Von Webdesigner bis Social Media Manager

Die neuen Jobs im Internet

18.08.2013 von Sandra Lauer
Das mobile Internet und soziale Netze haben neue Berufsbilder entstehen lassen, die oft eng mit dem Marketing zusammen­hängen. IT-, Internet- und fachliches Verständnis müssen Hand in Hand gehen.

Die Gestalterin: Kampf um einheitliches Erscheinungsbild

Als „Symbiose aus gestalterischem Auge und Technik-Know-how" beschreibt Susanne Hartung die Voraussetzungen, die sie ihrem Job-Profil zuordnen würde. Die diplomierte Medienwirtin ist heute die einzige Web-Designerin beim Frankfurter Softwarehersteller Sage und verantwortlich dafür, dass die Website sowie Intra- und Extranet deutschlandweit einheitlich gestaltet sind. Oder, wie sie augenzwinkernd sagt, für „die Verteidigung des Corporate Designs gegenüber Vertriebs- oder Marketing-Interessen". Dies ist im Moment eine große Aufgabe, da das Unternehmen sein gesamtes Erscheinungsbild umstellt. Zudem programmiert Hartung Newsletter und Flash-Banner mit HTML oder ActionScript, entwirft Screendesigns und arbeitet intensiv mit der Entwicklungsabteilung zusammen.

Web-Designerin Susanne Hartung sorgt für ein einheitliches Corporate Design beim Softwarehersteller Sage Software.
Foto: Privat

Die erste Wahl bei der Jobsuche war der Online-Markt für Susanne Hartung nicht. In ihrer Ausbildung zur Mediengestalterin lag der Fokus noch auf Digital- und Printmedien, ein anschließendes Medienwirtschaftsstudium lehrte sie die Gestaltung für Film und Fernsehen. „Das Studium hatte auch 25 Prozent Medientechnik-Anteil; die Programmierkenntnisse kann ich heute sehr gut gebrauchen. Aber das Know-how fürs Internet-Geschäft habe ich mir erst im Beruf angeeignet", erklärt Hartung, „unter anderem durch vier Jahre Tätigkeit in einer Agentur." Dabei lernte sie auch kundenorientiertes Arbeiten, was ihr heute zugutekommt: „Im Grunde bin ich eine Art interne Dienstleisterin."

Die Aufgaben in ihrem Job gehen laut der Web-Designerin in Richtung interaktives Web: „Der Bedarf an Web-Design wird auf jeden Fall wachsen; für meine Kollegen in der Gestaltung von Print-Medien wird es dagegen schwierig", prognostiziert Hartung.

Die Vernetzerin: Keine Berührungsängste mit IT und Menschen

Janina Benz bezeichnet das Internet ohne große Umschweife als „meine Schaffensgrundlage". Die 30-Jährige ist Social-Media-Managerin bei der GFT Group. In dieser Funktion betreut sie alle 15 Social-Media-Kanäle der IT-Unternehmensgruppe. Sie koordiniert die GFT-Aktivitäten in den sozialen Netzwerken und plant die redaktionellen Inhalte der Kanäle sowie der Unternehmensblogs. Außerdem ist sie zuständig für die Beziehungen zu einflussreichen Bloggern und anderen Multiplikatoren aus dem Web. Ihre Kollegen berät sie zu Fragen rund um die Online-Kommunikation.

Janina Benz betreut als Social-Media-Managerin bei GFT 15 Social-Web-Auftritte und kümmert sich um die Beziehungen zu Bloggern und Multiplikatoren im Netz.
Foto: Privat

Als Voraussetzung für ihren Beruf sieht Benz vor allem eine Mischung aus technischer Affinität und Kommunikationsstärke: Die Rolle erfordere ein persönliches Interesse an sozialen Medien, erklärt die studierte Betriebswirtin, „ebenso wie die Neigung, offen und authentisch auf Leute zuzugehen".

Das technische Verständnis muss laut Benz „insofern da sein, als man sich täglich mit Content-Management-Systemen, Monitoring-Tools sowie den Neuheiten im Social Web auseinandersetzt und sich in die technischen Details neuer Kanäle einarbeitet". Beim Bloggen auf Wordpress seien zudem HTML-Kenntnisse nützlich. Da es sich um ein sehr dynamisches Berufsfeld handle, sollte eine Social-Media-Managerin zusätzlich den Willen haben, Dinge auszuprobieren und zu testen, ob zum Beispiel neue Features und Tools das halten, was sie vordergründig versprechen.

