider, denn der Kunde bleibt auf den Fixkosten für die beigestellte Hardware sitzen. Zumindest für diesen Teil werden die Kosten nicht variabel.
Das raten CIOs
Was tun?
Wer seine Altsysteme auslagern möchte, sollte daher das Variabilisierungspotenzial im Auge behalten. Anhaltspunkte dafür bietet folgende Fragenliste:
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In welchem Umfang können Lizenz-, Wartungs- und Leasingverträge an Dritte übertragen werden?
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Welche Restlaufzeiten bestehen für die nicht übertragbaren Verträge?
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Wie hoch ist der interne Fixkostenblock für die nicht übertragbaren Verträge?
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Sind die verbleibenden Variabilisierungsmöglichkeiten groß genug, dass sich das Projekt lohnt?
Wenn die Analyse für ein Outsourcing spricht und die genannten Fragen geklärt sind, kann das Projekt ausgeschrieben werden. Auch in dieser Phase sollten Anwender auf Transparenz in den kritischen Aspekten des Projekts drängen.
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Schon im Request for Information (RfI) sollten Sie formulieren, was mit den zu übertragenden Wirtschaftsgütern geschehen soll.
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Prüfen Sie, ob der Lizenzgeber von Systemen auch als Service-Provider in Frage kommt. Häufig kann nur er flexible Bezugsmodelle betreiben.
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Lassen sich Wirtschaftsgüter nicht übertragen, müssen die Kosten für die Altverträge und das notwendige Vertrags-Management entsprechend angepasst werden. Kalkulieren Sie auch den Business Case neu.
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Fordern Sie Preistransparenz bei Mehr- und Minderbezügen, wenn möglich auch außerhalb der definierten Preiskorridore. Vermeiden Sie große Fixkostenblöcke im Preismodell des Anbieters.
Fazit: Frühzeitig das Potenzial analysieren
Variable Kosten lassen sich durch Outsourcing nicht so einfach erreichen, wie es Hersteller glauben machen wollen. Wer großen Wert auf eine Flexibilisierung der IT-Kosten legt, sollte früh die eigene Umgebung analysieren und im Vorfeld eines Projekts wichtige Fragen klären. So lässt sich ermitteln, in welchem Ausmaß ein Outsourcing die IT-Kosten tatsächlich variabilisieren würde. Wer Transparenz schafft, kann die Angebote der Dienstleister kritisch durchleuchten. (jha)