Dokumenten-Management-Systeme

DMS boomt im Mittelstand

08.01.2011 von Bernhard Zöller
Der Markt für Dokumenten-Management-Systeme ist in Deutschland weiterhin stark fragmentiert. Das Werben um den Mittelstand erfolgt inzwischen nicht nur über Preise, sondern über einen Wettlauf bei Funktionen.

Der Markt für Dokumenten-Management- und elektronische Archivierungssysteme (DMS) boomt. Die Ursachen liegen in den wachsenden Problemen im Umgang mit Dokumenten aller Art: Waren in der Vergangenheit die spezifischen Probleme von Papier, vor allem die hohen Ablagekosten und der schwerfällige Zugriff, sowie die mangelnde IT-Integration Auslöser für DMS-Projekte, so treten in den letzten Jahren neue Anforderungen im Zusammenhang mit elektronischen Unterlagen in den Vordergrund.

Der Markt für Dokumenten-Management- und elektronische Archivierungssysteme (DMS) boomt.
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Die anschwellende Flut bereits in digitaler Form vorliegender Dokumente verteilt sich häufig auf eine unkontrollierbare Vielzahl von Systemen und Ablagen: Lokale PC-Festplatten, File-Server, E-Mail-Systeme und Dateiablagen von Fachanwendungen dienen hierbei als Repositories. Das dezentrale Verwaltungschaos findet seinen Höhepunkt auf vielen Netzlaufwerken, die den Eindruck erwecken, sie seien von „digitalen Messies“ verwaltet. Die Speicher werden mit Dateien gefüllt, die entweder da nicht hingehören und von anderen Mitarbeitern dort auch nicht gefunden werden können.

Ordnungssysteme, also Regeln und Strukturen, nach denen abgelegt werden soll, existieren häufig nicht oder werden - weil zu komplex - ignoriert. Speicherplatz ist aber nur vermeintlich billiger als eine disziplinierte Ablage und in Wahrheit zumeist teurer, weil die mit der mangelnden Ordnung und den manuellen Prozessen einhergehenden hohen Kosten nicht transparent sind.

Die „vollständige Akte“, also die gesammelte Prozessdokumentation als Basis der Prozessbearbeitung aber auch zur Wahrung der einfachen, belastbaren Auskunftsfähigkeit und zur Einhaltung der Ordnungsmäßigkeit ist schon lange verloren gegangen. Bei Anwendern, die sich dieser Problematik bewusst sind bildet dies dann häufig auch die Triebfeder zur Einführung einer DMS-Lösung. Dass in vielen Fällen auch die Revision oder die Finanzverwaltung eine Besserung des Mangels an Ordnungsmäßigkeit fordert, verstärkt den Trend.

Haben sich früher vor allem Großanwender DMS-Systeme geleistet, die bezüglich den Mengen und Häufigkeiten auch entsprechende Skaleneffekte ausnutzen konnten, so führte der Preisverfall der für DMS-Lösungen notwendigen Hardware- und Infrastrukturkomponenten zu einer höheren Attraktivität der Systeme auch im Mittelstand und in kleineren Organisationen. Vor allem die dramatisch gesunkenen Kosten für Archivspeicher, schnelle Server sowie für ausreichend dimensionierte Netze im LAN und WAN-Bereich trugen dazu bei. Ursächlich für diese Marktentwicklung ist auch der besonders in Deutschland sehr dichte Wettbewerb, der nicht nur zu einem Preis-, sondern vor allem auch zu einem sehr intensiven Funktionswettbewerb geführt hat.

Der Markt für KMU-Lösungen hat im DMS-Segment zwischenzeitlich den Markt für Großunternehmen überholt, die Umsatzzuwächse und Neu-Installationen sind vornehmlich im KMU-Markt zu verzeichnen, während Großunternehmen eher Konsolidierungsaufgaben zu bewältigen haben, um hierbei Abteilungslösungen in zentrale Systeme zu integrieren.

Viele Lösungen, auch der kleineren mittelständischen Hersteller, verfügen mittlerweile im Standard über umfassende Funktionen wie beispielsweise:

Unterschiedliche Anforderungen

Die DMS-Anforderungen im KMU-Markt unterscheiden sich von den Anforderungen, die Großunternehmen an DMS-Lösungen stellen. Für Großunternehmen stehen Skalierbarkeit, moderne Mehrschicht-Architekturen, internationale Verfügbarkeit, Programmierbarkeit bis in kleinste Detail und die nahtlose Integration in hochkomplexe IT-Umgebungen bei der DMS-Auswahl im Vordergrund. Diese Anforderungen werden von vielen und typischerweise auch von den „großen“ Herstellersystemen gut bedient. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die großen ECM-Dickschiffe erhebliches Knowhow und Aufwand für Setup, Lösungsimplementierung und den Dauerbetrieb erfordern. Die Gesamtkosten solcher Systeme übersteigen auch heute noch häufig das Budget kleiner und mittelständischer Betriebe.

Für kleine und mittelständische Unternehmen spielt neben den Kosten vor allem die Flexibilität der Lösung und damit der Standard-Funktionsumfang bei der DMS-Produktauswahl eine wichtige Rolle. Die tatsächlichen Funktionsunterschiede zwischen den Produktangeboten zu ermitteln und angemessen zu bewerten, stellt eine der größten Herausforderungen bei der DMS-Auswahl dar.

Die DMS-Marktanteile konzentrieren sich nicht, wie man vermuten könnte, auf einige wenige Großanbieter, sondern verteilen sich auf eine Vielzahl mittelständischer Hersteller. Es ist für uns derzeit nicht erkennbar, dass sich diese Fragmentierung des Markts in Zukunft ändern wird. Die kleineren und mittleren Hersteller erwiesen sich als sehr erfolgreich: Die seit vielen Jahren vorhergesagte Konsolidierung auf wenige Global Player ist ausgeblieben, weil die Großen den seit Jahren boomenden KMU-Markt vernachlässigt haben und das Wachstum in der angestammten Klientel, die IT-seitig ja häufig bereits in den wichtigsten Geschäftsprozessen ausgestattet ist, naturgemäß begrenzt ist. Häufig fehlen auch die Vertriebskanäle, um die vielen vertikalen Nischen im KMU-Markt und deren spezifische Anforderungen glaubwürdig bedienen zu können.

Einige der Großen haben bereits schmerzhafte Erfahrungen gemacht, dass es ohne die richtige Strategie - sprich Channel-Aufbau und Entwicklung vertikaler oder horizontaler Marktsegmente mit Alleinstellungsmerkmalen und repetitiven Absatzchancen - und ohne Reseller-fähige Produkte unmöglich ist, diesen Markt zu erobern. Die aktuelle DMS-Marktübersicht des VOI ist ein Beleg für die Vielfalt und das hohe Niveau des Funktionsangebotes: Sie listet aktuell über 50 Systeme im DMS-Markt. (ue)