Thorsten Pawelczyk hat die SieMatic-IT aufgeräumt

Ein Unternehmens-Wiki verbessert die Kommunikation spürbar

31.01.2013 von Karin Quack
Auf der Basis von Microsoft Sharepoint hat Thorsten Pawelczyk, CIO des Küchenherstellers SieMatic eine Know-how-Sammlung für die Mitarbeiter angelegt. Das macht ihn zu einem der besten IT-Chefs im Mittelstand.
Torsten Pawelczyk, CIO SieMatic, wechselt demnächst den Arbeitgeber.
Foto: Joachim Wendler

Alles auf Anfang - unter diesem Motto ging Thorsten Pawelczyk 2009 daran, die Informatik des Küchenherstellers SieMatic mit Sitz im westfälischen Löhne von Grund auf zu erneuern. Im Zentrum stand die Ausrichtung der gesamten Systemlandschaft auf die .NET-Architektur von Microsoft. Mit der grafischen Auftragsbearbeitungs-Software Sirius erzielte der SieMatic-CIO erste Aufmerksamkeit in der CIO-Community. 2010 folgte dann die Ablösung der Oracle-Produktionsdatenbank durch SQL Server.

Es blieb aber nicht bei der technischen Umgestaltung: Die interne IT-Struktur wurde ebenfalls grundsätzlich überarbeitet. "Definierte Rollen in Form von Prozess-Managern und Verantwortlichen für Kompetenzfelder sollen mehr Eigenverantwortung, Produktivität und vor allem Zufriedenheit mit sich bringen", so beschrieb Pawelczyk seinerzeit das Ziel.

Platz 3, „CIO des Jahres 2012“, Mittelstand:
Thorsten Pawelczyk von SieMatic hat im IT-Wettbewerb „CIO des Jahres“ den dritten Platz in der Kategorie Mittelstand erreicht. Der CIO des Küchenherstellers hat ein Unternehmens-Wiki auf Sharepoint-Basis eingeführt.
Herausragend in neuer Kommunikationskultur.
Pawelczyk stößt gerne mit dem Motto „Alles ist Beta“ immer wieder Diskussionen an.
SieMatic
Größe: 450 Mitarbeiter<br> Branche: Möbelindustrie (Küche)<br> Hauptsitz: Löhne, Westfahlen
Produkte
SieMatic produziert hochwertige Küchenausstattungen: unter anderem 6006, S1, S2, S3, BeauxArts .02.
Wichtigstes Projekt: WikiMatic
Einführung eines Unternehmens-Wikis inklusive Social-Media-Komponenten zur Änderung der internen Wissens- und Kommunikationskultur. <br><br> Zeitrahmen:2011-12
Alles ist Beta.
… und kaum vorhersehbar. Das ist Pawelczyks wichtigste Erkenntnis aus dem Projekt. Und: „Let it flow! Systeme sind massiv selbsterhaltend. Autonomie ist zulässig und es geschieht nichts Destruktives, wenn man offen und transparent kommuniziert.“ Und: „Social Media und User-Generated-Content sind Instrumente zur Unternehmenssteuerung.“
Pawelczyks Team
18 IT-Mitarbeiter zählt Pawelczyk in seinem Team. Drei von ihnen haben am eingereichten Projekt mitgearbeitet – zusätzlich zu Key Usern der Fachabteilungen.
IT-Kennzahlen und -Ausrichtung
IT-Ausrichtung: (siehe Bild)<br> IT-Benutzer: 400
Bald noch näher am Business
Im Bereich der Administration und Softwareentwicklung nutzt das Unternehmen Großraumbüro. Für 2013 ist ein abteilungsübergreifendes Großraumbüro für das restliche IT-Team geplant, das dort gemeinsam mit Vertrieb und Marketing einziehen soll. „Damit wir auch räumlich ganz nah im und am Business sitzen“, erklärt der CIO.
Sport und Yoga
… betreibt Pawelczyk regelmäßig und trifft sich, wann immer es geht, mit guten Freunden zum Gedankenaustausch. Und ihn faszinieren Youngtimer-Autos, speziell Alfa Romeo.

Mehr innovative Geschäftsprozesse

Dass ihm die Umgestaltung gelungen ist, war einer der Gründe, warum Pawelczyk beim IT-Wettbewerb "CIO des Jahres 2012" den dritten Platz in der Kategorie Mittelstand erreichte. Die neue Struktur war ja ausdrücklich dazu bestimmt, mehr Online-Anwendungen für innovative Geschäftsprozesse zu entwickeln, mit denen sich die Produktivität und Wettbewerbskraft des Unternehmens steigern lassen würden.

