Dienstleister kontrollieren Dienstleister

14.10.2004 von Sabine Prehl
Recruiting-Spezialisten setzen auf Third-Party-Management: Im Auftrag von Großunternehmen verwalten sie deren externe IT-Dienstleister und Freiberufler und versuchen dabei, Einsparpotenziale aufzuzeigen. Im IT-Outsourcing-Geschäft ist Konsolidierung nach wie vor ein zentrales Thema. Einer Untersuchung der Meta Group zufolge wollen derzeit rund 80 Prozent der Anwender in Deutschland die Zahl ihrer strategischen Partner beibehalten oder weiter reduzieren. Für dedizierte IT-Aufgaben beschäftigen Großunternehmen dagegen nach wie vor eine Vielzahl von kleineren IT-Dienstleistern und Freiberuflern, die auf bestimmte Nischen spezialisiert sind und geringere Tagessätze als die großen IT-Service-Anbieter verlangen.

In der Masse belasten jedoch auch diese vergleichsweise kleinen Kostenblöcke das Firmenbudget -- vor allem, wenn sie nicht regelmäßig überprüft und effektiv verwaltet werden. Unterstützung bei dieser Aufgabe bietet das so genannte Third-Party- Management (TPM). Hier analysieren Drittfirmen, welche externen IT-Dienstleister und Freelancer für den Kunden arbeiten, womit sie beschäftigt sind und ob beziehungsweise wie sie sich kostengünstiger oder effizienter einsetzen lassen.

Neue Aufgaben für Recruiter

Anbieter in Deutschland sind IT-Recruiting-Spezialisten wie die Wiesbadener Goetzfried AG, die vor allem Banken und Versicherungen wie die Allianz, die Gesellschaft für Zahlungssysteme oder die Standard-Life-Versicherung zu ihren Kunden zählt, sowie die GFT-Tochter Emagine, die für ihren ehemaligen Mutterkonzern Deutsche Bank bereits seit einigen Jahren die externen Ressourcen verwaltet. Auch klassische IT-Freiberufleragenturen wie Hays (ehemals Hays Ascena) und Harvey Nash erweitern ihre Vermittlungsdienste zunehmend um Management-Tätigkeiten dieser Art.

Steffen Herfurth, Geschäftsführer der Emagine GmbH, sieht in TPM einen neuen Trend: "Nach der Konsolidierungswelle im Outsourcing-Bereich wendet man sich jetzt den Kleinen zu, die bisher nicht im strategischen Fokus standen", hat der Firmenchef beobachtet. Die Auslagerung dedizierter IT-Aufgaben an kleinere Serviceanbieter sei zwar ein geeignetes Mittel, um Kosten zu sparen. "Wenn ein Unternehmen aber irgendwann über hundert solche Provider unter Vertrag hat, wird es unübersichtlich."

Thomas Götzfried, Gründer und Vorstand des Wiesbadener Software- und Beratungshauses Goetzfried, sieht zudem einen wachsenden Konsolidierungsbedarf im Projektgeschäft. Viele bestehende Verträge seien seit ihrem Abschluss nicht mehr überprüft worden: "Während des Internet-Booms bekam ja praktisch jeder einen Vertrag, der sich mit Java -- oder was sonst gerade gefragt war -auskannte. Auf diese Weise haben sich Hunderte, manchmal Tausende von Freelancern in den Fachabteilungen großer Konzerne festgesessen." Allmählich werde den Kunden jedoch bewusst, wie aufwändig die Kontrolle dieser Rahmenverträge sei: "Es muss ja alles revisionssicher sein und entsprechend verwaltet werden".

Weniger Service-Provider in Unternehmen: Während im Projektgeschäft nach wie vor zahlreiche kleine ITDienstleister und Freelancer tätig sind, haben die meisten Anwender die Zahl ihrer Outsourcing-Partner stark reduziert. (Quelle: Meta Group)

Lagert der Anwender diese Aufgaben aus, hat er neben anderen strategischen Partnern nur noch mit dem TPM-Anbieter zu tun, der die Externen verwaltet, und kann sich damit stärker seinem Kerngeschäft widmen, so das Argument. Wichtiger noch: Der TPM-Provider ist darauf spezialisiert, den Aufwand in den Bereichen Verwaltung und Einkauf zu reduzieren -- durch die Verkürzung von Reaktionszeiten, die Verbesserung von Prozessen sowie durch das Vermeiden von redundanten Vorgängen, Fehlengagements und Budgetüberschreitungen.

