Kaum ein IT-Thema hat im vergangenen Jahr für so viel Furore gesorgt wie die Tablets. Nicht ganz unschuldig daran ist sicher Apple-Wundermann Steve Jobs, der mit dem iPad neues Leben in die von Microsoft bereits vor zehn Jahren vorgestellte Produktkategorie brachte. Das Erfolgsrezept: einfache elegante Benutzerführung, schlanke Hardware, ein gewisser Kultstatus sowie Tausende von Apps - und das Ganze zu einem (zumindest für Apple-Produkte) annehmbaren Preis.
Beachtliche Zuwachsraten erwartet
Wie gut die Flachmänner ankommen, demonstrieren die Marktzahlen. Nach Schätzungen von Gartner wurden 2010 weltweit über 19 Millionen Tablets, überwiegend iPads, abgesetzt. Für das laufende Jahr rechnen die Auguren sogar mit 55 Millionen verkauften Tablets - davon könnten 40 bis 45 Millionen von Apple kommen. Es sei das erste Mal in der Geschichte, dass es eine praktikable Alternative zum PC gebe, erklärte Gartner-Analyst Ranjit Atwal gegenüber der Presse den Effekt, dass Tablets allmählich auch den Rechnermarkt bedrohten. Dies betreffe nicht nur Endkunden, so Atwal, auch Unternehmen würden prüfen, für welche Zwecke ein Tablet in Frage komme.
Unterstützung erhält Gartner von Deloitte. Obwohl einige Kritiker Tablets nur als untermotorisiertes Spielzeug für den privaten Medienkonsum sähen, so die Finanzberater in ihrem diesjährigen Branchen-Forecast, würden 2011 schon mehr als ein Viertel aller Tablet-PCs von Unternehmen gekauft. 2012 und später soll der Anteil weiter ansteigen.
Wurde das iPad wie das iPhone zunächst eher von den Chefetagen aus in die Unternehmen hineingetragen, scheinen sich die smarten Rechner in einer zweiten Phase auch in einzelnen Nischen zu etablieren. Für diese These sprechen zumindest erste Projekte wie die Einführung von 1000 iPads im Vertrieb der Deutschen Vermögensberatung. Dank der starken Nachfrage insbesondere von Vertriebsabteilungen und einzelnen vertikalen Märkten, allen voran das Gesundheitswesen, erwartet Deloitte, dass die Nachfrage von Firmen stark wachsen wird.
CIOs unterstützen das iPad
In den USA, das ergab eine Umfrage des Analystenhauses Changewave unter 1641 Business-Kunden, statteten immerhin schon sieben Prozent der Unternehmen ihre Mitarbeiter mit Tablets aus. Doppelt so viele planten, im ersten Quartal 2011 entsprechende Geräte anzuschaffen. "Unternehmens-CIOs nehmen das iPad mit einer erstaunlichen Rate auf ihre Liste unterstützter Geräte auf", triumphierte unlängst auch Apple. Im Bericht zu den Zahlen für das erste Geschäftsquartal erklärte Finanzchef Peter Oppenheimer, dass bereits mehr als 80 Prozent der Fortune-100-Firmen das Apple-Tablet einsetzten oder sich darauf vorbereiteten - verglichen mit einer Quote von 65 Prozent in den vorangegangenen drei Monaten.
Aufschluss über die Nutzungsszenarien gibt die Changewave-Studie: Dieser zufolge stehen beim iPad im Business-Umfeld Themen wie Internet-Zugriff (73 Prozent), E-Mail-Abruf (69 Prozent), mobiler Arbeitsplatz (67 Prozent), Vertriebsunterstützung (46 Prozent) und Kundenpräsentationen (45 Prozent) im Vordergrund. Bei 38 Prozent der Befragten dient das Apple-Tablet sogar als Notebook-Ersatz.
Nicht mehr nur iPad-Klone
Anders als beim iPhone, das die Konkurrenten eiskalt erwischte, scheinen sie auf das iPad vorbereitet zu sein. Sie haben gute Chancen, sich ein Stück vom Tablet-Kuchen zu sichern. So haben sie neben iPad-Klonen nun auch tragfähige Konzepte parat, setzen auf leistungsfähige Komponenten wie Dual-Core-Prozessoren und verwenden mit Google Android 3.0 (Honeycomb) oder Blackberry Tablet OS spezielle, an das Endgerät angepasste Plattformen. Zu den vielversprechendsten Geräten zählt Motorolas "Xoom" mit 10,1-Zoll-Display und einem Tegra-2-Chipsatz von Nvidia mit Dual-Core-1-Gigahertz-CPU und 1024 MB Arbeitsspeicher. Das Gerät wurde allerdings zunächst für das CDMA-Mobilfunknetz von Verizon entwickelt, später ist auch ein Upgrade auf LTE vorgesehen. Daneben haben aber auch Acer, Asus und Toshiba marktreife Tablets parat und scheinen nur noch auf die Freigabe von Android 3.0 zu warten.
