Gründergeschichten

Erst der Wasserschaden, dann die Geschäftsidee

07.05.2014
Als sein Archiv unter Wasser stand und aufbewahrungspflichtige Dokumente verlorengingen, kam Unternehmer Benedikt Steinmetz eine neue Geschäftsidee. Für seinen Archivierungsservice Blitzarchiv erhielt er schon den Innovationspreis der Software-Initiative Deutschland.

Benedikt Steinmetz, Inhaber eines mittelständischen Unternehmens in Saarbrücken, lagerte alle aufbewahrungspflichtigen Papierdokumente seiner Firma in einem Kellerraum seines Bürogebäudes. Am Nikolausabend 2010 platzte die Hauptwasserleitung der angrenzenden Bundesstraße. Das Wasser hatte so viel Druck, dass es regelrecht durch die Wände gedrückt wurde und einhergehend mit sehr viel Schlamm und Schmodder den Archivraum von Steinmetz überflutete. Ein Großteil der Dokumente war unwiderbringlich zerstört. Dieses Ereignis veranlasste Steinmetz dazu, eine sicherere Archivierungsmethode zu suchen.

Kreativer Kopf: Benedikt Steinmetz entwickelte aus einem großen Problem ein neues Unternehmen: Blitzarchiv.
Foto: Privat

"Wir wollten unbedingt verhindern, dass so etwas nochmals passiert", erinnert sich der Saarbrücker Unternehmer. "Tatsächlich war dadurch die unliebsame Aktenaufbewahrung so in den Fokus gerückt, dass ich nach einer ganzheitlichen Lösung suchte. Es ging also nicht mehr nur um Schadensvermeidung und um meine seit dem Wasserschaden ausgesprochene Affinität zu Hochlagern. Sondern vielmehr auch um Aufbewahrungsschutz, Risikominimierung und Datenschutz, Fristenverwaltung, rechtzeitige Vernichtung, Hoheit über die Akten, Zugriff jederzeit, Kostenersparnis, einfaches Handling, freiwerdende Ressourcen und Ähnliches."

Der naheliegende erste Gedanke war: "Das muss es doch schon als externe Dienstleistung geben. Also jemand, der sich komplett um die Akten kümmert." Diverse Anbieter hatte Steinmetz genauer unter die Lupe genommen: "Die einen wollten aber alle Unterlagen digital verarbeiten, andere wiederum jeden Ordner einzeln verschlagworten. Jedoch wollte ich den Anbietern keinen Lesezugriff auf meine Akten gewährleisten."

Innovationspreis für Blitzarchiv

Als der Saarbrücker Unternehmer keinen geeigneten Anbieter fand, begann er sich Gedanken darüber zu machen, wie er selbst diese Aufgabe lösen könne. Ursprünglich für die eigenen Aktenbestände konzipiert, reifte das Konzept bald zu einer Geschäftsidee. Steinmetz hatte erkannt, dass es nicht nur ihm so ging: Ein Blick auf die Marktforschung zeigte, dass es in der deutschen Wirtschaft einen erhöhten Bedarf an einem Rund-um-Service für aufbewahrungspflichtige Dokumente gibt. Da viele Unternehmen auf der Suche nach einem Komplettdienstleister waren, baute der 51-Jährige seine Geschäftsidee zu einem Unternehmen mit Namen Blitzarchiv aus. Dabei kamen ihm die 30 Jahre Erfahrung als Unternehmer zugute. Von Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit im Jahr 1984 an standen Prozessvereinfachungen und -optimierungen im Fokus des Gründers. Für seinen Dienst erhielt Steinmetz erst kürzlich den "Innovationspreis 2014" der Software-Initiative Deutschland e.V. (SID) in der Kategorie"Prozessautomatisierung".

Steinmetz schuf mit der Firma Blitzarchiv 2012 einen neuen Typus von Dienstleister im Bereich der Archivierung. "Da wir keinen Anbieter gefunden haben, der unseren Vorstellungen und Anforderungen entsprach, wurden unsere eigenen Vorgaben maßgeblich für Blitzarchiv", erläutert Steinmetz. Die Kunden sollten nur noch ihre Akten in zuvor zugesendeten Kartons packen müssen. Basierend auf einem vollautomatischen Hochaktenlager übernimmt Blitzarchiv alle weiteren erforderlichen Aufgaben inklusive Abholung, Einlagerung, Fristenüberwachung, Datenschutz, Benachrichtigung bei Ende der Aufbewahrungspflicht sowie fachgerechte und rechtzeitige Aktenvernichtung. Ganz gleich, ob es sich nur um einen Karton oder ob es sich um einen ganzen Container handelt. Befreit von den Aufbewahrungspflichten und Akten sollten bei Kunden nunmehr Ressourcen (Personal, Zeit, Geld, Räumlichkeiten) freiwerden, die diese für Sinnvolleres einsetzen konnten.

Blitzarchiv stellt einen völlig neuen Typus von Dienstleister dar, die Kunden werden komplett von Akten und Aufbewahrungsfristen befreit.
Foto: Blitzarchiv

Auch kostenlose Archivierungstools

Mit viel Kreativität hat Steinmetz mittlerweile ein Portfolio an Serviceleistungen geschaffen. Wobei nur das Transportieren, Lagern und die optionale Aktenvernichten kostenpflichtig sind. Bei allen anderen Diensten, wie eine kostenlose Datenbank zur Aktenverwaltung, die automatische Berechnung des gesetzlich vorgeschriebenen Lagerzeitraums, ein Verschlagwortungstool, individualisierbarer Onlinebereich sowie Such- und Filterfunktionen im eigenen Aktenbestand, handelt es sich um kostenfreie Leistungen.

Mit Hilfe der Steinmetz-Idee können sich interessierte Unternehmen en Detail darüber informieren, welche ihrer Dokumente wie lange aufbewahrt und ab wann diese nicht mehr gelagert werden müssen. "Viele Unternehmen sind sich über das volle Ausmaß der Aufbewahrungspflicht nicht im Klaren. Das heißt sie wissen oftmals nicht, welche Dokumente sie wie lange aufbewahren müssen und welche gar keiner Aufbewahrungspflicht unterliegen", erläutert der Firmenchef. "Hier gilt es noch Aufklärungsarbeit zu leisten."Steinmetz wollte seinem "Kind" dann auch einen Namen geben. Die Wahl fiel letztendlich auf die "Saarbrücker Tabelle", die somit nunmehr gleichberechtigt neben der aus Frankfurt oder Düsseldorf Aufnahme in den deutschen Sprachgebrauch gefunden hat. (am)

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