Disaster-Recovery-as-a-Service

DRaaS – nicht nur eine Nischenlösung für den Mittelstand

21.04.2017 von Matthias Frühauf
Für IT-Entscheider, die bestrebt sind, die Flexibilität von Geschäftsprozessen und Infrastrukturen zu steigern, ohne dabei die Kosten zu erhöhen, könnte Disaster-Recovery-as-a-Service (DRaaS) schon bald zu einem wesentlichen Standbein im modernen Rechenzentrumsmanagement werden.

IT-Umgebungen entwickeln sich längst über physische Server hinaus. Viele wichtige Produktionsmittel arbeiten heutzutage auf virtuellen Maschinen (VMs), die auf Hypervisoren laufen, und immer mehr Unternehmen lagern geschäftskritische Unternehmensprozesse in die Cloud aus. Dabei geht der Trend zur „Multi-Cloud“: Je nach Anforderungsprofil kommen Private, Managed oder Public Clouds zum Einsatz.

Disaster Recovery aus der Cloud wird zunehmender beliebter.
Foto: Alexander Supertramp - shutterstock.com

Folglich entstehen immer mehr heterogene Infrastrukturen, mit denen sich auch die Anforderungen an den Schutz der Unternehmensdaten, deren Wiederherstellung und die Gewährleistung ihrer Verfügbarkeit ändern. Als Konsequenz sollten nicht nur Geschäftsanwendungen in die Cloud wandern, auch für deren Absicherung und Verfügbarkeit werden Cloud-Dienste zunehmend attraktiv.

Bisher wurde Disaster-Recovery-as-a-Service (DRaaS) hauptsächlich als Lösung in kleinen oder mittelständischen Unternehmen eingesetzt. Doch Branchentrends zeigen, dass auch große Unternehmen beginnen, die Vorteile von DRaaS zu erkennen. Denn im Kontext der Cloud gehen auch sie immer mehr dazu über, nicht alles im eigenen Rechenzentrum implementieren zu wollen. Sie holen für einzelne Bereiche Servicepartner an Bord, einerseits um Kosten und Komplexität zu reduzieren, andererseits aber auch, um die Last von Service Level Agreements (SLA) auf mehrere Schultern zu verteilen.

DRaaS wird für Großunternehmen attraktiv

Für größere Unternehmen mit komplexen Infrastrukturen und erheblichen Datenvolumen, die sich oft über verschiedene Systeme verteilen, war eine DRaaS-Lösung in der Vergangenheit häufig zu kompliziert und zu teuer in der Implementierung. Mittlerweile hat sich aber die Technologie verbessert, die Vielfalt der angebotenen Modelle steigt und die Kosten sinken. Dies macht DRaaS auch für große Unternehmen attraktiv und die Implementierungszahlen steigen. Besonders für Organisationen mit vielen Zweigstellen im In- und Ausland kann DRaaS ein guter Weg sein, um ihre Daten zu sichern, ohne dass dabei die Kosten explodieren.

Mit der technologischen Weiterentwicklung ist DRaaS nicht nur günstiger geworden als klassische DR-Prozesse, auch der Implementierungsprozess ist weniger komplex. So werden Ausfallzeiten und die Auswirkungen für Anwender minimiert. Dennoch gibt es einige Aspekte, die Unternehmen bei der Umsetzung eines DRaaS-Projektes beachten sollten.

Der Implementierungsprozess einer DRaaS-Lösung beginnt dort, wo alle IT-Projekte starten (sollten): mit der Zusammenstellung der notwendigen Anforderungen. Dabei sollten Unternehmen alle Stakeholder an den Tisch holen - sowohl intern als auch extern wie etwa Zulieferer oder Logistiker.

Die entsprechende Liste der Anforderungen an DRaaS wird sich immer wieder ändern. Nur dann ist sichergestellt, dass, egal welche DRaaS-Lösung das Unternehmen auch auswählt, sie alle aktuellen und vorhersehbaren Ansprüche an Verfügbarkeit im Rahmen von Disaster Recovery erfüllt. Daher sollten Unternehmen auch jederzeit engen Kontakt mit ihrem jeweiligen DRaaS-Anbieter halten, damit neue oder geänderte Anforderungen zeitnah erfüllt werden können. Hier zeigt sich deutlich ein großer Vorteil von DRaaS-Lösungen: Durch die Nutzung von Cloud-Funktionen beschleunigen und vereinfachen sie die früher so komplizierte Planung von DR-Projekten sowie die Prozesse während eines echten Störfalls.