Hybridgeräte auf dem Vormarsch
Dennoch scheint der Tablet-Boom auch den Herstellern nicht geheuer zu sein - anders lässt sich die große Anzahl an neu vorgestellten Hybriden kaum erklären. So zielen die beiden Zehn-Zöller "EeePad Slider" und "EeePad Transformer" von Asus auf Nutzer, die auf Tastatureingabe nicht ganz verzichten wollen. Der Slider besitzt eine Qwertz-Tastatur zum Herausschieben, anschließend kann das Gerät wie ein Notebook aufgestellt und bedient werden. Der Transformer ist eigentlich ein Netbook, lässt sich aber dank des abnehmbaren Keyboards in ein Tablet verwandeln.
Ein interessantes Design bietet auch das "Iconia" von Acer: Hierbei handelt es sich streng genommen um ein Dual-Screen-Notebook auf Basis von Windows 7, das zwei 14 Zoll große Touchscreens, aber keine physische Tastatur besitzt. Das Ganze kann man aufklappen und wie ein großes Tablet nutzen. Es ist jedoch auch möglich, im unteren Display eine große virtuelle Tastatur oder vom oberen Display unabhängige Inhalte einzublenden. Die Konstruktion ist zwar nicht allzu handlich, und die Akku-Laufzeit könnte Probleme bereiten. Das Gerät weist aber auch einen überzeugenden Vorteil auf: Anwender können je nach Programm verschiedene Oberflächen nutzen, die allerdings erst entwickelt werden müssen.
Ungewöhnlich ist auch das Konzept von Lenovos "IdeaPad U1 Hybrid", das demnächst in China auf den Markt kommen soll. Das Gerät erinnert an ein zu dick geratenes Zehn-Zoll-Netbook, was nicht von ungefähr kommt. Das Gerät verfügt zwar über einen eigenen ULV-Prozessor von Intel und läuft mit Windows 7, als Display nutzt es aber ein herausnehmbares Android-Tablet, den auch einzeln erhältlichen "LePad".
Hybridgeräte anderer Art sind die beiden Android-Tablets "Cisco Cius" und "Avaya Flare": Ihr Anwender soll einfach auf Sprach- und Videoanwendungen sowie auf Social-Media-, Präsenz- und Instant-Messaging-Programme zugreifen können. Während das Flare mit seinem 11,6-Zoll-Touchscreen auf Schreibtische ausgelegt ist, besitzt das Sieben-Zoll-Tablet Cius auch eine mobile Komponente. Nutzer können via Gigabit Ethernet oder USB, aber auch mobil über WLAN auf das Internet zugreifen. Eine Mobilfunkoption besteht ebenfalls, zunächst für 3G-und später auch für 4G-Netze.
Warten auf Windows 8
Für Anwender, die Windows einsetzen (müssen), gibt es inzwischen jedoch auch eine Reihe "normaler" Tablets. So hat Asus den "EeeSlate EP121" neu ins Programm aufgenommen. Das Gerät hat ein 12,1 Zoll großes Multitouch-Display und lässt sich statt mit den Fingern auch mit einem Stift bedienen. Als Betriebssystem dient das leider noch nicht ganz Tablet-optimierte Windows 7 - eine bessere Anpassung an Fingerbedienung und Multitouch soll erst der für 2012 erwartete Nachfolger Windows 8 bekommen. Daneben haben auch Acer und Toshiba (nach dem Folio 100) neue Windows-Tablets vorgestellt. Lenovo bringt mit dem "IdeaPad Slate" einen Zehn-Zöller mit Windows 7 und eigenem User-Interface
Tablet-Offensive von RIM und Palm
Kurz vor der Marktreife steht auch das mit "Blackberry Tablet OS" ausgestattete "Blackberry Playbook" (First Look) - der Sieben-Zöller von Research in Motion soll noch im ersten Quartal in den USA und im darauffolgenden Quartal dann weltweit auf den Markt kommen. Hewlett-Packard wiederum plant am 9. Februar ein größeres Announcement - Berichten zufolge sollen mit "Topaz" und "Opal" (Codenamen) neun beziehungsweise sieben Zoll große Palm-Tablets mit 1,2-Gigahertz-Prozessor und WebOS vorgestellt werden. Besonderheit soll sein, dass Daten nicht auf dem Gerät, sondern in der Cloud gespeichert werden.
Apple kontert mit iPad 2
Ob die neuen Geräte Apple mit dem iPad alt aussehen lassen, bleibt allerdings abzuwarten. Die Kalifornier stehen selbst kurz vor der Vorstellung ihrer überarbeiteten Version. Zwar ist noch alles streng geheim, allem Anschein nach soll das nächste Apple-Tablet aber einen Dual-Core-Prozessor und mehr Arbeitsspeicher erhalten. Eine Frontkamera für Videokonferenzen gilt ebenfalls als sicher, dagegen wird wie beim Vorgänger auf USB-Schnittstellen verzichtet.