Dem Anwender fehlt oft die Zeit, um solche Einsparmöglichkeiten selbst herauszufinden. Zudem verfügt er in der Regel nicht über die entsprechenden Fach- und Marktkenntnisse, argumentiert Götzfried: "Als langjähriger Recruiting-Anbieter wissen wir sofort, dass ein Java-Programierer, der heutzutage noch 100 Euro die Stunde verlangt, zu teuer ist." Handelt sein Unternehmen ein neues Honorar aus, kassiert es 20 Prozent der erzielten Kostenersparnis: Wurde etwa der Stundenlohn eines IT-Spezialisten von 100 auf 80 Euro gesenkt, zahlt der Kunde zusätzlich vier Euro pro Arbeitsstunde (20 Prozent der eingesparten 20 Euro) an Goetzfried. Hinzu kommt eine Flatrate in Höhe von 50 Euro pro Tag für die Betreuung des Freiberuflers.

Ein weiterer Vorteil ist laut Götzfried die Neutralität des Drittanbieters. Vor allem bei komplexeren Entscheidungen -- etwa Stellen in Bereichen fest zu besetzen, in denen schon seit Jahren Externe das Tagesgeschäft übernehmen -- , tue sich der TPM-Provider in der Regel leichter: "Oft scheuen die Fachabteilungen harte Verhandlungen mit langjährigen IT-Spezialisten, mit denen sie persönliche Beziehungen aufgebaut haben." Ein Drittanbieter habe dagegen kein Problem damit, den Externen "auf die Finger zu schauen und gegebenenfalls als Bad Guy aufzutreten".

Analyse bei Bedarf

Bei Bedarf übernimmt die Goetzfried AG auch die Bestandsaufnahme und Analyse der bestehenden Verträge. Beim so genannten Setup werden Ziele, Prioritäten und Schnittstellen gemeinsam mit dem Kunden festgelegt und den bestehenden Prozessen und Verträgen gegenübergestellt. Auf Basis dieser Faktoren stellen die Wiesbadener einen Projektplan auf, an den sich die eigentliche Konsolidierungsphase anschließt. Die Emagine GmbH steigt dagegen erst bei der Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen ein. Die vorherige Analyse übernimmt der Kunde selbst. Ganz ohne Beratung geht es bei TPM jedoch nie, räumt Emagine-Geschäftsführer Herfurth ein. "Dazu ist das Thema zu strategisch."

Während die Emagine GmbH für ihren Exklusivkunden Deutsche Bank auch größere Dienstleister verwaltet, konzentriert sich die Goetzfried AG ausschließlich auf Provider mit bis zu 20 Mitarbeitern und freiberuflich tätige IT-Spezialisten. "Die komplette Externen-Landschaft lässt sich nicht über einen TPM-Spezialisten managen", so Götzfried. Vor allem bei umfangreicheren Outsourcing-Deals sei es ratsam, die Kontrolle im Haus zu behalten beziehungsweise ein Beratungshaus wie Accenture zu beauftragen.

Nach Ansicht von Andreas Burau, Director Consultant bei der Meta Group, funktioniert TPM "nur bei stark standardisierten Outsourcing-Engagements -- etwa Infrastrukturbereichen, die keine strategischen Implikationen für die Geschäftsprozesse haben". Ansonsten seien die Firmen nicht bereit, ihre Management-Tätigkeiten einem externen Provider anzuvertrauen: "Viele Anwender haben ja schon Schwierigkeiten, ihre IT nach draußen zu geben." Bei dedizierten Projektaufgaben ist die Auslagerung an einen professionellen TPM-Anbieter aber in jedem Fall zu empfehlen, so Burau: "Oft hat das Geflecht der Beziehungen zu den kleinen IT-Dienstleistern solche Ausmaße angenommen, dass es kaum noch zu überschauen ist."

Bislang hält sich die Nachfrage nach TPM allerdings in Grenzen. So schätzt Burau die Zahl der Anwenderunternehmen, die ihre externen Ressourcen von Dritten verwalten lassen, auf derzeit unter zehn Prozent. Einige Firmen konsolidieren in Eigenregie -- wie beispielsweise die Dresdner Bank, die die Zahl ihrer IT-Dienstleister in den vergangenen Jahren von 1000 auf 50 reduzieren konnte. Häufig wird das Thema jedoch schlicht vernachlässigt, bedauert Firmengründer Götzfried: "Vielen Anwendern ist nicht bewusst, wie hoch das Einsparpotenzial in diesem Bereich sein kann." Die schottische Lebensversicherung Standard Life etwa habe die Kosten für ihre externen Ressourcen durch die Zusammenarbeit mit dem Wiesbadener Provider um geschätzte 15 Prozent senken können.

Dennoch rechnen die TPM-Spezialisten mit wachsenden Aufträgen. "Zwar können Serviceriesen wie IBM oder T-Systems die Verwaltung der kleinen IT-Dienstleister im Rahmen ihrer Outsourcing-Deals auch übernehmen", räumt Götzfried ein. "Aber das dedizierte Angebot, fokussiert auf diese spezielle Situation, das ist neu."