Die Quereinsteigerin: Schnittstelle zum Kunden

Durch die Entwicklung eines Internet-Arbeitsmarkts, also von Berufsprofilen, die stark mit Aufgaben rund um die Arbeit im und mit dem World Wide Web zusammenhängen, werden auch Schnittstellenfunktionen immer wichtiger, also „Übersetzer" und Vermittler, die die internen IT-, Entwicklungs-, Vertriebs- und Marketing-Abteilungen mit den Anforderungen der Kunden zusammenbringen. In diesen Rollen finden sich häufig auch Quereinsteiger wie Micol Poli, Beraterin beim IT-Dienstleister Live Reply.

Gesunder Menschenverstand statt Informatikstudium: Micol Poli kam als Quereinsteigerin in den Internet-Arbeitsmarkt und zum IT-Dienstleister Live Reply.
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Die gebürtige Italienerin kümmert sich bei einer Smartphone-Anwendung sowie einem Mobile-Payment-Projekt um die Kommunikation und Abstimmung zwischen den Abteilungen, die an der (Weiter-)Entwicklung der Produkte beteiligt sind.

Auch die Content-Konfiguration, beispielsweise Änderungen am Layout je nach individuellen Kundenwünschen, gehört zu ihren Aufgaben. „Ich denke, für einen Job wie den meinen ist der Kommunikationshintergrund sogar wichtiger als IT-Know-how", sagt die studierte Linguistin. „Natürlich braucht man ein gutes Technikverständnis und Erfahrung in dem Bereich. Aber ein IT-Job heißt nicht immer gleich programmieren – und in meinem Fall ist ein gutes Maß an gesundem Menschenverstand wichtiger als ein Informatikstudium." Auch an Testern, IT-Coaches und Handbuchautoren sieht Poli einen wachsenden Bedarf. Der Internet-Arbeitsmarkt fordere pädagogisch und kommunikativ versiertes Personal, das die IT vielleicht nicht im tiefsten Detail verstehe, sie aber anwenden beziehungsweise ihre Nutzung gut vermitteln könne.

Die Change-Managerin: Abschied von der analogen Welt

Produkt-Marketing-Management hat sich aus der analogen Welt verabschiedet und ist mittlerweile meist ein reiner Internet-Job, sagt Susann Müller von Sage Software.
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Der Internet-Arbeitsmarkt prägt neue Berufsbilder und verleibt sich traditionelle ein. „Wenn wir heute einen Produkt-Marketing-Manager einstellen, hat der meist einen reinen Internet-Job", sagt beispielsweise Susann Müller, die bei Sage als Produkt-Marketing-Managerin für die Personalsoftware „HR Recruiting 2.0", ähnlich wie Micol Poli, eine Schnittstellenfunktion bekleidet. Als sie sich vor fünf Jahren beim Softwarehersteller bewarb, konnte man dem Anforderungsprofil mit einem BWL-Studium und dem Schwerpunkt Marketing genügen.

Hinsichtlich des IT-Wissens waren nur Grundkenntnisse gefragt. „Heute richtet sich meine gesamte Denkweise daran aus, ob und wie unsere Ideen in SaaS- und Cloud-Produkten funktionieren werden", sagt Müller. Die Herangehensweise ihrer Arbeit habe sich durch das Internet grundlegend geändert. Nicht mehr die analoge Welt steht im Fokus, sondern die Umsetzung der verschiedenen betriebswirtschaftlichen Anwendungen im Web.

Kampf dem Fachkräftemangel

Sowohl der Fachkräftemangel als auch das Entstehen zahlreicher neuer Berufsbilder fordern von der IT-Branche einiges an Umdenken.
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Es fehlt derzeit nicht nur an IT-Profis, auch Internet-Fachkräfte sind dünn gesät. Umso wichtiger ist es, gesellschaftliche Gruppen zu mobilisieren, die diese personellen Engpässe beseitigen könnten. Deshalb verfolgt beispielsweise eine Initiative des Bundesbildungsministeriums mit der Bezeichnung „Komm, mach MINT" das Ziel, Mädchen und Frauen für naturwissenschaftliche und technische Studiengänge zu begeistern.

Auch eine ernsthafte Beschäftigung mit dem Thema Diversity kann dazu beitragen, dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen. Dazu gehört beispielsweise die Förderung von Quereinsteigern oder die besondere Berücksichtigung von Migranten. Der Erfahrungsschatz älterer Arbeitnehmer, die heute noch oft in Frührente geschickt werden, birgt ebenfalls Potenzial für Unternehmen, die Fachkräfte suchen.

