PPM-Software

EBS vergleicht Anwendungen für Projektportfolio-Management

01.09.2008 von Frederik Ahlemann, Jean-Peter Lausberg und Frank Radeke
Die European Business School (EBS) hat den Markt sowie Lösungen für Projektportfolio-Management (PPM) untersucht und neun der in diesem Segment führenden Produkte bewertet.

Projektmanagement spielt nach wie vor eine zentrale Rolle in IT-Organisationen. Daran haben auch Trends wie Outsourcing, Offshoring oder die Industrialisierung der IT nichts geändert. Im Gegenteil: Die systematische Optimierung der Wertschöpfungskette der IT erfordert immer wieder Projekte auf der Infrastruktur-, Applikations- oder auch Organisationsebene, um auf neue Anforderungen und strategische Ziele reagieren zu können. Außerdem will man sich proaktiv auf kommende Veränderungen vorbereiten. Bei der Abwicklung von Projekten kommt dabei zunehmend Projektportfolio-Management-Software (PPM-Software) zum Einsatz. Diese Systeme unterstützen neben dem klassischen Projekt-Management auch Prozesse des Demand-Managements, der Projektpriorisierung und -auswahl sowie die systematische Steuerung von Projekten in Multiprojektumgebungen. In einer aktuellen Studie hat das Institute of Research on Information Systems (Iris) der European Business School (EBS) die führenden Produkte dieser Softwaregattung einer Analyse unterzogen und den Markt unter die Lupe genommen.

Markt in der Konsolidierungsphase

Im Gegensatz zu anderen Märkten wie beispielsweise den für Betriebssysteme, Datenbanken oder ERP-Systeme befindet sich die PPM-Software-Branche noch mitten in einer Konsolidierungs- und Konzentrationsphase. Jahrelang als Nischenmarkt von den großen Softwarefirmen wie IBM, HP oder CA ignoriert, hat sich PPM mittlerweile so verbreitet, dass die Absatz- und Umsatzchancen auch für große Softwarefirmen attraktiv geworden sind. So haben große international agierende IT-Firmen durch Aufkäufe von kleineren Anbietern versucht ihr Produktportfolio mit PPM-Lösungen abzurunden und langjährige Eigenentwicklungen zu umgehen. IBM hat durch die Übernahmen von Systemcorp und FocalPoint sein Rational-Portfolio komplettiert. Ähnliches gilt für HP und CA, die ihre IT-Management-Suiten um PPM-Software durch Akquisitionen abgerundet haben.

Mittelgroße PPM-Spezialisten wie Planisware oder Planview setzen häufig auf Wachstumsstrategien, um nicht selbst zum Übernahmekandidaten zu werden. Kleine, oft national agierende Anbieter geraten durch die Dominanz der großen und mittelgroßen Hersteller zunehmend in Schwierigkeiten, sofern sie sich nicht geeignet differenzieren können. Dazu bedienen diese Firmen Nischen, die von größeren Unternehmen aufgrund des geringeren Umsatzpotenzials als nicht attraktiv bewertet werden. Solche Nischenlösungen können zum Beispiel ein kombiniertes Auftrags- und Projekt-Management für kleine Dienstleistungsunternehmen wie Unternehmensberatungen oder IT-Dienstleister sein, oder eine auf Lotus Notes basierende Lösung für das Projekt-Management. Dennoch: Eine Reihe von kleineren Anbietern tut sich derzeit schwer die eigenen Umsätze zu halten oder auszubauen. Hier ist mit einer Bereinigung des Marktes zu rechnen.

Termin: PPM-Anbieter stellen sich

Zum Thema PPM-Software findet am 16. September in Frankfurt am Main die Barc-Tagung "Projektmanagementwerkzeuge - 8 Software-Anbieter im direkten Vergleich" statt. Acht Hersteller zeigen in Live-Präsentationen mit einheitlicher Grundstruktur ihre Lösungen. In der begleitenden Fachausstellung können detaillierte Informationen eingeholt werden.

Das im Vorfeld am 15. September stattfindende Intensivseminar "Projektmanagement Software" gibt einen Überblick über produkt- und anbieterseitige Entwicklungen, stellt Stärken und Schwächen der am Markt erhältlichen Lösungen vor und gibt Tipps und Tricks für den Auswahl- und Einführungsprozess. Weitere Informationen gibt es beim Business Application Research Center (Barc).