Eine solche Anwendung ist "WikiMatic". Dabei handelt es sich um ein Unternehmens-Wiki auf Sharepoint-Basis. Es ersetzt nicht nur die klassische Dokumentenablage, sondern veränderte auch die Kommunikation im Unternehmen grundlegend: In den Jahren zuvor war sie durch E-Mails und einseitiges Dokumenten-Handling auf Dateiablagen und Portalordnern geprägt. Die Mitarbeiter fühlten sich auf der einen Seite durch die steigende Informationsflut überrollt. Auf der anderen Seite hatten sie aber keine Plattform, auf der sie aktiv an Themen und Projekten kooperieren konnten. Heute sind alle gleichermaßen in der Lage, Informationen einzustellen beziehungsweise abzurufen; der Kenntnisstand im gesamten Unternehmen hat sich dadurch erhöht.

CIO intim - was CIOs so treiben
Neben den großen Themen der IT wie Kosten- und Performance-Druck, Service- und Portfolio-Mangement oder Know-how-Akquise hat jeder CIO seine ureigensten Probleme.
Andreas König, ProSiebenSat.1
Auch wenn ein auf zehn Jahre geschlossener Outsourcing-Vertrag eine Veränderung der Welt nicht voraussehen kann, so gibt es immer Möglichkeiten, die nötigen Adaptierungen herbeizuführen. Schlichtung und Disruption gehen dabei stets Hand in Hand.
Klaus Höffgen, Delvag
Die Versicherungsbranche ist im Umbruch. Themen wie Big Data und (Realtime) Analytics bestimmen die Diskussionen. Wir generieren immer mehr Daten, aber unsere Partner erwarten auch immer mehr Daten von uns.
Karl-Erich Probst, BMW
Interessant wird die Cloud für uns erst, wenn alle relevanten Sicherheitsanforderungen erfüllt sind, wenn man von einem Anbieter zum andern wechseln kann und sich die Verträge variabel gestalten lassen. Das heißt konkret, die bezogenen Ressourcen müssen sich innerhalb von 24 Stunden sowohl nach oben als auch nach unten anpassen lassen.
Falk Janotta, Interims-CIO
Der temporäre Charakter meiner Aufgabe hat Vorteile für mich selbst und für das Unternehmen. Ich schätze die Vielseitigkeit der Aufgabenstellungen. Dazu gehört auch das Ringen um Akzeptanz als. Meist muss ich erst einmal gegen das Vorurteil ankämpfen, hier käme "schon wieder ein Berater". Aber ich rede nicht nur, ich setze auch um.
Antonio Valls Ruiz, Securitas
Geschäftsführung und Vertrieb der Securitas-Division Mobile Dienste nutzen seit etwa zwei Jahren iPads. Der erste Impuls zur Nutzung kam von der Geschäftsführung. Natürlich sind wir immer offen für Neuerungen, aber Sicherheit steht bei uns an erster Stelle, auch bei mobilen Geräten. Dazu gehörte die Einführung eines Mobile-Device-Managements.
Martin Hölscher, Triumph International
Was mich akut beschäftigt, sind Fragen der Veränderung und des Change-Managements. Und die Entscheidung darüber, welche Prozesse denn nun die richtigen sind. Führungskräfte wissen oft gar nicht so genau, was in ihren Unternehmen vorgeht. Deshalb treffen sie mitunter unglückliche Entscheidungen. Beispielsweise trennen sie sich in der Hoffnung auf kurzfristige Profitabilitätsgewinne von Personen, ohne zu wissen, dass diese entscheidende Rollen in Schlüsselprozessen haben. Oder sie verlängern Wartungsintervalle von Maschinen, um Kosten zu sparen, und müssen später erkennen, dass der schnellere Verschleiß teurer zu stehen kommt als die regelmäßige Maintenance.
Ingo Wolf, CIO, Rödl & Partner
Beim Gedanken an den Einsatz von Tablets kommt man schnell zu dem Modebegriff Bring your own Device, kurz ByoD. Wieso sollte man Tablets ausgeben oder ihren Einsatz planen, wenn sich die Frage, ob Mitarbeiter eigene Geräte in die Firma mitbringen, de facto gar nicht mehr stellt? Denn die sind längst da, und die Frage ist nur: Wie geht man mit dieser Tatsache um? Mit den technikaffinen Nutzern nämlich, die private Geräte verwenden wollen, aber keine Verantwortung für deren Verwaltung und Sicherheit übernehmen; diese Aufgabe bleibt dem Unternehmen überlassen.
