Desktop-Virtualisierung

Die wichtigsten VDI-Systeme

12.11.2009 von Wolfgang Sommergut
Die Virtual Desktop Infrastructure (VDI) wird laut Gartner ein Top-Thema der nächsten Jahre. Hier ein Marktüberblick.

Einleitung

Der Begriff Virtual Desktop Infrastructure (VDI) wurde ursprünglich von VMware als Name für sein Produkt zur Desktop-Virtualisierung eingeführt und hat sich mittlerweile allgemein als Bezeichnung für derartige Lösungen etabliert. Er beschreibt ein Konzept, bei dem die Client-Installation in virtuelle Maschinen auf dem Server verlagert wird. Der Benutzer greift von einem Endgerät (Thin Client, PC) auf seinen Desktop über ein Remote Display Protocol zu, wie es vom Server Based Computing (zum Beispiel Terminal-Server, Citrix Presentation Server, Tarantella) bekannt ist. Zu den wichtigsten Protokollen zählen Microsofts RDP, Citrix ICA, Sun ALP und PCoIP (aufgrund der Kooperation von Teradici mit VMware). Neben dem Protokoll für die Interaktion mit dem entfernten Desktop gehören zudem ein Hypervisor, ein Connection Broker sowie Management-Werkzeuge zu einer vollständigen VDI-Lösung.

Der Hypervisor wird für die Virtualisierung der Server-Hardware und die damit verbundene Einrichtung virtueller Maschinen (VMs) benötigt. Im Unterschied zum herkömmlichen Desktop soll einem Benutzer nicht auf Dauer eine individuelle Umgebung auf dem Server zugeordnet werden, die sämtliche Anwendungen und persönliche Einstellungen enthält. Die Auftrennung der einzelnen Desktop-Schichten soll ein gemeinsames Systemabbild für viele oder gar alle Benutzer erlauben.

Foto: it20.info

Ein solches Image aus Client-Betriebssystem und Basisanwendungen lässt sich bei Bedarf in VMs hochfahren, so dass nur die tatsächlich benötigten virtuellen PCs aktiv sein müssen. Damit geht das Konzept des wiederverwendbaren Desktops einher, bei dem Anwender ein frei gewordenes Windows übernehmen können, sobald sie sich anmelden. Für die Zuweisung eines Desktops zu einem Benutzer ist der Connection Broker zuständig, der in der Regel auch eine definierbare Zahl an virtuellen Client auf Vorrat anlegen kann.

Für den Betrieb virtueller Desktops bedarf es noch einer Reihe von Management-Werkzeugen. Sie werden etwa benötigt, um die individuellen Einstellungen der Benutzer (Profile) getrennt vom virtuellen PC zu verwalten, den Lebenszyklus eines virtuellen Desktops und der Systemabbilder zu managen.

Der VDI-Markt wird geprägt von einigen großen Playern, die nach einem vollständigen Angebot aus allen benötigten Komponenten streben. Bestehende Lücken im Portfolio dieser Hersteller lassen sich in der Regel durch Tools anderer Anbieter schließen. Die kleineren Softwarehäuser entwickeln zumeist einzelne Bausteine wie Connection Broker oder Automatisierungs-Tools, die immer öfter mehrere Plattformen unterstützen.

Lesen Sie im Folgenden eine Beschreibung der wichtigsten Marktangebote:

VMware View

VMware gehört neben Citrix zu den Anbietern, die ein vollständiges Portfolio zur Desktop-Virtualisierung besitzen. Das Kernprodukt "VMware View" (ehemals "VMware VDI") liegt derzeit in der Version 3.1.2 vor.

Die Infrastruktur zur Bereitstellung der virtuellen Maschinen (VMs) ist identisch mit jener, die der Server-Virtualisierung dient. View setzt derzeit noch "Infrastructure 3" voraus, das aktuelle "vSphere 4" wird erst von der Version 4 unterstützt. Virtualisierungssysteme anderer Anbieter berücksichtigt der Marktführer nicht. Auf der hauseigenen Plattform profitiert die VDI-Lösung dafür von Funktionen, die bei einigen Konkurrenten derzeit noch fehlen. Dazu zählt der "Distributed Resource Manager", der je nach Systemlast virtuelle Desktops dynamisch auf weitere physische Server auslagern oder von diesen wieder zurückholen kann.

