MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der von der IT-Konjunkturflaute arg gebeutelte Storage-Spezialist EMC kündigt heute Nachmittag in Person von CEO (Chief Executive Office) Joseph Tucci in New York die mittlerweile sechste Generation seiner Highend-Familie "Symmetrix" an. Diese enthält nach Informationen aus Branchenkreisen eine komplett neue Architektur mit 128 direkten und dedizierten Kanälen zwischen den Channel Directors und Caches.
Diese Technik soll die Bandbreite der Systeme von bislang 1,6 GB/s auf 64 GB/s hieven, was vier mal so schnell wäre wie der nächste Wettbewerber, Hitachis "Lightning 9900V" (dafür haben die Japaner mit 146-Platten die Kapazität ihres Arrays in RAID-5-Konfiguration auf 126 Terabyte geschraubt). Auch IBM schläft nicht und kontert EMCs Ankündigung demnächst mit einem Bluefin-kompatiblen Storage-Management-Interface für seinen Enterprise Storage Server Model 800 ("Shark"), rund 50 Prozent schnelleren Festplatten als bisher und verbesserten Kopier- und Disaster-Recovery-Funktionen für Mainframes unter Linux.
"Beide widmen EMCs Ankündigung große Aufmerksamkeit. Es bleibt ihnen auch keine andere Wahl", erklärt Tony Pridgmore, Analyst bei der Enterprise Storage Group. "IBM schützt seine Mainframe-Position, und Hitachi rettet seinen Kapazitätsvorsprung." EMC wird dem Vernehmen nach drei neue Symmetrix-Modelle vorstellen und dabei das Speichervermögen des Topmodells von 70 auf mehr als 100 TB steigern.
Tony Sacconaghi von Sanford Bernstein schreibt in einer aktuellen Research Note, das EMCs Erfolgsaussichten mit der neuen Produktlinie "teilweise davon abhängen, wie es seine Software preislich gestaltet und wie Wettbewerber bei ihrem Hardware-Pricing reagieren". Einen kompletten Refresh der Symmetrix-Familie erwartet der Experte nicht vor 2004. Bis dahin werde aber sicher auch Hitachi noch einige Kapazitäts- und Bandbreiten-Updates nachlegen.
EMC hatte in den 90ern mit dem Verkauf zusätzlicher Speicher an große Anwender eine ganz neue Industrie aufgebaut. Allerdings wurden auch nur weniger Hersteller derartig vom Kollaps des Technologiesektors in Mitleidenschaft gezogen wie das Unternehmen aus Hopkinton, Massachusetts. Schrumpfende Margen zwangen EMC zu strikter Kostenkontrolle und kosteten die Firma rund 200 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung. Das Unternehmen reagierte bereits mit einer stärkeren Fokussierung auf seine Software und sein Midrange-Portfolio.
Symmetrix 6 soll nun auch im Highend verlorene Marktanteile zurückerobern helfen. Und das nicht nur dank mehr Bandbreite, sondern auch über wettbewerbsfähige Preise (in der Vergangenheit schmähte man EMC aufgrund seiner "Premium-Preise" gern als "Excess Margin Company"): Laut "Wall Street Journal" gibt es die neuen Systeme bereits ab 400.000 Dollar, und das Ende der preislichen Fahnenstange ist bei 2,5 Millionen Dollar erreicht.
"Der Wettbewerb hat EMC in den letzten zwei Jahren wegen seiner veralteten Architektur erfolgreich in die Pfanne gehauen", meint Steve Duplessie von der Enterprise Storage Group. "Jetzt können die Rivalen nicht mehr die Technik-Karte ziehen." Der Analyst schätzt, dass der Durchschittspreis für ein MB Speicherkapazität von 21 Cent im Jahr 1999 im vergangenen Jahr auf runf fünf Cent gefallen ist. Symmetrix liege mit eine Preis von fünf bis sechs Cent pro Megabyte im Branchendurchschnitt für große Systeme.
Ashok Kumar von Piper Jaffray erwartet sich von der neuen Symmetrix-Generation keine Wunderdinge. Die Nachfrage werde wenn überhaupt nur vorübergehend ansteigen und es gebe "praktisch keine Möglichkeit für das Unternehmen, wieder zu den Höhenflügen der Vergangenheit zurückzukehren". Clinton Vaughan von Salomon Smith Barney ist da schon optimistischer: "Dieses Produkt ist das letzte Puzzleteil, mit dem EMC sein Hardwareportfolio an die Spitze der Industrie bringt", urteilt der Analyst und prophezeit dem Hersteller für dieses Jahr steigende Marktanteile. (tc)