Die Telekom setzt auf Service und die USA

09.10.2006
Das Mobilfunkgeschäft in der Neuen Welt soll den Konzern auch hierzulande voranbringen - vor allem im Kundendienst, dem Sorgenkind des Carriers.

Die Deutsche Telekom löst sich zunehmend von ihren deutschen Wurzeln: Bereits heute stammt fast jeder zweite umgesetzte Euro aus dem Ausland - und der Anteil soll nach den Plänen von Vorstandschef Kai-Uwe Ricke weiter steigen. Der Schwerpunkt der Expansion liegt vor allem im amerikanischen Mobilfunkgeschäft, das Ricke mit milliardenschweren Investitionen zum größten Umsatzbringer des Konzerns ausbauen will. Bislang nimmt diese Position die deutsche Festnetzsparte T-Com ein, deren Erlöse allerdings wegen des harten Wettbewerbs sinken.

Die amerikanische Mobilfunktochter T-Mobile USA weist hingegen Zuwachsraten im zweistelligen Prozentbereich auf und kann damit die Rückgänge auf dem Heimatmarkt ausgleichen. Die Expansion hat allerdings ihren Preis: Den Kauf von VoiceStream (heute T-Mobile USA) im Juni 2001 ließen sich die Bonner über 40 Milliarden Euro kosten. Weitere fünf Milliarden Euro fließen nun in den Ausbau des Handy-Netzes. Zum Vergleich: An der Börse wird die Telekom derzeit mit 53 Milliarden Euro bewertet. Auch wenn T-Mobile USA seit dem vergangenen Jahr profitabel ist, halten es Experten für unwahrscheinlich, dass sich das Investment rechnet. Zu groß seien die Anlaufkosten gewesen, meinen sie.

Ein Verkauf der US-Tochter lehnt Ricke indes ab: "T-Mobile USA bleibt wichtiger Bestandteil des Konzerns", beteuert er. In den vergangenen vier Jahren hatte er allerdings die Beteiligung wiederholt auf den Prüfstand gestellt - sich dann aber gegen einen Verkauf entschieden. Als einen Grund für das Festhalten am amerikanischen Ableger führt T- Mobile-Chef Rene Obermann Synergieeffekte etwa beim Einkauf von Handys und Sendemasten an, die sich auf 1,5 Milliarden Euro jährlich summieren.

Festnetz und Mobilfunk wachsen - wie in diesem Gerät - zusammen.

Zudem würde der Telekom ohne ihre US-Tochter die von der Börse geforderte Wachstumsfantasie fehlen. Und die ist dringend nötig, denn wegen der schwachen Entwicklung in Deutschland musste Ricke die Prognose für 2006 und 2007 senken, was zu Spekulationen über seine frühzeitige Ablösung führte. Mit einem Erfolg in Nordamerika könnte der Manager also auch die Kritik an seiner Führung entkräften. Noch muss T-Mobile USA als landesweit kleinster Anbieter kräftig wachsen, um den Anschluss in Nordamerika zu schaffen. Mittelfristig will die Gesellschaft die Lücke zur Konkurrenz füllen und den Marktanteil auf 25 Prozent verdoppeln.

Neben billigen Bündeltarifen setzt T-Mobile USA dabei auf Service. Mit Erfolg: Die Telekom-Tochter gilt bei Marktforschern als kundenfreundlichster Anbieter. Von den Erfahrungen in den USA soll nun das Deutschlandgeschäft profitieren. Zwar mahnt der Telekom-Chef seit seinem Amtsantritt vor vier Jahren Verbesserungen bei der deutschen Kundenbetreuung an. Doch vor allem an der Festnetzsparte T-Com entzündet sich immer wieder Kritik über die mangelnde Kundenfreundlichkeit. Um dem Geschäft auf dem Heimatmarkt auf die Sprünge zu helfen, hat T-Mobile-Chef Obermann im September die Führung über das deutsche Vertriebsnetz von T-Com übernommen. Erste Maßnahmen sind schon ausgemacht: So soll die Wartezeit in den T-Punkten deutlich verringert und die Zahl der Filialen erhöht werden. Rund ein Drittel mehr Personal wird in den Vertriebspunkten dazu benötigt - ein Lichtblick für die vom Stellenabbau geplagte Belegschaft. Die Investitionen in die Kundenzufriedenheit könnte sich rechnen, denn zufriedene Kunden wechseln weniger schnell zur Konkurrenz. Von der Internationalisierung würde damit auch das Deutschlandgeschäft profitieren. (dpa/ajf)