Die Verbindung

VMware View nutzt das um Erweiterungen von "Wyse TCX" bereicherte Remote Desktop Protocol (RDP) von Microsoft, um Endgeräte mit zentralen Desktops zu verbinden. Gegenüber RDP 6.x bewirken die Extensionen eine verbesserte Darstellung von Multimedia und eine Unterstützung von mehreren Monitoren. Alternativ lässt sich auch HP RGS verwenden. Voraussichtlich mit View 4 avanciert die reine Software-Implementierung von Teradicis "PCoverIP", an der VMware mitarbeitet, zum bevorzugten Mechanismus für den Zugriff auf die zentralen Desktops. Dank Thinprint können Endanwender ohne Installation von spezifischen Treibern auf lokale und Netzwerkdrucker zugreifen.

Der Connection Broker

Als Connection Broker fungiert der "View Manager". Er kann Clients mit VMs unter VMware Infrastructure 3, mit Sessions auf Terminal-Servern, mit BladePCs und mit physischen Remote-PCs verbinden. Von der Management-Konsole aus lassen sich nicht nur virtuelle Desktops konfigurieren und bereitstellen, sondern auch durch zentrales Einspielen von Patches aktualisieren.

Die Administration

Das Administrations-Tool "Composer" erlaubt die gemeinsame Nutzung eines Systemabbilds durch mehrere Anwender, wobei individuelle Änderungen separat gespeichert werden. Hierbei setzt VMware die Linked-Clone-Technik ein, die bereits von VMware Workstation bekannt ist. Der Speicherbedarf soll sich im Vergleich zu individuellen Images für jeden Anwender um gut 70 Prozent reduzieren.

Als Alternative für das separate Abspeichern des benutzerspezifischen Deltas zeichnet sich für die nächste Version von View eine Lösung ab, bei der die Benutzerumgebung von einer eigenen Software verwaltet und beim Anmelden dynamisch in den Desktop eingeblendet wird. Zu diesem Zweck nahm VMware anlässlich der VMworld "Virtual Profiles" von RTO Software in Lizenz.

Um dem Ziel eines schlanken, gemeinsam genutzten Systemabbilds näherzukommen, können Anwendungen auch über den Terminal-Server in den zentralen Desktop eingeblendet werden. Eine weitere Alternative bietet VMware mit Thinapp, einem Tool zur Anwendungsvirtualisierung. Dieses isoliert die Programme vom Betriebssystem und vermeidet so eine herkömmliche Softwareinstallation im virtuellen Desktop.

Das Feature "Offline Desktop" in View 3 ist derzeit nur experimentell. Es beruht auf dem Typ-1-Hypervisor "Client Virtualization Platform" (CVP), auf den zentrale Desktops aus dem Rechenzentrum heruntergeladen werden können. Somit können Anwender ihr System auch dann weiterverwenden, wenn keine Verbindung zum Server besteht. Wird die Verbindung wiederhergestellt, synchronisiert sich der Offline-Desktop mit der Version im Rechenzentrum.

Citrix XenDesktop

XenDesktop verfügt über die nötigen Tools, um auch größere Pools von zentralen Desktops verwalten zu können.

Citrix hat mit den Produkten "Winframe", "Metaframe" und "Presentation Server" (neuerdings "XenApp") die zentrale Ausführung von Desktop-Anwendungen auf dem Windows-Server populär gemacht. Mit der fortschreitenden Virtualisierung der Rechenzentren eröffnete sich die Möglichkeit, vollständige Client-Installationen inklusive Betriebssystem in virtuellen Maschinen auf dem Server auszuführen.

Da es zwischen dem herkömmlichen Multiuser-Betrieb eines Windows Server und VDI-Systemen einige Gemeinsamkeiten gibt, konnte Citrix relativ schnell auf den neuen Trend reagieren. So ist der "Desktop Delivery Controller" eine Weiterentwicklung des "Session Broker", der im Presentation-Server für die Zuteilung der richtigen Benutzersitzungen verantwortlich ist. Die nun erweiterte Komponente authentifiziert die Benutzer und verbindet das Endgerät mit dem jeweiligen zentralen virtuellen oder physischen Desktop (Blade-PC).

Besondere Vorteile gegenüber der Konkurrenz genießt Citrix aufgrund der vorhandenen Infrastruktur zur Kommunikation der zentralen Desktops mit dem Client. Sie beruht auf dem ICA-Protokoll, das auch in XenDesktop die Distanz zwischen Front- und Backend überbrückt. Der Anwender benötigt ein Endgerät mit installiertem "Citrix Receiver", um auf die virtuellen Desktops zugreifen zu können, beispielsweise einen Thin Client, ein Notebook oder ein Smartphone.

