Digitale Transformation von Unternehmen

Digitalisierung: Neustart für die IT

23.12.2015 von Lars Drexler
Egal, ob Arbeits- und Privatleben, Bildung, Wirtschaft oder Politik - die digitale Revolution erfasst sämtliche Bereiche unseres Lebens. Für Unternehmen heißt das vor allem: Neue Technologien und veränderte Kundenerwartungen werfen etablierte Geschäftsprozesse über den Haufen.

Heutzutage wird Digitalisierung häufig im selben Atemzug mit anderen Buzzwords wie Mobile- und Cloud Computing, Big Data, Internet of Things oder 3D-Druck genannt. Doch das greift zu kurz - es sind gewichtigere Faktoren, die die Digitalisierung und digitale Transformation von Unternehmen vorantreiben. Die Globalisierung etwa, aber auch soziale Veränderungen mit einer neuen Generation von Kunden - den Digital Natives. Beispiel WhatsApp: Es ist noch nicht allzu lange her, dass die Instant-Messenging-App aus dem kalifornischen Santa Clara der Deutschen Telekom die Pfründe mit Kurznachrichten streitig machen konnte (und der Bonner Konzern sich kurzerhand gezwungen sah, die SMS-Flatrate einzuführen), bevor sich schließlich Facebook das Startup mit 350 Mitarbeitern einverleibte - für rund 19 Milliarden Dollar.

Die digitale Transformation von Unternehmen wird von verschiedenen Faktoren vorangetrieben.
Foto: Michelangelus - shutterstock.com

Digitale Transformation: Mehr Service, weniger Produkt

Ähnliche Geschichten schreibt man gleich nebenan: bei Netflix im Bereich des Fernsehens, bei Apple im Musikgeschäft oder beim US-Sportartikelhersteller Nike mit der Personalisierung von Schuhen die mit mobilen Endgeräten kommunizieren. Es sind Geschäftsmodelle, die auf Basis der Digitalisierung entstehen. Und die digitale Revolution drängt vehement in nahezu jede Branche. Sie zwingt Unternehmen dazu, ihre Prozesse kundenzentrierter auszurichten, den Service zu verbessern, agiler zu wirtschaften oder neue Märkte und Produkte ins Leben zu rufen, um überlebensfähig bleiben zu können.

Der Service um ein Produkt wird zunehmend wichtiger als das Produkt selbst. In vielen Branchen fallen die Herstellungskosten, die Grenzkosten gehen gegen Null, Innovationszyklen verkürzen sich und Innovationsvorsprünge schmelzen dahin. So gewinnt die Konkurrenzsituation an Schärfe und eine Differenzierung über den Preis wird immer schwieriger. Unternehmen können sich immer seltener ausschließlich über das Produkt vom Wettbewerb differenzieren und bemühen sich um begleitende Services. Vor allem in den Bereichen Telekommunikation, Musik und Medien trifft die digitale Transformation auf fruchtbaren Boden, um eine stärkere Kundenbindung und Individualisierung zu erzielen. Dramatische Auswirkungen hat dabei die Vorstellung, Kunden könnten in Zukunft ihre eigenen Produkte mit 3D-Druckern herstellen. Die Auswirkungen sind häufig bis in den B2B-Bereich zu spüren: In Zukunft heißen die Erfolgsfaktoren nicht mehr nur "schneller" oder "besser" - die Services rund um ein Produkt machen den Unterschied.

Wie man das Team in die Digitalisierung mitnimmt
Achillesferse der Digitalisierung
In dem Papier "Being digital: Embrace the future of work and your people will embrace it with you" bezeichnet Accenture die Belegschaft eines Unternehmens als "Achillesferse" der Digitalisierung. Das Papier basiert auf Angaben von rund 700 Entscheidern weltweit sowie circa 2.500 Angestellten.
Befürchtungen der Mitarbeiter
Eine Mehrheit von 70 Prozent der Angestellten befürchtet den Verlust von Teamgeist, wenn die Kollegen per Fernzugriff arbeiten und nicht mehr ins Büro kommen. Etwa jeder Achte (zwölf Prozent) erwartet, seine Job-Aussichten werde sich durch die Digitalisierung negativ entwickeln.
Vorteile der Digitalisierung
Gleichzeitig erwarten die Angestellten aber auch Vorteile in den Punkten Innovationsfähigkeit ihres Unternehmens (71 Prozent), Agilität (69 Prozent) und Produktivität (68 Prozent). Insbesondere jüngere Befragte mit überdurchschnittlich hoher Qualifikation sehen die Vorteile der Digitalisierung – "wenig überraschend", wie Accenture schreibt.
Katalog digitaler Skills
Accenture rät Entscheidern, einen Katalog mit den benötigten digital Skills samt dem jeweiligen Kompetenzniveau zu erstellen.
Keine Nebensache
Entscheider dürfen das Thema Mitarbeiter nicht als Nebenschauplatz behandeln, so der Appell von Accenture. Sie brauchen eine "Test and learn"-Mentalität.