Mangelnde Integration prägt den Markt

Übersicht über die Bereiche des strategischen IT-Managements und wie PPM-Lösungen die einzelnen Segmente unterstützen.
Foto: Ahlemann

Ein weiterer Trend ist die Verknüpfung der PPM-Systeme über intelligente Schnittstellen zu anderen Lösungen der IT-Anwendungslandschaft. So verbindet beispielsweise HP sein "Project and Portfolio Management Center" über direkte Schnittstellen mit den Produkten "Quality Center" und "Service Management Center". Daten von Änderungsanforderungen für Anwendungssysteme, die im Service Management Center auflaufen und die zu einem Projekt führen, können direkt in die PPM-Lösung übernommen werden. Von dort stehen die Daten über Schnittstellen auch im Quality Center zur Verfügung, so dass auf dieser Grundlage Testszenarien vorbereitet werden können. Die Entwicklung zur stärkeren Integration mit anderen IT-Management-Lösungen ist jedoch aufgrund inkompatibler und uneinheitlich definierter Schnittstellen und Datenaustauschformate derzeit häufig noch auf die Produkte eines Herstellers beschränkt.

Um diese Problematik zu umgehen, setzen einige PPM-Systemanbieter wie Actano vermehrt auf Web-Services und die damit verbundene standardisierte Beschreibung der Schnittstellen zum Zugriff auf PPM-Funktionen und Daten. Als Basistechnik für den Austausch von Informationen dient in diesem Fall XML. Dennoch, ein einheitliches Format für PPM-Daten gibt es derzeit nicht. Abhilfe könnte die neue DIN-Norm für das Projekt-Management schaffen, die in Kürze veröffentlicht wird und ein einheitliches Datenmodell umfasst.

Standardschnittstellen in Planung

Die Bereitstellung von standardisierten Schnittstellen ist ein wichtiger Bestandteil der zunehmenden Integration des PPM in das strategische IT-Management. CA, HP, IBM oder Planview decken bereits ganz oder teilweise Bereiche wie Demand-, Asset -, Service-, Compliance- und Supplier-Management ab. Insgesamt werden die einzelnen Segmente des strategischen IT-Managements jedoch noch unterschiedlich stark durch die gängigen Lösungen abgedeckt. Eine zentrale Bedeutung fällt dabei der Integration des PPM mit dem Enterprise Architecture Management (EAM) zu. Da EAM die Unternehmensarchitektur in Form von technischer Infrastruktur, Applikationen und Prozesse erfasst und diese Elemente an der Unternehmensstrategie in Form von Zielarchitekturen ausrichtet, gibt es vielfältige Verbindungen zum PPM. Eine integrierte Lösung würde es zum Beispiel erlauben, IT Projekte in Übereinstimmung mit der Unternehmensarchitektur auszuwählen.

Insgesamt ist diese Entwicklung für die anwendenden Unternehmen viel versprechend, jedoch werden bis zur weitgehenden Realisierung durch führende Anbieter noch etwa drei bis fünf Jahre vergehen. Dann ist damit zu rechnen, dass diese Systeme entweder aus sich heraus oder durch die Integration mit Nachbarsystemen die wesentlichen Bereiche des strategischen IT-Managements abdecken.

Hersteller im Überblick

Der Markt für PPM-Systeme ist trotz des Konsolidierungsprozesses noch immer recht unübersichtlich. So buhlen allein in Deutschland deutlich über 50 Anbieter um die Gunst der Kunden. International kann mit über 300 Anbietern gerechnet werden. Im Folgenden werden neun führende Hersteller vorgestellt und deren Produkte verglichen.

Projektportfolio-Management-Software im Überblick

Hersteller/Funktion

Scope/Quality

Time

Cost

Resource

Reporting

Risk/Portfolio

Administration/Configuration

CA Clarity 8.1

XXX

XXXX

XXXXX

XXXXX

XXXXX

XXXX

XXXX

HP PPM Center 7.1

XXXX

XXX

XXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXX

IBM Rational Portfolio Manager 7.1

XXX

XXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

Microsoft Office EPM 2007

XXXX

XXXX

XXXX

XXXXX

XXXXX

XXXX

XXXXX

SAP ERP 6.0, xRPM 4.5, cProjects 4.5

XXXX

XXX

XXXXX

XXXX

XXXX

XXX

XXXX

Actano RPlan

XXX

XXX

XXX

XXXX

XXX

XX

XXX

Planisware 5

XXXXX

XXXXX

XXXXX

XXXXX

XXXX

XXXXX

XXXXX

Planview Enterprise 9

XXXXX

XXXX

XXXXX

XXXXX

XXXXX

XXXXX

XXXXX

Sciforma PSNext 2.5

XXXX

XXXXX

XXXXX

XXXXX

XXXX

XXXX

XXXX

Computer Associates

Die Hersteller CA, HP, IBM, Microsoft und SAP gehören zum Segment der großen global agierende Anbieter. Die Lösung "CA Clarity 8.1" von CA ist gut konfigurier- und skalierbar. Darüber hinaus bietet das System ein breites Funktionsspektrum. Das sind gleichzeitig auch die größten Nachteile. Bevor die Lösung zum Einsatz kommen kann, bedarf es einer umfangreichen Anpassung an die Anforderungen des Kunden. Durch den großen Funktionsumfang ist das System für einige Anwender zu komplex.