Vorteile durch ICA

Der Citrix Receiver unterstützt USB-Umleitung, Smartcards und die "HDX"-Technik. Unter diesem Begriff fasst der Hersteller mehrere Funktionen zusammen, die das Arbeiten über schmalbandige Verbindungen und mit Multimedia-Anwendungen verbessern sollen. Das Unternehmen bietet für ICA zusätzlich WAN-Beschleunigung mit dem "Branche Repeater" und sicheren Zugang über das Internet via "Access Gateway" an.

XenDesktop enthält den Hypervisor "XenServer" zur Virtualisierung der Hardware und XenApp für die getrennte Ausführung von Anwendungen auf einem Terminal-Server. Außerdem bietet das Produkt Funktionen zur Anwendungsvirtualisierung und kann Programme auf den zentralen Desktop streamen, so dass sie dort nicht installiert werden müssen. XenDesktop lässt sich nicht nur mit XenServer, sondern auch auf VMware ESX oder Microsoft Hyper-V einsetzen.

Je nach der Edition von XenDesktop enthält die Software die "Provisioning Services" (ehemals "Ardence"), mit deren Hilfe Betriebssystem-Images - beispielsweise je eines für Windows XP, Vista und Windows 7 - erstellt und an virtuelle oder auch physische Desktops beim Boot-Vorgang übertragen werden können.

Persönliche Einstellungen werden nur dann erfasst, wenn der Benutzer die Umgebung anpasst. Der Vorteil, das Betriebssystem zu isolieren, liegt darin, dass sich das Basis-Image relativ einfach aktualisieren lässt, etwa durch Einspielen von Patches. Wenn Anwendungen zum Beispiel mit einem Service Pack von Windows nicht zurechtkommen, kann den Benutzern das alte Standard-Image wieder zugewiesen werden.

Citrix wird voraussichtlich noch 2009 den Client-Hypervisor "XenClient" fertigstellen. Damit wird die lokale Ausführung virtueller Desktops möglich, wenn keine Netzanbindung besteht (Offline-Fähigkeit). Wenn der Zugriff auf den Server wieder möglich ist, wird der lokale mit dem zentralen FirmenDesktop synchronisiert. Zudem können auf dem Endgerät gleichzeitig mehrere, auch private Desktop-Umgebungen ablaufen.

XenDesktop-Editionen

Microsoft VDI Suite

Bei Microsofts VDI Suite bedarf es einiger Schritte, bis der Nutzer in seiner zentralen Arbeitsumgebung ankommt.

Microsoft entwickelte beziehungsweise kaufte im Lauf der letzten Jahre eine Reihe von Komponenten für sein Virtualisierungsportfolio. Bis dato verfügt das Unternehmen aber über keine vollständige VDI-Lösung. Dies soll sich mit der Einführung von Windows Server 2008 R2 ändern. Dieser enthält neben einem verbesserten Hypervisor auch einen Connection Broker. Kurz vor der Marktfreigabe des neuesten Windows-Servers schuf Microsoft zwei neue Lizenzpakete, die alle hauseigenen Produkte zum Aufbau einer VDI-Installation umfassen.

Den Kern der neuen VDI-Suites bilden die auf Remote Desktop Services (RDS) umbenannten und erweiterten Terminaldienste. Der schon bisher vorhandene Session-Broker, der Benutzer mit ihrer Sitzung auf dem Terminal-Server verbindet, ist nun auch in der Lage, als Connection Broker für virtuelle Desktops zu fungieren. Allerdings verfügt dieser nur über die Basisfunktionen, so dass für größere Installationen Produkte anderer Anbieter nötig sind. Microsoft empfiehlt bis dato XenDesktop, schloss aber auch eine Partnerschaft mit Quest. Das Unternehmen publizierte zudem ein API für den Connection Broker und lud Partner ein, dessen Funktionsumfang auf diesem Weg zu erweitern.

Wie schon bei den Terminaldiensten nutzt Microsoft das Remote Desktop Protocol (RDP), um Endgeräte mit dem zentralen Desktop kommunizieren zu lassen. Dieses wird zwar in der Version 7 aufgewertet, gilt aber speziell über schmalbandige Verbindungen als wenig leistungsfähig. Entgegen ursprünglicher Planungen steht RDP 7 nicht nur unter Windows 7 zur Verfügung, sondern erscheint im 4. Quartal 2009 auch für XP und Vista. Die mit der Übernahme von Calista Technologies erworbene Technik zur Virtualisierung des Grafiksystems soll in einer späteren Version von RDP zur Verfügung stehen. Auch hier springen derzeit Partner ein, um gerade die Multimedia-Fähigkeiten von RDP zu verbessern, beispielsweise Quest mit "EOP", Wyse mit "TCX" sowie Ericom mit "Blaze".