Auch den Aspekt der Migration gilt es zu bedenken. Wenn also spezielle Anwendungen und Infrastrukturen zu einem cloudbasierten DRaaS-Anbieter transferiert werden sollen, kann dies möglicherweise zusätzliche Netzwerkkapazität, Eingriffe in den Netzwerk-Traffic oder andere Infrastruktur-Upgrades erfordern, die von Anfang an in den Zeitablauf des Projektes einzukalkulieren sind.

DRaaS als Self-Service für Endnutzer spart Zeit und Geld

Die klassischen Aufgabenprofile unterschiedlicher IT-Administrator-Rollen sind längst aufgehoben. Vor diesem Hintergrund ist Bedienerfreundlichkeit keine Phrase, sondern unbedingte Voraussetzung jeder Software-Implementierung. DRaaS bildet hier keine Ausnahme. Da viele IT-Abteilungen bereits heute mit der Vielzahl an Aufgaben jonglieren, sind einfache Konfiguration und Betrieb von DRaaS-Lösungen weitere Vorteile, reduzieren sie doch die Notwendigkeit von zusätzlichen Investitionen in Hardware, Software oder Personal. Darüber hinaus bieten DRaaS-Lösungen mit Self-Service-Portalen für Endanwender eine Data Governance, die verständlich und einfach zu verwalten ist.

Nicht zuletzt spricht auch der Preis für ein DRaaS-Modell. Der Preisvorteil von cloudbasierten DRaaS-Lösungen ergibt sich vor allem aus der Verteilung der Kosten für die DR-Infrastruktur auf viele verschiedene Unternehmen.

Regelmäßige DR-Tests in der “Sandbox”

Traditionelle DR-Dienstleister bieten typischerweise einen oder mehrere DR-Tests pro Jahr, die im jeweiligen Disaster Recovery Center durchgeführt werden, auch wenn sie üblicherweise über einen Fernzugang getätigt werden können.

Das Konzept jährlicher Tests ist der einzig wirksame Weg, um sicherzustellen, dass die DR-Pläne und die Wiederherstellungs-Infrastruktur die Anforderungen des Unternehmens im Fall einer echten Störung erfüllen. Doch diese physischen DR-Tests sind extrem teuer in Bezug auf die Gebühren, um für den Test Zugang zum DR-Rechenzentrum zu erhalten. Darüber hinaus erfordern solche Tests einen hohen Zeit- und Personalaufwand.

Viele Anbieter von DRaaS-Lösungen bieten daher alternative Optionen an, um die Einsatzbereitschaft von DR zu testen: virtuelle Wiederherstellungstests. Abhängig von den Diensten, die der jeweilige DRaaS-Anbieter anbietet, können sowohl Teile als auch die gesamte zu schützende Infrastruktur in einer isolierten Sandbox-Umgebung wiederhergestellt werden. Sobald die Wiederherstellung in die Sandbox läuft, können Unternehmen testen, ob der Wiederherstellungsprozess wie erwartet funktioniert.

Dabei können durch Mitarbeiter durchgeführte Wiederherstellungsprozesse gleichzeitig als Teil des virtuellen DR-Tests ablaufen, um beispielsweise zu prüfen, ob sich Nutzer weiterhin einloggen können, die Anwendungen wie erwartet wieder verfügbar sind und die wiederhergestellte Umgebung die im DR-Plan festgesetzten Ziele erfüllt. In einem Sandbox-Wiederherstellungsszenario können Unternehmen sogar ihre Netzwerkkonfiguration der Produktion mit echten IP-Adressen und Konfigurationen aller Server und Netzwerkdienste nutzen.

Für Anwendungs- oder Rechenzentrums-basiertes DRaaS sind eine Wiederherstellung sowie Tests der jeweiligen Anwendungen und Datenbanken genau wie bei einem echten Zwischenfall möglich.

Genau wie Backups ohne verifizierten Wiederherstellungsprozess wertlos sind, ist der DR-Prozess nur so gut wie die Ergebnisse aus den DR-Tests. Doch schon einen DR-Test aufzusetzen, kann einen IT-Administrator viel Zeit und Geld kosten. Deshalb sollte die einfache Handhabung von DR-Tests auch ein wichtiges Kriterium für den DR-Planungsprozess und die Evaluierung der DRaaS-Kriterien sein. Mittlerweile bieten viele Lösungen bereits automatisierte Testläufe, bei denen der IT-Administrator keine langwierigen Set-ups durchlaufen muss. Stattdessen können die Tests einmal aufgesetzt und dann regelmäßig durchgeführt werden.

Wer diese Punkte beachtet, kann von den Vorteilen moderner DRaaS-Lösungen profitieren - egal, ob kleines, mittleres oder großes Unternehmen. (haf)