Hewlett-Packard

Das System "HP PPM Center 7.1" von HP hat einen klaren Fokus auf Projekte im Kontext des IT-Managements. Eine starke Prozessorientierung und hohe Funktionalität charakterisieren die Lösung. Zudem ist das Produkt gut in das Portfolio von HP integriert. Sollte ein detailliertes Termin- und Ressourcen-Management notwendig sein, muss jedoch auf Lösungen von Drittanbietern zurückgegriffen werden.

IBM

Der "Rational Portfolio Manager 7.1" von IBM ist eine breit gefächerte Lösung, die insbesondere ausgereifte Funktionalitäten für das Termin-, Ressourcen- und Kosten-Management bietet. Damit ist es eine gute Software auch für komplexe Projekt-Management-Umgebungen. Jedoch erfordert die Software ebenso einen höheren Schulungsaufwand, um effizient genutzt werden zu können.

Microsoft

Bei der Lösung "Microsoft Office EPM 2007" handelt es sich um mehrere Einzelprodukte, die zusammen die PPM-Lösung ausmachen. Diese weisen eine hohe Usability auf und sind darüber hinaus gut in die Microsoft-Welt integriert. Insgesamt handelt sich um ein flexibel einsetzbares System. Dennoch: Um fortgeschrittene Anforderungen von Unternehmen abzudecken, ist bei der Einführung häufig Programmieraufwand notwendig.

SAP

Die PPM-Lösung von SAP besteht ebenso aus mehreren aufeinander abgestimmten Einzellösungen: SAP ERP 6.0, SAP xRPM 4.5, SAP cProjects 4.5. Zusammengenommen unterstützen sie ein breites Repertoire an PPM-Funktionen. Durch die getrennte Entwicklung ist jedoch keine kohärente Benutzeroberfläche verfügbar. Insgesamt ist die Benutzerfreundlichkeit eher unterdurchschnittlich. Obwohl die Einzelsysteme auf unterschiedlichen Architekturen basieren (Client/Server und Web-basierende Architekturen), sind sie insgesamt gut in die SAP-Welt integriert.

Actano

Die Lösung "RPlan" von Actano ist insbesondere für den Einsatz im Bereich New Product Development ausgelegt und wird traditionell häufig in der Automobilbranche eingesetzt. Stärken der Software liegen in der Projektplanung und im Ressourcen-Management. Die Software verfügt über vergleichsweise wenig Konfigurationsmöglichkeiten, ist dadurch aber relativ schnell einsatzbereit.

Planisware

Das System "Planisware 5" weist in nahezu allen Bereichen des PPM eine vollständige Funktionalität auf. Die Lösung ist sehr flexibel konfigurierbar. Darüber hinaus ist sie in der neuen Version recht gut skalierbar und so auch für eine große Anzahl von Nutzern und Projekten geeignet. Die Einführung ist jedoch wegen des erhöhten Konfigurationsaufwands vergleichsweise aufwendig.

Planview

"Planview Enterprise 9" deckt ebenso nahezu alle Bereiche des PPM ab. Das System ist Web-basierend und insbesondere für das Management von Projekten im Kontext des IT-Managements ausgelegt. Mittlerweile deckt Planview Enterprise auch angrenzende IT-Management-Funktionen ab, so zum Beispiel Elemente des Service-Managements.

Sciforma

Die Lösung "PSNext 2.5" von Sciforma ist dem allgemeinen Trend folgend vollständig Web-basiert. Die einzelnen Bestandteile sind gut organisiert und zeichnen sich durch eine hohe Benutzerfreundlichkeit aus. Die fortgeschrittenen Funktionen, insbesondere im Termin- und Ressourcen-Management, erlauben einen breiten Einsatz der Lösung. Die Portfolio-Management-Funktionalität noch jedoch noch wenig ausgeprägt.

Die Studie

In der 5. Auflage der Studie "Project Management Software Systems - Requirement, Selection Process and Products" hat das Team um Prof. Dr. Frederik Ahlemann auf 480 Seiten Projektportfolio-Management-Lösungen von 24 Anbietern evaluiert. Die Studie umfasst nahezu alle weltweit führenden Produkte sowie weitere für den deutschsprachigen Raum relevante Systeme und wird ständig aktualisiert.

Die Analyse der Produkte basiert auf einer detaillierten Systemevaluation anhand von über 100 Kriterien. Dabei wurde unter untersucht inwiefern die Systeme die verschiedenen Phasen des Projektlebenszyklus unterstützen.

Die Studie ist zum Preis von 595 Euro plus MwSt. im Oxygon Verlag erschienen. Bei Erwerb erhält man zwölf Monate Zugriff auf alle Ergänzungen und Aktualisierungen.

Ahlemann, F.: Project Management Software Systems - Requirements, Selection Process and Products, 5th Edition, 2007, ISBN978-937818-27-6; Bestellung unter www.barc.de.