Nur Hyper-V wird unterstützt

Wie VMware unterstützt Microsoft mit seiner VDI-Software nur den eigenen Hypervisor, der mit Windows Server 2008 R2 in einer verbesserten Version ausgeliefert wird. Hyper-V erlaubt nun auch das Verschieben einer virtuellen Maschine auf einen anderen physikalischen Server während der Laufzeit ("Live Migration"). Allerdings reicht bei VDI nicht das manuelle Migrieren von Arbeitslasten, weil bei einer großen Zahl an zentralen Desktops die Anzahl der aktiven Benutzer stark fluktuieren kann, so dass die Virtualisierungssoftware selbst für eine optimale Auslastung der Ressourcen sorgen muss. Das als Add-on angebotene "Performance and Resource Optimization" ist indes kein vollwertiges Gegenstück zum "Distributed Resource Scheduler" von VMware. Hyper-V selbst setzt hier zudem noch einige Grenzen, etwa dadurch, dass pro physikalischem Host zu einem Zeitpunkt nur eine Live Migration ablaufen kann.

Die Nachteile der Lösung

Zu den Nachteilen der Microsoft-Lösung zählen zudem, dass der Broker kein automatisches Provisioning von Desktops bietet, ältere Windows-Clients nur über das Web-Interface auf entfernte Desktops zugreifen können, ein eigener "Redirection Host" für die Zuteilung der virtuellen Rechner zu den Benutzern erforderlich und die Installation relativ umständlich ist.

Für die Trennung von Betriebssystem und Anwendungen, die Voraussetzung für ein von vielen Anwendern gemeinsam genutztes Windows-Image, bietet Microsoft App-V an, eine Software zur Anwendungsvirtualisierung. Außerdem besteht die Möglichkeit, ähnlich wie bei Citrix Programme über den Terminal-Server in den zentralen Desktop einzublenden.

Die Editionen der VDI-Suite

Die VDI-Suite gibt es in zwei Ausführungen, Standard und Premium. Beide sind nur über Volumenslizenzen zu beziehen.

Die Standard-Version enthält die folgenden Komponenten:

Die Premium-Edition enthält zusätzlich:

Sun Virtual Desktop Infrastructure

Sun VDI unterstützt mehrere Virtualisierungssysteme, Verzeichnisse und Protokolle.

Vergleichbar mit Citrix verfolgt Sun schon lange ein zentralistisches Modell, bei dem schlanke Clients auf Anwendungen und Daten im Rechenzentrum zugreifen. Mit dem Aufkommen des VDI-Konzepts entwickelte auch Sun eine Alternative zu den unter Unix seit geraumer Zeit etablierten Multiuser-Systemen, bei denen sich mehrere Benutzer ein Server-Betriebssystem teilen. Wie bei Citrix und Microsoft lassen sich bei Sun bestehende Komponenten nutzen, um entfernte Desktops einzurichten und an das Endgerät des Nutzers zu bringen. Das gilt besonders für die Zugriffslogik.

Die aktuelle Version 3.0 von Sun Virtual Desktop Infrastructure enthält daher schon länger existierende Software ebenso wie neue Bausteine. Zu Letzteren zählt ein Connection Broker namens "Sun Virtual Desktop Connector". Die aktuelle Version kann nun auch Benutzer, die in einem Active Directory gespeichert sind, mit einem zentralen Desktop verbinden. Die Anbindung an LDAP-Verzeichnisse gab es schon bisher.

Windows für Sun Ray

Die Sun Ray Software gehört inklusive eines Konnektors zum Lieferumfang von Sun Virtual Desktop 3.0, so dass die schlanken Endgeräte aus dem eigenen Haus die zentralen Desktops darstellen können. Alternativ bietet Sun einen eigenen Konnektor für die Sun Ray Software zu VMware View an, über den die Thin Clients auf Desktops unter dem konkurrierenden VDI-System zugreifen können.

Mit Client-PCs unter Windows kommuniziert Suns VDI-Lösung über das Remote Desktop Protocol (RDP) von Microsoft. Für alle anderen Endgeräte und für den Zugriff via Browser ist der Global Secure Desktop (ehemals "Tarantella") zuständig, der auf dem Client Java voraussetzt und mit dem Adaptive Internet Protocol (ALP) einen eigenen Kommunikationsmechanismus mitbringt.