Organisatorische Ansätze für die Digitalisierung von Unternehmen

Für Unternehmen haben sich zu Beginn einer digitalen Transformation drei Methoden bewährt:

  1. Ideenwettbewerbe mit Quer- und Freidenkern, die sich auf spezielle Projekte konzentrieren;

  2. Das Ausgründen von Unternehmensteilen im Stil von Startups, die autark wie durch ein Venture Capital geführt agieren;

  3. strukturelles Vorgehen über Workshops.

Unabhängig von der gewählten Methode ist es für die Digitalisierung unabdingbar, ein sogenanntes "Executive Sponsorship" ins Leben zu rufen, das als persönliches Ziel auf höchster Unternehmensebene verankert sein muss. Es sollte also ein klares Mandat mit entsprechenden Ermächtigungen geben, um das Thema digitale Transformation in Unternehmen vorantreiben zu können. Hier bietet sich eine dedizierte Rolle - beispielsweise die eines Chief Digital Officers (CDO) - an. Anders als bei klassischen CIOs, deren dringlichste Aufgabe die Kostenreduktion bei gleichbleibenden Service-Levels ist, sollte ein CDO etablierte Strukturen über Bord werfen, Neues versuchen und auch scheitern dürfen. Ratsam ist zudem, alle relevanten Abteilungen eines Unternehmens bei der Zielsetzung auf dem Weg in die Digitalisierung zu berücksichtigen und einzubinden.

9 Wege zur erfolgreichen Digitalisierung eines Unternehmens
9 Wege zur Digitalisierung
Eine neue Studie zum Thema Digitalisierung identifiziert neun Handlungsfelder in denen Unternehmen tätig werden müssen, um die Digitalisierung erfolgreich voranzutreiben und Digitale Exzellenz zu erlangen.
Digital Leadership
Die digitale Transformation muss von der Unternehmensspitze priorisiert und vorangetrieben werden.
Digital Empowerment
Die Qualifizierung von Mitarbeitern für die digitale Transformation sollte unternehmensweit von statten gehen.
Customer & Partner Engagement
Kunden und Partner sind die treibenden Kräfte der digitalen Transformation. Das Ziel für Unternehmen ist es folglich, deren Erwartungen und Anforderungen zu verstehen und diesen möglichst schnell gerecht zu werden.
Business Model Innovation
Digitale Exzellenz erfordert die fortlaufende Überprüfung bestehender Geschäftsmodelle auf Digitalisierungspotenziale und -notwendigkeiten. Unternehmen sollten neue digitale Geschäftsmodelle aktiv entwickeln.
Digital Platform Management
Im digitalen Raum haben verschiedene Plattformen eine zentrale Rolle übernommen. Unternehmen müssen auf diesen Plattformen präsent sein, Einfluss auf sie nehmen oder sogar selbst eine Plattform entwickeln und betreiben.
IT Architecture Transformation
Veraltete IT-Architekturen müssen komplett überarbeitet und erneuert werden. Die auf Stabilität und Sicherheit ausgelegten Backend-Systeme sollten so optimiert werden, dass sie die Frontend-Systeme in ihrer schnellen Weiterentwicklung unterstützen können.
Process Digitisation & Automation
In der klassischen IT-Disziplin der Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung erfordert Digitale Exzellenz ein permanentes IT-Engagement.
Data-driven Agility
Digitale Exzellenz erfordert die stetige Auswertung von entstehenden Daten. Diese sollten anschließend in die steuernden Prozesse zurückgeführt werden, wo sie unmittelbar für die Weiterentwicklung und Gestaltung des digitalen Angebotes zur Verfügung stehen.
Digital Security & Compliance
Digitale Exzellenz ist nur zu erreichen und aufrechtzuerhalten wenn Systeme und Prozesse kontinuierlich in Bezug auf Sicherheit und Compliance überprüft und weiterentwickelt werden.

Digitale Enabler für die Unternehmenskultur

Häufig gehört es zu den nächsten Schritten einer digitalen Unternehmenskultur den Umgang mit dem Kunden auf den Prüfstand zu stellen. Bei all den Planspielen zugunsten einer Digitalisierung aber ist ein Aspekt wesentlich: Für die Transformation müssen die richtigen Menschen gefunden werden. Im Zeitalter der Digitalisierung stehen dabei Charaktere im Mittelpunkt, die eine positive Grundeinstellung zu Veränderungen besitzen. Solche pragmatischen Visionäre müssen über den Tellerrand hinausschauen und bereit sein, Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner in die digitale Philosophie einzubinden. Denn auch externe Berater und sogar Softwarehersteller leisten in einem solchen Ansatz mit ihrem Blick von außen unverzichtbare Dienste. Oftmals ist nämlich die Kenntnis darüber, welche neuen Geschäftsmodelle mit den technologischen Revolutionen möglich sind, im eigenen Unternehmen gar nicht vorhanden, weil schlichtweg das Personal dafür fehlt. Erst mit diesem Wissen um die organisatorischen Voraussetzungen sollten sich Unternehmen in die Umsetzung der digitalen Transformation stürzen. (fm)

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