Hans-Joachim Popp, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Die Ursache für Geldverschwendung liegt in den oft völlig falschen Vorstellungen darüber, welchen Rattenschwanz an Arbeit die von den Geschäftsbereichen ins Gespräch gebrachten "neuen Systeme mit Wettbewerbsrelevanz" auslösen können. Notorisch sind auch "organisatorische Anpassungen", die sich bis aufs letzte Bit in den IT-Systemen wiederfinden müssen. Auf die Anmerkung, da werde es zeitlich aber ein paar Engpässe geben, kommt die Entgegnung: "Der Termin ist nicht variabel! Wie viel Geld brauchen Sie denn?"
Michael Kranz, Thyssen-Krupp Steel Europe
Die dezentrale IT, die sich unabgestimmt in der Domäne der zentralen IT tummelt - nennen wir sie Schatten-IT - hat meist zwei Gründe: entweder liefert die IT nicht die Services, die der Fachbereich braucht oder will. Oder sie liefert sie nicht in ausreichender Qualität. Wobei Qualität ein weites Feld ist und hier zum Beispiel auch technologische Innovation umfasst.
Thomas Schmidt-Melchiors, Reemtsma Cigarettenfabrik GmbH
In der IT unterscheiden wir schon seit Jahren zwischen den Themen Business of IS und IS of Business. Das erste ist unser Brot-und-Butter-Geschäft: Data-Center-Konsolidierung, Virtualisierung, adaptives Outsourcing etc. - diese Themenfelder können wir weitgehend eigenständig erledigen. Spannender wird es auf der Anwendungsseite: ERP-Konsolidierung mit SAP für Sales und Supply Chain sowie QAD für Manufacturing berührt den Kernbereich des Business. Es bedeutet Change-Management und die Einführung von Best Practices.
Edgar Aschenbrenner, Eon
Wir legen großen Wert auf eine gesundes, das heißt ökonomisch vertretbares Gleichgewicht zwischen internen und externen Mitarbeitern. Das sehen auch die Fachbereiche so, mit denen wir die quantitative und qualitative Personalplanung jedes Jahr aufs Neue durchsprechen: Was machen wir selbst? Was geben wir raus?
Thomas Endres, Sprecher des CIO-Netzwerks "Voice"
Wenn man es im größeren Maßstab betrachtet, haben kleine und große Unternehmen im Prinzip dieselben Fragen. Nur dass die Antworten bei den großen in der Regel ein paar Nullen mehr haben, wie man so sagen könnte.
Severin Canisius, Jack Wolfskin
Um Schnittstellenprobleme und Medienbrüche zu vermeiden, ist es für uns von strategischer Bedeutung, zumindest alle europäischen Niederlassungen auf einem ERP-System zu integrieren. Hier haben wir uns für Dynamics AX entschieden. SAP war für uns keine Alternative, denn wir wollen die Lösungen, die wir einsetzen, auch mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln beherrschen können.
Andreas Igler, Warner Music
Wir haben kürzlich einen ganz neuen IT-Service vorgestellt. Er heißt "Fourteen Days"; das steht für 14 Tage. So lange leiht die IT einen Mitarbeiter an den Fachbereich aus, der diesen Service bucht. Konzipiert ist Fourteen Days als ein internes Servicepaket zur Prozessberatung. Das reicht von der Auftragsannahme und der Kommunikation mit den Fachbereichen über die Analyse und Dokumentation bis zur Ergebnispräsentation und den Handlungsempfehlungen.

Jury lobte organisatorischen Impact

Das bemerkten auch die Fachleute, die im Auftrag von COMPUTERWOCHE und "CIO"-Magazin die Bewerbungen prüften. Sie lobten den hohen Innovationsgrad und den starken organisatorischen "Impact" des Projekts sowie die konsequente Einführung, die eine erfolgreiche Änderung der internen Kommunikationskultur ermöglicht habe: "Dies führte zu einer nachhaltigen Verbesserung der unternehmensinternen Prozesse und lässt sich in zahlreichen qualitativen und quantitativen Effekten abbilden", so heißt es in der Beurteilung.

Als Erfolgsfaktoren für das Projekt nennt Pawelczyk unter anderen die "ideologische Überzeugung von Führungskräften und Mitarbeitern, dass WikiMatic als alleinige Kommunikationsplattform zu nutzen sei". Die Heranführung der Mitarbeiter an ein neues Kommunikationsverhalten habe schon einiges Durchhaltevermögen erfordert. Last, but not least hätten die Wirtschaftsprüfer überzeugt werden müssen, dass durch das Wiki keine Compliance-Richtlinien unterwandert werden.