Vergleichsweise unübersichtlich präsentiert sich Sun VDI bei den unterstützten Systemen. Als bevorzugte Virtualisierungssoftware kommt ESX von VMware zum Einsatz. Da Suns eigener Typ-1-Hypervisor namens "xVM" bis dato nicht offiziell einsatzfähig ist, gehört VirtualBox 3 zum Lieferumfang des VDI-Pakets. Ein solcher gehosteter Virtualisierer (Hypervisor Typ 2) ist auf dem Server mittlerweile eher die Ausnahme, weil er ein vollständiges Wirts-Betriebssystem benötigt. Das erhöht den Administrationsaufwand und steigert den Ressourcenbedarf.

Zu viele Hypervisor

Mit der Übernahme von Sun durch Oracle erweitert sich das Virtualisierungsportfolio zusätzlich. Oracle besitzt mit dem unvollendeten Sun xVM, "OracleVM" und "Virtual Iron" insgesamt drei auf Xen basierende Hypervisor. Letzterer wurde als eigenes Produkt eingestellt, seine erweiterten Management-Funktionen sollen im Lauf des nächsten Jahres in OracleVM 3.0 integriert werden. Zur Zukunft von Sun xVM hat sich das Unternehmen bis dato nicht geäußert. Es lässt sich jedoch absehen, dass die nächste Version von Sun VDI auf einem Typ-1-Hypervisor aus dem Hause Oracle laufen wird. Die Broker-Software selbst funktioniert nur unter Solaris.

Oracle und Sun verfügen über keine eigene Lösung zur Anwendungsvirtualisierung. Ihr kommt die wesentliche Aufgabe zu, die Applikationen vom Betriebssystem zu trennen. Damit soll sich ein eigenes Systemabbild für jeden Benutzer, in dem sich Betriebssystem, Anwendungen und Profile befinden, vermeiden lassen. Alternativ können wie bei den anderen VDI-Systemen Applikationen aus Multiuser-Umgebungen (Windows Terminal Server, Unix) im zentralen Desktop veröffentlicht werden.

Wenn Unternehmen trotzdem lieber jedem Nutzer ein persönliches Systemabbild zur Verfügung stellen möchten, dann sorgt Sun mittels Deduplizierungtechnik im ZFS-Dateisystem und in SANs dafür, dass benutzerspezifische Abweichungen vom Standard-Image separat abgelegt werden. Das erzielt ähnliche Effekte wie VMwares "Composer" mit dem Linked-Clones-Ansatz.

Edition

Sun VDI liegt nur in einer Ausführung vor. Sie kann entweder im Abo-Modell bezogen (40 Dollar pro Jahr) oder in Form von konkurrierenden Lizenzen (140 Dollar) erworben werden.

Red Hat Solid ICE for Desktops

Red Hat bietet sein komplettes VDI-Portfolio als Open Source an.

Red Hat gehört seit der Übernahme von Qumranet im September 2008 zu den Herstellern, die einen vollständigen Virtualisierungs-Stack anbieten möchten. Der Zukauf brachte die Linux-Company nicht nur in den Besitz eines Hypervisors, sondern brachte auch eine Lösung für virtuelle Desktops. Sie heißt mittlerweile Red Hat Solid ICE Virtual Desktop Infrastructure, zukünftig soll das Produkt offenbar Enterprise "Virtualization Manager for Desktops" heißen.

Die virtuelle Hardware auf dem Server wird von KVM bereitgestellt, einem auf dem Linux-Kernel beruhenden Hypervisor. Er heißt offiziell "Enterprise Virtualization Hypervisor" und ist Bestandteil von Red Hat Enterprise Linux 5.4 sowie die technische Basis für das gesamte Virtualisierungsportfolio von Red hat. Das in den Vorgängerversionen für die Server-Virtualisierung integrierte Xen wird für VDI nicht unterstützt.

Zum Erbe von Qumranet zählen zusätzlich alle Tools zur Desktop-Virtualisierung. Obwohl eine RDP-Implementierung auch für Linux-Gäste zur Verfügung stand, hatte sich das Unternehmen entschlossen, mit dem Simple Protocol for Independent Computing Environments (SPICE) ein leistungsfähigeres Remote Connection Protocol zu entwickeln. Es kann abhängig von der Leistungsfähigkeit des Client die Darstellung von Multimedia an den lokalen PC delegieren. Es unterstützt mehrere Monitore, bidirektionales Audio und Video.