Morgen
Sieben Trends zur Arbeit von morgen
Die Studie "Evolving Workforce Research" von Dell und Intel beschreibt, wie die Arbeit von morgen aussehen könnte und nennt sieben Trends.
1. Crowd-Sourcing
In der Arbeitswelt von morgen arbeiten Menschen in <b>virtuellen Teams</b> zusammen, oft ohne sich zu kennen. Diese Teams werden kurzfristig zusammengestellt und sind über moderne Kommunikationsmittel verbunden. Anders als in vielen heutigen Projekten definiert sich diese Crowd vor allem funktional und weniger durch Hierarchien. Pervasive IT und Cloud Computing bieten dafür eine technische Grundlage. Die Mitarbeiter in solchen virtuellen Teams gehen oft <b>kein festes Beschäftigungsverhältnis</b> ein, sind flexibel und daran gewöhnt, mit stark schwankenden Einkommensverhältnissen zurechtzukommen. Das kann zwar kurzfristig zu einer Steigerung der Produktivität führen, langfristig können Unternehmen aber auch Schwierigkeiten bei der Bindung von Spezialisten bekommen.
2. Das Ergebnis muss stimmen
War die Arbeitswelt bisher primär über die vertraglich geregelte Arbeitszeit organisiert, so rückt jetzt das <b>Arbeitsergebnis</b> in den Fokus. Da sich die Produktivität der Arbeitsprozesse gerade unter den Bedingungen des Crowdsourcings nur unzureichend über die Anzahl aufgewendeter Stunden erfassen lässt, werden zunehmend <b>Output-orientierte Messmethoden</b> eingeführt.
3. Einsatz von mobilen Geräten
In Unternehmen werden <b>unterschiedliche Endgeräte</b> und Betriebssysteme verwendet, die auf die jeweiligen Einsatzbereiche abgestimmt sind. Cloud Computing bietet dafür eine Fülle von Möglichkeiten, da die jeweiligen Endsysteme damit auf einen <b>praktisch unbegrenzten Vorrat</b> an Daten und Anwendungen zugreifen können. Kompatibilität, Interoperabilität und Datensicherheit sind dabei entscheidende Faktoren. Nur solche Systeme werden sich durchsetzen, die sich nahtlos in die IT-Landschaften integrieren lassen.
4. Generationenkonflikte
Die Generationen sind einen <b>unterschiedlichen Umgang</b> mit IT und mit Kommunikationstechnik gewohnt. Das kann zu Spannungen zwischen erfahrenen und jüngeren Mitarbeitern führen. Letztere sind vielleicht Digital Natives, haben aber nicht den Erfahrungsschatz ihrer älteren Kollegen. Generell werden die <b>Arbeitsteams künftig heterogener</b> zusammengesetzt sein, nicht nur hinsichtlich des Alters, sondern auch was den kulturellen oder ethnischen Hintergrund betrifft. Erfolgsentscheidend wird auch sein, ob es gelingt, den Wissensaustausch zwischen Generationen und Gruppen voranzubringen.
5. Werte versus Regeln
Die IT gibt Unternehmen Möglichkeiten, die Leistung ihrer Mitarbeiter umfassend zu analysieren. Arbeitsprozesse werden auf dieser Basis reglementiert und kontrolliert. Da ein gutes <b>Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer</b> elementar ist, müssen beide Seiten einander vertrauen. Zukunftsorientierte Firmen könnten daher eher auf ein werte- als auf ein regelbasiertes Modell bauen.
6. Innovative Mitarbeiter
Innovationen werden künftig weniger vom Management eingebracht als von Mitarbeitern, die ihre privaten Geräte und Anwendungen auch im beruflichen Umfeld nutzen. Diese Beschäftigten sind mit IT sozialisiert und wollen ihren selbstbestimmten Lebensstil beibehalten, wozu der <b>Gebrauch von privaten Notebooks, Smartphones</b> ebenso gehören kann wie Social-Media-Aktivitäten. Die Mitarbeiter sind mit den Systemen in der Regel bestens vertraut und können mit ihnen effizient arbeiten, so dass Restriktionen von Seiten der Unternehmen kontraproduktiv wären. Sie müssen daher <b>Verfahren entwickeln</b>, um diese privaten Systeme in ihre IT-Strukturen zu integrieren.
7. Neue Aufgaben für die IT
Mit dieser Consumerization entstehen <b>neue Anforderungen</b> an die IT. Sie muss die Entwicklungen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter aufgreifen und dabei bedenken, dass sich neue Mitarbeiter bewusst wegen der <b>Verfügbarkeit moderner Systeme</b> für einen Arbeitgeber entscheiden. Die IT-Verantwortlichen sollten solche über herkömmliche IT-Themen hinausreichenden Aspekte in ihren Aufgabenkatalog aufnehmen.
Fazit
Da der Wandel durch die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnik vorangetrieben wird, sollen Arbeitgeber den Hebel an dieser Stelle ansetzen und <b>individuelle Konzepte</b> zum Umgang damit entwickeln. Die <b>Integration der sozialen Medien</b>, die Bereitstellung einer umfassenden Kommunikationsstruktur und die Einbindung privat genutzter Geräte bieten Chancen, um Arbeitnehmer an ein Firma zu binden und die Arbeit effektiv zu gestalten.