Wie Microsofts RD Connection Broker unterstützt der Enterprise Virtualization Manager for Desktops sowohl persönliche Desktops für einzelne User als auch Desktop-Pools, wo sich mehrere Benutzer einen virtuellen PC teilen.

Ähnlich wie VMware mit dem Composer bietet auch Red Hat einen Mechanismus, der die Nutzung eines Basis-Images für viele Benutzer erlaubt und ihre indiviuelle Änderungen als Differenz speichert. Der Hersteller bezeichnet das Verfahren als "Template/diff". Es hilft nicht nur dabei, Speicherplatz zu sparen, sondern soll auch das Image-Management vereinfachen, weil alle Patches für das Betriebssystem nur in ein Systemabbild eingepflegt werden müssen.

Editionen

Die erste unter der Regie von Red Hat entwickelte Version von Solid ICE wurde bis dato nicht veröffentlicht. Sie soll inklusive SPICE als Open Source freigegeben werden.

Quest vWorkspace

Quest erwarb sein Software für die Desktop-Virtualisierung Ende 2007 durch Übernahme von Provision Networks. Die "Virtual Application Suite" wurde mittlweile in vWorkspace umbenannt, sie liegt in aktuell in der Version 6.2 vor.

Im Gegensatz zu Citrix, VMware oder Microsoft verfügt Quest über kein vollständiges Portfolio zur Desktop-Virtualisierung, sondern setzt auf Hypervisor anderer Anbieter auf. vWorkspace ist daher VMware vSphere, Microsoft Hyper-V und XenServer kompatibel. Zusätzlich unterstützt es Parallels Container. Eine besondere Priorität genießt die Kooperation mit Microsoft, über die sich Quest als Alternative zum engen Microsoft-Partner Citrix etablieren möchte.

Der "Virtual Access Connection Broker" kann Benutzer nicht nur mit virtuellen Desktops verbinden, sondern auch mit Sessions auf dem Terminal-Server und mit Blade-PCs. Wie andere fortgeschrittene Produkte in dieser Gattung kann auch der Broker von vWorkspace vorab eine definierte Anzahl von Desktops bereitstellen ("Provisioning").

Für die Darstellung der entfernt laufenden Desktops beziehungsweise Anwendungen erweitert Quest das Remote Desktop Protocol von Microsoft um sein eigenes Experience Optimized Protocol (EOP), das auch als separates Produkt erhältlich ist. Zu seinen Funktionen zählen Multimedia Redirection, so dass beispielsweise Videos lokal vom Client dargestellt werden, die Unterstützung mehrere Monitore und lokaler USB-Geräte. Ein lokales Bildschirmecho soll Verzögerungen bei der Eingabe von Text vermeiden. EOP existiert nicht nur für diverse Versionen von Windows, sondern auch für Linux.

vWorkspace enthält wie VMware View mit Thinprint einen universalen Druckertreiber, der den Ausdruck vom entfernten Desktop auf lokalen oder Netzwerkdruckern erlaubt, ohne dass dafür ein gerätespezifischer Treiber installiert werden muss.

Die Trennung des Windows-Systemabbilds, das von vielen Usern gemeinsam genutzt werden soll, von den Anwendungen erfolgt wie bei anderen Anbietern dadurch, dass diese zur Laufzeit aus einer Termnial-Session eingeblendet wird. Alternativ kann vWorkspace App-V von Microsoft integrieren, da es selbst über keine Software zur Anwendungsvirtualisierung verfügt.

Bei der Aufspaltung des monolithischen Desktop im Rahmen von VDI spielen Tools zur Verwaltung von Benutzerprofilen eine wesentliche Rolle. vWorkspace bringt mit dem User Profile Management eine entsprechende Software mit. Sie kann die Dokumentorder der Benutzer auf ein Netzlaufwerk umleiten, während die individuellen Windows-Einstellungen im User Profile Storage Server gespeichert werden, von wo sie beim Anmelden des Benutzers geladen werden.

vWorkspace verfügt darüber hinaus über einige fortgeschrittene Funktionen wie Shadowing von Desktops, etwa für den Zugriff durch den Helpdesk, Nutzungsstatistiken in Echtzeit oder das Herunterfahren von Desktops.

Editionen

vWorkspace gibt es in den Ausführungen "Desktop" und "Enterprise". Zweitere enthält alle Features der Desktop-Edition und zusätzlich eine Reihe von Funktionen für den Terminal-Server.